Erklärung des Arbeiterkandidaten Will Lehman zur UAW-Wahlkrise

Kolleginnen und Kollegen,

Das Ergebnis der Stichwahl des nationalen UAW-Vorstands hat endgültig bewiesen, dass die Wahl ein Betrug war und unter Missachtung der Rechte der einfachen Mitglieder durchgeführt wurde. Während umstrittene Stimmzettel noch ausgezählt werden, liegt Shawn Fain mit nur 505 Stimmen vor Ray Curry, bei einer Wahlbeteiligung von nur 12 Prozent.

Das knappe Ergebnis und die niedrige Wahlbeteiligung zeigen, dass Fain und Curry gleichermaßen darum rangen, Stimmen über ihre eigenen bürokratischen Netzwerke hinaus zu gewinnen, und dass keiner der beiden Bürokraten nennenswerten Rückhalt in der Basis hat. In der Stichwahl erhielten Fain und Curry jeweils nur etwa 5 Prozent der Mitgliederstimmen, obwohl viele Ortsverbände Maßnahmen ergriffen hatten, die Arbeiter über die Wahl zu informieren. Das hatten sie im ersten Wahlgang nicht getan.

Die Wahl war ein Debakel für die UAW-Bürokratie und hat eine schwere Krise ausgelöst.

Will Lehman beim GM-Montagewerk in Flint

Am Donnerstag reichte Curry einen förmlichen Protest ein, in dem er den vom Gericht bestellten Aufseher aufforderte, die Bestätigung der Wahlergebnisse wegen „grassierendem Stimmrechtsentzug“ zu verweigern, da dieser „die Gültigkeit der Wahl in Frage stellt und eine sofortige Untersuchung erfordert“.

Fains Wahlkampfleiter gab eine Erklärung ab, in der er sagte, dass die Bedenken über die Rechtmäßigkeit und Fairness der Wahl „entweder falsch oder irrelevant“ seien. Er verlangte vom gerichtlich bestellten Aufseher und dem Arbeitsministerium, das Wahlergebnis zu bestätigen und Fain als Präsidenten einzusetzen. Brian Keller, der Fain in der Stichwahl unterstützt hatte, rief die Arbeiter auf, vor den Gewerkschaftshäusern zu protestieren und zu fordern, dass keine Untersuchung der Wahl durchgeführt werde. „Wir brauchen den Abschluss der Wahl heute und wir brauchen die Vereidigung von Shawn Fain“, sagte Keller.

Die Antworten von Curry, Fain und Keller offenbaren die völlige Verachtung der UAW-Bürokratie und ihrer Verteidiger für die Rechte der Basis.

In Currys Erklärung heißt es, dass die Wahl unrechtmäßig sei und das Ergebnis für ungültig erklärt werden müsse. Dies ist keine Beschuldigung, sondern ein Schuldeingeständnis des Täters selbst.

Curry räumt nun ein, dass „Zehntausende“ von Wahlberechtigten durch unvollständige Wahllisten von der Stimmabgabe ausgeschlossen wurden, und erklärt, dass Tausende und Abertausende von Arbeitern entrechtet wurden, weil sie selbst nach einem Anruf bei der Wahlaufseher-Hotline für Ersatzlieferung keine Stimmzettel erhalten hatten. Curry und seine Fraktion wissen, dass dies der Wahrheit entspricht, denn es war von Anfang an ihr eigener Plan. Jetzt sprechen sie es laut aus, um in letzter Sekunde die Kontrolle über den Apparat zu behalten.

Im November 2022 verklagtemeine Wahlkampagne die UAW und den Aufseher. Wir warnten davor, dass die Wahl ein Betrug sei und dass die UAW systematisch die Rechte der Mitglieder verletze, bei der Wahl ein aussagekräftiges Stimmergebnis zu erzielen. Ich forderte Richter David Lawson auf, die Frist für die Stimmabgabe zu verlängern und die UAW anzuweisen, Maßnahmen zu ergreifen, die darauf abzielen, jedes Mitglied über die stattfindende Wahl zu informieren, einschließlich der Möglichkeit für die Mitglieder, persönlich in den örtlichen Gewerkschaftshäusern ihre Stimmen abzugeben.

Meine Klage belegte, dass die UAW-Bürokratie Hunderttausenden von Mitgliedern absichtlich die Stimmzettel vorenthielt, um uns die Chance zu verwehren, sie zu entmachten. Meine Kampagne hat bewiesen, dass die UAW eine interne E-Mail-Liste (das so genannte Local Union Information System oder LUIS) verwendet hat, um die Stimmzettel zu versenden. Von dieser Liste hat kein normaler Arbeiter je etwas gehört. Sogar der Richter gab zu, dass dies „irgendwie die Mitgliedschaft ausschließt“.

