Macron empfängt den saudischen Mörder, Prinz Mohammed bin Salman, in Paris

Am 28. Juli begrüßte der französische Präsident Emmanuel Macron den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman in Paris mit allen staatlichen Ehren. Dass Macron den Mann willkommen heißt, der allgemein als der Auftraggeber des grauenhaften Mordes an dem Journalisten Jamal Khashoggi im Jahr 2018 gilt, verdeutlicht die Verlogenheit der demokratischen Ansprüche des französischen Imperialismus – vor allem seine Behauptung, er würde den USA und der Nato dabei helfen, im Ukrainekrieg die Demokratie gegen Russland zu verteidigen.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (links) begrüßt den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman zu einem Dinner im Elysee-Palast in Paris, 28. Juli 2022 (AP Photo/Lewis Joly)

Khashoggi, ein saudischer Journalist für die Washington Post, wurde am 2. Oktober 2018 im saudischen Konsulat in Istanbul gefoltert, ermordet und zerstückelt. Khashoggi hatte offizielle Dokumente beantragt, um die türkische Autorin Hatice Cengiz zu heiraten. Seine Leichenteile wurden von einem Team saudischer Geheimagenten entsorgt, die mit bin Salman in Verbindung standen.

Saudi-Arabien hat zugegeben, was allgemein bekannt ist: dass bin Salman Khashoggi kaltblütig abschlachten ließ. Saudische Regierungsvertreter erklärten gegenüber türkischen Ermittlern, es sei zu einem Kampf gekommen, der „zu seinem Tod und zu ihrem Versuch, den Vorfall zu verschleiern“ geführt habe.

Dennoch empfing Macron bin Salman im Elysée-Palast und schüttelte ihm vor den Fernsehkameras lange die Hand. Macrons Entscheidung, sich mit dem Kronprinzen zu treffen, kommt einer offiziellen Billigung des Kronprinzen, der öffentlich Mord als Mittel der innenpolitischen Unterdrückung einsetzt, durch das französische Staatsoberhaupt gleich. Es bestätigt den kriminellen Charakter kapitalistischer Regimes in Frankreich und der ganzen Welt.

Letzte Woche hatte Cengiz Macrons Entscheidung, sich mit bin Salman zu treffen, als kriminelle Geste verurteilt, die mit Versuchen in Zusammenhang stehe, Zugang zu billigerem Öl aus Saudi-Arabien zu bekommen. Sie erklärte: „Ich finde es skandalös und empörend, dass Emmanuel Macron den Mörder meines Verlobten Jamal Khashoggi mit allen Ehren empfängt. Der Anstieg der Energiepreise aufgrund des Kriegs in der Ukraine darf nicht rechtfertigen, dass wir im Namen der angeblichen Realpolitik dem Verantwortlichen für Saudi-Arabiens Vorgehen gegen politische Gegner Absolution erteilen.“

Die französische Presse stellte bin Salmans dreisten Mord an Khashoggi als völlig nebensächlich dar und breiteten eine Reihe von pragmatischen geopolitischen Argumenten aus, die Salmans Empfang in Paris rechtfertigen sollten.

Aufgrund des Nato-geführten Ukrainekriegs gegen Russland benötige Europa das Öl und Gas aus dem Nahen Osten als Ersatz für die russischen Energieexporte, erklärte Camille Lons, Forscherin der Londoner Denkfabrik International Institute for Strategic Studies: „Der Krieg in der Ukraine hat die energieproduzierenden Länder wieder ins Rampenlicht gerückt, und das nutzen sie aus.“

Andere berichteten, Macron wolle bin Salman zu einem Gipfeltreffen nach Bagdad einladen, wenn die amerikanisch-iranischen Verhandlungen über einen Atomvertrag scheitern.

François Touazi, Geschäftsführer der Beratungsfirma CAPmena, legte in einem Interview mit Le Monde am offensten die Motive Macrons und der großen französischen Konzerne für die Unterstützung des saudischen Mörderprinzen dar: „Bin Salmans Großprojekte, das Neom [eine öko-futuristische Megastadt] und Strandbäder am Roten Meer werden bald gebaut. Aufgrund der steigenden Ölpreise sind die Staatskassen des Königreichs gut gefüllt. Unsere Konzerne dürfen sich das nicht entgehen lassen.“

Unabhängig davon, wie die Kalkulationen genau aussehen, hängt über den Gesprächen zwischen Paris und Riad der unbestreitbare Gestank von Mord und Heuchelei.

Bin Salman traf in Frankreich im neu erbauten Chateau Louis XIV in Louveciennes außerhalb von Paris ein, in der Nähe des Königspalastes von Ludwig XIV bei Versailles, der heute ein nationales Museum ist. Angeblich ist bin Salman der Besitzer der riesigen Anlage, die er über mehrere Tarnfirmen für 275 Millionen Euro gekauft hat. Das Magazin Fortune bezeichnet es daher als „das teuerste Haus der Welt“. Makaber daran ist, dass es von Jamal Khashoggis Cousin Emad gebaut wurde, der ein französisches Immobilienentwicklungs-Unternehmen betreibt.

