Perspektive

Waffen statt Impfstoffe: Kapitalisten rüsten auf

Als sich im vergangenen Jahr die Corona-Pandemie von Land zu Land ausbreitete, reagierte die arbeitende Bevölkerung mit Mitgefühl und Solidarität auf die immer neuen Virusausbrüche erst in China, dann in Italien und Amerika.

Auf der ganzen Welt bejubelten Menschen die Ärzte von Wuhan und die Krankenpfleger von Bergamo. Mediziner korrespondierten mit ihren internationalen Kollegen, tauschten die neuesten Erkenntnisse und Ratschläge aus, um das Leben der ihnen anvertrauten Patienten zu retten. Wissenschaftler arbeiteten über Ländergrenzen hinweg eng zusammen, um den Ursprung des Virus zu erforschen, sein Genom zu sequenzieren und die Entwicklung von Impfstoffen zu unterstützen.

Aber die Regierungen hatten andere Vorstellungen. Während im vergangenen Jahr mehr als 3 Millionen Menschen in der wütenden Pandemie ihr Leben verloren haben, gaben die Regierungen weltweit eine Rekordsumme von fast 2 Billionen Dollar für Waffen und Kriegsvorbereitungen aus.

Obwohl die globale Wirtschaftsleistung um 4,4 Prozent zurückging – der größte Einbruch seit dem Zweiten Weltkrieg – stiegen die Militärausgaben weltweit um 2,6 Prozent.

Die Vereinigten Staaten haben mit 587.000 Corona-Toten die meisten Opfer weltweit zu beklagen, geben aber gleichzeitig mit Abstand die höchsten Summen für ihr Militär aus. Ihre Rüstungsausgaben stiegen im letzten Jahr um 4,4 Prozent auf 870 Milliarden Dollar – mehr als die nächsten zehn Länder zusammen.

Das US-Militär wirft rücksichtslos mit Geld um sich. Alle Bereiche in Washingtons aufgeblähtem Atomwaffenprogramm – seien es interkontinentale ballistische Raketen, Überschall-Tarnkappenbomber oder Atom-U-Boote – werden erneuert und ausgebaut. Zu den gefährlichsten Investitionen der Vereinigten Staaten gehört die geplante Verdoppelung der Militärausgaben in der asiatisch-pazifischen Region. Das Geld soll dafür eingesetzt werden, auf Japan, Taiwan und den Philippinen landgestützte ballistische Raketen zu stationieren und so die chinesische Küste zu umzingeln.

Die Militärausgaben der US-Regierung stellen sämtliche Notfallgelder für Gesundheitsversorgung und Impfungen seit Beginn der Pandemie in den Schatten. Das CARES-Gesetz, das im März 2020 verabschiedet wurde, umfasste nur ein paar Dutzend Milliarden Dollar für die medizinische Notfallversorgung. Und die Ausgaben für die Corona-Notfallmaßnahmen im American Rescue Plan, der unter dem neuen Präsidenten Joe Biden verabschiedet wurde, betragen nur ein Achtel des jährlichen US-Militärbudgets.

Alle imperialistischen Länder der Welt rüsten massiv auf. An der Spitze steht Deutschland, das mit seiner aggressiven Weltmachtpolitik den Ausbruch von zwei Weltkriegen mitzuverantworten hat. Die deutschen Militärausgaben stiegen im letzten Jahr um 5 Prozent, in den letzten zehn Jahren sogar um fast ein Drittel.

Frankreich und Großbritannien erhöhten ihren Militäretat um jeweils 2,9 Prozent und damit deutlich stärker als der weltweite Durchschnitt.

Die Regierungen der USA, Frankreichs, Deutschlands und Großbritanniens haben alle die Schließung der nicht lebensnotwendigen Produktion zur Eindämmung der Pandemie mit dem Argument abgelehnt, dass sich die Gesellschaft diese lebensrettenden Maßnahmen nicht leisten kann.