Curry gibt nun zu, dass ich Recht hatte. In seiner Erklärung stellt er eine Reihe von Fragen, darunter: „Welche Anstrengungen wurden unternommen, um UAW-Mitglieder zu kontaktieren, die keinen Stimmzettel per Post erhalten haben?“ Und: „Haben Wähler, die nicht mehrfach angerufen haben, Stimmzettel erhalten?“

Meine Kampagne verlangte von der UAW, dem gerichtlich bestellten Aufseher, vom US-Arbeitsministerium und Richter David Lawson die Beantwortung all dieser Fragen in einer öffentlichen Sitzung, bevor der erste Wahlgang abgeschlossen war. Aber der UAW-Gewerkschaftsapparat unter Führung von Curry, der Wahlaufseher und das Arbeitsministerium widersetzten sich meinem Antrag, die Frist zu verlängern und die UAW zu verpflichten, Maßnahmen zu ergreifen, um die gesamte Mitgliedschaft zu informieren. Richter Lawson entschied gegen mich und für die Gültigkeit der Wahl nach Recht und Gesetz, von der der amtierende UAW-Präsident jetzt zugibt, dass sie Lug und Betrug war!

Am 20. Dezember, nachdem die erste Runde der UAW-Wahlen mit einer Wahlbeteiligung von nur 9 Prozent abgeschlossen war, reichte ich eine ausführliche Protestnote ein, in der ich darlegte, wie die UAW-Bürokratie die Wahl unterdrückte. Ich verlangte vom Aufseher, eine neue Wahl mit allen Kandidaten aus der ersten Runde durchzuführen, allerdings dieses Mal mit einer wirksamen Ankündigung an die gesamte Mitgliedschaft.

Der gerichtlich bestellte Aufseher gab nie eine offizielle Antwort auf meinen Protest und bestätigte die erste Wahlrunde nicht. Er fuhr mit der Stichwahl weiter fort, als ob nichts geschehen wäre.

Es gibt überwältigende Beweise dafür, dass die UAW-Bürokratie die Basis systematisch entrechtet hat. Trotzdem sagte Shawn Fains Wahlkampfmanager Nathan Pensler gestern, dass die Behauptung, die Rechte der Arbeiter seien verletzt worden, „falsch oder irrelevant“ sei, obwohl er keine Beweise für die Fairness der Wahl vorlegte. In Bezug auf die „Bedenken“ hinsichtlich einer Entrechtung von Wählern sagte er: „Wir sind zuversichtlich, dass sie vom Aufseher und, falls erforderlich, vom Arbeitsministerium zurückgewiesen werden.“

Es ist höchst aufschlussreich, dass die Fain-Fraktion der Bürokratie darum kämpft, die Kontrolle über die UAW zu übernehmen, indem sie die systematische Verletzung der Rechte der großen Mehrheit der einfachen Mitglieder durch die Bürokratie aufrecht erhält. Ihr Verhalten beweist die Verlogenheit ihres Anspruchs, einen „Reform“-Flügel zu vertreten. Fains Widerstand gegen ein aussagekräftiges Wahlrecht für die Arbeiter zeigt, dass sich seine Fraktion in ihrer Feindseligkeit gegenüber den Interessen und demokratischen Rechten der Arbeiter nicht von Currys Fraktion unterscheidet.

Während die beiden Fraktionen der Bürokratie um Positionen und unsere Beitragsgelder kämpfen, geht es ihnen in Wirklichkeit darum, die Bewegung der Basis zu unterdrücken.

In einer am Freitagabend veröffentlichten Erklärung warnte der ehemalige UAW-Präsident Bob King, dass jede Verzögerung beim Abschluss der UAW-Wahl einer Zertifizierung „der gesamten UAW-Mitgliedschaft und der vollständigen Vorbereitung auf die bevorstehenden Tarifverhandlungen abträglich wäre“. Er fügte hinzu: „Es liegt im besten Interesse der Mitglieder, den nächsten Präsidenten, ob Ray Curry oder Shawn Fain, noch vor dem Kongress der Sondertarifverhandlungen zu vereidigen“, der in der Woche des 27. März in Detroit stattfinden soll. Was King damit wirklich meint, ist, dass es im besten Interesse der Autokonzerne ist, eine „legitime“ Gewerkschaftsführung zu haben, bevor die Vertragsverhandlungen beginnen.

Aber welche Führung auch immer aus diesem faulen Prozess hervorgeht, sie wird niemals den Gestank dieser betrügerischen Wahl beseitigen können, die beweist, dass der Korruptionsskandal nicht das Produkt „einiger weniger fauler Äpfel“ war, sondern der wirtschaftsfreundlichen Beziehungen, die die gesamte UAW-Bürokratie seit Jahrzehnten auf unsere Kosten aufrechterhält.

Die einfachen Mitglieder der UAW sehen sich täglich mit dringenden Herausforderungen konfrontiert: massive Inflation, sinkende Löhne, Produktionssteigerungen, drohende ungerechtfertigte Kündigungen und unsichere Arbeitsbedingungen. Die Erfahrung dieser Wahl zeigt, dass die UAW-Bürokratie ein Hindernis für unsere Kämpfe ist. Sie schreckt vor nichts zurück, um unsere grundlegendsten Rechte zu verletzen.

Um sich auf die bevorstehenden Kämpfe vorzubereiten, müssen sich Arbeiter durch die Bildung von Aktionskomitees zusammenschließen, um den UAW-Apparat abzuschaffen und den Arbeitern in den Betrieben die Macht zu übertragen. Dafür habe ich in meiner Wahlkampagne gekämpft, und dafür müssen wir auch in Zukunft kämpfen.

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