Die Socialist Equality Party (UK) veranstaltete vom 6. bis 12. Oktober eine Reihe von öffentlichen Versammlungen mit dem Titel „Eine sozialistische Antwort auf den Brexit: Für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa“. Hauptsprecher auf den Veranstaltungen in London, Manchester, Sheffield, Bradford, Glasgow und Cambridge war der Nationale Sekretär der Socialist Equality Party, Chris Marsden.
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Ziel der Versammlungen diese Woche ist es, die grundlegenden politischen Fragen zu klären, die sich der Arbeiterklasse im Zusammenhang mit der Brexit-Krise stellen.
Die Situation ändert sich von Tag zu Tag, aber eins ist sicher: Ob Boris Johnson von der Europäischen Union einen Deal bekommt oder nicht, ob er sich mit dem Parlament einigt oder nicht, ob es ein zweites Referendum gibt oder nicht – in der Brexit-Debatte wird keine Seite, Befürworter oder Gegner, die Legitimität des „Siegs“ der jeweils anderen Seite akzeptieren. Die herrschenden Eliten Großbritanniens werden sich weiterhin gegenseitig zerfleischen. Der Brexit wird weiterhin die schwerste Krise für die britische herrschende Elite seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs sein.
Und was muss die Arbeiterklasse davon halten? Der Guardian hat in diesem Monat in einem Artikel auf die Feststellung mehrerer Sprachwissenschaftler hingewiesen, dass im Zusammenhang mit dem Brexit zu schnell zu viele neue Begriffe auftauchen, als dass die Öffentlichkeit mithalten könnte.
Tony Thorne vom King‘s College in London fordert die Erstellung eines öffentlichen Glossars zum „Brexitspeak“ unter Berücksichtigung der „vergifteten Terminologie des Populismus“. Er hat über 200 Begriffe aufgelistet, die in den letzten Jahren aufgekommen sind. Sie spiegeln, wie er schreibt, „eine zerrüttete politische Landschaft“ wider.
„Die Leute sollten sich damit vertraut machen, sonst laufen sie Gefahr, betrogen und getäuscht zu werden“, sagt Thorne.
Mit Verlaub, Herr Professor, um die vom Brexit verursachte Verwirrung zu überwinden, wird mehr nötig sein als ein Glossar von Begriffen – auch wenn ich sicher bin, dass viele in diesem Raum ein solches begrüßen würden!
Verwirrung herrscht nicht nur in der Terminologie des Brexit, sondern auch in den politischen Fragen, die für Marxisten von Bedeutung sind. Dabei geht es vor allem um die Frage, welche gesellschaftlichen Interessen die konkurrierenden Fraktionen in Wirklichkeit vertreten, und nicht um die grandiosen und verlogenen Behauptungen, mit denen sie sich schmücken.
Wir haben Boris de Pfeffel Johnson, den in Eton ausgebildeten Thatcheristen, der 2,291 Pfund pro Stunde allein dadurch verdient, dass er täglich eine Kolumne für den Daily Telegraph schreibt. Dann haben wir den ebenso schäbigen Nigel Farage, den Absolventen einer elitären Privatschule und ehemaligen Aktienhändler. Beide geben sich als Verteidiger des Volkswillens aus, der Souveränität des britischen Parlaments gegen die Brüsseler Bürokratie und der Rechtsstaatlichkeit.
Dann haben wir die Brexit-Gegner, angeführt von einem Bündnis aus verhassten Thatcheristen, sowie Blair-Anhänger von der Labour Party. Auch sie behaupten, den Willen des Volkes (wenn auch denjenigen von 2019 im Gegensatz zu 2016) zu vertreten, wie auch die „Rechtsstaatlichkeit“ und natürlich die parlamentarische Souveränität.
Wenn es nach den professionellen Lügnern der Mainstream-Medien geht, sollen wir uns also hinter diese zynischen Heuchler, wirtschaftsfreundlichen Politiker und Feinde der Arbeiterklasse stellen.
Dass ein solcher Zustand seit drei Jahren anhält, ist eine erschütternde Anklage gegen all jene Tendenzen, die vorgeben, für die Arbeiterklasse zu sprechen. Sie haben selbst eine Situation herbeigeführt, in der Millionen Menschen nicht in der Lage sind, ihre klassenmäßigen Interessen zu formulieren, sondern umgekehrt die Klassenposition eines jeden danach bestimmen, ob jemand für oder gegen den Brexit ist.
Die eine Seite erklärt uns, dass der Brexit irgendwie die Interessen der echten Arbeiterklasse im Norden verkörpere, die von der „kosmopolitischen Elite“ angeblich im Namen ihrer „privilegierten Existenz“ verraten werde. Die anderen behaupten, die Brexit-Anhänger seien alternde rassistische Troglodyten, die wir im Bündnis mit der fortschrittlichen Oberschicht und der EU, mit denen wir sozial und kulturell viel mehr gemeinsam hätten, bekämpfen müssten.
Wer heute hierhergekommen ist, der vertritt dagegen jene Teile der Arbeiterklasse, die einen derart spalterischen politischen Unsinn ablehnen und nach einer Alternative suchen: einen Weg, wie die gesamte Arbeiterklasse über alle künstlich errichteten Barrieren von Hautfarbe, Nation, Religion oder Generation hinweg vereint und gegen den gemeinsamen Klassenfeind mobilisiert werden kann.
Wer die heutige Versammlung besucht, tut das im Wesentlichen, weil er oder sie die World Socialist Web Site liest oder die Socialist Equality Party seit einiger Zeit kennt. Entweder seid ihr mit der unabhängigen sozialistischen Perspektive, die wir vertreten, einverstanden, oder ihr wollt über das, was wir vertreten, mehr erfahren. Ich werde heute versuchen, die Gründe für unsere Positionen darzulegen, und dass es sowohl notwendig als auch möglich ist, Millionen davon zu überzeugen. Die Voraussetzung dafür ist, die Rolle der Scharlatane und Rosstäuscher in der Arbeiterklasse zu entlarven, die für die Aussaat solcher gefährlichen Spaltungen verantwortlich sind.
