Eurobarometer-Umfrage:

93 Prozent der Europäer sorgen sich um steigende Lebenshaltungskosten

Die jüngste Eurobarometer-Umfrage hat ergeben, dass sich 93 Prozent der Europäer große Sorgen um die steigenden Lebenshaltungskosten machen. Aufgrund der hohen Preise für Lebensmittel und Energie kämpfen fast vierzig Prozent der EU-Bevölkerung bereits mit Zahlungsproblemen, und fast jeder Zweite gibt an, dass sein Lebensstandard gesunken sei. Weitere 39 Prozent erwarten, dass ihr Lebensstandard in diesem Jahr sinken werde.

Für die Eurobarometer-Umfrage wurden im Oktober und November des vergangenen Jahres in allen 27 Mitgliedsstaaten der EU etwa 27.000 Bürgerinnen und Bürger befragt. Die Umfrage wurde vom Europaparlament in Auftrag gegeben und letzte Woche, am 12. Januar 2023, veröffentlicht.

Darin haben 39 Prozent der Befragten angegeben, dass sie „die meiste Zeit“ oder „gelegentlich“ Schwierigkeiten hätten, ihre Rechnungen zu bezahlen. Das ist ein Anstieg von neun Prozent seit dem Herbst 2021, als 30 Prozent der Befragten dieses Problem benannten.

In den Sorgen der europäischen Bevölkerung kommt besonders die Gleichzeitigkeit und Vielzahl der Krisen zum Ausdruck: Für Beunruhigung sorgen auch die Corona-Pandemie, die Eskalation des US-Nato-Kriegs gegen Russland in der Ukraine, die damit verbundene Gefahr eines dritten, nuklearen Weltkriegs und die Auswirkungen all dieser Entwicklungen auf das Leben der Menschen. Zwei Drittel der Befragten sind mit den Maßnahmen nicht zufrieden, die die nationalen Regierungen und europäischen Gremien dagegen ergreifen.

Direkt an zweiter Stelle nach den Sorgen um die hohen Lebenshaltungskosten nannten die Befragten die Angst vor Armut und sozialer Ausgrenzung (82 Prozent). Und fast genauso viele gaben an, sich um den Klimawandel zu sorgen (81 Prozent) und Angst vor einer Ausweitung des Kriegs in der Ukraine auf andere Länder zu empfinden (ebenfalls 81 Prozent). Angst vor einem Nuklearkrieg nannten 74 Prozent aller Befragten.

In allen EU-Mitgliedsstaaten waren mehr als sieben von zehn Befragten über die hohe Inflation und die steigenden Lebenshaltungskosten besorgt. In Griechenland äußerten diese Sorge 100 Prozent der Befragten, in Zypern 99 Prozent, in Italien und Portugal jeweils 98 Prozent. Die steigenden Preise, einschließlich der besonders stark angestiegenen Preise für Lebensmittel und Energie, machen sich in allen Teilen der Arbeiterklasse bemerkbar - unabhängig von Geschlecht, Alter, Herkunft, Ausbildungs- oder beruflichen Hintergrund.

In den folgenden Ländern wurde ein überdurchschnittlicher Rückgang des Lebensstandards, insbesondere aufgrund der starken Preiserhöhungen bei Lebensmitteln und Energie, festgestellt: In Zypern gaben 70 Prozent der Befragten an, dass ihr Lebensstandard bereits gesunken sei, in Griechenland waren es 66 Prozent, in Malta 65 Prozent, in Frankreich 62 Prozent und in Portugal 57 Prozent.

In Ungarn sagten 44 Prozent der Befragten (geringfügig weniger als der EU-Durchschnitt von 46 Prozent), dass ihr Lebensstandard in Folge von Corona-Pandemie, Ukrainekrieg und Wirtschaftskrise bereits gesunken sei. 47 Prozent der befragten Ungarn (im Vergleich zu 39 Prozent im EU-Durchschnitt) machen sich Sorgen vor einer Verschlechterung ihrer Situation in den nächsten Monaten. Über 80 Prozent haben Angst vor einer Ausweitung des Ukrainekriegs.

