Nein zur Allparteienregierung! Gegen das Spardiktat des IWF! Kämpft für einen demokratischen und sozialistischen Kongress der Arbeiter und ländlichen Massen!

In der vergangenen Woche rief der sri-lankische Präsident Ranil Wickremesinghe die Oppositionsparteien dazu auf, einer Allparteienregierung beizutreten. Die Socialist Equality Party (SEP) warnt, dass dieser Appell darauf abzielt, ein kapitalistisches Regime zu konsolidieren, welches das brutale Sparprogramm des IWF durchsetzen und einen umfassenden Klassenkrieg gegen Arbeiter und Arme führen wird.

Jede Allparteien- oder Übergangsregierung wird ein Instrument sein, um den Widerstand der Arbeiterklasse und der Landarbeiter gegen den Angriff auf ihre demokratischen und sozialen Rechte zu unterdrücken. Die SEP ruft stattdessen mit Dringlichkeit dazu auf, einen demokratischen und sozialistischen Kongress der Arbeiter und ländlichen Massen einzuberufen, der sich auf unabhängige Aktionskomitees stützt, die ihre Klasseninteressen gegen die unablässigen Angriffe der krisengeschüttelten herrschenden Klasse verteidigen.

Ranil Wickremesinghe (Facebook-Präsenz der United National Party) [Photo: United National Party Facebook]

Wickremesinghe, ein altgedienter politischer Lakai der USA und des IWF, wurde am 14. Juli von seinem Amtsvorgänger Gotabaya Rajapaksa zum Präsidenten ernannt, als dieser angesichts der Massenproteste aus dem Land floh. Am 20. Juli wurde Wickremesinghe durch eine undemokratische Abstimmung im diskreditierten Parlament als Präsident eingesetzt. Im letzten Monat verhängte Wickremesinghe drakonische Notstandsgesetze, die ihm weitreichende Befugnisse einräumten, um das Militär für willkürliche Verhaftungen einzusetzen, Parteien und Organisationen zu verbieten, Streiks zu untersagen und die Medien zu zensieren.

In einer seiner ersten Amtshandlungen als Präsident befahl er am 22. Juli der Polizei und dem Militär, regierungsfeindliche Demonstranten gewaltsam aus dem Präsidialsekretariat und dem umliegenden Gebiet zu vertreiben. Letzte Woche, als die Polizei ihre Verhaftungskampagne gegen die Führer der Protestbewegung und der Gewerkschaften verschärfte, erweiterte Wickremesinghe den Essential Public Service Act, um Streiks und Arbeitskämpfe in wichtigen Wirtschaftsbereichen zu verbieten.

Jetzt sucht Wickrmesinghe die offene Unterstützung des gesamten politischen Establishments in Colombo für die kapitalistische Agenda von Austerität und Unterdrückung. In der Grundsatzerklärung, die er letzten Mittwoch im Parlament hielt, erklärte er, das Land sei mit einer beispiellosen Wirtschaftskrise konfrontiert. Er verkündete, das Land sei „in großer Gefahr“ und drängte die Oppositionsparteien dazu, sich „zum Wohle des Landes.... zu einer Allparteienregierung zusammenzuschließen“.

Wenn Wickremesinghe von einer „großen Gefahr“ spricht, dann meint er vor allem die Gefahr für die Kapitalistenklasse und für ihre Macht, ihre Privilegien und ihren Reichtum, die von der massenhaften Opposition gegen die derzeitigen unerträglichen Lebensbedingungen ausgeht. Die Massenproteste der letzten drei Monate und die Generalstreiks am 28. April, sowie dem 6., 10. und 11. Mai, an denen sich Millionen Arbeiter beteiligten, haben die bürgerliche Herrschaft bis ins Mark erschüttert und den Rücktritt Gotabaya Rajapaksas erzwungen.

Jetzt appelliert Wickremesinghe an das politische Establishment, alle taktischen Differenzen beiseite zu legen und eine vereinte Gegenoffensive gegen die Arbeiterklasse und die unterdrückten Massen zu führen.