Ende letzten Monats veröffentlichten wir in der WSWS eine Perspektiv-Kolumne, die in der Vorbereitung auf das heutige Treffen weit verbreitet wurde. Sie trägt den gleichen Titel: „Die sozialistische Antwort auf den Brexit: Für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa“.
Darin stellten wir fest, dass der Brexit-Konflikt den britischen Imperialismus in eine beispiellose Regierungskrise gestürzt habe. Dies habe den endgültigen Zerfall der parlamentarischen Herrschaft bloßgelegt. Johnson gehe zwar rücksichtslos gegen seine Gegner vor, vor allem gegen den Labour-Oppositionsführer Jeremy Corbyn, fürchte jedoch alle Schritte, einschließlich Neuwahlen, die eine breitere Opposition entfachen könnte. Dann heißt es:
„Die einzige Möglichkeit, Widerstand zu leisten, ist eine neue Politik auf der Grundlage des Klassenkampfs. Das Parlament ist in der Tat ein faulender Leichnam, und keine Fraktion der herrschenden Klasse hat ein echtes Interesse an demokratischen Rechten …
Die reaktionäre nationalistische Agenda des Brexits kann nicht durch eine Hinwendung zur EU bekämpft werden. Die Europäische Union rüstet selbst militärisch auf und hat erst in dieser Woche Unterstützung für die Kriegsvorbereitung der USA gegen den Iran signalisiert. Sie errichtet Grenzmauern und Konzentrationslager für Migranten und plant nicht weniger brutale Sparmaßnahmen als die Brexiteers.“
Wir stellten auch fest:
„Corbyn wird sich diesen Plänen nicht widersetzen. Er ist seit vier Jahren mit nichts anderem beschäftigt, als dafür zu sorgen, dass es keinen organisierten politischen Kampf gegen die herrschende Klasse gibt. Heute bietet er sich offen als Anwärter einer „Übergangsregierung” und als potenzieller Retter des britischen Imperialismus an.
Jetzt ist vor allem eines notwendig: Die Arbeiterklasse muss den Kampf um die Staatsmacht, für eine Arbeiterregierung und für den Sozialismus aufnehmen. Die Antwort auf die Brexit-Krise ist nicht Einheit mit der EU, sondern der gemeinsame Kampf der Arbeiterklasse gegen alle europäischen Regierungen und für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa.”
Ich möchte auf diese Schlüsselfragen eingehen und Rechenschaft darüber ablegen, was die SEP seit der Ankündigung des Brexit-Referendums geschrieben hat. Am 29. Februar 2016 (auf der deutschen WSWS am 5. März 2016) veröffentlichte die SEP ihre Erklärung: „Für einen aktiven Boykott des Brexit-Referendums”. Nach einer konkreten Prüfung der damit verbundenen Fragen kamen wir zu dem Schluss, dass keine der beiden Optionen gebilligt werden könne. Wir erklärten, dass das Referendum vom 23. Juni zwar als „demokratisches Instrument“ dargestellt wurde, weil es dem „Volk“ die Möglichkeit gab, zu entscheiden, aber in Wirklichkeit höchst undemokratisch war.
Es konnte nur eine binäre Wahl getroffen werden, entweder zu bleiben oder zu gehen Es gab keine Möglichkeit, ein Argument einzubringen, warum jemand für oder gegen den Verbleib in der EU war. Denn dafür wäre eine Partei nötig gewesen, die bestimmte politische Argumente und ein Programm vorgebracht hätte, mit denen sich die Wähler hätten einverstanden erklären können.
Arbeiter und Jugendliche hatten lediglich die Möglichkeit, eine von zwei offiziell zertifizierten Kampagnen zu unterstützen, die beide unter der Führung von rechtsgerichteten, wirtschaftsfreundlichen, militaristischen und arbeiter- und einwandererfeindlichen Kräften standen. Wir schrieben: „Sowohl die Befürworter als auch die Gegner der EU-Mitgliedschaft werden von Kräften geführt, die in den Fußstapfen von Margaret Thatcher für mehr Kürzungen, rabiate Maßnahmen gegen Einwanderer und die Zerstörung von Arbeiterrechten eintreten. Uneinig sind sie sich nur darüber, wie die Interessen des britischen Kapitalismus angesichts der Wirtschaftskrise und der Ausbreitung von Militarismus und Krieg am effektivsten gegen seine Rivalen in Europa und weltweit verteidigen werden können.“
Und weiter: „Bei einer solchen Volksabstimmung kann nichts Gutes herauskommen. Egal welche Seite gewinnt, die arbeitende Bevölkerung wird dafür bezahlen. Es gibt bei dieser Wahl kein kleineres Übel – beide Seiten sind gleich schlimm.“
Lasst mich das klarstellen. Die SEP ist ein unversöhnlicher Gegner der Europäischen Union, doch sie vertritt eine linke, und keine rechte Opposition.
Die EU ist kein Instrument zur Verwirklichung der echten und notwendigen Einigung Europas, sondern ein Mechanismus für die Unterwerfung des Kontinents unter das Diktat der Finanzmärkte.
Sie ist kein Weg zur Einheit, sie ist ein Forum, in dem konkurrierende Staaten gegeneinander kämpfen und sich gegen die Arbeiterklasse verschwören. Deshalb betonten wir:
„Die Kampagne für den Verbleib hat keinerlei Unterstützung verdient. Ihre Option wird von einem großen Teil der britischen Wirtschaftselite unterstützt, denn in ihren Augen ist die Mitgliedschaft in der EU eine wesentliche Voraussetzung für ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit, nicht zuletzt weil sie eine Daueroffensive gegen den Lebensstandard der Arbeiterklasse auf dem gesamten Kontinent gewährleistet. Außerdem wird sie von den USA und den großen imperialistischen Mächten Europas unterstützt, denn diese befürchten, dass ein Austritt der Briten (Brexit) zum Auslöser für die Auflösung der EU werden und das Nato-Bündnis und seine Kriegspläne gefährden könnte.”
