Seit Montag befinden sich etwa 3000 Volvo-Trucks-Arbeiter in Virginia im Streik nachdem sie zum zweiten Mal einen von der UAW vereinbarten Tarifvertrag zurückgewiesen haben. Wir veröffentlichen hier ein Solidaritätsstatement des Netzwerks der Aktionskomitees für sichere Arbeitsplätze in Deutschland.
Liebe Kollegen von Volvo Trucks in Dublin (Virginia),
wir, die Arbeiter im „Netzwerk der Aktionskomitees für sichere Arbeitsplätze“, begrüßen euren Arbeitskampf und die Wiederaufnahme des Streiks im Volvo-Werk „New River Valley“.
Euer Kampf ist von großer internationaler Bedeutung. Mit eurem Kampfeswillen und eurem Widerstand gegen die Gewerkschaftsbürokraten sendet ihr ein Signal des Aufbruchs rund um den Globus. Überall sind Arbeiter mit sehr ähnlichen Problemen konfrontiert.
Wir haben bereits begonnen, euren Kampf unter Arbeitern in Deutschland bekannt zu machen, und wir mobilisieren Unterstützung für euren Streik.
Auch hier spielen die Gewerkschaften eine üble Rolle. Sie arbeiten Hand in Hand mit den Unternehmensleitungen. Ihre Spitzenvertreter sitzen in den Aufsichtsräten, kassieren Millionen und bezeichnen sich als Co-Manager. In den vergangenen anderthalb Jahren der Corona-Pandemie haben die Gewerkschaftsfunktionäre und Betriebsräte trotz Ansteckungsgefahr und miserabler Arbeitsschutzmaßnahmen die Produktion aufrechterhalten. Die Infektionszahlen in den Betrieben wurden auch von Betriebsräten strikt geheim gehalten.
Jetzt wird die Pandemie als Vorwand genutzt, um Massenentlassungen und massiven Sozialabbau in der Auto- und Zulieferindustrie und vielen anderen Industriezweigen und Verwaltungen durchzusetzen. Oft werden die Kürzungspläne direkt von der IG Metall und den anderen Gewerkschaften ausgearbeitet und gegen den Widerstand der Beschäftigten durchgesetzt.
Wir haben unser Aktionskomitee Anfang des Jahres gegründet, um uns unabhängig zu organisieren und mit Kollegen in anderen Ländern Kontakt aufzunehmen. Der nationalistischen Politik der Gewerkschaften, die immer von der Verteidigung des nationalen Standorts ausgeht und die Arbeiter gegeneinander ausspielt und aufhetzt, setzen wir die internationale Solidarität und weltweite Zusammenarbeit entgegen. Für uns gilt, was die frühen Sozialisten in Deutschland immer gesagt haben: Arbeiter haben kein Vaterland und können ihre Rechte nur in einem gemeinsamen internationalen Kampf verteidigen.
In unserem Komitee sind unter anderem Kollegen von Ford Köln, Thyssenkrupp und anderen Stahlwerken Mitglied, in deren Konzernen weltweit Entlassungen stattfinden. Wir haben auf der World Socialist Web Site von eurem mutigen Kampf erfahren, und wir sind sehr daran interessiert, die „Internationale Arbeiterallianz der Aktionskomitees“ aufzubauen. Das ist ein wichtiger Schritt, um die Arbeiterkämpfe weltweit zu vereinen und zu koordinieren.
Hier in Deutschland vergeht kein Tag ohne Ankündigung von Entlassungen und Sparprogrammen. Allein in der Autoindustrie sollen in naher Zukunft mindestens 180.000 Arbeiter ihren Arbeitsplatz verlieren.
Die deutschen Autohersteller Volkswagen, Daimler und BMW steigern die Profite trotz sinkender Absatzzahlen und verteilen Milliarden an die Aktionäre und Führungskräfte. Möglich wurden diese exorbitanten Profite durch Massenentlassungen und Sparprogramme, die wie bei Volvo von den Gewerkschaftsbürokraten hinter dem Rücken der Arbeiter ausgehandelt wurden.
Das Vorstandsmitglied des deutschen Lkw-Herstellers Daimler Truck, Martin Baum, lobte die IG Metall und die Betriebsräte, weil nur durch die enge Zusammenarbeit mit ihnen der Abbau von 10.000 Arbeitsplätzen im Unternehmen möglich gewesen sei.
Einer der weltweit größten Autozulieferer Continental hat angekündigt, international 30.000 Arbeitsplatz zu vernichten, davon 13.000 hier in Deutschland. Die Gewerkschaft weigert sich strikt, einen gemeinsamen Kampf aller Conti-Arbeiter zu organisieren, spielt stattdessen die Belegschaften gegeneinander aus und setzt die Schließung eines Standortes nach dem anderen durch.
Unser Netzwerk der Aktionskomitees für sichere Arbeitsplätze hat die Conti-Beschäftigten zum Widerstand gegen die Erpressung der IG Metall aufgerufen und über eure Auseinandersetzung mit der UAW-Gewerkschaft informiert.
Mehr und mehr entwickelt sich auch hier eine Rebellion gegen die korrupten Gewerkschaften, die vollständig auf der Seite der Konzerne stehen. In Frankfurt am Main traten im Frühjahr zwei Dutzend Bodenarbeiter der WISAG am Flughafen in einen Hungerstreik, weil sich die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi weigerte, ihren Kampf zur Verteidigung der Arbeitsplätze zu unterstützen. Im März legten die WISAG-Arbeiter vor der Verdi-Gewerkschaftszentrale in Frankfurt einen Trauerkranz nieder, als symbolischen Ausdruck der Beerdigung der Gewerkschaften.
Liebe Kollegen von Volvo Trucks, wir versichern euch unsere Solidarität. Ihr seid nicht alleine! Euer mutiger Kampf ist Teil einer wachsenden internationalen Bewegung der Arbeiterklasse. Gemeinsam haben wir die Kraft, die Angriffe der Konzerne zurückzuschlagen und unsere Rechte zu verteidigen. Es lebe die internationale Solidarität!
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