Sabaratnam Rasendran (1947-2002)

Veteran der trotzkistischen Bewegung in Sri Lanka verstorben

In tiefer Trauer gibt die Socialist Equality Party (SEP) den Tod von Genossen Sabaratnam Rasendran bekannt. Er starb am 27. Februar um 4 Uhr morgens in einer Lungenklinik nahe Colombo. Todesursache war eine Lungenentzündung in Verbindung mit einer Sepsis infolge eines Lungenabszesses. Rasendran gehörte der Redaktion der World Socialist Web Site in Colombo an und war Mitglied im Zentralkomitee der SEP, der srilankischen Sektion des Internationalen Komitees der Vierten Internationale (IKVI). Er hinterlässt eine Frau, zwei Töchter und einen Sohn.

Rasendrans früher Tod im Alter von nur 54 Jahren bedeutet einen tragischen Verlust für die trotzkistische Bewegung. Gerade jetzt wurde seine Arbeit für die Partei und die World Socialist Web Site wichtiger als je zuvor. Er hatte sich als junger Mann der Vorläuferorganisation der SEP, der Revolutionary Communist League (RCL), angeschlossen und nahezu 30 Jahre lang mit Mut und Entschlossenheit für ihre Prinzipien gekämpft.

Rasendran wurde am 13. Oktober 1947 auf der Insel Nainathiv geboren, die zu der im Norden von Sri Lanka gelegenen Halbinsel Jaffna gehört. Er hatte zwei Brüder und eine Schwester. Wie vielen Tamilen aus Jaffna lag seinen Eltern sehr daran, ihren Kindern eine gute Ausbildung zu ermöglichen. Rasendran schloss die örtliche höhere Schule ab und ging dann nach Colombo, um Wirtschaftswissenschaften zu studieren.

Im Jahr 1972 lernte er an der Universität von Colombo Mitglieder der RCL kennen und schloss sich deren Jugendorganisation Young Socialists an. Es war eine schwierige Zeit für die trotzkistische Bewegung in Sri Lanka. Es war noch keine zehn Jahre her, dass die Lanka Sama Samaja Party (LSSP) die Prinzipien des Marxismus über Bord geworfen hatte. Die LSSP war 1964 in eine bürgerliche Regierung eingetreten, die von der Sri Lanka Freedom Party (SLFP) geführt wurde.

Der schäbige Verrat der LSSP hatte für die Arbeiterklasse in Sri Lanka und auf der ganzen Welt weit reichende Folgen. Weil die LSSP den politischen Kampf aufgab, die singhalesischen und tamilischen Arbeiter unter dem Programm des sozialistischen Internationalismus zu vereinen, entstanden prompt kleinbürgerlich-radikale Bewegungen, die eine kommunalistische Politik vertraten. Die Janatha Vimukthi Peramuna (JVP), die sich auf eine Mischung aus Castroismus, Maoismus und singhalesischem Chauvinismus begründete, zog in den Dörfern im Süden des Landes enttäuschte singhalesische Jugendliche an. Im Norden und Osten wiederum wurden die Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) zum Anziehungspunkt für sich ausgegrenzt fühlende tamilische Jugendliche, in deren Augen die Forderung nach einem eigenen Tamilenstaat das geeignete Mittel war, um die verbreitete Diskriminierung der tamilischen Minderheit zu bekämpfen.

Im Jahr 1970 trat die LSSP, die Jahrzehnte lang breiten Massen als marxistisch und trotzkistisch gegolten hatte, zum zweiten Mal in eine SLFP-Regierung ein. Sie gehörte dem Kabinett an, das 1971 einen Aufstand der JVP brutal niederschlagen ließ und anschließend eine neue Verfassung verabschiedete, mit der die Diskriminierung der Tamilen festgeschrieben wurde: Singhalesisch wurde zur einzigen Staatssprache und der Buddhismus zur einzigen Staatsreligion erklärt. Vielen jungen Menschen, die in dieser Zeit radikalisiert wurden und diese Probleme nicht gründlich durchdachten, erschien es so, als sei mit der LSSP auch der Trotzkismus gescheitert. Die einzige Lösung für ihre unmittelbaren Probleme sahen sie darin, sich entweder der JVP oder der LTTE anzuschließen.

