Grünes Wahlprogramm für Polizeistaatsaufrüstung, Militarismus und Krieg

Am Wochenende präsentierten die beiden Grünen-Vorsitzenden Robert Habeck und Annalena Baerbock ihren „Programmentwurf zur Bundestagswahl 2021“ mit dem Titel „Deutschland. Alles ist drin.“ Der 137-seitige Text unterstreicht, dass eine mögliche Bundesregierung unter Beteiligung oder gar Führung der Grünen keine „linke“ Alternative zur Großen Koalition wäre, sondern deren rechte und militaristische Politik fortführen und verschärfen würde.

Während im Programm für Arbeiter und Jugendliche außer den bekannten, verlogenen Phrasen von „mehr sozialer Gerechtigkeit“ und „einem klimagerechten Wohlstand“ nichts „drin“ ist, bekommen die wirtschaftlichen und militärisch-polizeilichen Eliten des Landes das, was sie verlangen: Mehr Geld für Aufrüstung und Krieg, einen stärkeren Unterdrückungsapparat im Inneren und wirtschaftliche „Reformen“, um den deutschen Kapitalismus gegen seine internationalen Kontrahenten zu stärken.

Bezeichnenderweise findet sich im gesamten Programm keine einzige Forderung oder konkrete Maßnahme zum Kampf gegen die nach wie vor grassierende Covid-19-Pandemie. Es gibt keinen eigenen Abschnitt zu dem Thema und Worte wie „Lockdown“, „Corona-Schutzmaßnahmen“ oder „Impfprogramm“ kommen nicht einmal vor. Das ist nicht überraschend. Überall wo die Grünen auf Landesebene zusammen mit CDU, FDP, SPD und Linkspartei regieren, setzen sie die mörderische Durchseuchungspolitik, die bereits zu fast 75.000 Toten allein in Deutschland geführt hat, in die Tat um und stellen Profite über Leben.

Wenn die Pandemie im Programmentwurf der Grünen vorkommt, dann vor allem als Argument, die deutsche Wirtschaft umzustrukturieren und im internationalen Wettbewerb profitabler zu machen. „Nach der Corona-Pandemie braucht unser Land einen neuen wirtschaftlichen Aufbruch“, heißt es etwa im Kapitel „Wir fördern Unternehmergeist, Wettbewerb und Ideen“. Nur wenn „öffentliche und private Investitionen gemeinsam auf ein Ziel ausgerichtet werden“, könne „Europa den Anschluss an moderne Zukunftstechnologien halten und sich im Wettbewerb mit den USA und China behaupten“.

Auch in der Außen- und Verteidigungspolitik positionieren sich die ehemaligen Pazifisten mittlerweile als aggressivste Vertreter des deutschen und europäischen Imperialismus. Obwohl die Große Koalition in den letzten Jahren massiv aufgerüstet und zahlreiche neue Kriegseinsätze der Bundeswehr in Afrika und im Nahen Osten vom Zaun gebrochen hat, fordern die Grünen ein noch stärkeres Auftrumpfen des deutschen Imperialismus.

„Jahrelang hat Deutschland in Europa und der Welt aber allenfalls moderiert, oft gezögert, ist abgetaucht. Es ist Zeit, wieder eine aktive Außenpolitik zu betreiben und als gestaltende Kraft voranzugehen“, fordern die Grünen im Kapitel zur Außen- und Sicherheitspolitik. Was dann folgt, ist ein offenes Plädoyer für die massive Aufrüstung der Bundeswehr, der Nato und der europäischen Streitkräfte und der Ruf nach mehr militärischen Interventionen.

Im Abschnitt „Moderne Bundeswehr“ heißt es: „Der Auftrag und die Aufgaben der Bundeswehr müssen sich an den realen und strategisch bedeutsamen Herausforderungen für Sicherheit und Friedenssicherung orientieren. Wir wollen die Bundeswehr entsprechend ihrem Auftrag und ihren Aufgaben personell und materiell sicher ausstatten. Dass Soldat*innen mit nicht ausreichender Schutzausrüstung in Einsätze gehen, ist nicht hinnehmbar.“ Deutschland solle „sich auf seine Bündnispartner verlassen können und genauso sollen sich die Bündnispartner auf Deutschland verlassen können“.

Die Aufrüstungsphantasien beschränken sich nicht auf das deutsche Militär. Auch die Europäische Union müsse „ihrer Verantwortung für die eigene Sicherheit und Verteidigung gerecht werden“. Um die gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) zu entwickeln, sollen „die verstärkte Zusammenarbeit der Streitkräfte in der EU ausgebaut“ und „militärische Fähigkeiten gebündelt und allgemein anerkannte Fähigkeitslücken geschlossen werden“. Notwendig sei „eine geeignete Ausstattung, der Ausbau von EU-Einheiten sowie eine Stärkung und Konsolidierung der gemeinsamen EU-Kommandostruktur“.

In Bezug auf die Nato fordern die Grünen eine „strategische Neuausrichtung“. Trotz der „divergierenden sicherheitspolitischen Interessen innerhalb der Allianz bis hin zur gegenseitigen militärischen Bedrohung“ bleibe sie „aus europäischer Sicht neben der EU unverzichtbarer Akteur, der die gemeinsame Sicherheit Europas garantieren kann“. Durch „eine stärkere militärische Zusammenarbeit und Koordinierung innerhalb der EU und mit den europäischen NATO-Partnern wie Großbritannien und Norwegen“ wolle man erreichen, „dass strategische Interessen [...] gemeinsam entwickelt und geschlossen und überzeugender vertreten werden“.