Während der ganzen Zeit seiner Gespräche mit Macron im Elysée-Palast wohnte Salman in dem protzigen Anwesen Chateau Louis XIV. Laut der Times of India hat er dort „einen vergoldeten Springbrunnen, ein Kino sowie eine gläserne Unterwasserkammer im Burggraben installiert, die wie ein riesiges Aquarium mit weißen Ledersofas aussieht“. Ein großes Kontingent der französischen Bereitschaftspolizei sowie eine private Sicherheitsfirma hat das Gebäude während bin Salmans Besuch abgesperrt.

Dieses groteske Schauspiel muss als Warnung für Arbeiter in Frankreich und der ganzen Welt verstanden werden. Ein Präsident und ein mediales Establishment, die einen Mörder wie bin Salman empfangen und feiern, sind zu jedem Verbrechen fähig.

Tatsächlich wird die Dreistigkeit des Besuchs des Kronprinzen nur von der Heuchelei der Oppositionsparteien im französischen Parlament übertroffen, die sich als humanitäre Kritiker von bin Salman ausgeben.

Die Grünen-Abgeordnete Sandrine Rousseau erklärte: „Es zeigt, dass wir bereit sind, unsere Werte für Öl zu kompromittieren. In Saudi-Arabien wird Homosexualität mit dem Tod bestraft, im Jemen schlachten sie schamlos die Zivilbevölkerung ab.“

Trotzdem haben die Grünen nicht zu einer einzigen nennenswerten Protestaktion aufgerufen, während Macron den Journalisten, die Frankreichs Waffenlieferungen an die saudische Monarchie für den Krieg im Jemen enthüllt haben, mit rechtlichen Schritten gedroht hat.

Danièle Obono von Jean-Luc Mélenchons Partei Unbeugsames Frankreich erklärte: „Wenn Putin die Ukraine angreift, wird nach Boykott gerufen. Bin Salman, der beschuldigt wird, den Journalisten J. Khashoggi ermordet und Angriffe auf den Jemen in einem Krieg mit mehr als 300.000 Todesopfern angeordnet zu haben, wird willkommen geheißen. Heuchler!“

In Wirklichkeit sind die imperialistischen Mächte und die kleinbürgerlichen Parteien, die ihren Kriegen politische Deckung geben, die größten politischen Verbrecher. So blutig bin Salmans Bilanz auch ist, sie verblasst im Vergleich zu den Nato-Kriegen der letzten 30 Jahre nach der stalinistischen Auflösung der Sowjetunion 1991. Die Nato-Staaten haben zahlreiche Länder bombardiert, überfallen oder Bürgerkriege provoziert, u.a. im Irak, in Jugoslawien, Afghanistan, Libyen, Syrien und Mali. Diese Kriege haben Millionen Menschenleben gekostet, Dutzende Millionen Menschen zu Flüchtlingen gemacht und ganze Gesellschaften zerstört.

Dabei spielte Mélenchon selbst eine wichtige Rolle. Als Mitglied der damaligen Regierung der Parti Socialiste setzte er sich dafür ein, die Proteste gegen den Golfkrieg im Irak 1991 zu beenden. Außerdem war er Minister der PS, als Frankreich im Jahr 2001 in Afghanistan einfiel. Er unterstützte den Krieg in Mali und stimmte in den Chor der französischen Medien ein, die Russland verurteilten, nachdem der von der Nato unterstützte Putsch 2014 zum Ausbruch des Bürgerkriegs in der Ukraine führte.

Le Monde versuchte, den Gestank von Macrons Politik in einem Leitartikel mit dem Titel „Mohammed bin Salman: ein peinlicher Besuch“ etwas zu überdecken. Darin klagte die Zeitung: „Die russische Propaganda hat diese Episode ausgenutzt, um die Absichten des Westens in der Ukraine in Frage zu stellen.“

Weiter hieß es: „Die Anprangerung der Scheinheiligkeit westlicher Positionen durch immer mehr Länder, auf der Grundlage unterschiedlicher Stufen der Empörung – je nachdem, ob sie sich gegen unsere geopolitischen Freunde oder Feinde richten, ist nichts Neues. Die Ressentiments haben sich lange angestaut. Die Lügen, mit denen die Überfälle auf den Irak und Libyen gerechtfertigt wurden, haben dazu beigetragen, die Behauptungen der westlichen Demokratien zu diskreditieren. Es besteht ein deutlicher Kontrast zwischen der internationalen Erregung und Mobilisierung wegen des russischen Überfalls auf die Ukraine und dem ohrenbetäubenden Schweigen seit 2015 über den saudischen Krieg gegen den Jemen.“

Der Grund für das „ohrenbetäubende Schweigen“ ist, dass Zeitungen wie Le Monde und ihre politischen Verbündeten Russland jeden Tag attackieren und Saudi-Arabien decken. Sie haben kein Problem mit den Lügen, die sie der Öffentlichkeit erzählen, um ihre imperialistischen geostrategischen Interessen durchzusetzen. Vielmehr sind sie wütend, dass diese Lügen hinterfragt werden und in der Masse der Arbeiter Widerstand und Abscheu auslösen.

Während Europa am Rande eines Weltkriegs zwischen der Nato und Russland steht, ist dies eine Warnung vor der völligen Verkommenheit der herrschenden Klasse. Paris gibt bin Salman nicht nur freie Hand für sein nächstes Verbrechen, sondern signalisiert auch seine Bereitschaft zu eigenen Verbrechen von noch größerem Ausmaß.

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