Brandanschlag auf Flüchtlingsunterkunft in Mecklenburg-Vorpommern

Bei dem Brand einer Flüchtlingsunterkunft in Groß Strömkendorf bei Wismar am Mittwochabend wurde das Gebäude, ein ehemaliges Hotel, fast völlig zerstört. Beim Ausbruch des Feuers waren 14 Geflüchtete, darunter auch Kleinkinder aus der Ukraine und drei Betreuer anwesend. Verletzt wurde nur durch Zufall niemand.

120 Feuerwehrleute waren im Einsatz, die den Brand nach mehreren Stunden löschen konnten. Am Haus entstand nach ersten Schätzungen ein Schaden im höheren sechsstelligen Bereich. Das Dach stürzte völlig ein. „Nur die Außenwände stehen noch“, erklärte ein Sprecher des Landkreises.

Obwohl der Hergang noch nicht vollständig geklärt werden konnte, wird von einem Brandanschlag mit rechtsradikalem Motiv ausgegangen. Der Staatsschutz nahm die Ermittlungen auf. Nur zwei Tage vor dem Brand wurde die vom Deutschen Roten Kreuz betriebene Unterkunft mit Hakenkreuzen beschmiert.

Der Vorfall löste in der Bevölkerung breites Entsetzen aus. Bei den Bildern des in Flammen stehenden Hauses werden unweigerlich Erinnerungen an die Brandanschläge von Mölln und Solingen auf türkische Familien und die Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen vor 30 Jahren wach. Hier überfiel im August 1992 ein faschistischer Mob einen Ausländerwohnkomplex mit über hundert Einwohnern und entfesselte unter den Augen der Polizei über mehrere Tage einen rassistischen Pogrom.

Seither kam es immer wieder zu Angriffen auf Einrichtungen für Geflüchtete. Nach offiziellen Angaben wurden 2020 mindestens 1.600 Angriffe gegen Geflüchtete und Asylbewerberunterkünfte registriert. Erst im August gab es einen Anschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft in Leipzig, bei dem ebenfalls nur durch Glück niemand verletzt wurde. Mutmaßliche Rechtsextreme hatten Brandsätze auf eine Flüchtlingsunterkunft mit rund 220 Plätzen geworfen. Ein weiterer Anschlag auf eine Unterkunft für 147 geflüchtete Ukrainer im thüringischen Apolda konnte Anfang diesen Monats durch die Feuerwehr gerade noch verhindert werden.

Landes- und Bundespolitiker beeilten sich den Vorfall in Mecklenburg-Vorpommern zu verurteilen. Die Ministerpräsidentin des Landes, Manuela Schwesig (SPD), besuchte am Donnerstag den Tatort. Sie twitterte anschließend, es müsse „harte Konsequenzen“ geben, wenn sich der Verdacht auf einen Brandanschlag bestätige.

Ähnliches war von ihrer Parteikollegin Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zu hören. „Menschen, die vor Putins Krieg bei uns Schutz gefunden haben, mussten aus den Flammen gerettet werden. Wenn sich Brandstiftung bestätigt, ist das ein menschenverachtendes Verbrechen, das mit aller Härte verfolgt wird“, erklärte sie über Twitter.

„Wir verurteilen diesen wahrscheinlich rassistisch motivierten Anschlag aufs Schärfste“, sagte auch die Co-Landesvorsitzende der Grünen, Katharina Horn.

Diese Heuchelei ist schier unerträglich. Tatsächlich ist der Anschlag das direkte Ergebnis der Hetze gegen Flüchtlinge, die sämtliche etablierte Parteien betreiben und die ihre Kriegspolitik nach Außen, wie auch ihre Angriffe auf die Bevölkerung im Inneren begleitet. Als jüngste Beispiele sind die Äußerungen von CDU-Parteichef Friedrich Merz und von Faeser selbst zu nennen.

Ende September hatte Merz gegenüber Bild TV ukrainische Flüchtlinge als „Sozialtouristen“ bezeichnet. Er beklagte dabei, dass diese angeblich zwischen der Ukraine und Deutschland hin und her pendelten und dabei Sozialleistungen der Grundsicherung kassierten.