Zunächst betonten wir die üble Rolle, welche die EU bei den verheerenden sozialen Angriffen auf die Arbeiterklasse Griechenlands, Portugals, Irlands und Spaniens spielt, und damit widerlegten wir die Behauptungen Corbyns, der Labour Party und des Gewerkschaftsdachverbands TUC, dass die EU der Arbeiterklasse sozialen Schutz bieten würde. Aber dann stellten wir fest:
„Dies alles bedeutet nicht, dass die Kampagne für den Austritt progressiv wäre, und rechtfertigt keinerlei kritische Unterstützung für sie. Die Behauptung, das britische Parlament und seine Parteien seien weniger willfährige Werkzeuge des Finanzkapitals als die EU, ist eine durchsichtige Lüge …“
Die Kampagne für den Verbleib in der EU (Remain) wurde von überzeugten Verfechtern der Kürzungspolitik geleitet. Als Johnson und Farage versprachen, sie würden die Gelder, die für die EU bestimmt seien, künftig in den NHS pumpen, machten wir klar, dass dies nichts weiter sei als die Fortsetzung der Kürzungspolitik „Made in Britain“, die in diesem Land schon weiter gegangen ist als fast überall sonst in Europa.
Unser politischer Ansatz ging von der wichtigen Erkenntnis aus, dass es in der jetzigen Situation des eskalierenden Militarismus, der Handelskonflikte zwischen Großmächten und eines erniedrigenden alltäglichen Umgangs der EU mit Geflüchteten der gefährlichste Fehler wäre, die Grenzen zwischen einer internationalistischen und sozialistischen Opposition gegen die EU und jeder Form von „linkem Nationalismus“ zu verwischen.
Unter den Bedingungen einer Massenbewegung der Arbeiterklasse gegen die EU, einschließlich Streiks und Aufrufe zu grenzüberschreitender Solidarität, beispielsweise mit der griechischen Arbeiterklasse und anderen Opfern der EU, hätte ein Votum zum Verlassen der EU antikapitalistischen Charakter annehmen können. Aber Syriza boykottierte diese Möglichkeit von Anfang an. Syriza hatte ihr Mandat in Griechenland verraten und sich bereit erklärt, das Diktat der EU und des Internationalen Währungsfonds durchzusetzen. Hilfe erhielt sie von den Sozialdemokraten, Stalinisten und pseudolinken Gruppen, die in Syriza das neue Vorbild für die „Linke“ erblickten.
Unter diesen Bedingungen konnte ein Aufruf, die EU zu verlassen, nur die allerreaktionärsten Kräfte in der britischen Politik stärken. Damit wurde der Zusammenbruch der EU unter dem Druck wachsender nationaler Gegensätze und dem Anwachsen rechtsextremer Kräfte auf dem ganzen Kontinenten beschleunigt.
Die SEP ging daran, den unabhängigen politischen Standpunkt der Arbeiter und Jugendlichen zu definieren, um ihre unabhängigen Klasseninteressen von den verfeindeten Lagern der Bourgeoisie abzugrenzen. Und damit entwickelten wir eine Perspektive für die gesamte europäische Arbeiterklasse. Wir schrieben:
„Ein nationalistisches Programm bietet den britischen Arbeitern keinen Ausweg aus der jetzigen wirtschaftlichen und politischen Sackgasse. Die Vorstellung, zu einem isolierten, souveränen britischen Staat zurückzukehren, mutet in der heutigen globalisierten Wirtschaft so archaisch an wie Stonehenge …“
Und weiter: „Gegen den Nationalchauvinismus und die Ausländerfeindlichkeit, die von beiden Seiten der Referendumskampagne vertreten werden, muss die Arbeiterklasse ihr eigenes internationalistisches Programm vertreten, um sich in ganz Europa zur Verteidigung von Lebensstandard und demokratischen Rechten zusammenzuschließen.“
Am 7. (8.) Juni 2016 haben wir unser zentrales Argument in der Erklärung „Für einen aktiven Boykott des Brexit-Referendums“ zusammengefasst:
„Die SEP tritt nicht für die Zerschlagung der EU auf der Grundlage eines nationalistischen Wirtschaftsprogramms und von Fremdenfeindlichkeit ein. Wir sagen, Arbeiter und Jugendliche müssen die EU auf der Grundlage einer unabhängigen Klassenperspektive ablehnen: nicht die nationalistische Aufsplitterung des Kontinents, sondern die Entwicklung einer gemeinsamen Offensive sowohl gegen die EU als auch gegen ihre einzelnen Regierungen.
Überall verwandelt sich unter dem Einfluss der zunehmenden Wirtschaftskrise freier Handel in Handelskrieg, Einkommenssicherheit in Unsicherheit und Arbeitslosigkeit, Wohlstand in Mangel, Freizügigkeit in die Errichtung von Grenzen mit Stacheldraht und Konzentrationslagern, Demokratie in Diktatur und den Aufstieg faschistischer Kräfte …
Der Zusammenbruch der EU bereitet den Weg für den Ausbruch eben der nationalen Gegensätze, die sie angeblich überwinden sollte. Wenn die Arbeiterklasse nicht eingreift, wird die Menschheit im Endergebnis wieder in den Strudel eines Weltkriegs geraten.“
Die Haltung, die wir einnahmen, brachte uns in Konflikt mit buchstäblich allen anderen, einschließlich Corbyn. Dieser führte die EU-freundliche Kampagne an, da die verhasste Cameron-Regierung dazu nicht in der Lage war. Aber hier möchte ich mich auf den Kampf konzentrieren, den wir gegen die dominante Position auf der „Linken“ führen mussten, nämlich gegen die Befürworter der linken Brexit-Strategie, die Corbyn gerade aufgegeben hatte.