Vor diesem Hintergrund bemühte sich die 1968 gegründete RCL, all die komplexen politischen Probleme zu durchleuchten, die mit dem Verrat der LSSP zusammenhingen. Letztere war mehr und mehr vom sozialistischen Internationalismus abgekommen und hatte sich an den singhalesischen Chauvinismus angepasst. Im Jahr 1972, als Rasendran die RCL zum ersten Mal traf, war die Partei eben aus der Illegalität herausgetreten, in die sie nach dem Aufstand der JVP von der SLFP-LSSP-Regierung gezwungen worden war. Nach dem Kongress des IKVI in jenem Jahr hielt der Generalsekretär der RCL, Keerthi Balasuriya, eine Vortragsreihe über das IKVI, die Rasendran gemeinsam mit weiteren Studenten besuchte.

Als Rasendran 1973 der RCL beitrat, vollzog er einen bewussten Bruch mit dem tamilischen Separatismus. Er war überzeugt davon, dass die Unterdrückung der Tamilen nur beendet werden konnte, wenn singhalesische und tamilische Arbeiter gemeinsam für eine sozialistische Perspektive kämpften. Dieser Schritt war nicht leicht. Der tamilische Nationalismus und die LTTE befanden sich damals im Aufschwung. Nach dem Verrat der LSSP wurde die revolutionäre Rolle der Arbeiterklasse allgemein pessimistisch bewertet. Es gab keinen Mangel an radikalen Demagogen, die diverse opportunistische Abkürzungen predigten und Mao, Guevara und Ho Chi Minh huldigten.

Heute, da sich die LTTE auf Gespräche mit der Regierung in Colombo vorbereitet, liegt für viele Menschen auf der Hand, dass diese Organisation die Tamilen in eine gefährliche Sackgasse geführt hat. Doch in den frühen siebziger Jahren war Rasendran einer der sehr wenigen tamilischen Jugendlichen, die sich über den Bankrott ihrer nationalistischen Perspektive klar Rechenschaft ablegten. Immerhin kleidete sie die LTTE damals noch in wohlklingende sozialistische Phrasen. Einer seiner Verwandten, der ihn 1974 in Colombo traf, rief sich diese Zeit vor kurzem ins Gedächtnis zurück: "Er kam aus einer wohlhabenden Familie. Außerdem war sein Vater ein Anhänger der Federal Party [einer bürgerlichen tamilischen Partei]. Ich war überrascht, als Rasendran im Gegensatz dazu für das trotzkistische Programm eintrat. Später schloss auch ich mich der RCL an."

Unerschütterliche Überzeugungen

Rasendran wankte nie in seiner Überzeugung, dass nicht der tamilische Nationalismus, sondern der sozialistische Internationalismus die richtige Antwort auf die Unterdrückung der Tamilen war. Wie viele andere litt auch er unter ständiger Diskriminierung. Aufgrund der neuen Verfassung musste er als Angestellter des öffentlichen Diensts singhalesisch lernen, um einen Arbeitsplatz zu erhalten. Seine Wohnung wurde im Rahmen der allgemeinen Tamilenhatz häufig von der Polizei oder von Soldaten durchsucht. Wenn ihn Verwandte aus dem Norden und Osten besuchten, musste er sie bei der Polizei anmelden. Kleinliche Schikanen und offener Rassismus waren allgegenwärtig. Doch trotz seiner verständlichen Wut machte Rasendran nie "die Singhalesen" dafür verantwortlich, weil er wusste, dass die eigentliche Verantwortung ausschließlich bei der herrschenden Elite in Sri Lanka lag, die gezielt Spannungen zwischen den Volksgruppen schürte, um die Arbeiterklasse zu spalten.

Rasendran legte bei seiner politischen Arbeit stets einen bemerkenswerten Einsatz an den Tag. Von Kind an hatte er an einer Nervenkrankheit gelitten, die zu Epilepsie führte. Diejenigen, die eng mit ihm zusammenarbeiteten, wiesen oft darauf hin, dass bei hohen Stressbelastungen die Wahrscheinlichkeit epileptischer Anfälle stieg. Trotzdem ließ er es sich nicht nehmen, sämtliche wichtigen Dokumente und Artikel des IKVI für die tamilisch-sprachige Zeitung der RCL, die "Tholilalar Pathai" ("Arbeiterweg"), zu übersetzen - und immer zum geplanten Termin.

Von 1973 bis 1978 war Rasendran in Colombo Angestellter der Finanzverwaltung. Er schloss sich der RCL-Gruppe innerhalb der Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes an. Diese stand in einer heftigen Auseinandersetzung mit der LSSP, die wiederum die Gewerkschaft kontrollierte. Als die Finanzverwaltung als eigenständige Behörde vom Rest des öffentlichen Dienstes abgetrennt wurde, wurde Rasendran Mitglied der Gewerkschaft für die Angestellten der Steuerbehörde und legte sich dort wiederholt mit der konservativen Gewerkschaftsspitze an, die keine politischen Auseinandersetzungen zulassen wollte. Von 1986 bis 1991 gehörte er einer Untergruppe der Gewerkschaft an.

