Aus dem Archiv

Der Trotzkismus und die chinesische Revolution

Aus Anlass des 30. Jahrestags des Tiananmen-Massakers veröffentlicht die World Socialist Web Site eine Reihe von Artikeln und Erklärungen aus jener Zeit. Als Erstes erschien am 8. Juni die Erklärung des Internationalen Komitees der Vierten Internationale (IKVI), die ursprünglich am 8. Juni 1989, also nur vier Tage nach der Niederschlagung der Proteste, unter dem Titel „Für den Sieg der politischen Revolution in China!“ herausgegeben wurde. Als Zweites veröffentlichten wir am 11. Juni erneut den Aufruf „Stoppt den stalinistischen Terror gegen die chinesischen Arbeiter!“ vom 22. Juni 1989. Außerdem erschien auf der WSWS eine Einführung zu den historischen Erklärungen.

Heute geben wir das Editorial der Zeitschrift Fourth International vom Januar–Juni 1989 wieder. Darin verurteilt das IKVI die Rolle des Pablismus, einer opportunistischen Strömung, die nach dem Zweiten Weltkrieg innerhalb der Vierten Internationale entstand. Der Pablismus wies Trotzkis Analyse des Stalinismus als konterrevolutionäre Agentur des Imperialismus zurück.

Das IKVI wurde 1953 gegründet, um den orthodoxen Trotzkismus gegen die opportunistischen Revisionen von Michel Pablo and Ernest Mandel zu verteidigen. Dabei bezog es auch Stellung auf Seiten der chinesischen Trotzkisten, die 1952 verhaftet und von der stalinistischen Regierung jahrzehntelang eingesperrt wurden, weil die KP Chinas ihren Einfluss auf die Arbeiterklasse fürchtete. Pablo hingegen würdigte die chinesischen Trotzkisten herab und blockierte die Veröffentlichung eines Aufrufs zu ihrer Verteidigung.

Außerdem grenzte sich das IKVI von den Renegaten der Workers Revolutionary Party (WRP) – Gerry Healy, Cliff Slaughter and Michael Banda – ab, die 1985–1986 vom IKVI gespalten hatten. Sie hatten sich dem gleichen politischen Druck gebeugt wie die Pablisten, die sie zuvor noch auf einer prinzipiellen Grundlage bekämpft hatten. Nun solidarisierten sie sich in der einen oder anderen Form mit dem Stalinismus.

Entsprechend heißt es in diesem Editorial:„Das Massaker auf dem Tiananmen hat ein für allemal den Mythos zerstört, dass der Maoismus einen neuen Weg im Kampf für den Sozialismus und gegen den Imperialismus darstelle. Über und über mit Blut besudelt steht er vor aller Augen da, entlarvt als konterrevolutionärer Feind der Arbeiterklasse.“

Die anschließende Restauration des Kapitalismus in China, Osteuropa und den ehemaligen Republiken der Sowjetunion hat die stalinistischen Bürokratien endgültig als konterrevolutionäre Agenturen des Imperialismus und die Pablisten als deren Helfershelfer entlarvt.

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Diese Ausgabe der Fourth International geht zu einer Zeit in Druck, in der aus China von Massenverhaftungen berichtet wird und die stalinistische Bürokratie unter Deng Xiaoping im ganzen Land eine Menschenjagd auf Arbeiter und Studenten veranstaltet, die an den revolutionären Aufständen der vergangenen Wochen beteiligt waren.

Während Polizei in Zivil zu Hausdurchsuchungen ausschwärmte, hielten riesige Mengen von Kampfeinheiten und Panzerkolonnen Peking weiterhin im Belagerungszustand.

Massenprotest auf dem Tiananmen-Platz im Mai 1989 (AP Photo – Sadayuki Mikami)

In Schanghai übertrugen die stalinistischen Behörden die Todesurteile gegen drei Arbeiter im Fernsehen, die wegen der Beteiligung an einem Brandanschlag auf einen Zug angeklagt waren. Dieser Zug hatte eine Gruppe von Demonstranten überrollt und getötet. Mittlerweile waren Arbeiter, die sich an Streiks beteiligt hatten, Polizeiverfolgungen ausgesetzt. Die Welle der Unterdrückung, die von der Pekinger Bürokratie in Gang gesetzt worden ist, hat sich immer klarer als die Herrschaft des konterrevolutionären Terrors gegen das chinesische Proletariat entpuppt.

Doch wenn auch Deng die Truppen, die unbewaffnete Arbeiter und Jugendliche niedermetzelten, als seine „hohe Mauer aus Eisen und Stahl“ anpreist, so hat die augenblickliche Unterdrückungswelle die politische Revolution der Arbeiterklasse gegen die stalinistische Bürokratie doch in keiner Weise beendet. Wie aus der Erklärung des Internationalen Komitees der Vierten Internationale, „Für den Sieg der politischen Revolution in China!“, die in dieser Ausgabe veröffentlicht wird, hervorgeht, ist diese Revolution tief verwurzelt in der Opposition der Arbeiterklasse gegen die bewussten Versuche der Bürokratie, die Errungenschaften der chinesischen Revolution zu vernichten und kapitalistische Eigentumsverhältnisse wiederherzustellen. Dieselbe Bewegung zur politischen Revolution entwickelt sich unaufhaltsam in Osteuropa und der Sowjetunion selbst.