Der französische Präsident Emmanuel Macron erklärte, die Bevölkerung müsse lernen, „mit dem Virus zu leben“. Der britische Premierminister Boris Johnson lehnte einen weiteren Lockdown ab und preist stattdessen die Alternative – „sollen sich doch die Leichen zu Tausenden auftürmen!“ In den Vereinigten Staaten erklärten Vertreter der Trump-Regierung, eine Masseninfektion würde zu einer schnelleren wirtschaftlichen Erholung führen: „Wir wollen, dass sie infiziert werden.“

Während die kapitalistischen Regierungen rund um den Globus behaupten, dass die Eindämmung der Pandemie zu teuer ist, haben sie 2 Billionen Dollar für ihre Streitkräfte und Waffenproduzenten.

Der Kampf gegen die Pandemie ist seinem Wesen nach global. In seiner Erklärung für die internationale Online-Kundgebung zum 1. Mai erklärte das Internationale Komitee der Vierten Internationale (IKVI):

Das Auftreten neuer Virusvarianten, mit denen sich die Pandemie ausbreitet und die gegen Impfstoffe resistent sein könnten, zeigt, dass die Pandemie in keinem einzigen Land besiegt werden kann, wenn sie nicht global ausgerottet wird. Die Konkurrenz zwischen den kapitalistischen Mächten hat eine global koordinierte Reaktion auf die Pandemie verhindert. Jetzt wird der lebensrettende Impfstoff von den herrschenden kapitalistischen Ländern gehortet und als Waffe in ihren geopolitischen Intrigen eingesetzt.

Die kapitalistischen Regierungen und herrschenden Eliten auf der ganzen Welt haben auf die Corona-Pandemie mit wildem Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit und Militarismus reagiert.

Der ehemalige US-Präsident Donald Trump bezeichnete die Pandemie als „chinesisches Virus“ und „Kung-Grippe“. Die Biden-Regierung setzt Trumps Dämonisierungskampagne gegen China fort. Sie behauptet, Peking hätte die Virusverbreitung vertuscht, und nährt die Lüge, das Coronavirus sei als biologische Waffe in einem Labor entstanden. Infolge dieser antichinesischen Hetze haben rassistisch motivierte Gewalttaten gegen asiatischstämmige Amerikaner im vergangenen Jahr stark zugenommen.

Gigantische Summen für Waffen, die Vernichtung und Tod bringen, wenn eigentlich ein global koordiniertes Notfallprogramm zur Rettung von Menschenleben notwendig wäre – dieser Gegensatz offenbart den ganzen Charakter der historisch überholten und bankrotten kapitalistischen Gesellschaftsordnung.

Die herrschende Klasse versucht mit ihrer verbrecherischen Gleichgültigkeit gegenüber dem menschlichen Leben, die Bevölkerung an das Massensterben in der Pandemie zu gewöhnen und sie auf die schrecklichen Folgen eines Weltkriegs vorzubereiten.

Überall auf der Welt entsteht jedoch eine andere politische Orientierung und gesellschaftliche Mobilisierung. Arbeiter beteiligen sich an Streiks und wehren sich dagegen, dass das gesamte soziale und wirtschaftliche Leben der Bereicherung der Oligarchie untergeordnet wird.

Um diese Kämpfe zu vereinigen und eine Gegenoffensive gegen die mörderische Politik der Kapitalistenklasse und ihrer Regierungen zu entwickeln, ruft das IKVI zur Bildung einer Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees auf. Die IWA-RFC wird dafür kämpfen, Arbeiter auf der ganzen Welt zu vereinen. Sie wird nicht zulassen, dass Arbeiter und Nationen gegeneinander ausgespielt werden.

Die Entwicklung einer mächtigen Gegenoffensive muss mit dem Aufbau einer sozialistischen Führung in der Arbeiterklasse verbunden sein. Der Kampf gegen Militarismus richtet sich genau wie die Eindämmung der Pandemie zugleich gegen das kapitalistische System und dessen Oligarchie. Wir fordern alle unsere Leser auf, sich diesem Kampf anzuschließen und sich noch heute für die internationale Maikundgebung zu registrieren.

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