Wirtschaftskrieg der USA gegen China: Auch die EU verhängt Einfuhrzölle auf chinesische E–Autos

Die Europäische Union hat beschlossen, sich dem Handelskrieg der USA gegen China anzuschließen. Die EU-Kommission wird nun ebenfalls zusätzliche Importzölle auf chinesische E–Autos verhängen. Dabei sind ihre Reihen tief gespalten, und Deutschland kritisiert das Vorgehen.

Der chinesische Autobauer Geely präsentiert den Galaxy Starship, einen KI-gesteuerten SUV-Prototyp, auf der Auto China 2024 in Peking, 25. April 2024 [AP Photo/Ng Han Guan]

Die Verhängung der Zölle, die in einigen Fällen bis zu 48 Prozent betragen könnten, wurde in einem Bericht angekündigt, der auf eine längere Untersuchung der EU-Kommission über nationale Subventionen seit September zurückgeht.

Am 12. Juni teilte die EU-Kommission den Autoherstellern mit, dass sie zusätzlich zu den Zöllen in Höhe von 10 Prozent, die ab dem 4. Juli auf alle chinesischen Elektrofahrzeuge (EV, electrical vehicles) erhoben werden, noch Strafzölle in Höhe von 17 bis 38 Prozent schlagen werde, es sei denn, dass noch vor diesem Zeitpunkt eine Vereinbarung mit China zustandekomme.

Die Höhe der Zölle variiert je nach Unternehmen und je nachdem, ob dieses als kooperativ mit der EU-Kommission gilt. Zwei der größten chinesischen Unternehmen, BYD, der weltgrößte Hersteller von E–Autos, und Geely, Eigentümer des schwedischen Volvo-Konzerns, sollen dann mit 17,4 Prozent, resp. 20 Prozent, zusätzlich besteuert werden.

Der Kommission zufolge könnte Telsa, das Fabriken in China betreibt und Autos nach Europa liefert, einen individuell berechneten Satz erhalten.

Opposition gegen diese Vereinbarung ging von Deutschland aus, da deutsche Unternehmen enge Wirtschaftsbeziehungen zu China unterhalten. Die chinesische Wirtschaft ist sowohl Abnehmer deutscher Produkte als auch Produktionsstandort und Quelle von Bauteilen. Deutschland befürchtet, dass die chinesischen Vergeltungsmaßnahmen beträchtliche und nachteilige Auswirkungen haben werden.

In Deutschland stellt die Automobilindustrie, eine der größten der Welt, das Rückgrat der Produktion dar.

Nach Angaben von EU-Politikern hat Bundeskanzler Olaf Scholz im Vorfeld der Entscheidung Druck auf Ursula von der Leyen, die Kommissionspräsidentin, ausgeübt, sie solle die Untersuchung über nationale Subventionen, die der Entscheidung voranging, einstellen. Doch er hatte damit keinen Erfolg.

Kurz vor der Entscheidung sprach er sich öffentlich gegen den Schritt aus und pries am 8. Juni, am Festakt „125 Jahre Opel“, in Rüsselsheim die Vorzüge eines

fairen und freien Welthandels. Das will ich gerade in diesen Tagen sagen, in denen man oft den Eindruck hat, dass manche die Idee vom freien Wettbewerb und freien Märkten für überholt halten. Das Gegenteil davon heißt Protektionismus, heißt Abschottung und regelwidrige Zollschranken. Das macht letztlich alles nur teurer und uns alle zusammen nur ärmer.

Ein Unternehmen, das sich in besonderem Maß in China engagiert, ist Volkswagen. Einem Bericht des Wall Street Journal zufolge verfügt VW über ein Werk für E-Fahrzeuge in Hefei. Dort sind mehr als tausend Roboter an der Fertigung einen vollelektrischen Geländewagen für den Export nach Europa beteiligt. Nach Angaben von VW-Vertretern handelt es sich um eine der effizientesten Fabriken des Unternehmens weltweit. Dort sei es gelungen, die Zeit vom Design bis zur Massenproduktion gewaltig zu verkürzen.

Auf dem chinesischen Markt wird ein Drittel der VW-Produktion verkauft, und China ist auch Produktionsstandort für VW–Exporte.

Laut dem Wall Street Journal hat sich Ralf Brandstätter, Leiter der VW-Niederlassung in China, klag gegen die Zollmaßnahmen ausgesprochen. Die Wolfsburger Allgemeine zitiert Brandstätter mit den Worten:

Ausgleichszölle sind nach Ansicht der Volkswagen Group grundsätzlich nicht geeignet, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie zu stärken. Vielmehr sind sie lediglich eine schnelle Medizin.

Schweden und Ungarn lehnen die Importzölle ebenfalls ab, und der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson und der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban haben sich Scholz angeschlossen. Es wird erwartet, dass sich auch die Tschechische Republik und die Slowakei der Opposition anschließen werden. Bislang scheinen die Gegner jedoch nicht die zusätzlichen elf Stimmen zu erreichen, die erforderlich sind, um die Entscheidung zu kippen, die am 2. November zur Ratifizierung durch die Mitgliedstaaten ansteht.

