Netzwerk der Aktionskomitees für sichere Bildung

Lebhafte Diskussion unter Schülern, Eltern und Arbeitern über eine internationale Gegenoffensive der Aktionskomitees

Am Montag, dem 10. Mai, kamen Schüler, Eltern und Arbeiter auf dem zweiwöchentlichen Online-Treffen des Netzwerks der Aktionskomitees für sichere Bildung zusammen. Die lebhafte Diskussion war geprägt von der enormen Wut und Empörung über die Pandemiepolitik der herrschenden Klasse und die gefährlichen Bedingungen an den offenen Schulen und Arbeitsplätzen.

Der einleitende Bericht und per Video eingespielte Redeabschnitte der internationalen Maikundgebung des IKVI zeigten die Bedeutung der neu gegründeten Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees (International Workers Alliance of Rank-and-File Committees, IWA-RFC) auf, die Arbeiter in Opposition zu den korporatistischen Gewerkschaften über alle Ländergrenzen hinweg vereinigen wird. Das Netzwerk hatte im Vorfeld in einer gemeinsamen Resolution die Gründung der Arbeiterallianz unterstützt und zur Teilnahme an der Online-Kundgebung am 1. Mai aufgerufen.

Das Treffen fand unter Bedingungen einer nach wie vor verheerenden globalen Pandemieentwicklung statt. Eine Übersterblichkeits-Studie des US-amerikanischen Institute for Health Metrics and Evaluation (IHME) hatte nur wenige Tage zuvor ergeben, dass die wirkliche Zahl der weltweiten Corona-Toten mehr als doppelt so hoch ist wie von den Regierungen angegeben. Allein in Indien wurden seit Beginn der Pandemie über 22 Millionen Fälle und mehr als 250.000 Corona-Tote gemeldet, und jeder zweite Infizierte hat sich im vergangenen Monat angesteckt.

In Deutschland sterben den offiziellen Statistiken zufolge nach wie vor wöchentlich rund 1400 Menschen an Covid-19. Obwohl die Zahlen derzeit sinken, haben insbesondere in den jüngeren Altersgruppen die Infektionen rasant zugenommen. Unter Kindern, Jugendlichen und ihren Eltern liegt die Zahl der Infektionsfälle zwei bis drei Mal so hoch wie im Durchschnitt der Bevölkerung. In dieser Situation stieß die Perspektive einer internationalen Allianz von Aktionskomitees der Arbeiterklasse auf große Resonanz.

„Die Aktionskomitees sind außerordentlich wichtig“, stellte etwa die Teilnehmerin Claudia fest, die mit ihrer Familie in der Nähe von München lebt und von mehreren Covid-Todesfällen im Bekanntenkreis berichtete. „Die Komitees müssen unbedingt bekannt gemacht werden, damit alles aufgedeckt wird, was momentan unter den Teppich gekehrt wird“, sagt sie. Auch die Ansteckungen im Präsenzunterricht, sowie in der Notbetreuung von Kitas und Grundschulen, würden vertuscht und wissenschaftliche Bedenken nicht ernstgenommen, so Claudia. Dies zeige sich in ihrem engsten Umfeld: „Obwohl meine Freundin an Covid-19 erkrankt war, wurde ihr Tod nicht als Corona-Fall registriert, sondern dem sogenannten ‚Kawasaki-Syndrom‘ zugeschrieben.“

Die Teilnehmerin Madeleine aus Cottbus in Brandenburg fügte hinzu: „Obwohl wir uns in einer Pandemie befinden, wird der Präsenzunterricht erzwungen – dabei stehen wir ohnehin schon alle unter Druck!“ Eltern, die in dieser Situation angesichts des ungesicherten Schulbetriebs alternative Lösungen forderten, würden von den Behörden gemobbt und schikaniert: „Man hat uns sogar das Jugendamt geschickt, um meine Tochter in die Notbetreuung zu bekommen“, berichtete Madeleine. Entscheidend sei nun, dass „die Basis“ gemeinsam aktiv werde und für ein wissenschaftliches Programm gegen die Pandemie kämpfe.

Die Diskussion behandelte eingehend die zentralen Klassenfragen in der Pandemie – von der Bereicherungsorgie an den Kapitalmärkten bis hin zur Rolle der Gewerkschaften. Marianne Arens, Mitglied der Sozialistischen Gleichheitspartei (SGP) und Autorin der World Socialist Web Site, betonte: „Mit der Diskussion über ‚Lockerungen für Geimpfte‘ zeichnet die herrschende Klasse ein falsches Bild von der Lage und versucht, die Bevölkerung zu verwirren und zu spalten.“ Weit entfernt davon, dem Ende zuzugehen, gleiche die Pandemie auch in Deutschland einer Glut, die jederzeit wieder zu einem Großbrand werden könnte. „Die wahre Spaltung verläuft nicht zwischen Geimpften und Nicht-Geimpften, sondern zwischen der Arbeiterklasse und der herrschenden Kapitalistenklasse. Während diese massiv von der Pandemie profitiert, sollen jetzt Massenentlassungen und Lohnkürzungen durchgesetzt werden, die schon lange geplant waren.“