Im Jahr 1978 heiratete Rasendran und zog zusammen mit seiner Frau nach Jaffna. Im Jahr zuvor hatte die konservative United National Party (UNP) die Regierung übernommen und ihre Angriffe auf die Tamilen verstärkt, um neue Spaltungen in die Reihen der Arbeiter zu tragen und ihre marktliberale Politik durchzusetzen. Rasendran gab in dieser Zeit, die sich als entscheidend erweisen sollte, einer Gruppe von RCL-Mitgliedern vor Ort politische Führung.

Auf die von der UNP angezettelten Provokationen hin schlossen sich viele tamilische Jugendliche der LTTE und anderen separatistischen Organisationen an. Militante Proteste und bewaffnete Aufstandsbewegungen griffen um sich. Nachdem die LTTE in Jaffna 13 Soldaten getötet hatte, brachen singhalesische Chauvinisten im Süden ein im voraus geplantes Pogrom gegen Tamilen vom Zaun, das den heute noch andauernden Bürgerkrieg einleitete.

Dies war eine entscheidende Periode in Rasendrans politischer Arbeit. Er musste den tamilischen Nationalismus bekämpfen und gleichzeitig allen Formen staatlicher Verfolgung konsequent entgegentreten. Jaffna stand unter der Kontrolle der Armee, die dafür sorgte, dass keine politischen Schriften aus Colombo in den Norden kamen. Beinahe zwei Jahre lang konnte die politische Arbeit, einschließlich dem Druck und Vertrieb von Parteidokumenten, praktisch nur im Untergrund stattfinden. In der Hitze der Ereignisse von 1983 übersetzte Rasendran die Erklärung der RCL "Verrat am Kampf der Tamilen", die nach Jaffna hineingeschmuggelt worden war, und sorgte dafür, dass sie gedruckt und verteilt wurde. Dieses Dokument leistete eine gründliche Analyse des Pogroms von 1983 und deckte die kriminelle politische Rolle auf, die von der LSSP und der stalinistischen Kommunistischen Partei Sri Lankas gespielt wurde.

In derselben Zeit kümmerte sich Rasendran um die politische Führung der Parteiarbeit in mehreren großen Fabriken, in denen die RCL langjährige Mitglieder hatte. Unter den Arbeitern mussten sie der - von den Gewerkschaftsführern nach Kräften geförderten - Neigung entgegentreten, sich auf beschränkte gewerkschaftliche Kämpfe für unmittelbare ökonomische Forderungen zurückzuziehen und den umfassenderen politischen Kampf für die demokratischen Rechte der Tamilen zurückzustellen. Bei der Fabrik Cey-nor und bei Paranthan Chemical hatten es die RCL-Mitglieder mit Bala Tampoe zu tun. Der ehemalige LSSP-Führer hatte sich - nach deren Verrat - von seiner alten Partei getrennt, doch nur, um seine eigene Version zentristischer und syndikalistischer Politik betreiben zu können.

Eine schwierige Zeit

Im Jahr 1986 kehrte Rasendran nach Colombo zurück. Es war ein entscheidendes Jahr für die trotzkistische Bewegung. Das IKVI verteidigte die Prinzipien des sozialistischen Internationalismus. Im Rahmen dieses politischen Kampfes hatte es die langjährige Führung der britischen Workers Revolutionary Party (WRP) ausgeschlossen. Die Spaltung mit der WRP und die anschließende Klärung der politischen Perspektiven verlieh Rasendran trotz seines geschwächten Gesundheitszustands neue Kraft. Er warf sich auf die Übersetzung der wichtigsten Parteidokumente, weil er verstand, dass sie für die Ausbildung einer neuen Generation von Trotzkisten unverzichtbar waren.

Doch es war für die RCL auch eine sehr schwierige Zeit. Im Jahr 1987 erlitt die Partei einen unermesslichen Verlust, als ihr Generalsekretär und Gründer Keerthi Balasuriya an einem Herzinfarkt starb. Unmittelbar nach diesem Schlag sah sich die RCL der doppelten Bedrohung durch staatliche Repression und faschistische Angriffe der JVP ausgesetzt. Die JVP eliminierte damals jeden, der ihrer chauvinistischen Kampagne gegen das Indisch-Srilankische Abkommen entgegentrat. Drei Mitglieder der RCL wurden von Schlägern der JVP getötet, weil sie sich ihren Diktaten nicht beugten. Rasendran nahm das erhebliche Risiko auf sich, der Partei für wichtige Sitzungen und für die schützende Unterbringung von Mitgliedern sein Haus zur Verfügung zu stellen. An dieser Stelle muss gesagt werden, dass seine Frau Janaki in dieser Zeit eine Quelle großer Ermutigung und Unterstützung war.

