Dreitägiger Streik von 65.000 Schulbeschäftigten in Los Angeles

Lehrer und Schulbeschäftigte vor dem Hauptgebäude der Schulbezirksverwaltung in Los Angeles am 21. März 2023 [AP Photo/Damian Dovarganes]

Trotz strömenden Regens beteiligten sich am Dienstag Zehntausende an den Streikposten und einer Massendemonstration vor dem Hauptgebäude des Los Angeles Unified School District (LAUSD). Dies war der erste Tag eines dreitägigen Streiks der Angestellten der öffentlichen Schulen von Los Angeles. Mit der Beteiligung von etwa 65.000 Beschäftigten und Lehrern ist es der größte Streik in den USA seit 2019. Die Beschäftigten des zweitgrößten US-Schulbezirks, der für 420.000 Schüler zuständig ist, fordern eine Verbesserung ihrer Arbeitssituation, die von Unterbesetzung, hoher Arbeitsbelastung, großen Klassen und Armutslöhnen geprägt ist. Die galoppierende Inflation hat die Lage noch weiter verschlechtert.

Der Streik wird von den am schlechtesten bezahlten Schulangestellten organisiert, darunter Busfahrer, Hausmeister, Kantinenpersonal, Sonderpädagogik-Assistenten, IT-Support- und Verwaltungspersonal. Sie sind im Ortsverband 99 der Service Employees International Union (SEIU) organisiert, deren Funktionäre sie die letzten drei Jahren weiterarbeiten lassen, obwohl der Tarifvertrag ausgelaufen war. Zehntausende Lehrer der Gewerkschaft United Teachers Los Angeles (UTLA), die seit letztem Sommer ebenfalls unter einem abgelaufenen Vertrag arbeiten, beteiligen sich an den Streikposten.

Loading Tweet ...
Tweet not loading? See it directly on Twitter

Der Streik ist Teil einer wachsenden Bewegung der internationalen Arbeiterklasse. Zeitgleich finden in Frankreich landesweite Streiks und Demonstrationen gegen die Erhöhung des Renteneintrittsalters statt, die Präsident Macron ohne Abstimmung im Parlament durchgesetzt hat. Auch in Großbritannien, Deutschland und Griechenland sind landesweite Streikbewegungen entstanden. In Neuseeland beteiligten sich letzte Woche 50.000 Lehrkräfte an einem landesweiten eintägigen Streik. In Nordamerika haben letztes Jahr 48.000 Studenten der Universität Kalifornien gestreikt, in Kanada mehr als 50.000 Lehrkräfte in Ontario. Letzterer drohte sich zu einem Generalstreik auszuweiten, wurde aber von der Gewerkschaftsbürokratie abgewürgt.

Ein durchschnittliches Mitglied des SEIU-Ortsverbands 99 in diesem Schulbezirk erhält weniger als 28.000 Dollar im Jahr. Damit ist das Leben in einer der teuersten Städte des Landes praktisch unerschwinglich. Eins von drei SEIU-Mitgliedern war laut Angaben der Gewerkschaft während seiner Tätigkeit für den Schulbezirk „obdachlos oder von Obdachlosigkeit bedroht“. Fast eins von vier Mitgliedern erklärt, sie hätten „sehr oft nicht genug zu essen“.

Albert, ein IT-Support-Techniker, erklärte gegenüber der WSWS: „Die Rechnungen steigen, Benzin und Strom werden teurer, aber das Gehalt bleibt das gleiche... Wir kämpfen für unsere Lebenshaltungskosten, für bessere Löhne, für andere Menschen da draußen, die sich Wohnungen oder andere Sachen nicht leisten können.“

Loading Tweet ...
Tweet not loading? See it directly on Twitter

Celene, eine Sonderpädagogik-Assistentin, erklärte: „Das ist mein erstes Jahr als Assistentin, und die Menge an Arbeit war ein echter Schock. Wir brauchen mehr Unterstützung für unsere Arbeit. Ich habe drei Stellen. Ich putze, arbeite in einem Lagerhaus und bin Assistentin für Sonderpädagogik im Schulbezirk. Ich arbeite mindestens 60 Stunden pro Woche.“

Celene

Weiter sagt Celene: „Momentan arbeite ich in einer Förderklasse mit zwölf Schülern, einem Lehrer und einer pädagogischen Hilfskraft. Die Kinder sind zwischen fünf und acht Jahre alt und haben alle unterschiedliche Bedürfnisse. Es ist wirklich schwierig, und wir brauchen mehr Hilfe. Momentan lebe ich mit meinem Sohn bei meiner Mutter, aber die arbeitet auch. Deshalb muss ich mehr arbeiten, damit ich meinen Sohn in die Kita schicken kann.“

Der Spanischlehrer Mario erklärte: „Die Gehälter der Schulbeschäftigten sind sehr niedrig, sie brauchen unsere Unterstützung. ... Im Grunde ist es eine Lüge, dass kein Geld da ist. [Der Bezirk] hat eine Reserve von 4,9 Milliarden Dollar – nicht Millionen. Wir wissen nicht, wohin dieses Geld fließt. Und wir wollen es vor allem für die Ausbildung unserer Kinder und künftigen Kinder. Das Geld ist da.“