Weiter warnte er auch vor einer Welle von Flüchtlingen aus Russland, „wenn die Bundesregierung das täte, was die Bundesinnenministerin vorgeschlagen hat, nämlich hier jetzt praktisch allen Verweigerern des Kriegsdienstes, der Mobilisierung in Russland, Zugang zur Bundesrepublik Deutschland zu verschaffen.“

Merz selbst ruderte nach einem Sturm der Empörung aus taktischen Gründen etwas zurück, aber seine Flüchtlingshetze im Stil der AfD ist in der herrschenden Klasse weit verbreitet. Wenig überraschend stellte sich der für seine rechtsextremen Ausfälle bekannte Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer sofort hinter Merz. Palmer war lange Jahre Mitglied der Grünen und lässt seine Mitgliedschaft aktuell ruhen.

Auch Teile der Union unterstützen ausdrücklich die Aussagen von Merz. Die so genannte „Werte-Union“ fordert in einem Brief an Merz einen „sofortigen Einreisestopp für alle unberechtigten Personen“. Die Bundeswehr müsse dabei helfen, die Grenzen abzuschotten. Die Unterzeichner sprechen von „Hunderten, wenn nicht Tausenden Menschen“, die täglich ins Land kämen. Merz hätte mit seiner Kritik nicht zurückrudern dürfen, so die Unions-Politiker.

Ankommende Flüchtlinge am Hauptbahnhof in Berlin (Foto: WSWS)

Faeser, die noch im letzten Monat die Aussagen von Merz als „schäbig“ und „Stimmungsmache auf dem Rücken ukrainischer Frauen und Kinder, die vor Putins Bomben und Panzern geflohen sind“ bezeichnet hatte, betätigte sich in den Tagen vor und nach dem Anschlag selbst als Scharfmacherin in der Flüchtlingspolitik.

Sie habe „Sorgen“ auf Grund der gestiegenen Flüchtlingszahlen und plädierte für ein härteres Vorgehen gegen Flüchtlinge. In der vergangenen Woche forderte Faeser auf einer Konferenz mit Vertretern der Westbalkanstaaten, die „illegale Migration“ über die so genannte Balkanroute stärker einzudämmen. „Serbien muss seine Visapraxis ändern, jetzt und nicht irgendwann“, forderte sie.

Gleichzeitig kündigte sie an, ein „Bündel an Maßnahmen“ zu ergreifen. So sollen die Grenzkontrollen zu Österreich und Tschechien fortgeführt werden. Die beiden Nachbarländer hätten nach „sehr ernsten Gesprächen“ zudem ihrerseits verstärkte Grenzkontrollen an ihren Landesgrenzen zugesagt.

Die SPD-geführte Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern führt bereits seit 2015 eine besonders rigide Abschiebepolitik durch. Schwesig gilt als ausgesprochene Befürworterin schneller Asylverfahren und Abschiebungen. Sogar 2020, inmitten der Coronapandemie, wurden 521 Abschiebungen angeordnet. In 199 Fällen wurde eine „freiwillige Ausreise“ organisiert.

Bis Ende letzten Jahres regierte die SPD unter Schwesig in einer Koalition mit der CDU, seit den letzten Wahlen mit der Linken, was die Politik allerdings nicht verändert hat. Die Abschiebungen werden ungebrochen fortgesetzt und auch in anderen Bundesländern trägt die Linkspartei die rechte und unmenschliche Flüchtlings- und Ausländerpolitik der anderen Parteien vollständig mit. Berlin, wo die Linke mit SPD und Grünen regiert, ist berüchtigt für seine Nacht- und Nebelaktionen, bei denen Flüchtlinge möglichst ohne Aufsehen abgeschoben werden. Aus Thüringen, wo sie den Regierungschef stellt, wurden alleine im zweiten Halbjahr 2021 fast 100 Personen, darunter 37 Kinder deportiert.

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