Als sich Rasendran 1991 aufgrund seiner gesundheitlichen Probleme nicht mehr in der Lage sah, sowohl seiner Arbeit als Staatsangestellter als auch seinen Parteiaktivitäten nachzugehen, ließ er sich vorzeitig pensionieren. Danach arbeitete er unermüdlich und ohne Entgelt in Vollzeit für die Partei. Nach der Gründung der World Socialist Web Site koordinierte er die Übersetzung der Artikel für den tamilischen Abschnitt der Site. Er beherrschte drei Sprachen fließend - tamilisch, singhalesisch und englisch - und achtete peinlich genau darauf, dass die Übersetzungen die politischen Ideen des Originals präzise wiedergaben. In jüngerer Zeit übersetzte er folgende Schriften: Das Übergangsprogramm der Vierten Internationale, von David North "Was geht in der Sowjetunion vor sich?", "Wohin geht die Sowjetunion?" und "Das Ende der Sowjetunion" sowie von Keerthi Balasuriya die "Geschichte der Sama Samaja Party".

Sein Gesundheitszustand machte ihm Sorgen, weil er seine Arbeitsfähigkeit beeinträchtigte. Doch er erwähnte das Thema selten. Andere mussten ihn drängen, auf sich selbst zu achten. In den sechs Monaten vor seinem Tod hatte er ständig mit seinem immer schlechteren Zustand zu kämpfen, bevor er am Ende ins Krankenhaus aufgenommen wurde.

Die Mitglieder unserer Partei und seine Freunde erinnern sich immer gleich an seine Höflichkeit, seine Gastfreundschaft und sein umfassendes Wissen. Wenn man Rasendran nach einem beliebigen tamilischen Führer fragte, konnte er sofort nicht nur eine detaillierte Biografie, sondern häufig auch eine prägnante Zusammenfassung seines Charakters geben - in anschaulichen Wendungen der Umgangssprache. "Er hat zwar kein Rückgrat, aber er gibt damit an - das Mundwerk hat er ja", sagte er gern über den ehemaligen Vorsitzenden der Tamil United Liberation Front (TULF) Amirthalingam.

Rasendran liebte Musik, indische Tänze und Literatur. In den Jahren 1968 bis 1970 waren seine Kurzgeschichten mit einer Goldmedaille und anderen Preisen ausgezeichnet worden, doch er konnte seine literarische Arbeit nicht fortsetzen. Er wünschte sich, dass seine Töchter in indischer Musik und Tanz unterrichtet wurden - nicht, weil es unter den Tamilen so Tradition war, sondern weil, wie er sagte, diese Ausbildung ihre Sensibilität, ihr Wissen und ihre emotionale Kraft wecken werde. Er verstieß gegen jede Tradition, als er zur ersten klassischen Tanzaufführung seiner ältesten Tochter einen Marxisten, den SEP-Generalsekretär Wije Dias, als "Ehrenredner" einlud.

Seinen Genossen in der Partei ist Rasendran als ruhig und unerschütterlich in Erinnerung. Am Beginn einer politischen Auseinandersetzung schwieg er für gewöhnlich. Wenn sie sich jedoch entwickelte und an Schärfe gewann, meldete er sich plötzlich zu Wort, um unmissverständlich deutlich zu machen, welche Standpunkte er für richtig und prinzipiell hielt - und er ließ sich nicht so leicht umstimmen.

Wenige Tage vor seinem Tod sagte Rasendran zu Genossen, die ihn im Krankenhaus besuchten: "Es geht mir schon besser und ich werde wieder für das WSWS arbeiten können", und gegenüber anderen: "Ich ertrage diese ganzen Schmerzen und werde überleben, weil ich als Marxist davon überzeugt bin, dass sich unsere Perspektiven durchsetzen werden." Voller Optimismus im Hinblick auf die Zukunft unserer Bewegung bekräftigte er mehrmals, dass er sich darauf freue, die Arbeit wiederaufzunehmen, die durch seine Krankheit unterbrochen worden sei.

Rasendrans politische Tätigkeit während der vergangenen dreißig Jahre ist ein Beispiel für jeden, der sich im Kampf gegen den Nationalismus in allen seinen Spielarten für den sozialistischen Internationalismus einsetzt. Die SEP wird sein Andenken in Ehren halten.

(Dieser Artikel ist auch in der gleichheit - Mai 2002 enthalten.)
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