Der Präsident verwies auf die „ungünstigen internationalen wirtschaftlichen Faktoren“, darunter den Ukraine-Krieg und die Corona-Pandemie, die in Sri Lanka eine beispiellose Wirtschaftskrise ausgelöst haben. Laut der Weltbank wird die sri-lankische Wirtschaft dieses Jahr um 7,6 Prozent schrumpfen. Der Import von Grundnahrungsmitteln, Treibstoff und Medikamenten wurde auf das Minimum reduziert, weil die Devisenbestände erschöpft sind. Die Inflation erreichte im Juli 60 Prozent, bei Lebensmitteln sogar 90 Prozent, was immenses Leid verursacht hat.

Um die Wirtschaft „wiederzubeleben“ und zu „modernisieren“, will Wickremesinghe der arbeitenden Bevölkerung neue Lasten aufbürden. Sein Ziel, von einem Defizit von 12,2 Prozent im letzten Jahr bis 2025 einen Haushaltsüberschuss zu erreichen, ist nur durch massive Steuererhöhungen, den Abbau von hunderttausenden Arbeitsplätzen im öffentlichen Dienst, die Abschaffung der beschränkten Preissubventionen, die Privatisierung aller Staatsunternehmen und weitere umfassende Kürzungen bei öffentlichen Dienstleistungen möglich, u.a. im Bildungs- und Gesundheitswesen.

Um diesen arbeiterfeindlichen Kurs umzusetzen, hat Wickremesinghe eine „neue Verfassung mit einer neuen Haltung“ vorgeschlagen, die „eine Nationalversammlung aus den Parteivorsitzenden“ und eine „Volksversammlung“ vorsieht. Letztere würde die Ansichten „aller interessierten Parteien“ einholen, darunter auch diverser Organisationen.

Nichts an diesen Vorhaben ist demokratisch. Vielmehr zielen die Vorschläge darauf ab, die korrupten Parteien, die kleinbürgerlichen Gruppen der „Zivilgesellschaft“ und die Gewerkschaften gegen die Arbeiter und die ländlichen Armen zu mobilisieren.

Der undemokratische Charakter dieses Kurses zeigt sich an Wickremesinghes verleumderischen Angriffen auf regierungsfeindliche Demonstranten als „Faschisten“ und „Terroristen“, mit denen er das brutale Vorgehen der Polizei zu rechtfertigen versucht. Während gegenwärtig die Führer der Protestbewegung und der Gewerkschaften verhaftet werden, bereitet seine Regierung eine weitaus umfassendere Unterdrückung jeglichen Widerstands gegen seine Austeritätsagenda vor, der ebenfalls als „faschistisch“ und „terroristisch“ gebrandmarkt werden soll.

Bei einer von der Denkfabrik Advocata organisierten Veranstaltung forderte Wickremesinghe jeden auf, eine Alternative zum IWF vorzulegen und warnte, die „ersten sechs Monate werden schwierig werden... [aber es gibt] keinen anderen Weg, als in den sauren Apfel zu beißen.“

Keine der Oppositionsparteien im Parlament hat eine Alternative zum Austeritätsprogramm des IWF. Nahezu alle bezeichneten die Grundsatzerklärung des Präsidenten als „positiv“.

Der Vorsitzende der Samagi Jana Balavergaya (SJB), Sajith Premadasa, der zuvor eine Zusammenarbeit mit Wickremesinghe verweigert hatte, machte am Freitag eine abrupte Kehrtwende und traf sich zu Gesprächen mit dem Präsidenten. Nach der Diskussion kündigte ein führendes Mitglied der SJB weitere Gespräche an und erklärte: „Einige [Punkte in der Diskussion] waren positiv, andere negativ. Aber alle waren sich einig, dass wir darüber nachdenken müssen, wie wir Sri Lanka aus der Krise helfen.“

Die muslimischen Parteien, die mit der SJB verbündet sind, darunter der Sri Lanka Muslim Congress, und die Plantagengewerkschaft, die als politische Parteien agieren – die National Union of Workers und die Democratic Workers Front – haben allesamt ihre Bereitschaft erklärt, sich Wickremesinghe anzuschließen. Auch die Plantagengewerkschaft Ceylon Workers Congress hat sich zur Teilnahme an dieser arbeiterfeindlichen Front bereiterklärt.