Loading Tweet ...
Tweet not loading? See it directly on Twitter

Sriyana Shrestha arbeitet mit Förderschülern und erklärte: „Wir wollen gleichen Lohn und Respekt. Respekt ist das Wichtigste. Ich arbeite mit Schülern mit speziellen Bedürfnissen. Sie brauchen viel Unterstützung, und wir bekommen keine Hilfe.“

Sriyana

„Wir sind Sonderpädagogen und jede Woche für 32 Schüler zuständig, aber nur 28 sind vorgesehen. Der Grund für die Zahl von 28 ist, dass wir mit jedem Kind einzeln arbeiten müssen. Wir bekommen nur 18 Dollar pro Stunde, und bei einem sechsstündigen Arbeitstag leisten wir so viel wie drei. Wir haben außerdem die Aufsicht auf dem Spielplatz.

Mit diesem Job ist es sehr schwer, alleine über die Runden zu kommen. Wenn man keine Unterstützung von seiner Familie bekommt, ist es nicht möglich. Ich habe großes Glück, weil ich von meiner eigenen Familie unterstützt werde. Und meine Kinder sind alle erwachsen.

Eine wichtige Forderung ist, dass wir mehr Personal brauchen. Es sollten mindestens doppelt so viele Mitarbeiter sein wie jetzt. Wie ich schon sagte, wir arbeiten für drei. Man zerrt links, rechts und in der Mitte an uns. Wie kann der Schulbezirk sagen, dass es kein Geld für diese Dinge gibt? Sie sitzen auf fünf Milliarden Dollar. Das soll ja eigentlich für uns sein. Wir wollen doch nur unseren Schülern helfen.“

Miriam Martin arbeitet seit 26 Jahren als Angestellte in der Kantine des Bezirks. Ihre Tochter Kelly Bernal ist als Sozialarbeiterin tätig und auf Konfliktlösung spezialisiert. Miriam erklärte: „Wir wollen bessere Löhne. Genau wie alle anderen auch brauchen wir mehr Geld für uns. Wir sind täglich da, um den Kindern zu helfen und dafür zu sorgen, dass sie gesund essen.“

Miriam Martin (links) und ihre Tochter Kelly Bernal

„Ich verdiene 17 Dollar pro Stunde. Das Traurige ist, dass man bei Pollo Loco 19 Dollar pro Stunde verdient. McDonalds bezahlt seine Beschäftigten sogar noch besser.

Viele Kollegen beantragen Lebensmittelmarken und WIC-Leistungen [Women, Infants, Children]. Ich muss Miete zahlen. Ich brauche das Auto und muss Benzin bezahlen, und ich habe vier Töchter, die ich versorgen muss.“

Kelly beschrieb, welche Art von Arbeit sie als Sozialarbeiterin verrichtet: „Die Kultur und die Bedingungen an den Schulen sind wirklich schlecht geworden. Ich arbeite an einer High School, an der es viele Verhaltensprobleme gibt. Früher gab es vielleicht drei bis fünf Schlägereien pro Jahr. Jetzt sind es viele – drei bis fünf pro Woche.

An vielen Schlägereien sind Neuntklässler beteiligt, weil ihre mittleren Schuljahre während der Corona-Pandemie stattfanden. Sie konnten nicht raus und wissen nicht, wie sie sich sozial verhalten sollen.“

Auf die Frage nach ihrer Meinung dazu, dass die Gewerkschaft erst jetzt zum Streik aufruft, obwohl der Tarifvertrag vor drei Jahren ausgelaufen ist, erklärte Kelly: „Viele von uns glauben, dass die Gewerkschaft nicht für die Menschen arbeitet, sondern mit dem Schulbezirk zusammenarbeitet.“

Die Lehrkräfte sind immer noch wütend über den Ausverkauf ihres letzten Streiks im Jahr 2019 durch den UTLA-Apparat, der ihnen innerhalb weniger Stunden einen Tarifvertrag aufzwang, der keine ihrer Forderungen erfüllte. Sie erinnern sich auch an die katastrophalen Auswirkungen der Unterstützung der Gewerkschaft für die verfrühten Öffnungen der Schulen gegen den überwältigenden Widerstand von Eltern und Lehrern, was zu Masseninfektionen in den Schulen führte.

Während sich die Gewerkschaftsbürokratien von UTLA und SEIU heute durch die überwältigende Wut der Lehrer und Schulbeschäftigten gezwungen sahen, einen gemeinsamen Streik zu organisieren, versuchen sie gleichzeitig, ihn soweit wie möglich zu begrenzen, u.a. indem sie nur drei Tage einplanen und es als Streik gegen unbillige Arbeitspraktiken deklarieren, um die Arbeiter darin zu hindern, wirtschaftliche Forderungen zu stellen.