Diese Entwicklungen haben auf ganz grundsätzliche Art und Weise Trotzkis grundlegende Einschätzung der künftigen Entwicklung der bürokratischen Arbeiterstaaten bestätigt, die er vor mehr als 50 Jahren in dem Gründungsdokument der Vierten Internationale dargelegt hat:

„Entweder stößt die Bürokratie, die immer mehr zum Werkzeug der Weltbourgeoisie im Arbeiterstaat wird, die neuen Eigentumsformen um und wirft das Land in den Kapitalismus zurück, oder die Arbeiterklasse zerschlägt die Bürokratie und öffnet den Weg zum Sozialismus.“[1] Genau das sind die Kampflinien, die in den Straßen von Peking und fast jeder anderen chinesischen Stadt in jüngster Zeit gezogen wurden.

Darüber hinaus hat das Internationale Komitee selbst die Unruhen in China als Teil der beginnenden revolutionären Kämpfe der internationalen Arbeiterklasse vorausgesehen. In seiner Perspektivresolution „Die kapitalistische Weltkrise und die Aufgaben der Vierten Internationale“, die im August 1988 verabschiedet wurde, schrieb das Internationale Komitee:

In ganz Osteuropa und China, Vietnam und Laos arbeiten die Bürokratien mit noch größerem Tempo als in der UdSSR auf die Integration ihrer nationalen Wirtschaften in die Struktur des Weltkapitalismus hin. Am weitesten gediehen ist dieser Prozess in China. Maos einbalsamierte Leiche wird vielleicht noch zur Schau gestellt, aber sein Vermächtnis befindet sich bereits in einem fortgeschrittenen Stadium der Verwesung. Seine Nachfolger haben sich darangemacht, was immer an Planwirtschaft vorhanden war zu demontieren. Praktisch der gesamte Boden, der nach 1949 kollektiviert worden war, ist wieder an Privatbesitzer zurückgegeben worden, und unter dem offiziellen Banner der Regierungsparole: »Es ist ehrenvoll, sich zu bereichern« blühen auf dem Land kapitalistische Beziehungen. In den städtischen Zentren sind praktisch alle Beschränkungen für kapitalistische Unternehmen aufgehoben worden, und große Teile der ehemals staatlichen Industrie werden an ausländische und einheimische Kapitalisten verhökert …

Die Politik der chinesischen Stalinisten, deren rasende Wiedereinführung des Kapitalismus das Land in eine wirtschaftliche Katastrophe treibt, muss zu Massenaufständen des Proletariats führen. Im nächsten revolutionären Aufschwung wird die chinesische Arbeiterklasse die Führung der verarmten Bauern übernehmen und einen titanenhaften Kampf führen, um das Land von den Bürokraten und der gierigen Kapitalistenklasse zu reinigen, die der Stalinismus ausgebrütet hat.[2]

Die Ereignisse in China haben nicht nur Trotzkis Perspektive im Kampf gegen den Stalinismus in Bezug auf das Schicksal der chinesischen Revolution bestätigt. Wie die Erklärung des IKVI aufzeigt, bringen sie auch den langwierigen Kampf zur Entscheidung, den das Internationale Komitee gegen den opportunistischen Revisionismus innerhalb der Vierten Internationale geführt hat.

Der Kampf von Massen von Arbeitern gegen die Bürokratie und ihre offene Politik der kapitalistischen Restauration hat die konterrevolutionäre Rolle sämtlicher revisionistischer Tendenzen entlarvt, die vor dem Stalinismus und Maoismus kapituliert haben.

Das Internationale Komitee wurde 1953 gegründet, um die opportunistische Tendenz unter der Führung von Michel Pablo zu bekämpfen, welche die Vierte Internationale zu zerstören drohte.

Pablos Liquidatorentum entsprang einer impressionistischen Anpassung an die imperialistischen Nachkriegsregelungen, die einerseits zur Restabilisierung des Imperialismus und andererseits zur scheinbaren Stärkung der Macht der stalinistischen Bürokratie geführt hatten.

Die Antwort der Pablisten auf diese Entwicklungen entpuppte sich als die Ausarbeitung einer völlig anderen Klassenposition, die sowohl die revolutionäre Rolle des Proletariats als auch die vorrangige Aufgabe der Partei, den Kampf für sozialistisches Bewusstsein in der Arbeiterklasse zurückwies.

Die Pablisten stützten ihre revisionistischen Theorien insbesondere auf die Bedingungen in Osteuropa nach dem Zweiten Weltkrieg, wo die Abschaffung des Privateigentums nicht durch die unabhängige Mobilisierung der Arbeiterklasse stattgefunden hatte, sondern ein Ergebnis der Besetzung durch die Rote Armee war.

Die Trotzkisten definierten diese neuen, von der Bürokratie errichteten Regime als deformierte Arbeiterstaaten. Die grundlegende Einstellung der Vierten Internationale gegenüber diesen Staaten bestand darin, die vergesellschafteten Eigentumsverhältnisse gegen den Imperialismus zu verteidigen und gleichzeitig für den Aufbau revolutionärer Parteien zu kämpfen, um die Arbeiterklasse für die politische Revolution gegen die stalinistische Bürokratie und für die Errichtung wirklicher Organe der Arbeitermacht zu mobilisieren.

Darüber hinaus erkannten diejenigen, die den Trotzkismus verteidigten, dass die mit der Vergesellschaftung des Eigentums in Osteuropa vorübergehend erzielten Einbrüche in den Kapitalismus bei weitem dadurch aufgewogen wurden, dass der Stalinismus auf Weltebene die sozialistische Revolution verriet und mit dem Imperialismus zusammenarbeitete.

