Stoppt die Zensur von Kriegsgegnern und die Angriffe auf die Meinungsfreiheit an der Humboldt-Universität Berlin!

Die International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) treten auf Listenplatz 2 zu den Wahlen des Studierendenparlaments (StuPa) an, die am 18. und 19. Juni 2024 an der Berliner Humboldt-Universität (HU) stattfinden. Kommt am Montag, den 17. Juni, um 19:00 Uhr zu unserer nächsten Veranstaltung: „Der falsche Vorwurf des Antisemitismus und die Verharmlosung der Nazi-Verbrechen an der HU“ (Audimax II am Campus Nord der HU, Philippstraße 13, 10117 Berlin).

Seit den brutalen Polizeieinsätzen gegen friedliche Studentenproteste an der Freien Universität und gegen die studentische Besetzung des Instituts für Sozialwissenschaften der Berliner Humboldt-Universität (HU) im April und Mai werden die Angriffe auf Kriegsgegner und Kritiker des Völkermords in Gaza immer weiter verschärft. Die IYSSE rufen Studierende und Unibeschäftigte auf, gegen die massiven Einschränkungen der Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit zu protestieren.

Brutaler Polizeieinsatz an der FU Berlin am 7. Mai 2024 [AP Photo/Markus Schreiber]

Die Szenen der aggressiven Polizeigewalt, die sich im Mai an der HU abspielten, waren ein schockierender Präzedenzfall. Wie in einem diktatorischen Regime verprügelten und verhafteten Polizisten friedliche Studierende, die gegen die Kriegspolitik protestierten. Auch ein Journalist der Berliner Zeitung, der sich eindeutig als Presse zu erkennen gab, wurde brutal zusammengeschlagen.

Bei der Räumung des Instituts für Sozialwissenschaften auf Anweisung des Berliner Senats wurde auch der Anwalt Benjamin Düsberg festgenommen, obwohl er sich als Anwalt erkennbar machte. Gegen ihn und über 20 weitere Beteiligte wurde Strafanzeige wegen des Verdachts auf Landfriedensbruch gestellt. „Das Vorgehen der Berliner Einsatzkräfte hat eine neue Qualität angenommen“, so Düsberg gegenüber dem Tagesspiegel.

In der Tat. Die gewaltsame ISW-Räumung wird jetzt zum Ausgangspunkt gemacht, um ein autoritäres Polizeiregime an der Universität durchzusetzen. Die Unileitung hat Strafanträge gegen beteiligte Studierende wegen „Hausfriedensbruch“ und „Sachbeschädigung“ gestellt, wie sie am 11. Juni in einem Brief an Mitarbeitende und Studierende der HU mitteilte.

Die Polizei ermittelt auch wegen „schweren Hausfriedensbruchs (§ 124 StGB)“ gegen sieben Mitglieder des Referent*innenrats (RefRat, gesetzlich Asta) der HU. Diese haben deshalb Antrag auf finanzielle Unterstützung für die Anwaltskosten beim Studierendenparlament gestellt. Wie sie darin erklären, ist es die Aufgabe der Studierendenvertretung bei Ereignissen wie der ISW-Besetzung anwesend zu sein: „Wir verurteilen es zutiefst, dass Referent*innen nun strafrechtlich dafür belangt werden sollen, ihre Rolle als Studierendenvertretung wahrgenommen zu haben.“

Die Kriminalisierung von Studierenden und ihren Vertretern im RefRat soll ein Klima der Einschüchterung und Angst verbreiten. Wer friedlich protestiert oder sich kritisch über das Massaker in Gaza und die Komplizenschaft der Bundesregierung äußert, wird verfolgt und mundtot gemacht.

Der Schlag gegen demokratische Grundrechte wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit richtet sich nicht nur gegen Studierende, sondern ebenso gegen Dozierende und Professoren. Wie aggressiv die Ampelkoalition unter SPD, Grünen und FDP versucht, jede Form der Abweichung von ihrer politischen Linie zu unterdrücken, zeigen die jüngsten Enthüllungen des NDR. Aus internen E-Mails geht hervor, dass Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) im Mai mit weitreichenden autoritären Maßnahmen gegen Wissenschaftler vorgehen wollte.