Die allererste Polemik, die wir schrieben, war gegen George Galloway gerichtet, den ehemaligen Abgeordneten der Labour Party und Führer der Organisation Respect. Dieser hatte seine nationalistische Politik in der Schule des Stalinismus erlernt und ging daher er in seinem Bündnis mit den rechtsextremen Kräften, welche die Kampagne zum Verlassen der EU führten, besonders plump vor.
Sein eigener erster öffentlicher Schritt bestand in einem gemeinsamen Auftritt mit Kate Hoey von der Labour Party, Nigel Farage und mehreren Vertretern des erz-thatcheristischen Tory-Flügels, z.B. den Abgeordneten Bill Cash, Peter Bone und dem ehemaligen Schatteninnenminister David Davies.
Am 23. (24.) Februar schrieben wir: „Der Auftritt von George Galloway bei der Grassroots Out-Kampagne, die sich für den Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union einsetzt, verwischt die Klassenlinie nicht nur, sondern löscht sie aus.“ Seine Ausführungen konzentrierten sich durchweg auf die Behauptung, dass die Spaltung zwischen links und rechts sowie zwischen der Arbeiterklasse und der herrschenden Klasse im Vergleich zur gemeinsamen Verteidigung der britischen Souveränität nur von geringer Bedeutung sei. Er verglich das EU-Referendum mit dem Zweiten Weltkrieg, den Churchill als „unsere beste Stunde“ bezeichnet habe, „als wir alle zusammen vorwärts schritten, Churchill, Atlee und Bevan … Genau das tun wir heute Abend. Farage und ich. Miss Hoey und Davies. Links, rechts, links, rechts, vorwärts Marsch.“
Auf Twitter sagte er später über Farage: „Wir sind Verbündete in einer Sache. Wie Churchill und Stalin …“
Darauf antworteten wir: „Die erste Pflicht eines Sozialisten ist es, die Vermischung der Klasseninteressen abzulehnen. Für das Referendum bedeutet dies, die arbeitende Bevölkerung davor zu warnen, sich auf die Seite einer der Fraktionen der Bourgeoisie zu stellen. Sie streiten untereinander nur über die Frage, welche Strategie den Interessen des britischen Imperialismus am besten dient.
In irgendeiner Form die nationalistischen und pro-kapitalistischen Pläne der Gegner und der Befürworter des Brexit zu unterstützen, führt zu gefährlicher politischer Verwirrung und schwächt die politische Verteidigungsfähigkeit der Arbeiterklasse gegen das Gift des Nationalismus, der Fremdenfeindlichkeit und des Militarismus, die Großbritannien, Europa und die ganze Welt verpesten.“
Die Socialist Workers Party (SWP) und die Socialist Party (SP) sprechen oft über Galloways „Fehler“, so wie sie auch von Corbyns vielen vielen Fehlern sprechen! Aber ihre eigene Politik besteht in einer bloß etwas schamhafteren Version desselben Kurses. Sie arbeiteten nicht direkt mit Farage zusammen, sondern mit stalinistischen Gewerkschaftsführern, die dieselbe Linie wie Galloway vertreten.
Die SP hatte schon vorher zusammen mit der Eisenbahner-, Seeleute- und Transportarbeiter-Gewerkschaft Rail, Maritime and Transport Union einen Wahlblock namens „No2EU“ gegründet. Dessen Pressesprecher, der Stalinist Brian Denny, beschwerte sich über „Sozialdumping“, da angeblich billige ausländische Arbeitskräfte einheimische Arbeiter „verdrängen“ würden. Ständig entschuldigte sich die SP für die nationalistische Politik ihrer Partner im „arbeiterfreundlichen Block“ und räumte am Rande ein, es sei „gefährlich, Probleme so darzustellen, dass man damit die Vorstellung stärkt, innerhalb der Grenzen des Nationalstaats seien dauerhafte Lösungen für die Arbeiter möglich“. Gleichzeitig bestand sie darauf, dass „die größere Gefahr“ darin bestehe, „auf dem nationalen Terrain das Feld den Rechten zu überlassen“.
Was die SWP betrifft, so beschwerte sich ihr führender Theoretiker Alex Callinicos, dass „ein Teil der radikalen Linken bedauerlicherweise den Widerstand gegen die EU mit der Ablehnung eines ihrer Kernprinzipien in Verbindung bringt: der Freizügigkeit von Arbeitskräften“. Diese Kritik äußerte er, ohne Namen zu nennen, weil das sein schmutziges Bündnis mit denselben Kräften, die er kritisiert, gefährdet hätte.
Aber er macht die nationalistische Grundlage der Politik der SWP deutlich. In demselben Text („Die internationalistische Haltung gegen die Europäische Union”) lehnt er jede Möglichkeit eines einheitlichen Kampfs der europäischen Arbeiterklasse ab, indem er schreibt: „Das strategische Problem ist, dass seit den 1980ern, und vor allem nach der Krise der Eurozone, ein europaweites neoliberales Regime etabliert wurde. Dieses System lässt sich am ehesten auf nationaler Ebene durchbrechen. Erfolgreichen Widerstand von einer koordinierten Bewegung auf EU-Ebene abhängig zu machen, bedeutet, diesen Widerstand auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Der Prozess der ungleichen und kombinierten Entwicklung impliziert, dass Kämpfe am ehesten auf nationaler Ebene erfolgreich sein werden, dann aber verallgemeinert werden können. Damit der Internationalismus an Boden gewinnt, muss es also dialektisch auf nationaler Ebene Durchbrüche geben.“
Die sozialistischen Phrasen von Left Leave waren immer nur ein dürftiges Feigenblatt für den arbeiterfeindlichen Nationalismus dieses Lagers. Natürlich ist die EU, wie sie sagen, eine arbeiterfeindliche Unternehmerlobby, sie ist antidemokratisch, antisozialistisch und imperialistisch. Aber was ist mit dem Vereinigten Königreich, dem blutrünstigsten aller imperialistischen Staaten? Darüber verlieren sie kaum ein Wort!