Die Überbleibsel der Sri Lanka Freedom Party (SLFP) des ehemaligen Präsidenten Maithripala Sirisena haben sich so gut wie bereit erklärt, einer Allparteienregierung beizutreten und werfen anderen Parteien vor, sie wollten das Vorhaben „sabotieren“. Die SLFP hat nur neun Abgeordnete, weil fünf bereits zur Regierung übergelaufen sind und Ministerposten akzeptiert haben.

Die Tamil National Alliance (TNA), welche die tamilischen herrschenden Eliten repräsentiert, hat ebenfalls Gespräche mit Wickremesinghe geführt und weiteren Gesprächen zugestimmt. Allerdings hat sie dem Vorschlag, eine Allparteienregierung zu gründen, grundsätzlich zugestimmt.

Die Janatha Vimukthi Peramuna (JVP) lehnt eine Allparteienregierung zwar grundsätzlich nicht ab, erklärte jedoch, sie werde in der geplanten Form nicht daran teilnehmen. Anura Kumara Dissanayake beklagte sich, der eigene Vorschlag der JVP für eine Allparteien-Übergangsregierung, mit dem Recht „jeder Partei einen Beitrag zu leisten“, sei nicht in Erwägung gezogen worden. Die JVP fordert eine „vorgezogene Neuwahl“, in dem verzweifelten Versuch, dem völlig diskreditierten Parlament Legitimität zu verleihen und jede unabhängige Aktion der Arbeiter und der armen Landbevölkerung zu verhindern.

Auch die pseudolinke Frontline Socialist Party (FSP) hütet sich davor, eine Regierung unter der Führung des allgemein verhassten Wickremesinghe zu unterstützen. Der FSP-Parteivorsitzende Kumar Gunaratnam erklärte, der Vorschlag des Präsidenten habe das Ziel, den Widerstand der Massen zu unterdrücken, und rief die Oppositionsparteien im Parlament dazu auf, ihn abzulehnen und sich stattdessen der FSP im „Massenkampf “ anzuschließen. Mit anderen Worten: Die FSP will die Arbeiter und ländlichen Massen an die bürgerlichen Oppositionsparteien binden, die genau wie Wickremesinghe die Forderungen des IWF durchsetzen wollen.

Die Gewerkschaften haben eine verräterische Rolle gespielt, indem sie die Massenstreiks im April und Mai in ihrer Dauer und politischen Reichweite auf die Forderung nach einer kapitalistischen Übergangsregierung beschränkt haben. Jetzt stellen sich Teile des Gewerkschaftsapparates offen hinter Wickremesinghe.

Der Vorsitzende der Federation of Health Professionals traf sich am Samstag mit Wickremesinghe und machte deutlich, dass er alles in seiner Macht Stehende tun wird, um weitere Streiks zu verhindern. Gegenüber dem Präsidenten erklärte er: „Wir können es uns nicht leisten, ständig zu kämpfen. Jetzt ist die Zeit, in der wir alle zusammenkommen, Opfer bringen und das Land aufbauen sollten. Nur Sie können diesen Wandel herbeiführen.“

Demonstranten auf einer Straße, die zum Amtssitz des Präsidenten von Sri Lanka führt, Colombo, 9. Juli 2022 [AP Photo/Amitha Thennakoon]

Die Arbeiter dürfen keiner dieser Parteien und Organisationen Vertrauen schenken. Sie alle stimmen mit Wickremesinghe überein, dass es keine andere Alternative gibt, als die Spardiktate des IWF zu akzeptieren. Nur die SEP hat ein alternatives sozialistisches Programm aufgezeigt, mit dem Arbeiter und ländliche Massen Widerstand gegen die immer schlimmeren Zustände leisten können, die ihnen die Regierung im Auftrag der Kapitalistenklasse und des internationalen Finanzkapitals aufzwingen.