Diese grundlegende Perspektive war bereits von Trotzki in seinem Kampf gegen die kleinbürgerliche Opposition in der Socialist Workers Party von 1939-1940 vorweggenommen worden. In seiner Analyse der Bedeutung der gesellschaftlichen Maßnahmen, die die Bürokratie in Polen nach der Invasion dieses Landes durch die Rote Armee 1939 durchgeführt hatte, schrieb Trotzki:

Das politische Hauptkriterium für uns ist nicht die Änderung der Eigentumsverhältnisse in diesem oder jenem Gebiet, wie wichtig sie an sich auch sein mag, sondern vielmehr die Veränderungen im Bewusstsein und in der Organisation des Weltproletariats, das Verbessern seiner Fähigkeit, frühere Errungenschaften zu verteidigen und neue zu erobern. Nur von diesem Standpunkt aus, und das ist der einzig entscheidende, bleibt die Politik Moskaus, als Ganzes genommen, völlig reaktionär und ist weiterhin das Haupthindernis auf dem Wege zur Weltrevolution.

Und weiter erklärte Trotzki: „Die Vergesellschaftung der Produktionsmittel ist, wie wir schon sagten, eine fortschrittliche Maßnahme. Aber ihre Fortschrittlichkeit ist relativ; ihr spezifisches Gewicht hängt von der Summe aller anderen Faktoren ab. Daher müssen wir vor allem klarstellen, dass die Ausdehnung des Gebiets, das von der bürokratischen Autokratie und vom bürokratischen Parasitentum beherrscht wird – bemäntelt mit »sozialistischen« Maßnahmen –, das Ansehen des Kremls vergrößern und Illusionen darüber schaffen kann, man könne die proletarische Revolution durch bürokratische Manöver ersetzen usw. Dieses Übel überwiegt bei weitem den fortschrittlichen Inhalt der stalinistischen Reformen in Polen.“[3]

Genau dieses „Übel“ war in der Entwicklung des pablistischen Revisionismus in der Vierten Internationale verkörpert.

Pablo machte die Eigentumsformen, die von der Bürokratie in Osteuropa errichtet worden waren, zum Ausgangspunkt einer völlig neuen historischen Perspektive. Er vertrat die Auffassung, dass der Kapitalismus nicht, wie die Marxisten traditionell erklärt hatten, durch die proletarische Revolution abgeschafft würde, sondern durch bürokratisch-militärische Mittel. Nach dieser Anschauung würde sich die stalinistische Bürokratie bei einem militärischen Konflikt mit dem Imperialismus gezwungen sehen, die verstaatlichten Eigentumsverhältnisse auf immer neue Gebiete auszudehnen, und zwar sowohl durch militärische Maßnahmen als auch dadurch, dass sie die stalinistischen Parteien in den kapitalistischen Ländern anwiese, revolutionäre Kämpfe zu führen.

Folgte man dieser Prognose – die das gesamte theoretische Erbe des Marxismus zurückwies – so war der Kampf, durch den Aufbau unabhängiger revolutionärer Parteien marxistisches Bewusstsein in der Arbeiterklasse zu entwickeln, völlig überflüssig geworden: Der Sozialismus, obgleich in deformierter Form, würde mit Hilfe der Bürokratie und anderer nichtproletarischer Kräfte durchgesetzt, die unbewusst unter dem Druck der Ereignisse als politischer Ersatz für die Arbeiterklasse handelten. Die praktische Schlussfolgerung, zu der diese Perspektive unausweichlich führte, war die Liquidierung der Vierten Internationale.

Im Wesentlichen war der pablistische Revisionismus eine kleinbürgerliche Rebellion gegen die gesamte marxistische Perspektive der proletarischen Revolution. Seine Reaktion auf den maoistischen Sieg von 1949 war nur eine Variation derselben grundlegenden Auffassung.

In China wurde das bürgerliche Kuomintang-Regime 1949 von einer Bauernarmee unter der Führung der stalinistischen Kommunistischen Partei gestürzt. Die Pablisten schoben die langfristigen historischen Probleme, die sich daraus für die Entwicklung der sozialistischen Revolution in China ergaben, beiseite und sahen in Maos Sieg nur einen weiteren Beweis dafür, dass der Stalinismus international eine revolutionäre Rolle spielen könne.

Die Pablisten griffen den marxistischen Grundsatz an, dass die Befreiung der Arbeiterklasse die Aufgabe der Arbeiter selbst ist und die Entwicklung von marxistischen Kadern in der Führung des Proletariats erfordert. Die chinesische Revolution, so behaupteten sie, habe bewiesen, dass die sozialistische Revolution nicht nur ohne den Vorteil einer bewussten trotzkistischen Führung, sondern sogar ohne das Eingreifen der Arbeiterklasse selbst möglich sei. Stalinistisch geführte Bauernarmeen seien völlig ausreichend.

Die tödlichen Folgen des pablistischen Revisionismus fanden ihren vollendeten Ausdruck in Pablos Verachtung für die chinesischen Trotzkisten. Das maoistische Regime verhaftete diese Kämpfer, schickte sie ins Exil und ließ sie hinrichten, um ihren Kampf für die unabhängigen Interessen und die Mobilisierung der chinesischen Arbeiterklasse zu verhindern.

In einem Brief an James P. Cannon, den damaligen Führer der Socialist Workers Party der Vereinigten Staaten, beschrieb S. T. Peng, ein chinesischer Trotzkist, wie Pablo systematisch jede Diskussion über die blutige Verfolgung der trotzkistischen Bewegung durch das maoistische Regime in China unterdrückte.