Stattdessen haben die pseudolinken Gruppen die versteckten fortschrittlichen Eigenschaften der britischen Souveränität entdeckt, und sie loben die Traditionen der parlamentarischen Demokratie – um die Wahl einer künftigen Labour-Regierung zu ermöglichen!
Lindsey German von der Gruppe Counterfire schwärmte von der britischen Demokratie und erklärte: „Wenn man in Großbritannien lebt, ist es zwar immer problematisch, die britische Demokratie als anderen Demokratien überlegen hinzustellen. Immerhin haben wir eine 90-jährige, nicht gewählte Monarchin und ein House of Lords, das größer ist als das Unterhaus … Aber das entscheidende Prinzip der Demokratie in diesem Land, so unvollkommen es ist, besteht darin, dass wir das Recht haben, Regierungen zu wählen, und zwar Regierungen, die Dinge verändern können. Und das gibt es in der Europäischen Union nicht.“
Die SEP erinnerte an die bitteren Erfahrungen in der Geschichte, wenn man Initiativen von rechtsnationalistischen Kräften eine progressive Bedeutung beigemessen hatte. Bekanntes Beispiel hierfür war die Unterstützung der stalinisierten Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) für die NSDAP beim sogenannten „Roten Volksentscheid“. Auf Anweisung von Stalin und der Komintern unterstützte die KPD die Kampagne der Faschisten.
Das Referendum, das auf die Initiative der Nationalsozialisten zurückging, forderte die Entmachtung der Sozialdemokraten in Preußen, dem größten deutschen Bundesland, zu dem auch die Hauptstadt Berlin gehörte. Die KPD unterstützte das Referendum mit der Begründung, dass die Sozialdemokraten „Sozialfaschisten“ seien und sich an der Repression gegen die Arbeiterklasse beteiligten. Ihre Beseitigung, so behauptete die KPD, wäre ein Schritt in Richtung auf eine „nationale Befreiung“ und „Volksrevolution“.
Trotzki kritisierte scharf solche Versuche, die unter dem Banner der „Volksrevolution“ für einen nationalen Kommunismus eintraten. Er bezeichnete diesen Slogan als „Leerformel, Scharlatanerie. Macht man den Faschisten auf diese Art Konkurrenz, so ist der Preis, dass man die Köpfe der Arbeiter mit Verwirrung erfüllt.“
Die politischen Auswirkungen waren verheerend. Die deutsche Arbeiterklasse wurde mit Nationalismus vergiftet, und die Sache endete trotz überwältigender Opposition der Arbeiter von KPD und SPD gegen die Nazis im Sieg des Faschismus und dem Zweiten Weltkrieg.
Der linke Flügel der Brexit-Anhänger rechtfertigt seine Umarmung des Brexit mit der Behauptung, dass auf lange Sicht jeder Sieg für Johnson et al. die Tories zerreißen und den Weg für Corbyn ebnen werde. Dadurch werde eine Labour-Regierung an die Macht kommen. Dazu schrieben wir: „Die KPD vertrat den Slogan ‚Nach Hitler kommt Thälmann‘. Die Perspektive der linken Brexit-Anhänger vom Left-Leave-Lager könnte lauten: ‚Nach Boris kommt Jeremy‘!“
In der letzten Woche der Referendumskampagne war damals die EU-freundliche Labour-Abgeordnete Jo Cox von einem Faschisten ermordet worden. Aber die Pseudolinken, die über den Abstimmungssieg für einen Brexit völlig aus dem Häuschen gerieten, waren ängstlich darauf bedacht, die Bedrohung von rechts klein zu reden. Der Führer der Sozialistischen Partei schrieb: „Es wäre völlig falsch, die äußerst pessimistischen Schlussfolgerungen einiger kleiner linker Fraktionen zu übernehmen, die behaupten, das Ergebnis werde in Großbritannien zu einem ‚Überschwang der Reaktion‘ führen und rechte Kräfte in Europa und anderswo ermutigen.“
Wieder einmal machten die Pseudolinken eine künftige linke Politik von Corbyn abhängig. John Rees von Counterfire schrieb: „Außer bestimmten Massenkampagnen wie der ‚Volksversammlung‘ oder den Gewerkschaften bleibt den Linken nur Jeremy Corbyns Labour-Führung, um die zentralen Bastionen der Arbeiter zu erreichen, die die politische Elite und alles, wofür sie steht, so offensichtlich verabscheuen … Dafür ist ein zweiter Sieg für Jeremy Corbyn notwendig. Alles andere, einschließlich des weiteren Erfolgs aller verbleibenden linken Kampagnen, hängt davon ab.“
Die Behauptung, das Liebäugeln mit der extremen Rechten sei gar nicht so gefährlich und schaffe sogar die Grundlage für eine Verschiebung nach links, steht im Widerspruch zu allen historischen und jüngeren Erfahrungen. Auf den Brexit folgten ähnliche Entwicklungen an anderer Stelle. Dazu ist auch Donald Trumps Präsidentschaftssieg zu rechnen. Seine „America First“-Kampagne zielt auf ein Bündnis gegen Deutschland und Frankreich, und darauf basiert auch die gesamte Brexit-Agenda. In ganz Europa erstarkt die extreme Rechte, die in Ungarn, Italien und Österreich schon an die Macht gelangte. Ein weiteres Beispiel ist der Aufstieg der AfD zur wichtigsten Oppositionspartei in Deutschland. Diese Präsenz von Faschisten im Bundestag, wie auch der jüngste Angriff eines rechtsextremen Schützen auf eine Synagoge in Halle zeigen das Ausmaß der Gefahr, die von den Rechtsextremen ausgeht.