Als Reaktion auf die Ankündigung hat der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Lin Jian, den Schritt der EU verurteilt. Die ihm zugrunde liegende Untersuchung über nationale Subventionen bezeichnete er als „typisches Beispiel für einen Protektionismus, der gegen marktwirtschaftliche Prinzipien und internationale Handelsregeln verstößt“.

Die Regierung in Peking hat sich noch nicht geäußert, wie genau sie reagieren will, ließ jedoch verlauten, dass sie „jede notwendige Maßnahme“ ergreifen werde, um die chinesischen Interessen zu verteidigen. Dazu könnten Beschränkungen für europäische Milchprodukte und die Einfuhr von Luxusfahrzeugen gehören. Im Januar leitete China schon ein Antidumping–Verfahren gegen die Einfuhr von französischem Cognac ein. Das war eine Reaktion auf die Tatsache, dass Paris besonders auf die Untersuchung über Subventionierung der E–Autos gedrängt hatte.

Die Zollerhöhungen sind zwar beträchtlich, es bestehen jedoch erhebliche Zweifel daran, dass sie sich stark auswirken werden. Dazu gibt es bereits mehrere Studien.

Im Jahr 2023 exportierte China E-Fahrzeuge im Wert von 10 Milliarden Dollar in die EU und verdoppelte damit seinen Marktanteil auf 8 Prozent. Prognosen zufolge soll der Anteil in diesem Jahr auf 15 Prozent steigen. Ein wichtiger Grund dafür ist der Preis, denn die Kosten für chinesische E-Autos liegen etwa 20 Prozent unter denen vergleichbarer, in der EU hergestellter PKWs.

Bill Russo, der frühere Leiter von Chrysler in China, erklärte gegenüber der Financial Times (FT), dass die Zölle zwar die Produktion in Europa fördern würden, aber auf das Wachstum des chinesischen Großkonzerns BYD, der mit Tesla um die weltweit größte Produktion von E–Autos konkurriert, kaum Auswirkungen hätten. Russo sagte:

Wird das sie bremsen? Nein. Wenn man diese Art von Zöllen auf die chinesische Kostenstruktur aufschlägt, werden sie immer noch günstiger sein als alles, was die europäischen Autohersteller derzeit zu leisten vermögen.

Yale Zhang, Geschäftsführer des in Shanghai ansässigen Beratungsunternehmens Automotive Foresight, äußerte sich ähnlich gegenüber der Financial Times.

Selbst wenn chinesische E-Automarken ihre Autos in Europa zu einem Preis verkaufen, der 50 Prozent höher liegt [als ihr heimischer Verkaufspreis], sind sie immer noch sehr wettbewerbsfähig.

In einem Bericht über die EU-Untersuchung chinesischer Elektroautos, der im April veröffentlicht wurde, sagte die Rhodium Group, sie erwarte Zölle zwischen 15 und 30 Prozent. Weiter heißt es dort: „Aber selbst wenn die Zölle am oberen Ende der Spanne liegen, werden einige chinesische Hersteller wegen ihrer erheblichen Kostenvorteile immer noch in der Lage sein, mit den Autos, die sie nach Europa exportieren, komfortable Gewinnspannen zu erzielen.“

Ein Blick auf die wirtschaftlichen Aspekte der Entscheidung deutet stark darauf hin, dass politische Erwägungen im Spiel waren. Zweifellos drängten Frankreich und Spanien auf diesen Schritt, um die nationale Produktion anzukurbeln. Gleichzeitig steht die EU jedoch unter großem Druck seitens der USA, sich ihrem Wirtschaftskrieg gegen China in den Bereichen Hochtechnologie und umweltfreundliche Technologien anzuschließen, zu denen auch die EV-Produktion gehört.

Dies zeigte sich in einer wichtigen Rede der US-Finanzministerin Janet Yellen Ende letzten Monats in Deutschland, in der sie die Bedeutung einer „transatlantischen Allianz“ im Kampf gegen China betonte.

In dieser Situation würde eine Entscheidung der EU–Kommission, in der Frage der EV-Zölle nichts zu unternehmen, einen erheblichen Bruch in den Beziehungen zu den USA bedeuten.

Dagegen würde eine Entscheidung der EU, den USA zu folgen und einen 100-prozentigen Zoll zu erheben (wie Washington das letzten Monat getan hat), und chinesische Fahrzeuge vollständig auszuschließen, ganz offensichtlich zu weit gehen. Denn es würde sofort zu erheblichen Vergeltungsmaßnahmen Chinas führen, die vor allem Deutschland und seine Autoindustrie treffen würden. Damit hätte die China-Frage die EU tief gespalten.

Die aus wirtschaftlicher Sicht irrationale Entscheidung der EU zeigt jedoch, dass sie nicht von einem noch größeren Irrsinn zu trennen ist: dem Streben der USA nach Unterwerfung Chinas, notfalls mit Krieg, um ihre globale Vorherrschaft zu sichern.

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