Gas-Umlage: Bundesregierung treibt Heizkosten nach oben

Vergangene Woche kündigte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) mit der Gas-Umlage einen weiteren finanziellen Schlag gegen Arbeiterfamilien, einkommensschwache Haushalte, Studenten und Rentner an.

Bleibt die Heizung bald kalt?

Zusätzlich zu den hohen Gasrechnungen, die viele Stadtwerke im Herbst verschicken werden, erhebt die Bundesregierung ab 1. Oktober eine Gas-Umlage, deren Höhe sich laut Habeck auf 1,5 bis 5 Cent pro Kilowattstunde belaufen wird. Sie wird von allen Gaskunden erhoben. Da etwa die Hälfte der deutschen Haushalte mit Gas heizen, trifft sie Millionen Menschen.

Die jährlichen Zusatzkosten, die durch die Umlage auf Haushalte zukommen, liegen – abhängig von ihrer letztendlichen Höhe und dem Gasverbrauch – zwischen mehreren hundert und weit über tausend Euro. Beträgt die Umlage 5 Cent, müsste ein durchschnittlicher Vierpersonen­haushalt mit einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden bis zu 1000 Euro mehr zahlen.

Bereits vor der Erhebung der Umlage hatten Experten eine Verdreifachung des Gaspreises vorausgesagt. Nun wird sich der Preis durch die Gas-Umlage noch weiter erhöhen.

Die Umlage wird an Energieversorger weitergereicht, die damit für massiv gestiegene Importpreise entschädigt werden. Betroffen sind Stadtwerke, die nur einige zehntausend Kunden versorgen, aber auch Großkonzerne wie Uniper, die selbst kein Gas und Öl fördern, sondern es einkaufen, vertreiben und an Endkunden liefern. Sie bekommen 90 Prozent des Preisanstiegs der Beschaffungskosten ersetzt.

Am Ende landet die Gas-Umlage in den Kassen der großen Energiekonzerne, die von den hohen Weltmarktpreisen profitieren und Rekordgewinne melden.

Der deutsche Energieriese RWE erwartet für das Jahr 2022 einen Gewinn von 5,5 Milliarden Euro, 1,5 Milliarden mehr als bisher gedacht. Skrupellos teilte der Konzern mit, das gute Ergebnis basiere auch auf der „starken operativen Performance“ im Bereich Energiehandel. Der Börsenkurs des Konzerns zog nach Bekanntgabe der Gewinnerwartung deutlich an.

Der britische Ölkonzern Shell, Weltmarktführer beim Handel mit Flüssiggas (LNG), verbuchte im ersten Quartal 2022 einen Rekordgewinn von 9,13 Milliarden Dollar. Auch BP, Exxon Mobil, Chevron und TotalEnergies melden kräftige Profitsteigerungen. BP konnte seinen bereinigten Gewinn mehr als verdoppeln – von 2,6 Milliarden Dollar in den ersten drei Monaten des Vorjahres auf 6,25 Milliarden Dollar. Es ist der höchste Quartalsgewinn seit mehr als zehn Jahren.

Es vergeht kaum ein Tag, an dem Bundeswirtschaftsminister Habeck nicht seufzend Entlastungen für Menschen mit mittleren oder geringen Einkommen verspricht. Doch in Wirklichkeit tut die Bundesregierung genau das Gegenteil. Mit der Gas-Umlage treibt sie die Heizkosten weiter in die Höhe, so dass Arbeiterfamilien, einkommensschwache Haushalte, Studenten und Rentner sich die enormen Kosten bald schlicht nicht mehr leisten können.

Wann Entlastungen kommen und wie sie aussehen werden, dazu schweigt Habeck. Die Ampelkoalition streitet derzeit noch darüber, wie sie Arbeiter und ihre Familien über die Klippe springen lässt.

Finanzminister Christian Lindner plädiert wie immer für Steuersenkungen. Der FDP-Politiker lässt nie eine Gelegenheit aus, die Interessen seiner reichen Klientel zu vertreten. Topverdiener würden vierstellige Summen einsparen, Normalverdiener einige hundert Euro und Niedrigverdiener gar nichts.