Nachdem Polizisten im April die FU gestürmt und ein friedliches Gaza-Protestcamp von Studierenden mit Gewalt aufgelöst hatten, unterzeichneten fast 400 Professoren und Dozierende einen offenen Brief, der die Studierenden verteidigte. Den Erstunterzeichnern haben sich über 1000 weitere Dozierende angeschlossen. Die Bildungsministerin forderte daraufhin ihre Abteilungen auf, prüfen zu lassen, ob sie den Akademikern bereits bewilligte Fördergelder streichen könnte. Zudem suchte sie nach strafrechtlich relevanten Aussagen in dem offenen Brief, um sie gegen die Dozenten zu verwenden.

Dieser skandalöse Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit ist ein weiterer Schritt hin zu einer rechten Diktatur. Der Doktorand und Politikwissenschaftler der HU, Ilyas Saliba, der zu autoritären Regimen im arabischen Raum forscht, erklärte gegenüber der taz: „Zu prüfen, ob man straf-, dienst- und förderrechtlich gegen unliebsame Wissenschaftler vorgehen kann, ist eine autoritäre Praxis. Das kennen wir aus dem Nahen Osten, Nordafrika oder Ungarn, wo kritischen Wissenschaftlern eine Zukunftsperspektive der Wissenschaft verwehrt werden soll.“

Die Professorin für Sozialwissenschaften an der HU, Naika Foroutan, die den offenen Brief mitunterzeichnet hat und damit selbst im Fadenkreuz der Bundesregierung steht, betonte gegenüber der taz, dass die Forschung vorwiegend über Drittmittel finanziert werde, die oftmals aus dem Bildungsministerium kommen. „Ich frage mich jetzt, ob Projekte, die von meinem Institut oder von Kolleg:innen, die den Brief unterschrieben haben, anders bewertet oder gleich aussortiert werden.“

Der Vorstoß der Bildungsministerin, ein Zensurregime durch die Hintertür einzuführen, scheiterte zwar zunächst, weil ihre Mitarbeiter Bedenken über ihre Befugnis zu solchen Maßnahmen äußerten. Doch niemand sollte sich vormachen, dass die Bundesregierung nicht weiter nach Wegen suchen wird, um kritische Wissenschaftler zu unterdrücken.

Wer sich nicht der Kriegspolitik der Regierung unterordnet und die autoritären Methoden des Polizeistaats hinnimmt, dem wird der Hahn zugedreht und mit Strafanzeige gedroht. Zuletzt zeigte die Hetzkampagne gegen die Präsidentin der Technischen Universität Berlin, Geraldine Rauch, durch Medien und Politiker, dass selbst harmlose Likes für israelkritische Posts nicht akzeptiert werden.

Auf dem Campus geht die Unileitung systematisch gegen studentische Opposition gegen den Völkermord vor. Eine Veranstaltung der IYSSE zu dem Thema wurde monatelang untersagt. Deshalb haben wir zusammen mit anderen studentischen Gruppen im Dezember eine starke Kundgebung vor dem Hauptgebäude abgehalten. Erst vor zwei Wochen wurden zwei Veranstaltungen der IYSSE zugelassen – allerdings unter scharfen Auflagen. So dürfen nur Angehörige der Universität teilnehmen und werden an den Eingängen Kontrollen sämtlicher Taschen durchgeführt, unter anderem auf „Waffen inkl. Taschenmessern, Schlagstöcken oder als solche verwendbaren Gegenständen“ – als ob es jemals auf Veranstaltungen der IYSSE zu irgendeiner Form der Gewalt gekommen wäre.

