Die australischen Mainstreammedien versuchen, eine aufgeheizte Atmosphäre der Feindschaft gegen Manasseh Sogavare zu schüren, den Premierminister des kleinen, verarmten Pazifikstaats der Salomonen. In den letzten Tagen haben mehrere große Zeitschriften offen das Recht Australiens auf eine neokoloniale Vorherrschaft über den Pazifik bekräftigt. Sogavare wurde als Möchtegern-Autokrat und Marionette der chinesischen Regierung dargestellt.
Diese hysterische Berichterstattung ist eine Reaktion auf die Bestätigung, dass die Salomonen Ende August der Oliver Henry, einem Schiff der US-Küstenwache, und dem britischen Patrouillenschiff HMS Spey untersagt hatten, im Hafen der Hauptstadt Honiara anzulegen.
Die genauen Details sind noch unklar. Laut westlichen Medienberichten hatten die salomonischen Behörden nicht auf die Bitten der Schiffe um Anlegeerlaubnis reagiert. Honiara sprach anfangs von bürokratischen Problemen, doch Sogavares Regierung bestätigte später, dass für die Dauer einer „Überprüfung der Prozesse und Verfahren“ ausländischen Militärschiffen das Anlegen in den Häfen des Landes pauschal untersagt ist.
Die Frage des Anlegeverbots ist zwar unklar, viel bedeutender ist jedoch die Reaktion darauf. Führende australische Publikationen mit engen Beziehungen zum Militär- und Geheimdienstapparat beharrten darauf, dass Australien und die USA ungehinderten Zugang zu den Häfen der Salomonen haben müssen, entsprechend der imperialistischen Vorherrschaft, die Washington im Zweiten Weltkrieg über den Indopazifik aufgebaut hat.
Diese Reaktion lässt sich nur im Kontext der von den USA angeführten Konfrontation mit China erklären, die einen katastrophalen Krieg heraufzubeschwören droht. Jedes Abweichen der Regierungen der Pazifikstaaten von der vollständigen Unterordnung unter die USA und ihre Verbündeten wird als inakzeptable Bedrohung für diese auf Konflikt ausgelegten Pläne angesehen.
Im April hatte die Ankündigung der salomonischen Regierung, sie habe ein Sicherheitsabkommen mit Peking unterzeichnet, wütende Verurteilungen nach sich gezogen.
Die Biden-Regierung und die Liberal-Nationale Koalition in Australien drohten mit einer Intervention auf den Salomonen, falls dort ein chinesischer Stützpunkt eingerichtet würde. Die damals oppositionelle Labor Party verurteilte die Koalition, weil sie das Abkommen nicht verhindert hatte und bezeichnete es als das größte Versagen der australischen Außenpolitik im Pazifik seit dem Zweiten Weltkrieg.
Sogavare hat seither mehrfach versichert, dass es keinerlei Pläne zum Bau eines chinesischen Stützpunkts gibt. Bei einem Treffen mit dem neuen australischen Premierminister und Labor-Parteichef Anthony Albanese umarmte er diesen demonstrativ. Trotzdem setzen die USA und Australien ihre Kampagne gegen seine Regierung fort.
Die Zeitung The Australian, die dem Medienmogul Rupert Murdoch gehört, veröffentlichte am Freitag einen Leitartikel, in dem sie das Anlegeverbot für Marineschiffe verurteilte. Darin hieß es: „Taten sprechen lauter als Worte, und das Besuchsverbot für Marineschiffe bestätigt die schlimmsten Befürchtungen: China versucht, über die Freiheit der amerikanischen, britischen und australischen Marine zu bestimmen, in unserer Region uneingeschränkt zu agieren.“
Der Leitartikel schloss mit einer kaum verhüllten Drohung. Er bemerkte, Sogavare solle bald in Australien mit Albanese zusammentreffen, und erklärte: „Wenn das Treffen stattfindet, muss Albanese Sogavare unmissverständlich klarmachen, welche Folgen es haben könnte, wenn er Peking die Tür öffnet und damit den strategischen Interessen Australiens und seiner AUKUS-Partner schadet.“
AUKUS ist das Militärbündnis zwischen Australien, den USA und Großbritannien, das im letzten September vorgestellt wurde. Seine ausdrückliche Zielsetzung ist die Vorbereitung auf Konflikte im Indopazifik durch eine rasche militärische Aufrüstung. Dazu gehört u.a. Australiens Anschaffung von Angriffswaffen wie atomar getriebener U-Boote und Überschallraketen.
Am Samstag veröffentlichte der Australian zudem Äußerungen von US-Kongressabgeordneten.