Erst im November 1952 wurde Peng erlaubt, dem Internationalen Sekretariat die Lage der chinesischen Sektion zu schildern. Wie er in seinem Brief an Cannon berichtet, ging Pablo über seine Ausführungen hinweg und erklärte, dass „das Massaker an Trotzkisten durch das Regime Maos keine bewusste Aktion sei, sondern ein Fehler, d. h. die Trotzkisten seien irrtümlicherweise für Kuomintang-Agenten gehalten worden, und dass, selbst wenn Mao tatsächlich Trotzkisten verfolge, dies nur als Ausnahme angesehen werden könne“.

Peng antwortete, das Massaker sei kein Fehler gewesen, sondern rühre „von einer tiefverwurzelten stalinistischen Tradition der Feindschaft gegenüber Trotzkisten her. Es war ein systematischer und bewusster Versuch, die Trotzkisten auszurotten.“ Es sei genauso wenig eine Ausnahme wie das Abschlachten der vietnamesischen Trotzkisten durch Ho Chi Minh oder die Ermordung von Trotzkisten durch die GPU während des spanischen Bürgerkriegs.

Auf einem späteren erweiterten Treffen des IS im Februar 1953 wandte sich Pablo gegen den Versuch Pengs, über die Massenverhaftungen von chinesischen Trotzkisten in den vorangegangenen zwei Monaten zu berichten. „Verglichen mit den Errungenschaften von Mao Zedong ist die Verhaftung von einigen Hundert Trotzkisten unbedeutend“, erklärte Pablo.

Pengs darauffolgende Versuche, einen „Aufruf zur Unterstützung der chinesischen Trotzkisten“ zu verteilen, wurden von Pablo systematisch verhindert. „Indem er dieses Dokument unterdrückte“, schrieb Peng, „hat Pablo nicht nur mich und die chinesischen Trotzkisten bewusst betrogen, sondern auch zwei unentschuldbare Verbrechen begangen: (1) Objektiv hat er der chinesischen KP geholfen, vor den Massen die konkreten und grausamen Tatsachen über ihre Verfolgung der chinesischen Trotzkisten zu verheimlichen. (2) Er hat es den Genossen aus verschiedenen Ländern, die dabei sind, die ,entristische Taktik‘ anzuwenden, unmöglich gemacht, die Lehren aus der brutalen Verfolgung der chinesischen Genossen zu ziehen.“

Die jüngsten Ereignisse in China unterstreichen, wie kriminell die Lobhudelei des pablistischen Revisionismus für den Maoismus und seine hinterhältige Missachtung der chinesischen Trotzkisten war. Die von Pablo als bedeutungslos heruntergespielte Liquidierung von „ein paar Hundert Trotzkisten“ raubte dem chinesischen Proletariat die bewusste revolutionäre Vorhut, die es dringend braucht, um die Bürokratie zu stürzen, die den Kapitalismus wieder einführen will.

Die chinesischen Trotzkisten hatten unter den schwierigsten Bedingungen sowohl des Terrors der Kuomintang und der Stalinisten als auch der japanischen Besatzung gekämpft. Anders als Mao und die anderen stalinistischen Führer, die aus der Niederlage der Revolution von 1927 die Schlussfolgerung zogen, der Aufbau der Kommunistischen Partei müsse sich fortan auf die Bauernschaft gründen, weigerten sich die Trotzkisten – ursprünglich angeführt von dem heroischen Chen Tu-hsiu – den Kampf für die Ausbildung marxistischer Kader im Proletariat aufzugeben. Sie mögen vielleicht taktische Fehler gemacht haben, aber ihre grundlegende Perspektive war richtig und hat heute eine enorme historische Bedeutung. Pablos Verachtung für diese revolutionären Kämpfer war der klarste Ausdruck seiner kleinbürgerlichen Feindschaft gegenüber der proletarischen Revolution.

Ebenso spielte der Pablismus eine entscheidende Rolle, die Verwirrung in der internationalen Arbeiterklasse, die durch den Maoismus geschaffen wurde, zu schüren. Mit der chinesisch-sowjetischen Kontroverse wurden die Kommunistischen Parteien auf der ganzen Welt gespalten und insbesondere in den unterdrückten Ländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas maoistische Gruppen gebildet. In diesen Ländern trat der Maoismus fälschlicherweise als revolutionäre Alternative zu dem „friedlichen Weg zum Sozialismus“ auf, der von den moskauhörigen Parteien vertreten wurde. Die Parteien, die der Führung Pekings folgten, spielten dadurch, dass sie sich auf eine eklektische Mischung aus bürgerlichem Nationalismus, bäuerlichem Radikalismus und Stalinismus stützten, eine entscheidende Rolle dabei, den Aufbau wirklich proletarischer revolutionärer Parteien zu blockieren.

Die Maoisten führten die Arbeiter in einem Land nach dem anderen in katastrophale Niederlagen. Besonders herausragend war die Katastrophe, die die indonesische Arbeiterklasse 1965 erlitt. Dort ordnete die größte Peking-orientierte KP der Welt auf der Grundlage der maoistischen Ideologie des „Blocks der vier Klassen“ die Arbeiterklasse dem bürgerlich-nationalistischen Regime Sukarnos unter. Dies führte zur politischen Entwaffnung des indonesischen Proletariats angesichts eines Militärputsches, der zur Vernichtung von schätzungsweise einer Million Arbeitern und Bauern führte.