Diese autoritären Auflagen sind ein Akt der politischen Zensur und zielen darauf ab, Teilnehmende einzuschüchtern und abzuschrecken. Die IYSSE haben sofort schriftlich dagegen protestiert und die Universitätsverwaltung aufgefordert, die Auflagen aufzuheben. Wir erklärten: „Als Hochschulgruppe wollen wir eine öffentliche Veranstaltung abhalten, an der alle Interessierte teilnehmen können. Die Auflage würde eine schwere Einschränkung der Universität als öffentlichen Ort darstellen.“

Doch ohne darauf inhaltlich einzugehen, hat die HU-Verwaltung in einer weiteren E-Mail die Auflage bekräftigt und bei der ersten Veranstaltung der IYSSE durchgesetzt. Security-Mitarbeiter der HU führten Ausweis- und Taschenkontrollen am Einlass durch. Vor dem Eingang zum Audimax, in dem die Veranstaltung stattfand, wurden sogar Polizisten postiert. Die Drohkulisse und Zensur erinnern an Verhältnisse in Diktaturen. Studierende und Dozenten werden unter Generalverdacht gestellt, ihre Taschen auf Waffen kontrolliert, als seien sie potenzielle Schwerstkriminelle.

Personen, die nicht Mitglied einer Berliner Universität sind, konnten der Veranstaltung nur folgen, weil die IYSSE eine Live-Übertragung auf einem öffentlichen Platz organisiert hatten. Seit mehr als zehn Jahren halten wir an der HU Veranstaltungen zu politischen und historischen Themen ab und laden alle Interessierten zur Diskussion ein – sowohl Studierende und Unibeschäftigte als auch Jugendliche und Arbeiter.

Die vergangene Veranstaltung, die auf Video aufgezeichnet wurde, stellte in ihrem Titel die Frage: „Wie weiter im Kampf gegen Polizeigewalt und Völkermord?“ Die Redner erklärten, dass der Völkermord in Gaza nur durch eine internationale Bewegung der Arbeiterklasse gestoppt werden kann, die sich gegen alle Kriege und deren Wurzel richtet, den Kapitalismus.

Es ist diese Perspektive – eine Orientierung und Ausweitung der Studierendenproteste auf die Arbeiterklasse –, die die Unileitung und alle Parteien im Berliner Senat und der Bundesregierung am meisten fürchten. Deshalb wollen sie mit den Zensur- und Polizeimaßnahmen gerade die Arbeiterklasse vom Campus fernhalten.

Auch andere studentische Gruppen der HU sind davon betroffen. Die Studierendengruppe „Decolonise Charité“ hatte bereits am 31. Mai zu einer Veranstaltung unter dem Titel „Arzt sein, wo keine Krankenhäuser mehr stehen“ am Campus Nord eingeladen, zu dem auch die Universitätsmedizin der Charité Berlin gehört. Zwei Ärzte berichteten dort über die dramatischen Auswirkungen des israelischen Kriegs auf die gesundheitliche Versorgung im Gazastreifen.

Doch auch hier stand im Auftrag der Unileitung ein Sicherheitsdienst am Eingang und verbot externen Teilnehmern den Zutritt. Sogar eine ganze Schulklasse mit ihrem Lehrer wurde von der Security abgewiesen. Laut den Organisatoren sind 270 Menschen zu der Veranstaltung gekommen. Der Sprecherin der Gruppe zufolge soll auch ein neuer Kodex für Arbeitsgruppen am Campus Charité eingeführt werden, unter dem nur noch AGs mit einem medizinischen Bezug erlaubt wären.

Diese Maßnahmen haben alle ein Ziel: Die Wahrheit über die Kriegsverbrechen in Gaza soll kein Gehör finden, weiterer Widerstand unter Studierenden soll eingedämmt und eine politische Diskussion über die notwendigen Schlussfolgerungen aus den Protesten unterbunden werden.

Vor diesem Hintergrund ist es blanker Hohn, wenn die Unileitung jetzt in einem Schreiben vom 11. Juni erklärt, sie wolle zu einem „friedlichen und respektvollen Diskurs“ zurückkehren. In dem Brief fordert die Unileitung u. a. eine „Beschäftigung mit Definitionen von Antisemitismus sowie eine kritische Auseinandersetzung mit sozialwissenschaftlichen Theorien, denen eine Affinität für antisemitische Muster zugeschrieben wird“. Im Klartext bedeutet dieser Satz, dass Dozierende, die sich in ihren Lehrveranstaltungen oder ihren Schriften kritisch mit dem Zionismus und dem Völkermord an den Palästinensern befassen, als Antisemiten diffamiert und Angriffen ausgesetzt werden.