Joe Courtney (Demokraten) erklärte gegenüber der Zeitung, das Anlegeverbot „hat den Beigeschmack von ausländischer Einflussnahme durch die Volksrepublik China“. Mike Gallagher (Republikaner) forderte die AUKUS-Partner auf, „vorrangig die derzeitige katastrophale Entwicklung auf den Salomonen umzukehren, bevor es zu spät ist... Ein ausländischer Aggressor scheint darauf aus zu sein, die Inseln von innen heraus zu erobern, ohne auch nur einen Schuss abzugeben.“
Ein weiterer Artikel des ehemaligen Ministers der Koalitionsregierung, Dave Sharma, trug die Überschrift: „‚Kuba im Pazifik‘: Von Peking unterstützte Autokratie in unserem Hinterhof“
Der Artikel ging auf Sogavares Pläne ein, die für Mitte 2023 geplanten Wahlen um ein Jahr zu verschieben, weil die Salomonen die Pacific Games ausrichten. Er machte auch auf Sogavares Kritik an Presseberichten aufmerksam, die seiner Regierung vorwarfen, sich China zuzuwenden.
Sharma schrieb, diese und andere Schritte der Regierung „erinnern an einen autokratischen Regierungschef aus der Zeit des Kalten Kriegs. Aber es passiert heute. Und nicht in Afrika oder dem Nahen Osten, sondern in der unmittelbaren Nachbarschaft Australiens.“
Sharma schrieb weiter: „Australien und unsere Verbündeten haben faktisch eine Monroe-Doktrin im Südwestpazifik verfolgt. Wir haben dafür gesorgt, dass die Region fest im westlichen Sicherheitsorbit bleibt und Interventionen und Einmischungen ausländischer Mächte abgewehrt.
Chinas zunehmende Ambitionen stellen dies nun in Frage, und wir müssen das Ausmaß dieser Herausforderung in den Griff bekommen. Es geht nicht nur darum, bei Treffen aufzutauchen, sich zu umarmen und die richtigen Worte zum Klimawandel zu finden. Australien braucht eine Strategie, um diese Schachzüge zu kontern und Alternativen vorzulegen.“
Die Behauptungen, China würde sich in die Salomonen „einmischen“, sind außergewöhnlich in ihrer Heuchelei. Die herrschenden Eliten der USA und Australiens maßen sich das „Recht“ an, einem unabhängigen Staat die außenpolitischen Beziehungen zu diktieren, und verzichten dabei auf jeden Anschein, die Souveränität der Salomonen zu respektieren. Obwohl die Salomonen fast 10.000 Kilometer von der amerikanischen Küste entfernt sind, sollen die Schiffe der US-Küstenwache uneingeschränkten Zugang zu den Häfen des Pazifikstaates haben.
Zudem haben sich diese imperialistischen Mächte seit Jahrzehnten immer wieder im Pazifik „eingemischt“. In jüngerer Zeit gehörte dazu die regionale Unterstützungsmission auf den Salomonen von 2003 bis 2017, die faktisch auf eine vom australischen Militär unterstützte Übernahme des Landes hinauslief.
Die USA intervenieren auch weiterhin: In der Provinz Malaita schüren sie aktiv eine separatistische Bewegung, die in gewalttätige Ausschreitungen und andere Aktionen zur Destabilisierung von Sogavares Regierung verwickelt ist. Der malaitanische Premier Daniel Suidani betreibt seine eigene Außenpolitik, indem er Taiwan statt China anerkennt, was eindeutig gegen die Verfassung der Salomonen verstößt.
Die Warnungen vor einer Autokratie sind nicht weniger falsch. Sogavare – ein bürgerlicher Nationalist, der versucht hat, zwischen den Großmächten zu manövrieren und seine politische Stellung zu behalten – ist ein demokratisch gewählter Regierungschef. Das ist mehr, als man von vielen Verbündeten der USA und Australiens sagen kann, zu denen Staaten wie Saudi-Arabien gehören. Wie üblich sprechen die USA und ihre Verbündeten nur von „Demokratie“, um eine Politik zu rechtfertigen, die von nackten imperialistischen Interessen diktiert wird.
Die Reaktion der australischen und neuseeländischen Regierungen auf das Anlegeverbot war verhalten. Allerdings arbeiten sie hinter den Kulissen zweifellos mit Washington daran, Sogavare zu schwächen und die Vorherrschaft der USA über die Salomonen zu sichern.
Seit ihrem Amtsantritt nach den Wahlen vom 21. Mai hat sich die Labor-Regierung in erster Linie auf außenpolitische Themen konzentriert. Sie hat sich zum Kampfhund der Biden-Regierung gemacht, und Außenministerin Penny Wong ist mehrfach durch den Pazifikraum und die ganze Region gereist, um die dortigen Staatschefs aufzufordern, sich hinter den Konfrontationskurs der USA gegen China zu stellen. Sie drohte ihnen mit „Konsequenzen“, falls sie dies nicht täten.
Letzte Woche warnte sie bei einem Besuch in Osttimor vor der Gefahr einer „unhaltbaren Verschuldung“ gegenüber China, um die Gasförderungsinitiative Greater Sunrise zu finanzieren. Zuvor hatte sie Papua-Neuguinea besucht, mit dessen Regierung die Labor-Regierung eine „möglichst enge Beziehung“ anstrebt.
Die schnelle Entwicklung des Pazifiks zu einem Hexenkessel imperialistischer Intrigen und Provokationen ist eine von vielen Warnungen, dass die von den USA angeführten Vorbereitungen auf einen Krieg in der Region weit fortgeschritten sind.