Ein paar Jahre später endete die Naxaliten-Bewegung, die von Mao in Indien angeregt worden war, in einer blutigen Niederlage. Und in Lateinamerika, wo die Theorie des bäuerlichen Guerillatums, „vom Land aus in die Stadt“ zu gehen, bereitwillig vom Kleinbürgertum aufgenommen wurde, trug der Maoismus wesentlich zu der Welle von Niederlagen bei, die die Arbeiterklasse zwischen den 1960er und den frühen 1970er Jahren erlitt.

Die pablistische Führung war weit davon entfernt, in der Arbeiterklasse Klarheit über den Maoismus zu schaffen. Im Gegenteil, sie passte sich völlig an ihn an. Mandel pries die Maoisten, sie seien „nahe an die Theorie der permanenten Revolution herangekommen“. In Lateinamerika unterstützten die Pablisten dieselben unglückseligen Methoden des Guerillatums und liquidierten ganze Parteien. So trugen sie dazu bei, Tausende von Jugendlichen in den Tod zu schicken.

Dabei wiesen die Revisionisten jegliche Klassenanalyse zurück und bespien das gesamte theoretische Erbe des Marxismus. Wie die Erklärung des Internationalen Komitees zu China nachweist, war der Maoismus keine neue revolutionäre Strömung, die mit dem Stalinismus gebrochen hatte. Im Gegenteil, er basierte auf der ausdrücklichen Zurückweisung der permanenten Revolution und der Verteidigung der menschewistischen „Zwei-Stufen-Revolution“ und ihrer logischen Schlussfolgerung, dem „Block der vier Klassen“. Mao hat niemals die stalinistische Politik der Klassenzusammenarbeit kritisiert, die 1927 zur blutigen Niederlage der chinesischen Arbeiterklasse geführt hatte. Statt dessen kehrte er dem Proletariat den Rücken zu, verwandelte die chinesische Kommunistische Partei praktisch in eine Bauernorganisation und vergeudete viele Jahre und Hunderttausende von Leben auf der Suche nach einem Bündnis mit „antiimperialistischen“ Teilen der nationalen Bourgeoisie.

Lenin hatte einen theoretischen Kampf gegen die Auffassungen der Narodniki geführt, Arbeiter und Bauern seien gleichermaßen „Unterdrückte“ und hätten daher beide ein gleiches Interesse am Sozialismus. Er hatte unnachgiebig für die politische Unabhängigkeit der Arbeiterklasse sowohl von der nationalen Bourgeoisie als auch von der Bauernschaft gekämpft und war für die Hegemonie des Proletariats in der russischen Revolution eingetreten.

Trotzki wies in seiner Theorie der permanenten Revolution nach, dass die Aufgaben der bürgerlich-demokratischen Revolution einschließlich der Lösung der Agrarfrage nur von der Arbeiterklasse gelöst werden könnten. Die Arbeiterklasse müsse die Bauernschaft hinter sich führen, in einer sozialistischen Revolution die Macht erobern und die Diktatur des Proletariats errichten. Die Errichtung dieser Diktatur werde unweigerlich nicht nur demokratische, sondern auch sozialistische Aufgaben mit sich bringen, die nur durch die Ausweitung der Revolution auf die fortgeschrittenen kapitalistischen Länder verwirklicht werden könnten. Dies wurde die Richtung weisende Perspektive der Bolschewistischen Partei in der Oktoberrevolution von 1917 und die Leitlinie des revolutionären Programms der Kommunistischen Internationale vor ihrer stalinistischen Degeneration. Gestützt auf dieses theoretische Erbe hatte Trotzki die Wende der Kommunistischen Partei Chinas zur Bauernschaft nach dem Massaker von Schanghai im Jahr 1927 einer tiefgehenden Kritik unterzogen. Aber in ihren hektischen Versuchen, die „Isolation“ des Trotzkismus zu überwinden, verwarfen die Pablisten diese Errungenschaften des Marxismus, um sich besser dem Stalinismus und Maoismus unterordnen zu können.

Obwohl das Internationale Komitee aufgebaut wurde, um dem pablistischen Revisionismus den Krieg anzusagen, war es wiederholt gezwungen, gegen das Auftauchen derselben opportunistischen und liquidatorischen Tendenzen innerhalb der eigenen Reihen zu kämpfen.

So brach die Socialist Workers Party der USA zehn Jahre, nachdem sie die Gründung des IK initiiert hatte, mit dem Trotzkismus, um sich mit den Pablisten wiederzuvereinigen. Sie behauptete, die kubanische Revolution von 1959 habe bewiesen, dass die sozialistische Revolution „mit stumpfen Instrumenten“, d. h. mit kleinbürgerlichen Guerillabewegungen, ohne die Beteiligung der Arbeiterklasse und ohne die Führung durch eine bewusste marxistische Partei der Vorhut durchgeführt werden könne.

Und die britische Sektion, die Workers Revolutionary Party, die lange Jahre hindurch führend am Kampf gegen den Pablismus beteiligt gewesen war, durchlief eine langwierige national-opportunistische Degeneration, die ihren Höhepunkt in der Spaltung vom Internationalen Komitee 1985–1986 fand. Mitte der 1980er Jahre hatte sich die Führung von Healy, Banda und Slaughter dem Druck des Imperialismus ergeben und versuchte nun, das IKVI selbst in einen Komplizen der Verrätereien des Stalinismus, der Sozialdemokratie und des bürgerlichen Nationalismus zu verwandeln.