Das alles rechtfertigt noch lange nicht die Unterstützung anderer bürgerlicher Fraktionen oder der EU. Wir sind eine in der Geschichte verwurzelte Partei. Wir verstehen, dass solche Allianzen nur das Wachstum der extremen Rechten fördern. Ein Sprecher für das Remain-Lager ist Paul Mason, der seine Jugend bei Workers Power verbrachte und jetzt für den Guardian schreibt, wo er auch seinen Text, „Labours beste Taktik, Boris Johnson zu schlagen: eine Volksfront“, veröffentlicht hat. Mason schreibt: „Ich kann jetzt schon die Proteste vieler Labour-Aktivisten hören. Aber die Volksfront-Taktik hat tiefe Spuren in den sehr politischen Traditionen hinterlassen, aus denen die moderne Labour-Linke entstanden ist … In Spanien übernahm die Volksfront zum Entsetzen der Konservativen, die ein Wahlbündnis mit den Faschisten gebildet hatten, im Januar 1936 die Macht. Im Mai desselben Jahres kam die Volksfront in Frankreich an die Macht und schenkte dem Land seinen ersten sozialistischen Premierminister …
Also ist die Volksfront-Taktik nicht einfach ein Nischenprodukt. Sie gehört zur westlichen demokratischen Tradition; sie ist die einzige Taktik, die den Marsch in den Faschismus in den 1930er Jahren gestoppt oder verzögert hat. Sie wurde von den Corbyn-Leuten ihrer Zeit erfunden.“
Was für ein zynischer politischer Scharlatan! Mason weiß sehr wohl, dass die Volksfront die Politik der stalinisierten kommunistischen Parteien war. Er hält bei 1936 inne, wohl wissend, dass die Politik der Unterordnung der Arbeiterklasse unter die vermeintlich „progressive“ Bourgeoisie zu katastrophalen Niederlagen führte, vor allem in Spanien, wo ein revolutionärer Umsturz, der im Bereich des Möglichen lag, stattdessen in einen Sieg Francos mündete und den Zweiten Weltkrieg vorbereitete.
Mason nutzt das zur Rechtfertigung der Manöver der Blair-Anhänger, die eine Regierung der nationalen Einheit unter anderem mit den Liberaldemokraten anstreben. Corbyn hat ihnen erlaubt, die Kontrolle über die Labour Party zu behalten. Aber das wirft die Frage auf, was denn mit der Perspektive des „linken Brexit“ passiert ist, welcher doch angeblich zu einer Verschiebung nach links unter Corbyn führen sollte?
Im September 2015 war Corbyn in einem Erdrutschsieg zum Labour-Führer gewählt worden, und er hatte sich verpflichtet, die wirtschaftsfreundliche und kriegslüsterne Politik von Blair und Brown zu beenden. Ein Jahr später unterstützte er in der Referendumskampagne die Wirtschaftselite, die mehrheitlich davon ausging, dass eine EU-Mitgliedschaft für ihr Potential, im internationalen Wettbewerb zu bestehen, entscheidend sei. Nachdem das Referendum verloren war, forderten die Blair-Leute Corbyns Absetzung. Daraufhin wurde er im Juni 2016 jedoch mit einer noch größeren Mehrheit von Hunderttausenden von Arbeitern und Jugendlichen wiedergewählt.
Cameron sah sich gezwungen, zurückzutreten, und er machte Theresa May Platz. Trotzdem weigerte sich Corbyn, den Kampf aufzunehmen. Dennoch führten die Unterhauswahlen im Mai 2017 zu einem Anwachsen der Stimmen für Labour, was die Tories zur Bildung einer Minderheitsregierung zwang. Corbyn zog sich weiter zurück und widersetzte sich allen Forderungen die Blair-Leute anzusetzen, obwohl seine eigenen Anhänger als „Antisemiten“ aus der Partei gejagt wurden, weil sie Israels Unterdrückung der Palästinenser bekämpften.
Als die May-Regierung im April dieses Jahres über die Frage des Brexits an den Rand des Zusammenbruchs gebracht wurde, gab Corbyn die Forderung nach Neuwahlen auf und begann wochenlange Gespräche darüber, wie man die „nationalen Interessen“ am besten verteidigen könne. Anstatt sich einer mobilisierten Arbeiterklasse stellen zu müssen, wurde May daher von ihrer eigenen hartnäckigen Brexit-Fraktion zum Rücktritt gezwungen und durch Johnson ersetzt.
Nachdem Corbyn die Bildung der rechtesten Regierung der Nachkriegsgeschichte begünstigt hatte, bot er an, eine „Übergangsregierung“ aus allen EU-freundlichen Oppositionsparteien im Bündnis mit pro-EU-Tories gegen Johnson zu bilden, um den Brexit zu verzögern. Offenbar ist er erst jetzt, nach diesem Manöver, das die Rechte nur stärken und die Spaltung in der Arbeiterklasse nur vertiefen kann, bereit, eine Parlamentswahl ansetzen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Labour diese Wahl verliert, ist heute größer als zu irgendeinem Zeitpunkt in den letzten vier Jahren.
Unterdessen sind die Kräfte, an die Corbyn appelliert, damit beschäftigt, Übernahmen, Ausschlüsse und Spaltungen auszuhecken. Damit verfolgen sie das Ziel, eine Regierung der nationalen Einheit zu bilden, um den Brexit zu vollenden und gleichzeitig die Kürzungspolitik und die militaristische Agenda fortzusetzen, die mit der „Thatcher-Revolution“ begann.