Der Schüler Joshua erklärte ebenfalls, dass die kapitalistische Elite in Deutschland an der Beendigung der Pandemie kein Interesse habe, und verwies auf das Ausmaß, in dem sie von der Seuche profitiert: „Der Preis für die Biontech-Aktie, die im Oktober 2019 noch bei 13 Euro lag, liegt mittlerweile bei 146 Euro pro Aktie. Das Unternehmen ist jetzt um die 35 Milliarden US-Dollar wert – dabei wurde die mRNA-Technologie, die die Basis des Impfstoffs von Biontech/Pfizer bildet, an einer öffentlichen Universität entwickelt.“ Die Weigerung der Bundesregierung, die Impfstoff-Patente aufzuheben und eine globale Verteilung des Impfstoffs zu ermöglichen, sei ein besonders scharfer Ausdruck des kapitalistischen Profitstrebens.

Der Kampf gegen die Profite-vor-Leben-Politik wurde von SGP-Mitglied Andy Niklaus mit dem Kampf gegen die Durchseuchung am Arbeitsplatz verbunden. Das von Niklaus und anderen Berliner Busfahrern ins Leben gerufene Aktionskomitee der Verkehrsarbeiter für sichere Arbeitsplätze hatte zuletzt ein Statement veröffentlicht, das sich gegen die geplante Öffnung der Vordertüren in den Bussen in Berlin wendet. Wie Andy erklärte, diene diese rücksichtslose und gefährliche Maßnahme ausschließlich dazu, durch den Ticketverkauf in den Bussen den Profit zu maximieren.

„In unserem Statement, das innerhalb kürzester Zeit eine große Reichweite entwickelte, forderten wir, dass während der Dauer der Pandemie die Vordertüren geschlossen bleiben und kein Fahrkartenverkauf stattfindet. Außerdem fordern wir die Bereitstellung umfassender Schutzausrüstung, keine weitere Vertuschung der Infektionszahlen in den Verkehrsbetrieben, und eine tägliche hochwertige Reinigung der Fahrzeuge. Das Reinigungspersonal muss dabei geschützt werden. Für Kollegen, die aus Angst vor einer Ansteckung den Dienst nicht versehen oder über Sicherheitsmaßnahmen sprechen, darf es keine Sanktionen oder Schikanen geben.“

Notwendig sei weiter eine „sofortige und regelmäßige Testpflicht für alle Mitarbeiter und ein sofortiger Beginn der Impfungen für alle Beschäftigten“, schloss Niklaus, der ebenfalls eindrücklich für den Aufbau der internationalen Arbeiterallianz plädierte. In New York und London waren bereits zur Zeit der ersten und zweiten Welle der Pandemie hunderte Bus- und Trambahnfahrer an Covid-19 gestorben, weil die nötigen Gelder für ihre Sicherheit nicht bereitgestellt wurden.

Aus Hamburg berichtete Timo, der seit etwa einem Monat bei einer Corona-Hotline für Berlin arbeitet, über die Verzweiflung von Menschen mit schwerwiegenden Vorerkrankungen angesichts des schleppenden Impffortschritts. „Ich spreche täglich mit Menschen aus verschiedenen Schichten, die sich verzweifelt nach einer Impfung erkundigen. Trotz des permanenten Risikos gibt es für viele Gefährdete keinen freien Termin. Auch die Kinder können nicht geimpft werden, werden aber trotzdem zum Schulbesuch gezwungen.“ In Berlin, so Timo, seien derzeit „alle sechs Impfzentren massiv mit Impfstoff unterversorgt“.

Zusammen mit den Beiträgen der Maikundgebung – die ebenfalls Gegenstand einer regen Diskussion waren – zeichneten die Berichte ein deutliches Bild von der Notwendigkeit, Arbeiter und Jugendliche weltweit zusammenzuschließen, um der Profite-vor-Leben-Politik entgegenzutreten. Die SGP-Kandidaten Gregor Kahl und Martin Mauer stellten fest, dass die Gewerkschaften gegen diese Politik bis heute weltweit keinerlei Kampfmaßnahmen organisiert haben. Stattdessen agierten sie als Co-Manager der Unternehmen und Handlanger der Regierungen, um die Öffnungspolitik und den Arbeitsplatzabbau gegen Widerstand von unten durchzusetzen.

„Der Aufruf des Internationalen Komitees der Vierten Internationale zum Aufbau der internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees ist daher von historischer Bedeutung“, folgerte Gregor Kahl. „Damals wie heute ist das Eingreifen der internationalen Arbeiterklasse nötig, um das Massensterben zu beenden – und zugleich brauchen Arbeiter damals wie heute eine Kampfpartei, die in der Lage ist, in der Arbeiterklasse eine revolutionäre Führung aufzubauen und die Kämpfe auf einer sozialistischen Grundlage zu vereinen.“

Das von der Sozialistischen Gleichheitspartei (SGP) initiierte Netzwerk der Aktionskomitees für sichere Bildung tritt jeden zweiten Montag um 19:30 zu einem Online-Treffen zusammen. Werde Mitglied der Facebook-Gruppe, um am nächsten Treffen am 24. Mai teilzunehmen.

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