Die opportunistische Politik der WRP-Führung wurde jedoch von der Mehrheit der Sektionen des IKVI bekämpft, die sich auf die feste Grundlage von mehr als drei Jahrzehnten Kampf zur Verteidigung und Entwicklung des Trotzkismus gegen den pablistischen Revisionismus stützten.

Die zwei Tendenzen, die sich bei der Spaltung von 1985–1986 gegenüberstanden, finden sich in den chinesischen Ereignissen auf den entgegengesetzten Seiten der Barrikaden wieder. Die proletarische internationalistische Tendenz, vertreten durch das Internationale Komitee, verteidigt den Kampf der chinesischen Arbeiter und Studenten im Namen des internationalen Sozialismus und der politischen Revolution. Die kleinbürgerlich nationalistische Tendenz, vertreten durch die Renegatenführung der WRP, besonders Healy, Banda und Slaughter, solidarisiert sich in der einen oder anderen Form mit den Stalinisten.

Das ist kein Zufall. Die Degeneration der britischen Sektion hatte ihren Ursprung in einer Anpassung an Maoismus, Stalinismus und kleinbürgerlichen Radikalismus. Über Jahre hinweg blockierte die rechte Clique von Healy, Banda und Slaughter jede prinzipielle Diskussion über die Frage von China innerhalb des IK. Der Grund dafür lag darin, dass die Führung der britischen Sektion selbst nicht vollständig vom Pablismus gebrochen hatte.

Obendrein existierte innerhalb der Führung ein fauler Kompromiss mit Michael Banda, der zum nationalen Sekretär der WRP wurde. Bandas Ansichten über den Maoismus stimmten in allen wesentlichen Punkten mit denen der Pablisten überein. Healy und Slaughter befürchteten, dass eine Diskussion über diese Fragen im Internationalen Komitee eine politische Krise in ihrer eigenen Sektion hervorrufen könnte, die die praktische Arbeit in Großbritannien stören würde.

So schrieb Banda in den 1960er Jahren Erklärungen, die Mao und die Bewegung der Roten Garden priesen und ihnen sogar die Aufgabe der Vierten Internationale übertrugen. 1967 erklärte er z. B.: „Die Dialektik der Geschichte verwandelt die Kulturrevolution unausweichlich in eine politische Revolution.“ Diese revisionistischen Positionen entwaffneten die britische Bewegung ideologisch und machten sie anfällig gegenüber den mächtigen Klassenkräften, die in dieser Zeit auf sie einzuwirken begannen.

In der Woge der Radikalisierung des Kleinbürgertums, die in den 1960er Jahren Europa durchflutete und mit der studentischen Protestbewegung in Frankreich ihren Höhepunkt erreichte, übte der Maoismus einen beträchtlichen Einfluss aus. Diese sozialen Schichten neigten einer Ideologie, die sich auf Bauernkommunen und den „Volkskrieg“ stützte, gerade wegen ihres im wesentlichen antiproletarischen Inhalts zu.

Diese radikalisierten Elemente des Kleinbürgertums hatten zwar nicht gerade vor, Maos Langen Marsch in Europa nachzumachen, aber der Maoismus lieferte ihnen das beruhigende Bewusstsein, dass sie sich nicht dem Proletariat unterzuordnen brauchten, der einzig konsequent revolutionären Klasse in der kapitalistischen Gesellschaft. Dadurch bot der Maoismus dem radikalisierten Kleinbürgertum in den fortgeschrittenen kapitalistischen Ländern die ideologische Rechtfertigung für seinen Versuch, die unabhängige revolutionäre Bewegung der Arbeiterklasse zu beherrschen und zu ersticken.

Die Tatsache, dass die Äußerungen von Revisionismus und von Anpassung an diese sozialen Schichten in der eigenen Führung nicht ausgefochten wurden, sollte für die britische Bewegung tödliche Konsequenzen haben. Anfang der 1970er Jahre schlug die Partei schnell eine zentristische Richtung ein. Zu Bandas Anpassung an den Maoismus gesellten sich in der WRP bald eine ganze Reihe von Positionen, die eine Kapitulation vor dem bürgerlichen Nationalismus, der Sozialdemokratie und der Gewerkschaftsbürokratie ausdrückten.

Zur Zeit der Spaltung 1985–1986 schloss sich Banda mit Cliff Slaughter zusammen – der heute der Chef einer Fraktion ist, die sich noch WRP nennt –, forderte die Zerstörung des Internationalen Komitees und verleumdete die gesamte Geschichte des Trotzkismus. Banda war der Autor des Hauptdokuments, mit dem die Spaltung gerechtfertigt wurde, den „27 Gründen, warum das Internationale Komitee begraben werden sollte“.

Nach der Spaltung brach Banda offen mit dem Trotzkismus, den er „eine ideologische Waffe des Weltimperialismus gegen die UdSSR“ nannte. Er pries Mao als den größten revolutionären Führer und erklärte seine bedingungslose Bewunderung für Stalin und die Moskauer Bürokratie.

Banda wies Trotzkis Definition zurück, dass der degenerierte Arbeiterstaat UdSSR eine Übergangsgesellschaft sei, der zwei Wege offenstanden: entweder die Restauration des Kapitalismus durch die Bürokratie oder der Sturz dieser Bürokratie durch die Arbeiterklasse und die Weiterentwicklung zum Sozialismus. Stattdessen erklärte er die Errungenschaften der Oktoberrevolution und auch der chinesischen Revolution von 1949 für „unumkehrbar“.