Die SEP hat jede Unterstützung oder Beteiligung an einer wie auch immer gearteten kapitalistischen Übergangsregierung abgelehnt. Wir rufen die Arbeiter und ländlichen Massen auf, die Angelegenheit in die eigene Hand zu nehmen und demokratisch gewählte Aktionskomitees in allen Betrieben, Plantagen, Vororten, Städten und Dörfern zu gründen, die völlig unabhängig von den Gewerkschaften und allen bürgerlichen Parteien agieren.

Als Alternative zu den Diktaten des IWF hat die SEP eine Reihe von Maßnahmen dargelegt, die die dringenden Bedürfnisse der arbeitenden Bevölkerung erfüllen sollen und von den Aktionskomitees erkämpft werden können. Dazu gehören: Kontrolle der Arbeiterklasse über die Produktion und Verteilung lebenswichtiger Güter, die Verstaatlichung der Banken, Konzerne und Plantagen unter demokratischer öffentlicher Kontrolle, die Enteignung der kolossalen Vermögen der Milliardäre und Konzerne und die Ablehnung aller Auslandsschulden.

Der Kampf für die sozialen Grundrechte der arbeitenden Bevölkerung ist untrennbar mit dem Kampf für demokratische Rechte verbunden. Die SEP fordert die sofortige Abschaffung der autokratischen Exekutivpräsidentschaft, die Rücknahme aller repressiven Gesetze, einschließlich der Notstandsgesetze, der Gesetze über essenzielle Dienstleistungen, der Anti-Terror-Gesetze, und sie fordert die Freilassung aller politischen Gefangenen.

Im Gegensatz zu allen kapitalistischen Regierungen – sei es eine Allparteien-, Interims- oder anderweitige Regierung – fordert die SEP einen „demokratischen und sozialistischen Kongress der Arbeiter und ländlichen Massen“ mit Delegierten, die von Aktionskomitees gewählt wurden, als notwendigen politischen Hebel für Arbeiter und Arme, um für ihre sozialen und demokratischen Rechte zu kämpfen.

In ihrer Erklärung vom 20. Juli erklärte die SEP, ein solcher Kongress liefere „eine politische Strategie, um ihre Kräfte zu konsolidieren, die aktive Unterstützung der Landbevölkerung zu gewinnen und die Grundlage für ihre eigene Herrschaft durch eine Arbeiter- und Bauernregierung zu schaffen, die die Gesellschaft auf sozialistischer Grundlage umgestaltet. Je schneller die Arbeiter und die Massen vom Lande den politischen Kampf zur Bildung von Aktionskomitees aufnehmen, desto eher kann ein solcher Kongress einberufen werden, um sich dem Desaster entgegenzustellen, das die herrschenden Klassen vorbereiten. Wir bieten denjenigen, die diesen Kampf aufnehmen wollen, jede politische Unterstützung an.“

Die SEP ruft alle Arbeiter auf, die Versuche, singhalesischen Chauvinismus oder tamilischen Kommunalismus zu schüren, zurückzuweisen. Damit hat die herrschende Klasse wiederholt die arbeitende Bevölkerung gespalten und den Kampf für eine sozialistische Lösung der Krise, die der Kapitalismus geschaffen hat, geschwächt. Die Verbündete der Arbeiter und Armen in diesem Kampf ist die internationale Arbeiterklasse, die in einem Land nach dem anderen den Kampf gegen steigende Inflation, Arbeitsplatzabbau und Lohnsenkungen aufnimmt.

Die Arbeiterinnen und Arbeiter Sri Lankas können ihre Kämpfe mit denen der Arbeiter im Rest der Welt vereinen und koordinieren, indem sie ihre Aktionskomitees mit der Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees (IWA-RFC) verknüpfen, die vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale ins Leben gerufen wurde.

Wir rufen Arbeiter und Jugendliche dazu auf, der SEP beizutreten und für dieses Programm zu kämpfen.

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