Seit Corbyns Amtsantritt wurden wir in unserer Haltung bestärkt, dass Labour nicht reformiert werden kann. Unter Bedingungen eines global organisierten Kapitalismus hat die Labour Party keine Möglichkeit, zu ihrer reformistischen Vergangenheit zurückzukehren, die auf nationaler Wirtschaftsregulierung basierte.
In der Tat dient die Globalisierung im Kapitalismus den Interessen einiger weniger Privilegierter, die auf Kosten der Verarmung von Milliarden Menschen weltweit phantastisch reich werden. Aber die Globalisierung des Wirtschaftslebens mit einer länderübergreifenden Produktion ist objektiv fortschrittlich und notwendig. Durch die massive Steigerung der Produktivität der menschlichen Arbeit schafft sie die materiellen Grundlagen für die Entwicklung einer sozialistischen Gesellschaft.
Um dies jedoch zu erreichen, muss die Kontrolle der superreichen Oligarchie über die Gesellschaft gebrochen und die Wirtschaft von den Beschränkungen befreit werden, die ihr das Profitsystem und die Aufteilung der Welt in antagonistische Nationalstaaten auferlegt.
Jede Hinwendung zum Nationalismus, um den britischen Kapitalismus als Alternative zur Kürzungspolitik der EU zu entwickeln, wird nur noch tiefere soziale Angriffe, protektionistische Handelskriegsmaßnahmen und Militarismus hervorbringen. Die nationalen Spannungen, die den Brexit erzeugt haben, sind nur ein Ausdruck der globalen interimperialistischen Antagonismen, die durch den bitteren Konkurrenzkampf zwischen rivalisierenden Mächten um die Kontrolle der Weltmärkte hervorgerufen werden. Ohne Gegenwehr führen diese Spannungen unweigerlich zu autoritärer Herrschaft, Handelskrieg und Krieg.
Ich möchte kurz auf Galloway zurückkommen, um zu zeigen, wie Recht wir hatten, als wir vor der reaktionären Logik des linken Nationalismus warnten. Im Mai saß er in Almaty, Kasachstan, mit Trumps faschistischem Berater Steve Bannon beim Eurasia Media Forum an einem Tisch. Die Debatte zwischen den beiden ähnelte eher einer Liebeserklärung, weil sie immer wieder einer Meinung waren. Bannon erklärte, dass rechtsgerichtete nationalistische Kräfte in Europa auf dem Vormarsch seien: „Die Menschen verstehen, dass die stärkste Kontrolle auf nationaler Ebene liegt, nicht auf einer amorphen transnationalen Ebene. Der Nationalismus nimmt zu, und das ist gut so … Der Brexit und Trumps Sieg sind untrennbar miteinander verbunden … Es ist eine Revolte der Arbeiterklasse, besonders in Ländern mit einer ehemals starken verarbeitenden Industrie, die in einer neuen Leibeigenschaft lebt … Dieser Tag ist vorbei.“
Darauf antwortete Galloway: „Ich bin ein Mann der Arbeiterklasse mit dem gleichen ethno-religiösen Hintergrund wie Steve Bannon, obwohl wir uns in vielem unterscheiden. Aber unsere Leute, egal welcher Hautfarbe, egal woher sie kommen, wie auch immer sie beten, melden sich zu Wort. Der Tag der Eliten ist vorbei … Es geht um Demokratie, nicht um Nationalismus. Steve Bannon hat Recht. Der einzige Weg, wie man die Eliten und Monopole und die Ausbeuter kontrollieren kann, ist auf nationalstaatlicher Ebene.“
Hier führt der Nationalismus zwangsläufig zu sozialen und politischen Reaktionen der finstersten Art.
Wir lehnen den Kapitalismus vom Standpunkt des Klassenkampfs und des sozialistischen Internationalismus ab. Der Kapitalismus treibt direkt in die Katastrophe und steht am Rande einer zweiten globalen Rezession, die die Krise von 2008 in den Schatten stellen wird.
Und weil der Brexit alle anderen Nachrichten in den Hintergrund drängt, möchte ich darüber sprechen, wie nah die Welt schon am Krieg steht. In diesem Jahr gab es mindestens sieben große Nato-Übungen, welchen die Pläne für einen Krieg gegen Russland zugrunde liegen. Die Übungen entlang der russischen Grenzen statt, und die ehemaligen Länder des Warschauer Pakts beteiligen sich daran. Nächstes Jahr findet die Militärübung Defender 2020 statt, an der siebzehn Nato-Staaten, darunter die USA und Deutschland, teilnehmen. Es wird die größte Militärübung in Europa seit 25 Jahren sein. Das US-Militär wird eine vollständige Division mit einer Personalstärke von 20.000 Mann nach Polen und ins Baltikum schicken, und insgesamt werden 37.000 Soldaten teilnehmen.
Die Parallelen zwischen der Krise der Herrschaft, die sich in Großbritannien und den USA entwickelt, sind eindeutig. In beiden Ländern versucht eine Fraktion der herrschenden Klasse, einen Politiker von der Macht zu verdrängen. Aber auch in den USA hängt alles davon ab, jede Unterstützung für das „kleinere Übel“ zurückzuweisen. In Bezug auf das Impeachment der Demokraten gegen Trump macht die WSWS in ihren Artikeln deutlich, dass unsere Weltpartei und ihre Sektionen eine gemeinsame Haltung einnehmen. Wir haben geschrieben:
„Die Arbeiterklasse muss sich Trump widersetzen, aber nicht auf der Grundlage der Bedürfnisse der Unternehmen und der Geheimdienste. Die Opposition der Arbeiterklasse gegen Trump muss darauf basieren, dass die sozialen Bedürfnisse der Arbeiter in den USA und international befriedigt werden: die Kriege müssen beendet, der Reichtum umverteilt, demokratischen Rechte verteidigt und das Recht der eingewanderten Arbeiter, sich überall frei und ohne Belästigung zu bewegen und zu leben, garantiert werden. Dies erfordert die unabhängige Mobilisierung der Arbeiterklasse im Kampf gegen die großen Wirtschaftsparteien und das kapitalistische System.“
Hinter dem Streben nach Kürzungen, autoritären Herrschaftsformen, Militarismus und Krieg stehen tiefgreifende objektive Ursachen: Das sind nicht nur interimperialistische, sondern auch soziale Antagonismen. Die Spaltung zwischen der superreichen Finanzoligarchie und der Masse der arbeitenden Menschen, die ums Überleben kämpfen, war noch nie so ausgeprägt. Das macht demokratische Herrschaftsformen unmöglich.