„Wenn Trotzkis Prognose richtig wäre, dann wäre es gerechtfertigt, zur politischen Revolution unter der Führung einer neuen Partei – der Vierten Internationale – aufzurufen, um eine kapitalistische Restauration zu verhindern“, schrieb Banda. „Aber dahin geht der Trend in der UdSSR, in China, Jugoslawien oder Indochina mit Sicherheit nicht.“

Banda hielt es niemals für nötig, sich mit den massiven Beweisen für das Gegenteil auseinanderzusetzen. Er ignorierte die Welle von Joint Ventures, die direkten imperialistischen Investitionen und die Restauration des Privateigentums in großem Umfang, die in China schon stattgefunden hat und in der UdSSR schnell zunimmt. Weil er den revolutionären Marxismus widerrufen und die revolutionären Fähigkeiten des internationalen Proletariats abgeschrieben hat, glaubt Banda weiterhin an die Unbesiegbarkeit der Stalinisten, so sehr sie auch durch die objektiven Ereignisse widerlegt wird. Diese grundlegende Ansicht teilt Banda mit allen Renegaten, die mit dem IKVI gebrochen haben.

Gerry Healy seinerseits fand nach fünfzig Jahren in der trotzkistischen Bewegung den direkten Weg nach Moskau als offizieller Gast der Gorbatschow-Bürokratie und des KGB bei den Feierlichkeiten zum siebzigsten Jahrestag der Oktoberrevolution. Seitdem hat er mit seiner Hostesse Vanessa Redgrave mehrere Reisen in die sowjetische Hauptstadt unternommen, wo sie sich dadurch bei Gorbatschow beliebt gemacht haben, dass sie ihm einen „trotzkistischen“ Deckmantel für seine politischen Manöver liefern.

Die zentrale These von Healys fehlbenannter „Marxist Party“ ist, dass Gorbatschow die „politische Revolution“ in der UdSSR anführe und deshalb bedingungslose Unterstützung verdiene. Es besteht kein Zweifel, dass dieses jämmerliche Schoßhündchen der Bürokratie auch Gorbatschows Unterstützung für die blutige Unterdrückung der Massen durch das Regime in Peking teilen wird. Ebenso wie in der UdSSR stellt auch in China die Opposition der Arbeiterklasse gegen diese „politische Revolution“, die von oben durch die Politik der kapitalistischen Restauration durchgeführt wird, in den Augen Healys und seines neuen Gönners Gorbatschow die „Konterrevolution“ dar.

Bleibt noch Cliff Slaughter, dessen WRP-Splittergruppe wiederholt die Analyse des IKVI über die Politik der stalinistischen Regime sowohl in Peking wie auch in Moskau verurteilt hat und darauf besteht, dass eine kapitalistische Restauration unmöglich sei. Slaughter und seine Anhänger sind zu unkritischen Unterstützern der Perestroika geworden.

Nirgendwo werden in den Erklärungen zu den chinesischen Ereignissen, die in der „Workers Press“ der Slaughter-Gruppe veröffentlicht worden sind, die Gefahr einer kapitalistischen Restauration oder die soziale Ungleichheit und die Unterdrückung, die von der prokapitalistischen Politik der Bürokratie ausgehen und das chinesische Proletariat in den Kampf treiben, auch nur erwähnt.

In der Ausgabe der Workers Press vom 20. Mai hieß es in einer „Lang lebe die chinesische Revolution“ betitelten Erklärung: „Die Bürokratie ist tief darüber gespalten, wie sie mit dieser Situation umgehen soll, die sie noch nie erlebt hat. Im Unterschied zur kapitalistischen Klasse hat sie kein unabhängiges Interesse an den Produktionsmitteln, mit dem sie ihre Interessen zementieren könnte.“

Das ist nichts weiter als eine feige Entschuldigung für die Pekinger Bürokratie. Ganz sicherlich hat sie „ein unabhängiges Interesse an den Produktionsmitteln“. Durch die Korruption und den Schutz ihrer ausgedehnten Privilegien hat die Bürokratie die Produktionsmittel immer für ihre eigenen Zwecke und gegen die Interessen der Wirtschaft und der Arbeiterklasse manipuliert.

Heute haben die prokapitalistischen Wirtschafts-„Reformen“, welche die Deng-Xiaoping-Führung in den letzten zehn Jahren durchsetzte, den Bürokraten und ihren Familien nicht nur ein „unabhängiges Interesse“ gegeben, sondern auch direktes oder indirektes Eigentum an wachsenden Teilen der Wirtschaft. Hohe Bürokraten benutzen ihre Positionen, um diese privaten Unternehmen mit Materialien und mit Aufträgen zu versorgen und dadurch die Privatbesitzer auf Kosten des verstaatlichten Sektors zu bereichern. Diese Praktiken, die eine ernste Bedrohung der Errungenschaften der chinesischen Revolution darstellen, haben Millionen Arbeiter in einen Kampf auf Leben und Tod gegen die Bürokratie geworfen. Genau dies deckt Slaughter sorgfältig ab.

Cyril Smith, Professor an der Londoner School of Economics, fungiert als die Speerspitze der WRP bei dieser revisionistischen Attacke gegen den Trotzkismus. In einem Artikel in der Workers Press vom 13. Mai 1989 schrieb Smith, während die Ereignisse in China in vollem Gange waren:

„Sie [das IKVI] sehen in Gorbatschows Glasnost und Perestroika nur eine beabsichtigte und bewusste Politik, den Kapitalismus wiederherzustellen.

