Bundesländer schaffen Isolationspflicht für Corona-Infizierte ab

Während zusätzlich zu den weiterhin hohen Corona-Zahlen auch die Grippewelle beginnt und Experten vor einer „Twindemie“ warnen, arbeiten Bundes- und Landesregierungen daran, auch die verbleibenden Schutzmaßnahmen abzuschaffen. Das zeigt die von vier Bundesländern beschlossene Abschaffung der Isolationspflicht für Infizierte.

Ende vergangener Woche kündigten die Landesregierungen von Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Schleswig-Holstein an, die Isolationspflicht für Infizierte aufzuheben. Es bedürfe „einer neuen Phase im Umgang mit der Pandemie“, die sich „am Übergang zu einer Endemie“ befinde, erklärten die vier Bundesländer am Freitag in einer gemeinsamen Erklärung.

Weitere Bundesländer könnten schon bald folgen. Es gebe „gute Argumente dafür, dass infizierte Menschen ohne Symptome nicht zwangsläufig in die Isolation gehen müssen“, erklärte die Berliner Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne). Sachsen, Rheinland-Pfalz und das von der Linkspartei geführte Thüringen deuteten ebenfalls an, in eine ähnliche Richtung zu denken.

Man kann die Entscheidung nur als kriminell bezeichnen. Der permanenten Durchseuchung der Bevölkerung mit katastrophalen Folgen für die Gesundheit und das Leben von Millionen werden damit auch noch die letzten Tore geöffnet.

Die fünftägige Isolationspflicht für Infizierte ist derzeit eine der wenigen noch verbliebenen Schutzmaßnahmen gegen die ungehinderte Ausbreitung des Virus. Ihre Aufhebung bedeutet, dass Infizierte das Virus mit in Schulen, an den Arbeitsplatz und in Bus und Bahn bringen und dort verbreiten. Als Termin für die Abschaffung der Isolationspflicht ist in Bayern bereits der 16. November vorgesehen.

Der bayrische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Markus Söder hatte die Abschaffung der Quarantäneregeln bereits Anfang November in der Augsburger Allgemeinen angekündigt: „Wir sind der festen Überzeugung, die Quarantäne muss angepasst werden. Ich glaube, dass wir inzwischen in einer endemischen Phase sind durch das hohe Maß an Impfungen.“

Weitergehend forderte Söder gegenüber der Redaktion der Thüringischen Landeszeitung ein Ende der Maskenpflicht in Zügen: „Es ist wenig verständlich, warum es in der Bahn eine Maskenpflicht gibt, im Flieger aber nicht. Die Maskenpflicht sollte dort fallen.“ Auch hier begründete er die Forderung mit der Behauptung, dass Deutschland auf dem Weg von der Pandemie in die Endemie sei: „Im Augenblick entwickelt sich Corona eher wie eine Grippe.“

Die Behauptung, Corona sei nicht schlimmer als eine Grippe, wurde lange vor allem von der extremen Rechten vertreten. Nun verbreiten sie Vertreter aller Parteien, die Medien und viele sogenannte „Experten“.

Auch eine Anhörung am 3. November im Schleswig-Holsteinischen Landtag verdeutlichte das. Das Gremium bestand aus „wissenschaftlichen“ Befürwortern einer Durchseuchungspolitik, die ihre Stellungnahmen dafür nutzten, das Virus und seine Folgen zu verharmlosen.

So erklärte der Virologe Jan Rupp in der Anhörung: „Bei Kindern könnt’s uns eigentlich egal sein, ob sie positiv werden oder nicht“ und „Das ist nur ein Atemwegsvirus.“. Und der eingeladene Kinderarzt Ralf van Heek: „Kinder brauchen keinen Schutz vor der Infektion. Sie brauchen die Infektion. Das Problem sind die Schutzmaßnahmen.“

Tatsächlich ist das Virus jedoch keineswegs harmlos geworden und die Pandemie in keinster Weise vorbei. Das verdeutlicht schon ein Blick auf die aktuellen Zahlen.

Obwohl in den meisten Bundesländern gerade erst die Herbstferien zu Ende gingen – also weniger Kontakte stattfanden und noch weniger als üblich getestet wurde –, liegen die offiziellen Infektionszahlen weiterhin auf einem hohen Niveau. Die 7-Tage-Inzidenz lag am Freitag laut Robert Koch-Institut (RKI) bei 243,3 pro Hunderttausend Einwohner. Derzeit sind zwischen 400.000 und einer Million Menschen symptomatisch infiziert.