In dem unversöhnlichen Konflikt zwischen den Klassen, der Bourgeoisie und dem Proletariat, ist jedoch auch der Sozialismus objektiv angelegt.
Mit der Entwicklung des politischen Bewusstseins der Arbeiterklasse sind enorme historische Probleme verbunden. Die Krise des Kapitalismus befindet sich in einem fortgeschrittenen Stadium, aber das Verständnis dieser Krise, die politische Vorbereitung der Arbeiterklasse hinkt weit hinterher. Dies ist vor allem auf die Auswirkungen des Stalinismus zurückzuführen. Seine Mordkampagne gegen die marxistische Arbeiterführung sicherte die jahrzehntelange bürokratische Herrschaft über die Arbeiterklasse und ermöglichte in der Sowjetunion und China die Wiederherstellung des Kapitalismus.
Die Arbeiterklasse braucht eine neue Perspektive, die sich den Herausforderungen des global organisierten Wirtschaftslebens stellt. Ohne dies kann es keinen effektiven Kampf gegen den Kapitalismus geben. Die Vierte Internationale, die heute vom Internationalen Komitee geleitet wird, verkörpert als Partei dank ihrem jahrzehntelangen Kampf für das Programm und die Perspektive der sozialistischen Weltrevolution diese Perspektive. Sie hat sie gegen Stalinismus, Sozialdemokratie, Gewerkschaftsbürokratie und ihre pseudolinken Apologeten immer verteidigt.
Mein Bericht hat den reichen Erfahrungsschatz dieses Kampfs und seine Bedeutung für die politische Neuausrichtung der Arbeiterklasse hervorgehoben. Ich möchte jedoch betonen, dass unsere wesentliche Aufgabe darin besteht, das zu überwinden, was Trotzki als die Krise der revolutionären Führung bezeichnet hat. Er betonte 1940:
„Alles Gerede, dass die geschichtlichen Bedingungen noch ‚nicht reif‘ seien für den Sozialismus, ist ein Erzeugnis von Unwissenheit oder bewusstem Betrug. Die objektiven Voraussetzungen für die proletarische Revolution sind nicht nur ‚reif‘, sondern beginnen bereits zu verfaulen. Ohne eine sozialistische Revolution, und zwar in der nächsten geschichtlichen Periode, droht der gesamten menschlichen Kultur eine Katastrophe. Alles hängt nunmehr vom Proletariat ab, das heißt vor allem von seiner revolutionären Vorhut. Die geschichtliche Krise der Menschheit läuft auf die Krise der revolutionären Führung hinaus.“
Aber Trotzki erklärte auch, wie und warum diese Krise der Führung überwunden werden kann:
„Die Orientierung der Massen ist einerseits von den objektiven Bedingungen des faulenden Kapitalismus, andererseits durch die verräterische Politik der alten Arbeiterorganisationen bestimmt. Entscheidend ist von diesen beiden Faktoren natürlich der erste: Die Gesetze der Geschichte sind stärker als die bürokratischen Apparate … Immer deutlicher werden ihre verzweifelten Anstrengungen, das Rad der Geschichte aufzuhalten, den Massen zeigen, dass die Krise der proletarischen Führung, die zur Krise der menschlichen Kultur geworden ist, nur von der Vierten Internationale gelöst werden kann.“
Heute geben dieselben Widersprüche, die den Kapitalismus in Richtung Handelskrieg und Krieg treiben, den Impuls für die Entwicklung einer mächtigen oppositionellen Bewegung in der Arbeiterklasse. Sie wird sich von der Zwangsjacke der sozialdemokratischen und Gewerkschaftsbürokratie losreißen. Die Bemühungen der Kapitalistenklasse und ihrer Regierungen, global wettbewerbsfähig zu sein, erfordern den Angriff auf Arbeitsplätze, Löhne und Arbeitsbedingungen in jedem Land. Aber letztendlich beginnt die Arbeiterklasse, zurückzuschlagen. Trotz der systematischen Unterdrückung des Klassenkampfs und der gewaltigen Verwirrung, welche die Bürokraten stiften, hat in ganz Europa und weltweit eine Welle von Streiks und Protesten eingesetzt.
Diese oppositionelle Bewegung führt nicht automatisch dazu, dass die Arbeiterklasse sozialistische Schlussfolgerungen zieht. Aber sie schafft ein neues und günstiges politisches Klima. Auf dieser Grundlage wird die Socialist Equality Party in der Lage sein, grundlegende Fragen der Geschichte und des Programms zu klären. Das bedeutet, dass sich das Bewusstsein schnell und sprunghaft entwickeln kann.
Unser Ziel wird es sein, die Kämpfe der Arbeiterklasse bewusst über alle nationalen Grenzen hinweg und gegen den gemeinsamen kapitalistischen Feind zu vereinen. Hinzu kommt die Tatsache, dass die Militarisierung der Weltpolitik seit 1945 beispiellos ist, und dass auf dieses Aufbäumen von Militarismus und Krieg die Arbeiterklasse, besonders die jungen Arbeiter, zweifellos reagieren werden. Die dafür notwendige politische Führung können nur wir allein zur Verfügung stellen. Das ist die Quelle unseres revolutionären Vertrauens und der Impuls für alle, die noch nicht Mitglied der SEP sind, sich ihr anzuschließen.