Sie verurteilen jede Einschätzung dieser Veränderungen als Versuch eines Flügels der Bürokratie, sich gegen die Bewegung der sowjetischen Arbeiterklasse zu verteidigen.“

Indem die Slaughter-Gruppe also die kapitalistische Restauration und den Versuch der Bürokratie, sich gegen die Arbeiterklasse zu verteidigen, als einander ausschließende Gegensätze darstellt, drückt sie nur ihre Feindschaft gegenüber dem Trotzkismus aus. Gerade weil die Bürokratie sich gegen die Arbeiterklasse zu verteidigen versucht, will sie sich in eine wirkliche herrschende Klasse verwandeln.

Trotzki schrieb dazu in „Verratene Revolution“: „Keinesfalls kann man damit rechnen, dass die Bürokratie friedlich und freiwillig zum Besten der sozialistischen Gleichheit sich selbst verleugnet … so wird sie sich in der weiteren Entwicklung unvermeidlich nach Stützen in den Besitzverhältnissen umsehen müssen … Es genügt nicht, Direktor eines Trusts zu sein, man muss Teilhaber sein. Ein Sieg der Bürokratie auf diesem entscheidenden Gebiet würde bedeuten, dass sie sich in eine neue besitzende Klasse verwandelt hat.“[4]

In einem früheren Artikel hatte die Slaughter-Gruppe erklärt, gegen Gorbatschows Restaurationspolitik zu sein bedeute, die Ligatschow-Fraktion in der Bürokratie zu verteidigen.

Die Slaughter-Fraktion hat also im Wesentlichen die gleiche Theorie der „Unumkehrbarkeit“ angenommen, die auch von Banda vertreten wird, und unterstützt wie Healy, wenn auch in etwas vorsichtigerer Form, Gorbatschows prokapitalistisches Programm. Sie erklärt, dass die trotzkistische Bewegung nicht für eine unabhängige Linie in der Arbeiterklasse kämpfen, sondern nur zwischen der einen oder der anderen Fraktion der Bürokratie wählen könne.

Diese beiden Auffassungen sind in der Politik aller drei WRP-Renegaten untrennbar miteinander verbunden, genau wie bei allen revisionistischen Gruppen, die sich nicht auf den proletarischen Marxismus, sondern auf kleinbürgerlichen Opportunismus gründen. Indem sie die kapitalistische Restauration für unmöglich erklären und leugnen, dass die Bürokratie in den Arbeiterstaaten eine konterrevolutionäre Rolle spielt, weisen sie entweder – wie Banda – offen die politische Revolution zurück, oder verwandeln sie in ein Kennwort für ausdrückliche oder stillschweigende Unterstützung dieses oder jenes Teils der Bürokratie gegen die Arbeiterklasse – wie Healy und Slaughter.

Vor dem vierten Jahrestag der Spaltung im Internationalen Komitee ist jetzt klar, dass es keine prinzipiellen und programmatischen Fragen sind, die diese drei ehemaligen Führer der WRP trennen. Sie stehen vereint gegen das IKVI und die grundlegenden Prinzipien des Trotzkismus.

Unter Bedingungen, in denen die Versuche der Pekinger Bürokratie, den Kapitalismus wiederherzustellen, einen revolutionären Massenaufstand der chinesischen Arbeiter hervorgerufen haben, werden sie, wie alle pablistischen Tendenzen, zu direkten Agenten und Apologeten der Bürokratie.

Die dramatischen Ereignisse in China haben unterstrichen, dass wir in einer Periode leben, die vom Zusammenbruch der Vereinbarungen und Institutionen gekennzeichnet ist, auf denen die Beziehungen in der kapitalistischen Welt während der letzten vier Jahrzehnte beruht haben. Diese historische Krise entlarvt sehr schnell den Bankrott aller Agenturen des Imperialismus in der Arbeiterbewegung.

Das Massaker auf dem Tiananmen hat ein für allemal den Mythos zerstört, dass der Maoismus einen neuen Weg im Kampf für den Sozialismus und gegen den Imperialismus darstelle. Über und über mit Blut besudelt steht er vor aller Augen da, entlarvt als konterrevolutionärer Feind der Arbeiterklasse. Diese Entwicklung folgte unmittelbar auf die ausdrückliche Zurückweisung der sozialistischen Revolution durch die Gorbatschow-Bürokratie und die Kapitulation einer bürgerlich-nationalen Führung nach der anderen vor dem Imperialismus.

Die Entwicklungen in China kennzeichnen ein neues Stadium der politischen Revolution gegen die stalinistischen Bürokratien als integralen Bestandteil der sozialistischen Weltrevolution. Sie haben außerdem gezeigt, welche enorme historische Bedeutung dem langen Kampf der Vierten Internationale zukommt, die Perspektive der proletarischen Revolution gegen den Stalinismus und seine kleinbürgerlichen revisionistischen Rechtfertiger zu verteidigen.


[1]

Leo Trotzki, Das Übergangsprogramm, Essen 1997, S. 121.

[2]

Internationales Komitee der Vierten Internationale, »Die kapitalistische Weltkrise und die Aufgaben der Vierten Internationale«, in: Die Vierte Internationale und die Perspektive der sozialistischen Weltrevolution 1986–1995, Essen 2022, S. 358, 360.

[3]

Leo Trotzki, »Die UdSSR im Krieg«, in: Verteidigung des Marxismus, Essen 2006, S. 22.

[4]

Leo Trotzki, Verratene Revolution, Essen 2016, S. 254.

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