Eine Ursache für die hohe Inflation sind die Auswirkungen der Politik des billigen Geldes, wie sie die Zentralbanken in den USA und Europa betreiben. Auch haben die Regierungen den Konzernen und Reichen in den letzten eineinhalb Jahrzehnten Unterstützungspakete in Höhe von Hunderten Milliarden Dollars, Euros und anderen Währungen in den Rachen geworfen. Dies geschah, um die Aktienkurse hoch zu halten und deren Profite zu sichern. Diese Milliardengeschenke, die seit Ausbruch der Corona-Pandemie stark zugenommen haben, sollen jetzt durch eine verschärfte Ausbeutung und Verarmung der Arbeiterklasse wieder eingetrieben werden.

Weitere Faktoren heizen die Inflation weiter an: Dazu gehören der Rückgang der Erwerbsbevölkerung aufgrund der Corona-Todesfälle, der anhaltenden Infektionen und der Auswirkungen von Long-Covid. Verantwortlich dafür ist die kriminelle Profite-vor-Leben-Politik der kapitalistischen Regierungen auf der ganzen Welt. Weiter gehören dazu auch der Krieg, den die USA und die Nato in der Ukraine gegen Russland führen, die Kriegsdrohungen gegen China und die damit verbundene wahnwitzige Aufrüstung, die alle Länder Europas und vorneweg Deutschland betreiben.

Nicht zuletzt trägt die Preistreiberei der großen Konzerne, insbesondere im Lebensmittel- und Energiesektor, in überdurchschnittlichem Maße zu der Teuerung bei. Diese beträgt bei Lebensmitteln etwa 20 Prozent und im Energiesektor etwa 60 Prozent. Davon sind besonders die arbeitende Bevölkerung und die ärmsten Schichten der Arbeiterklasse betroffen.

So weist auch der gerade veröffentlichte Oxfam-Bericht nach, dass sich weltweit die Kluft zwischen Arm und Reich enorm vertieft hat. Mehr als achthundert Millionen Menschen leiden Hunger, das ist etwa jeder zehnte Mensch der Weltbevölkerung; und Millionen Menschen wissen nicht, wie sie über die Runden kommen sollen. Aber die Milliardäre verbuchen gleichzeitig gigantische Vermögenszuwächse.

Wie der Oxfam-Bericht zeigt, sind Konzerne und Superreiche die Krisengewinner. Sie profitieren von Leid und Tod durch die Corona-Pandemie und die Energiekrise. So haben 95 Lebensmittel- und Energiekonzerne weltweit ihre Gewinne im Jahr 2022 mehr als verdoppelt. Sie erzielten 306 Milliarden US-Dollar an Zufallsgewinnen und schütteten 257 Milliarden US-Dollar (84 Prozent) davon an ihre Aktionäre aus. (Oxfam definiert Gewinne als Zufallsgewinne, wenn sie den Durchschnitt der Jahre 2018 bis 2021 um zehn Prozent oder mehr übersteigen.) Seit Beginn der Corona-Pandemie hat das reichste Prozent der Weltbevölkerung rund zwei Drittel des weltweiten Vermögenszuwachses kassiert.

In Deutschland ist der Trend noch extremer: Von dem Vermögenszuwachs, der 2020 und 2021 in Deutschland produziert wurde, entfielen 81 Prozent auf das reichste Prozent der Bevölkerung. Gleichzeitig erlitten zig Millionen von Arbeitern Reallohnverluste. Die Menschen, die bereits in Armut leben, können einen großen Teil ihre Rechnungen nicht bezahlen und müssen sich entscheiden, ob sie das Geld für Essen oder für Heizen ausgeben.

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