Die offiziellen Zahlen sind jedoch schon längst nicht mehr repräsentativ, da die Testinfrastruktur flächendeckend abgebaut wurde und auch nur positive PCR-Tests in die RKI-Statistik einfließen. Der Positivenanteil liegt aktuell bei über 40 Prozent – was auf eine extrem hohe Dunkelziffer hinweist.

Auch in Krankenhäusern und Altersheimen bleibt die Lage dramatisch. Täglich kommt es zu zahlreichen neuen Ausbrüchen. In der letzten Woche gab es laut RKI 98 Ausbrüche in medizinischen Behandlungseinrichtungen und 28 Menschen sind an vorherigen Ausbrüchen gestorben. In Altersheimen waren es 312 Ausbrüche und 124 Tote.

Besonders deutlich wird die Schwere der derzeitigen Situation durch die weiterhin hohe Zahl schwerer Verläufe. Die adjustierte Hospitalisierungsinzidenz liegt bei knapp 12, was 10.000 Hospitalisierungen pro Woche entspricht. 1219 Menschen müssen derzeit intensivmedizinisch behandelt werden. Der 7-Tage-Durchschnitt an Corona-Toten wurde am Samstag mit 150 angegeben. D.h. allein in der vergangenen Woche erlagen mindestens weitere 950 Menschen dem Virus.

Dabei ist in unmittelbarer Zeit von einem Anstieg der Infektionszahlen und damit auch von schweren Verläufen auszugehen. Aktuell breiten sich die Omikron-Subvarianten BQ.1 und BQ.1.1. aus. Die beiden Varianten zeichnen sich v.a. durch ihre hohe Immunflucht aus, d.h. die Antikörper von Impfungen, vorherigen Infektionen, aber auch die Wirksamkeit von Medikamenten gegen einen schweren Infektionsverlauf, haben eine schwache bis gar keine Wirkung.

Aufgrund ihrer hohen Infektiösität – im Vergleich zu früheren Varianten haben sie einen Übertragungsvorteil von mehr als zehn Prozent – haben die Varianten den Spitznamen „Cerberus“ (der Höllenhund der griechischen Mythologie) erhalten. Von Experten wird allgemein davon ausgegangen, dass die Varianten noch vor Ende November in Europa für die nächste große Corona-Welle verantwortlich sein werden.

In Frankreich und den USA bestimmen diese Varianten bereits das Pandemiegeschehen. In Deutschland gibt das RKI den Anteil beider Varianten am Infektionsgeschehen mit je vier Prozent an. Da diese Werte dem RKI jedoch immer mit mehreren Wochen Zeitverzug übermittelt werden und sich der Anteil der beiden Varianten etwa jede Woche verdoppelt, ist davon auszugehen, dass sie auch in Deutschland schon einen wesentlich höheren Anteil am Infektionsgeschehen ausmachen.

Aktuell sind noch nicht genügend Daten vorhanden, um verlässliche Aussagen über die Schwere der Verläufe mit den neuen Varianten zu treffen. Die französische Zeitung L‘Indépendant berichtete jedoch bereits, dass es nach einer Infektion mit den Virusvarianten zu heftigen Kopfschmerzen und Herzrhythmusstörungen kommen könne.

Zusätzlich zur Corona-Welle droht dieses Jahr in Deutschland auch eine besonders aggressive Grippewelle. In den letzten Jahren war sie auf Grund der existierenden Corona-Schutzmaßnahmen weitestgehend entfallen. Dieses Jahr, wo die Schutzmaßnahmen weitestgehend abgeschafft sind, beginnt die Grippewelle jedoch bereits früher als üblich und hat heftigere Auswirkungen. So warnt das RKI in seinem aktuellen Wochenbericht: „Insbesondere die Positivenrate und die Zahl der Erkrankungen durch Influenza zeigen einen steigenden Trend, zudem führen RSV-Infektionen insbesondere bei Kleinkindern vermehrt zu Erkrankungen und Krankenhauseinweisungen.“

Zahlreiche Wissenschaftler warnen vor einer „Twindemie“ aus Covid-19 und Grippe. Auch gefährliche Doppelinfektionen sind dabei möglich. Prof. Dr. Stephan Ludwig, Direktor am Institut für Molekulare Virologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, warnt: „Da sich Coronaviren und Influenzaviren unabhängig voneinander ausbreiten, kann es auch zu Doppelinfektionen kommen, die besonders gefährlich sind.“

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