Die Unileitung bemüht in ihrem Brief Floskeln wie eine „vertiefte akademische Auseinandersetzung“ über den Nahen Osten und „multiperspektivische Analysen“. Doch ihr autoritäres Vorgehen gegen Kriegsgegner und abweichende Meinungen zum Gaza-Genozid beweist, dass sie die HU ideologisch auf Regierungslinie bringen und die volle Unterstützung für Israel und dessen Kriegspolitik im Gazastreifen durchsetzen will.

Während jeder als Antisemit diffamiert wird, der sich gegen den israelischen Völkermord ausspricht, werden rechtsradikale Professoren wie Jörg Baberowski seit Jahren politisch und finanziell gefördert. Der Geschichtsprofessor an der HU verharmlost nicht nur den Holocaust, sondern legitimiert auch autoritäre Herrschaftsmethoden.

2018 wollte er an der HU einen rechtsradikalen Thinktank für Diktaturforschung aufbauen, um „Diktaturen als alternative Ordnungen“ zu untersuchen. Nur die Proteste der IYSSE und anderer Studierender konnten das Diktaturenzentrum stoppen. Trotzdem erhielt Baberowski satte Forschungsgelder und politische Rückendeckung vom Bildungsministerium. Seine Vorstellungen von einem autoritären Staat werden heute in die Tat umgesetzt.

Im Februar 2020 hat Baberowski sogar eigenhändig Wahlplakate der IYSSE abgerissen und einen unserer Abgeordneten geschlagen, als dieser ihn dabei erwischte. Die Unileitung hat sich danach voll hinter Baberowski gestellt und eine Dienstaufsichtsbeschwerde nicht einmal beschieden. Damit gab sie rechten Kräften am Campus faktisch einen Freifahrtschein, die Plakate der IYSSE abzureißen und ihre Mitglieder anzugreifen. Im vergangenen Jahr sabotierten ukrainische Nationalisten mit voller Rückendeckung der Unileitung unseren StuPa-Wahlkampf.

In diesem Jahr wird der Wahlkampf der IYSSE erneut angegriffen und zensiert. Unsere Plakate wurden von politischen Gegnern sowie Mitarbeitern der Universität systematisch und großflächig von dafür vorgesehenen Stellen abgerissen und zerstört. Mitglieder der IYSSE haben dies in den letzten Tagen dokumentiert und mehrere Täter beim Abreißen der Plakate angetroffen. Die IYSSE forderten die HU-Leitung schriftlich auf, „diese antidemokratischen Eingriffe in den Wahlkampf zu verurteilen und Maßnahmen zu ihrer Unterbindung zu ergreifen“. Doch die Unileitung schweigt und stellt sich damit hinter die Angriffe.

Die Sabotage und Zensur am Campus ist nicht Ausdruck der Stärke der Unileitung und der Bundesregierung, sondern ihrer Angst vor einem wachsenden Widerstand unter Studierenden und Arbeitern. Die Europawahlen haben noch einmal gezeigt, wie groß der Hass in der Bevölkerung auf die Ampelparteien und ihre Politik der Kriegseskalation und des Sozialabbaus ist.

Die IYSSE treten zu den StuPa-Wahlen am 18. und 19. Juni an, um unter Studierenden für eine sozialistische und internationale Bewegung gegen Krieg und Kapitalismus zu kämpfen. Wir werden nicht zulassen, dass Sozialisten und Kriegsgegner unterdrückt werden, und lassen uns von den Maßnahmen der Universitätsleitung nicht einschüchtern.

Wir rufen deshalb alle Studierenden auf: Protestiert gegen das autoritäre Polizeiregime an der Humboldt-Universität! Verteidigt die Meinungs-, Versammlungs- und Wissenschaftsfreiheit! Kommt zahlreich zu unserer nächsten Veranstaltung und wählt die IYSSE (Liste 2) ins Studierendenparlament!

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