Verdienen am Tod: Rekordprofite und -boni in der Coronakrise

Für Großkonzerne und Investmentbanker bedeutet die Corona-Pandemie eine gewaltige Bereicherungsorgie. Das gilt international, besonders aber für Deutschland.

Die 40 im Dax notierten Unternehmen erzielten im dritten Quartal 2021 einen Gesamtgewinn von 35,7 Milliarden Euro. Das sind 152 Prozent mehr als im selben Zeitraum des Vorjahres und 21 Prozent mehr als im dritten Quartal 2019, dem letzten vergleichbaren Zeitraum vor der Coronakrise.

Parkett der Frankfurter Börse (Bild: Dontworry/CC BY-SA 3.0)

Die Investmentbanker erwarten die höchsten Boni seit sechs Jahren. „Bonus-Booster für Dealmaker“ titelt zynisch das Handelsblatt. Die Deutsche Bank erwäge eine 20-prozentige Erhöhung des Bonuspools für Mitarbeiter ihrer Investmentbank-Bereiche, meldet es unter Berufung auf „mit der Angelegenheit vertraute Personen“. Bei den US-Banken Goldman Sachs Group und JPMorgan Chase könnten die Bonuspools für Banker im Kapitalmarkt- und Beratungsgeschäft sogar um bis zu 50 Prozent steigen.

„Banken von USA bis Europa haben in diesem Jahr im Investmentbanking Gewinnsprünge verzeichnet und die Transaktionstätigkeit liegt auf Rekordniveau,“ so das Handelsblatt. Die Deutsche Bank habe ihren Vorsteuergewinn in den ersten neun Monaten des Jahres um 32 Prozent gesteigert.

Die Deutsche Bank hatte bereits im letzten Jahr Boni in Höhe von 2,14 Milliarden Euro an ihre Top-Leute ausbezahlt. 684 Angestellte der Bank kassierten 2020 jeweils mehr als eine Million Euro, die höchste Zahl von Einkommensmillionären unter den europäischen Banken. Bei Barclays waren es „nur“ 448 und bei HSBC 324 Einkommensmillionäre. Erhöht die Deutsche Bank die Summe ihrer Boni um weitere 20 Prozent, fließen in diesem Jahr fast 2,5 Milliarden Euro in die Taschen ihrer Investmentbanker.

Zum Vergleich: Die Ampel-Koalition hat 1 Milliarde Euro eingeplant, um einen einmaligen Corona-Bonus an Pflegekräfte für ihre besonderen Belastungen in der Coronakrise zu zahlen. Der Bonus soll höchstens 3000 Euro pro Person betragen und frühestens im nächsten Frühjahr ausbezahlt werden – wobei noch niemand weiß, wer überhaupt Anspruch darauf hat und wer wieviel bekommt. Hunderttausende Pflegekräfte, die bis an ihre physischen und psychischen Grenzen arbeiten, um Leben zu retten, erhalten also nicht einmal halb so viel wie einige hundert professionelle Spekulanten und Krisengewinnler bei der Deutschen Bank.

Zwischen der Belastung der einen und der Bereicherung der anderen besteht ein direkter Zusammenhang. Wie Geier, die sich an den Opfern einer Katastrophe mästen, bereichern sich die Profiteure in den Banketagen an den Folgen der Corona-Pandemie. Die Bundesregierung und die Europäische Zentralbank haben hunderte Milliarden Euro an staatlichen „Corona-Hilfen“ und billigen Geldern in die Wirtschaft gepumpt, die – auf direktem oder indirektem Weg – in die Taschen der Superreichen fließen.

„Weltweit fuhren die Investmentbanken 2021 hohe Gewinne ein – auch dank des beherzten Eingreifens vieler Staaten, die sich wegen Corona mit vielen Milliarden verschuldeten und auch dank der Notenbanken, die die Finanzmärkte mit billigem Geld versorgten,“ beschreibt die Süddeutsche Zeitung diesen Prozess. „Die Banken profitierten vor allem davon, dass deutlich mehr Unternehmen Anleihen begaben, an die Börse gingen oder Übernahmen planten, zugleich aber eben auch davon, dass wenig Firmen pleitegingen. … Dass sie die guten Geschäfte auch den staatlichen Hilfen verdanken, dürfte für viele Banker aber eher zweitrangig sein.“

Auch die großen Industriekonzerne haben vom staatlichen Geldsegen und einer Corona-Politik profitiert, die Fabriken und Schulen zum Preis von 7 Millionen Infektionen und über 100.000 Todesopfern in Deutschland offenhielt.

„Trotz der weltweiten Engpässe bei der Versorgung mit Halbleitern, trotz teurer Rohstoffe und gestörter Lieferketten haben die deutschen Top-Konzerne im dritten Quartal erneut Rekorde bei Umsatz und Gewinn erzielt,“ meldet das ManagerMagazin. Es listet die Krisengewinnler auf und kann sich dabei vor Entzücken nur schwer mäßigen: „Das Gewinnranking führt die Deutsche Telekom an – vor der Allianz und den Autobauern. BASF und Bayer verzeichnen ein Comeback.“

Insgesamt sei der Gesamtumsatz der 40 Dax-Konzerne gegenüber dem Vorjahreszeitraum um neun Prozent und gegenüber dem Vorkrisenjahr um vier Prozent gestiegen. „Deutschlands Top-Konzerne erzielen also so viel Umsatz wie nie zuvor.“ Lediglich drei Unternehmen, VW, Airbus und Conti, hatten im dritten Quartal einen Umsatzrückgang zu verzeichnen.

Während die Umsätze stiegen, sind die Gewinne explodiert – von 14,2 Milliarden Euro im Vorjahreszeitraum auf 35,7 Milliarden Euro im dritten Quartal 2021.