Ein langjähriger Grundschullehrer erklärte: „Ich war sehr, sehr empört darüber, was die Gewerkschaft beim Streik vor fünf Jahren gemacht hat. Sie haben alle Forderungen fallengelassen. Es sollte kleinere Klassen in der Middle und High School geben. Außerdem sollten mehr Beratungslehrer eingestellt werden, die sich um die Schüler und ihre psychischen und geistigen Probleme kümmern. Es gibt nicht genug Beratungslehrer und Schulschwestern.

Viele Schüler im Schulbezirk sind von Armut betroffen. Wir brauchen auch Schulpsychologen, weil sie dafür verantwortlich sind, Berichte über Schüler zu schreiben, damit auf ihre Bedürfnisse eingegangen werden kann. Nichts davon wurde umgesetzt. Wir bekommen vielleicht eine kleine Gehaltserhöhung, aber sie werden sich nicht um die anderen Probleme kümmern, um die sozialen Probleme der Schüler und des Personals.“

Die Streikposten reagierten sehr positiv auf die Mitglieder des Aktionskomitees West Coast Educators Rank-and-File Committee, die mehr als 2.000 Exemplare des Flugblatts „Der Weg vorwärts für den Streik von 65.000 Schulbeschäftigten in Los Angeles“ verteilten. In der Erklärung forderten sie die Arbeiter auf, Streikkomitees zu gründen und der Bürokratie die Kontrolle über den Streik zu entziehen.

Bei der Hauptkundgebung am Dienstag zeigten die Redner des Gewerkschaftsapparats den Arbeitern keinen Ausweg auf. Sie sind in dasselbe wirtschaftsfreundliche politische Establishment eingebunden, vor allem der Demokratischen Partei, die in LA die Kürzungen im Bildungsbereich durchsetzt. Tatsächlich sind sowohl die Präsidentin der LAUSD, Jackie Goldberg, als auch die Präsidentin der UTLA, Cecily Myart-Cruz, Mitglieder der Democratic Socialists of America, einer pseudolinken Gruppierung innerhalb der Demokraten. Letzten Dezember stimmten drei DSA-Mitglieder im US-Repräsentantenhaus dafür, einen Streik von 120.000 Eisenbahnern zu verbieten und ihnen einen Tarifvertrag aufzuzwingen, den sie bereits abgelehnt hatten.

Die Schulbeschäftigten kämpfen nicht nur gegen Schulinspektor Alberto Carvalho, sondern gegen das gesamte politische Establishment. Den Beschäftigten wird gesagt, für das öffentliche Bildungswesen sei kein Geld da, aber die Biden-Regierung hat eine Billion Dollar für den größten Militäretat in der Geschichte vorgesehen. Beide Parteien sind entschlossen, die Löhne niedrig zu halten und Streiks zu verhindern, sowohl zur Disziplinierung der Bevölkerung in Vorbereitung einer direkten Beteiligung der USA an einem Krieg gegen Russland und China als auch um das krisengeschüttelte Finanzsystem zu stützen, für das auf Knopfdruck Billionen Dollar zur Verfügung gestellt werden.

Unter den geladenen Rednern bei der Kundgebung am Dienstag befand sich der ehemalige Vorsitzende des Geheimdienstausschusses des Repräsentantenhauses, Adam Schiff, einer der führenden anti-russischen Falken im Kongress. Er hat eine zentrale Rolle im ersten Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump gespielt, bei dem es nicht um dessen Unterstützung für den Faschismus, sondern um die Einstellung der Militärhilfe an die Ukraine ging. Letzten Oktober traf sich Schiff im US-Kapitol mit Mitgliedern des rechtsradikalen Asow-Bataillons und des ukrainischen Militärs.

Die Logik des Kriegkurses, den Schiff und der Rest des Kongresses verfolgen, droht zur Beteiligung von US-Kampftruppen in einem Krieg gegen Atommächte zu führen. Unter diesen Soldaten wären viele Jugendliche aus der Arbeiterklasse, die gerade aus den Schulen in Los Angeles und anderen Großstädten kommen.

In Kalifornien, dem Bundesstaat mit den meisten Milliardären, ist die Demokratische Partei verantwortlich für eine immense Vermögensungleichheit, Obdachlosigkeit, Gefängnisse und Haftzentren für Migranten und Armut in einem grotesken Ausmaß – ein Viertel der Kinder im Bundesstaat lebt in Armut. Die jüngsten Stürme haben die soziale Krise noch deutlicher hervorgehoben. Menschen waren in ihren Häusern eingeschlossen, in den Bergen von San Bernardino stürzten Gebäude ein, Anwohner wurden von den Behörden sich selbst überlassen.

Der Streik der Schulbeschäftigten in LA ist ein großer Schritt vorwärts. Aber um diese Dynamik weiterzuentwickeln, müssen die Streikenden aus der Zwangsjacke der Gewerkschaftsbürokratie ausbrechen und ihren Kampf zu einer breiten Gegenoffensive der gesamten Arbeiterklasse ausweiten, die sich gegen die kapitalistische Unterordnung des Lebens unter den Profit richtet.

Loading