Studierende, Arbeiter und Künstler prangern Internetzensur an

Roger Waters, Mitbegründer von Pink Floyd, verurteilt die Sperrung des Twitter-Accounts der IYSSE (US)

Letzte Woche sperrte Twitter das Konto der US-amerikanischen Sektion der International Youth and Students for Social Equality (IYSSE), der Jugend- und Studierendenbewegung der Socialist Equality Party. Auch mehr als eine Woche später ist das gesamte Konto mitsamt seinen Beiträgen und seinem Impressum für Leser nach wie vor nicht aufrufbar.

In einer Zeit, in der unter jungen Menschen das Interesse an einer echten sozialistischen Perspektive zunimmt, hat die Zensur der IYSSE Protestbotschaften und einen Aufschrei ausgelöst.

Roger Waters, der berühmte Musiker und Mitbegründer von Pink Floyd, veröffentlichte am Sonntag Beiträge auf seinen Social-Media-Accounts, in denen es heißt: „Twitter hat die International Youth and Students for Social Equality [IYSSE] gesperrt. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Menschen über diese Bemühungen, sie zu zensieren, Bescheid wissen.“

In einer Anspielung auf Jack Dorsey, den milliardenschweren CEO von Twitter und Square, schloss Waters mit den Worten: „WOVOR HAST DU ANGST @JACK?“ Der Text begleitete ein Foto von Waters mit Klebeband über dem Mund, auf dem das Wort „Twitter“ zu lesen ist. Zusammengenommen haben Waters‘ Beiträge auf Twitter, Instagram und Facebook bislang rund 110.000 Likes erhalten.

Das weltbekannte Model Andreja Pejić schrieb auf ihrem Twitter-Account: „Twitter, stell den Account der @IYSSE_US wieder her (…). Hört auf, das Netz zu zensieren. Hört auf, seriöse linke Publikationen/Organisationen zu zensieren. Besonders jene, die seit Langem die lautstärksten Gegner des Faschismus sind.“

Dutzende Studierende und Jugendliche haben mit der World Socialist Web Site Kontakt aufgenommen, um ihre Opposition gegen die Twitter-Zensur zum Ausdruck zu bringen.

Lachlan, ein Student an der Appalachian State University in North Carolina, erklärt gegenüber der WSWS: „Die Informationen, die Arbeiter und Studierende erhalten, wenn sie dem Twitter-Account der IYSSE folgen, sind gerade jetzt überlebenswichtig, um die Welt um uns herum zu verstehen.“

„Studierende und Arbeiter dürstet es nach ernsthaften Analysen“, fährt er fort und verweist auf die „Wahlkrise, die Covid-19-Pandemie... die Aussicht, unsere Arbeitsplätze zu verlieren, mit denen wir unsere Ausbildung bezahlen“, sowie die „lange anhaltenden Auswirkungen der Wirtschaftskrise, die den Reichen sehr zugute gekommen ist“. Er schließt: „In den sozialen Medien kommt keine andere politische Webseite auch nur annähernd dem Material gleich, das von der IYSSE publiziert wird – und deshalb will Twitter es zensieren.“

Jaylah, eine Studentin der University of Florida im ersten Semester, nennt Twitters Zensur „unerwartet, aber nicht überraschend“. Sie stellt fest, dass die „eklatante Unterdrückung des Sozialismus“ eine Antwort auf „das wachsende Interesse am Sozialismus [unter] der heutigen Jugend“ darstellt.

Charles Thorpe, Professor an der University of California, San Diego, nennt gegenüber der WSWS die Zensur der IYSSE „einen Beweis für die wachsende antidemokratische Arroganz und illegitime Macht der Technologiekonzerne“. Weiter sagt er: „Sie veranschaulicht genau, warum diese Online-Plattformen der privaten kapitalistischen Kontrolle entzogen und in öffentliche Versorgungseinrichtungen unter sozialer Kontrolle umgewandelt werden müssen.“ Die Sperrung sei ein „Angriff auf die Demokratie“.