Die Stoßrichtung ist klar. Vor dem Hintergrund wachsender Spannungen zwischen den Großmächten und der ständig eskalierenden Kriegsvorbereitungen der USA gegen die Atommächte Russland und China plädieren auch die Grünen für eine unabhängigere Wirtschafts-, Außen- und Militärpolitik, um die Interessen des deutschen und europäischen Imperialismus gegen Russland, China, aber auch die USA durchsetzen zu können. „Die deutsche und europäische Wirtschaft“ stehe „unter großem Druck“ und müsse „sich im globalen Wettbewerb mit autoritärem Staatskapitalismus und weitgehend unregulierten Tech-Giganten behaupten“, heißt es im Programmentwurf.

Am aggressivsten treten die Grünen gegenüber Russland auf. Das Pipeline-Projekt Nord Stream 2 sei „geostrategisch schädlich – insbesondere für die Situation der Ukraine“ – und müsse „daher gestoppt werden“. Gleichzeitig gelte es die Sanktionen, die „wegen der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim und des militärischen Vorgehens gegen die Ukraine gegen Russland verhängt wurden“ aufrechtzuerhalten und „bei Bedarf [zu] verschärfen“.

Die Grünen hatten bereits Anfang 2014 beim Putsch in der Ukraine eine aktive Rolle gespielt und im Namen von Demokratie und Menschenrechten mit extrem rechten Kräfte kollaboriert, um in der ehemaligen Sowjetrepublik ein pro-westliches Regime zu installieren. Nun verfolgen sie die gleiche Strategie in Bezug auf Russland. In ihrem Programm kündigen sie an, „die mutige Zivilgesellschaft, die der immer härteren Repression durch den Kreml die Stirn bietet und für Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit kämpft“, zu „unterstützen und den Austausch mit ihr [zu] intensivieren“.

Eine Spezialität der Grünen besteht darin, brutale Kriege und Regimewechseloperationen als Kampf für Demokratie und Menschenrechte zu verkaufen und unter zynischen Verweisen auf die historischen Verbrechen des deutschen Imperialismus neue Verbrechen zu rechtfertigen. Seitdem der grüne Außenminister Joschka Fischer 1999 den ersten deutschen Kampfeinsatz seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs im Kosovo mit dem Ruf „Nie wieder Auschwitz“ begründete, stehen die Grünen an der Spitze des deutschen Menschenrechtsimperialismus.

In ihrem Wahlprogramm werben die Grünen aggressiv für „humanitäre“ Interventionen. „Wir bekennen uns zu internationalen Friedenseinsätzen im Rahmen der Vereinten Nationen, die zu Stabilität, Sicherheit und Frieden beitragen“, heißt es im Abschnitt „Internationale Schutzverantwortung wahrnehmen“. Die „Anwendung militärischer Gewalt als Ultima Ratio“ könne „in manchen Situationen nötig sein, um Völkermord zu verhindern und die Möglichkeit für eine politische Lösung eines Konflikts zu schaffen“.

Tatsächlich dient das Konzept der „internationalen Schutzverantwortung“ nicht der Verhinderung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit, sondern der Durchsetzung nackter imperialistischer Interessen. In Libyen begann die Nato vor fast genau zehn Jahren, am 19. März 2011, im Namen von „Responsibility to Protect“ das Bombardement des rohstoffreichen und geostrategisch wichtigen Landes. Es folgten die brutale Ermordung des Staatsoberhaupts Muammar al-Gaddafi und die nahezu komplette Zerstörung des Landes in einem bis heute andauernden Stellvertreterkrieg.

Die Kriegspolitik der Grünen wird begleitet von der Forderung nach einer massiven Aufrüstung des staatlichen Unterdrückungsapparats im Inneren. Das Kapitel „Wir stärken Sicherheit und Bürger*innenrechte“ liest sich wie eine Blaupause für den Aufbau eines deutschland- und europaweiten Polizeistaats. „Für ihre Aufgaben wie Prävention, Aufklärung und Strafverfolgung wollen wir die Polizei stärken, in der Stadt und auf dem Land, analog und digital“, heißt es dort. Auf europäischer Ebene fordern die Grünen „eine stärkere grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Polizei und Justiz durch gemeinsame europäische Polizeiteams“ und „die Aufwertung von Europol zu einem Europäischen Kriminalamt“.

Es ist klar, dass die massive Aufrüstung nicht etwa dem Kampf gegen „rechtsextreme Terrornetzwerke“ dient, wie die Grünen an mehreren Stellen in ihrem Programm suggerieren. Neben der Bundeswehr und der Polizei wollen sie mit dem Verfassungsschutz auch die Behörde ausbauen, die im Zentrum der rechtsradikalen Verschwörung im Staatsapparat steht. In Wirklichkeit fürchten die Grünen und die wohlhabenden Mittelschichten, für die sie sprechen, die wachsende soziale Opposition unter Arbeitern und Jugendlichen und eine politische Abrechnung mit ihrer durch und durch reaktionären Politik. Deshalb ihr penetranter Ruf nach einer starken und hochgerüsteten Polizei.

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