Die Beschäftigten der folgenden Konzerne sollten sich die Gewinnbonanza genau anschauen und Rückschlüsse daraus ziehen, welchen Anteil sie daran hatten.

An erster Stelle des Gewinnranking des ManagerMagazin steht die Deutsche Telekom mit 3,5 Milliarden Euro. Auf Platz zwei folgt der Versicherungskonzern Allianz mit 3,2 Milliarden Euro. Die Plätze drei bis fünf belegen – trotz Chipkrise und sinkenden Umsätzen – Autohersteller. Allein die Konzerne Volkswagen, Daimler und BMW erwirtschafteten zusammen einen operativen Gewinn von 8,4 Milliarden Euro, 800 Millionen Euro mehr als im Vorjahreszeitraum.

BMW verbuchte ein Gewinnplus von 50 Prozent, Daimler von knapp 16 Prozent. Volkswagen wies trotz eines Gewinneinbruchs von 18 Prozent mit 2,5 Milliarden Euro den fünfthöchsten Gewinn aller Dax-Unternehmen aus. „Damit klingelt bei den Autobauern trotz sinkender Absatzzahlen die Kasse,“ kommentiert das ManagerMagazin.

Das ist auch international der Fall. „Die 16 größten Autohersteller der Welt haben im dritten Quartal trotz Chipmangel und stillstehender Fabriken so viel Gewinn wie nie zuvor erwirtschaftet,“ heißt es in einem anderen Artikel derselben Zeitschrift. Der operative Gewinn der Konzerne sei im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 11 Prozent auf 23,1 Milliarden Euro gestiegen. Und dies obwohl der Umsatz um 1,6 Prozent auf 371 Milliarden Euro sank und der Absatz um 16 Prozent einbrach.

Laut einer EY-Studie, auf die sich das Manager Magazin beruft, stieg die durchschnittliche Profitmarge der 16 größten Autobauer der Welt von 6,2 auf 7,0 Prozent. Die höchste Marge erreichte der US-Elektroautohersteller Tesla mit 14,6 Prozent, gefolgt von BMW (10,5 Prozent), Toyota (9,9 Prozent) und Daimler (9,2 Prozent).

Auch beim Börsenwert liegt Tesla an der Spitze: Die Marktkapitalisierung der 16 untersuchten Firmen stieg seit Jahresbeginn um 41 Prozent auf zwei Billionen US-Dollar – allein eine Billion Dollar davon entfällt auf Tesla. Am stärksten stieg der Börsenwert von Ford, Mitsubishi und General Motors. Der Börsenwert von Suzuki und Renault sank dagegen.

Die Rekordgewinne der größten Autohersteller wurden zum Teil auch auf Kosten der Zulieferer erwirtschaftet. Der Unternehmensberatung PwC zufolge sind nur noch 24 Prozent der Zulieferer finanziell solide aufgestellt. Rund 42 Prozent der Unternehmen seien dagegen „in einer finanziell angespannten Lage“.

Übertroffen wurden die Gewinnrekorde der Autobranche von den Chemie- und Pharmakonzernen BASF und Bayer, die nach Milliardenverlusten im Vorjahr nun Milliardengewinne erzielen, sowie vom Wohnungskonzern Vonovia und dem Versorger RWE, die ihre Gewinne jeweils mehr als verdreifacht haben.

Die Bereicherungsorgie an den Börsen und Banken erklärt, weshalb – mit Ausnahme Chinas – keine Regierung bereit ist, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, die nach wissenschaftlichen Erkenntnissen erforderlich wären, um der Pandemie Einhalt zu gebieten. Vor allem Schulen und Betriebe müssen um jeden Preis offenbleiben, damit die Eltern weiterhin für die Erwirtschaftung von Profit zur Verfügung stehen.

Ist dies nicht mehr der Fall, droht nicht nur die Profitrate einzubrechen, sondern das ganze Finanzsystem wie ein Kartenhaus einzustürzen. Das internationale Finanzwesen gleicht immer mehr einem Schneeballsystem, das nur so lange Gewinne abwirft, wie immer neue Gelder zufließen. Es ist eine gewaltige Spekulationsblase entstanden, die zu platzen droht, wenn die Ausbeutung der Arbeiter nicht ständig verschärft wird.

In der Eurozone hat sich die Größe des Finanzsektors – gemessen am Gesamtbestand der finanziellen Vermögenswerte – in den letzten 20 Jahren im Verhältnis zur jährlichen Wirtschaftsleistung verdoppelt. Die Deutsche Bank hat 2020 weltweit Kredite von 431 Milliarden Euro vergeben, 100 Milliarden davon an Wirtschaftsunternehmen. Dem stehen Risikopositionen aus dem Derivatehandel – also Spekulationsgeschäften – in Höhe von 32 Billionen Euro gegenüber.

Die Explosion der Gewinne, während Millionen Menschen an Covid-19 sterben und erkranken, offenbart den Bankrott des kapitalistischen Profitsystems. Keine Regierung, die den Kapitalismus verteidigt, ist bereit, sich den Ansprüchen der Banken und Konzerne zu widersetzen. Dasselbe gilt für die Gewerkschaften, die „sozialpartnerschaftlich“ mit Kapital und Regierung zusammenarbeiten und im Namen der Wettbewerbsfähigkeit die Angriffe auf Arbeitsplätze und Löhne organisieren.

Der Kampf gegen die Pandemie und die mit ihr verbundenen Angriffe auf die Rechte und Errungenschaften der Arbeiterklasse erfordert eine sozialistische Strategie. Arbeiter müssen sich unabhängig von den Gewerkschaften in Aktionskomitees organisieren, international zusammenschließen und die Sozialistische Gleichheitspartei (SGP) als ihre Partei aufbauen.

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