Inzwischen sind Bundeskanzler Olaf Scholz und der Bundestag in den Urlaub gefahren, ohne Entlastungen zu beschließen. Habeck selbst hat deutlich gemacht, dass er die Entlastungen – wenn sie überhaupt kommen – auf ein Minimum beschränken will. Die Süddeutsche Zeitung zitiert ihn: „Gezielt entlastet heißt: Wir können nicht alle Kosten als Staat tragen.“ Nur Menschen, „die durch die höheren Energiepreise wirklich in Armut geführt werden, die müssen geschützt werden“.

Was genau meint der Grünen-Politiker, wenn er von „wirklicher Armut“ spricht? Sind Familien, die erst durch die steigenden Energiepreise an den Rand des Existenzminimums geraten, von staatlichen Hilfen ausgenommen? Selbst wenn jede unvorhergesehene Mehrbelastung für sie den finanziellen Abgrund bedeutet?

In Wirklichkeit verspricht Habeck nur deshalb Entlastungen, weil er soziale Aufstände befürchtet. Auf einer Sommerreise durch die deutsche Provinz wurde er immer wieder ausgepfiffen und als „Kriegstreiber“ beschimpft.

Die Tagesschau kommentierte nach einem öffentlichen Auftritt Habecks in Bayreuth: „Auf Habeck und die gesamte Regierung warten unruhige Zeiten. Noch ist eine Mehrheit der Deutschen bereit, wegen der Sanktionen gegen Russland persönliche Nachteile in Kauf zu nehmen. Aber die meisten haben auch ihre Gasrechnung noch nicht gesehen.“

Die Energiekrise ist der Preis für den Stellvertreterkrieg, den Deutschland und die Nato in der Ukraine gegen Russland führen. Der Versuch, Russland mittels Wirtschaftssanktionen und Waffenlieferungen in Milliardenhöhe in die Knie zu zwingen, hat die Preise für Öl und Gas in astronomische Höhen getrieben. Die Bundesregierung nutzt den Krieg, um sich erneut zur führenden Militärmacht Europas aufzuschwingen. Den Preis dafür soll die Arbeiterklasse bezahlen.

Dass viele Haushalte die Gasrechnung schlichtweg nicht mehr bezahlen können, kommt der Regierung dabei nicht ungelegen. Die Bevölkerung soll mit allen Mitteln gezwungen werden, Gas zu sparen. Andernfalls drohen die Speicher bis zum kommenden Winter nicht ausreichend gefüllt zu sein, um einen möglichen Kollaps der deutschen Industrie vorzubeugen. Habeck hat bereits unmissverständlich deutlich gemacht, dass private Haushalte im Zweifelfall zurückstecken müssen.

Über hohe Preise lässt sich dies viel leichter erreichen, als über staatliche Vorschriften, die sich in der Praxis kaum überwachen und durchsetzen lassen. Der Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats des Bundeswirtschaftsministeriums, Prof. Klaus Schmidt, verteidigte im Morgenmagazin von ARD und ZDF mit dieser Begründung die Gas-Umlage: „Das wichtigste Instrument, um das Gassparen auf den Weg zu bringen, ist der Preismechanismus.“ Schmidt sprach von einem „Preissignal“, das jetzt bei den Verbrauchern ankomme, damit diese verstünden, „Gas wird teurer werden“.

Er drohte außerdem, dass die Gaspreise lange hoch bleiben werden: „Es wird auch nicht bei dieser Umlage bleiben, die jetzt beschlossen worden ist. Sondern es wird sich langsam durch das System durchfressen.“

Derzeit gleichen höhere Gasimporte aus den Niederlanden und Norwegen einen Teil der gedrosselten Fördermengen aus Russland aus. Seit Juli fließt nach Abschluss der jährlichen Wartungsarbeiten zwar wieder russisches Gas durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 nach Deutschland, doch Moskau begrenzte die Fördermenge bereits im Juni auf 40 Prozent und letzte Woche auf 20 Prozent.

Die Bundesregierung bemüht sich, so schnell wie möglich ganz unabhängig von russischen Gasimporten zu werden, damit sie den Krieg gegen Russland umso aggressiver fortführen kann. Sie bemüht sich intensiv um den Import von Flüssiggas (LNG), um den Bedarf zu decken, doch der Bau der nötigen Infrastruktur braucht Zeit und die Preise dafür sind extrem hoch.

Anfang nächsten Jahres wird deshalb mit einer massiven Energiekrise gerechnet, besonders wenn der Winter kalt werden sollte. Für die Ampelkoalition steht jetzt schon fest, dass die Arbeiterklasse dafür bezahlen und frieren muss.

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