Sebastian, ein Student der University of California, Berkeley, sagt, dass Twitters Suspendierung des Kontos der IYSSE „nicht auf die leichte Schulter genommen werden sollte“. Er fährt fort: „Die IYSSE hat sich eindeutig an alle Regeln gehalten, und die von Twitter ergriffenen Maßnahmen sind letztlich nichts anderes als politische Zensur. Im Zeitalter des Internets haben wir gesehen, wie große Technologieunternehmen wie Twitter und Google zu Türhütern der Meinungsäußerung und zu Feinden des Ersten Verfassungszusatzes geworden sind. Diese und andere Handlungen zielen nicht darauf ab, Nutzer vor Falschinformationen oder ‚Spam‘-Accounts zu ‚schützen‘, sondern darauf, die Hegemonie der Konzerninteressen zu schützen und abweichende Stimmen zum Schweigen zu bringen.“

Die „Class Unity“-Gruppe der Democratic Socialists of America (DSA) hat ebenfalls eine prinzipientreue Verteidigung der IYSSE auf Twitter gepostet und erklärt: „Die beunruhigende Zunahme von Online-Zensur und Deplatforming sollte jeden alarmieren, der sich dem Prinzip der freien Meinungsäußerung verschrieben hat. Wir verurteilen die Maßnahmen, die von Twitter gegen die World Socialist Web Site und die Socialist Equality Party ergriffen wurden.“

Genevieve Leigh, US-Vorsitzende der IYSSE, und Joseph Kishore, Nationaler Sekretär der Socialist Equality Party, haben Schreiben an die DSA und ihre Jugendbewegung YDSA versendet und die Organisationen aufgefordert, die Maßnahmen zu verurteilen, doch beide haben keine Antwort erhalten.

Die Zensur des Twitter-Accounts der IYSSE ist kein alleinstehender Akt, sondern folgt auf das Eingeständnis von Google-CEO Sundar Pichai am 28. Oktober vor dem US-Kongress, dass der Suchmaschinenriese die WSWS zensiert. Im April 2017, nach der Niederlage von Hillary Clinton, führte Google neue Suchalgorithmen ein, die wenig „maßgebliche“ Inhalte stark herabstufen sollten. Dadurch sank der Suchverkehr von 13 führenden linken, fortschrittlichen und Antikriegs-Websites zwischen April und September 2017 um 55 Prozent.

Mehrere Unterkategorien der populären Diskussionsplattform Reddit haben die WSWS auf die schwarze Liste gesetzt, darunter auch der Subreddit „r/Sozialismus“. Bereits im August 2018 hat Facebook die Konten linker Publizisten entfernt – darunter auch die Konten von Reportern der World Socialist Web Site – und dies mit unbelegten Behauptungen über „unauthentisches Verhalten“ gerechtfertigt.

Wir rufen alle Leser der World Socialist Web Site dazu auf, unsere Artikel, in denen wir die Zensur der IYSSE entlarven, weit zu verbreiten und Erklärungen gegen diese Maßnahmen zu verfassen. Im Folgenden veröffentlichen wir weitere Kommentare und Bemerkungen von Unterstützern der IYSSE:

Eric, ein junger Arbeiter aus dem pazifischen Nordwesten: „Twitters Aufhebung des US-amerikanischen IYSSE-Accounts scheint ein Akt eklatanter politischer Zensur zu sein. Als Unterstützer der IYSSE (US) fordere ich, dass Twitter ihr Konto unverzüglich wiederherstellt.“

Mike, ein Student am Northern Virginia Community College: Es „ist falsch von Twitter und Facebook, Leute zu sperren“. Er verurteilt die Sperrung des IYSSE-Accounts und erklärt: „Das ist völlig krank. Twitter will die Leute bloß von der Wahrheit ablenken“. Die Kapitalistenklasse, so Mike, „will die Situation stabilisieren. Es ist klar, dass sie euch nicht mögen, sie haben euch nicht einmal eine Antwort auf die Frage gegeben, warum sie euch gesperrt haben.“

Thushara, ein Arbeiter aus dem Bundesstaat Washington, erklärt: „[Die] IYSSE ist eine wichtige Informationsquelle für junge Leute – besonders in einer Zeit, in der ihre ganze Welt durch die kriminelle Politik einer herrschenden Klasse auf den Kopf gestellt wurde, die den Profit über das Leben stellt. Gerade heute habe ich einen Artikel von Kate Randall zu genau diesem Thema gelesen. Diese Artikel verlangen die breiteste Leserschaft, insbesondere unter jungen Menschen, damit sie politisch gerüstet sind, um das Leben, das vor ihnen liegt, selbst in die Hand zu nehmen.“

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