Am letzten Mittwoch wurden bei einem israelischen Angriff auf die al-Jaouni-Schule in Nuseirat im Gazastreifen achtzehn Menschen getötet, darunter sechs Helfer der UN-Flüchtlingshilfswerks UNRWA. Weitere Erwachsene und Kinder wurden bei dem Angriff verwundet.
In einer Erklärung der Hilfsorganisation wird das offen kriminelle Vorgehen der Israelischen Verteidigungskräfte erkennbar:
Heute wurden sechs Kollegen des UNRWA bei zwei Luftangriffen auf eine Schule und ihre Umgebung in Nuseirat im mittleren Gazastreifen getötet. Das ist die bisher höchste Zahl von getöteten Angehörigen unseres Personals bei einem einzelnen Vorfall. Unter den Getöteten befand sich der Manager der UNRWA-Unterkunft und andere Teammitglieder, die Geflüchteten geholfen haben [...]
Diese Schule wurde seit Beginn des Krieges fünfmal angegriffen. In ihr befinden sich etwa 12.000 Vertriebene, hauptsächlich Frauen und Kinder. Im Gazastreifen ist niemand sicher, und niemand wird verschont.
Der Leiter des UNRWA Philippe Lazzarini sagte: „Humanitäre Helfer, Gelände und Tätigkeiten wurden seit Beginn des Krieges unverhohlen und unvermindert attackiert.“ UN-Generalsekretär António Guterres forderte ein Ende dieser „dramatischen Verstöße gegen internationales humanitäres Recht.“
Mehrere Vertreter der imperialistischen Mächte vergossen Krokodilstränen. Der britische Außenminister David Lammy postete: „Die Berichte über den Tod von sechs Beschäftigten des UNRWA durch einen israelischen Angriff sind erschütternd. Meine Gedanken sind bei den Familien und all jenen, die weiterhin lebensrettende Arbeit durchführen. Entwicklungshelfer müssen ihre Arbeit sicher erledigen können.“
Lammy hatte erst vor kurzem den Verkauf von Teile für F-35-Kampfflugzeuge genehmigt, die für derartige Angriffe verantwortlich sind. Damit wird die ohnehin kurze Liste der von Großbritannien nicht zum Export nach Israel freigegebenen Rüstungsgüter noch knapper.
Eine schamlose Reaktion kam von US-Außenminister Antony Blinken, der vor der Presse erklärte: „Wir müssen dafür sorgen, dass humanitäre Einrichtungen geschützt werden, und das werden wir mit Israel weiterhin diskutieren.“ Allerdings fügte er zur Rechtfertigung von Israels Kriegsverbrechen hinzu: „Wir sehen weiterhin, dass sich die Hamas in diesen Einrichtungen versteckt, sie übernimmt und anderweitig für ihre Operationen nutzt.“
Sein Kommentar ist gleichbedeutend mit Aussagen der israelischen Armee (IDF), wonach al-Jaouni „früher als Schule benutzt wurde“, aber von der Hamas in einen „Kommandokomplex umgebaut worden ist... Viele der Namen [der Opfer des Angriffs], die in den sozialen Netzwerken und Nachrichtensendungen veröffentlicht wurden, waren Hamas-Terroristen.“
Es ist bekannt, dass Israel humanitäre Helfer als „Terroristen“ und „feindliche Kämpfer“ einstuft, die dem Kriegsziel im Weg stehen: der Vertreibung oder Ausrottung der Palästinenser. Die haltlosen Behauptungen im Januar, die Hamas sei umfassend in die Arbeit des UNRWA involviert, haben dies verdeutlicht. Die hinter Israel stehenden imperialistische Kräfte haben Grünes Licht und sofort ihre Zahlungen an das UN-Hilfswerk eingestellt. Die USA, zuvor der größte Geldgeber des UNRWA, zahlt immer noch nicht wieder.
Seit Israel seinen völkermörderischen Krieg begonnen hat, wurden insgesamt 300 humanitäre Helfer getötet, darunter mindestens 220 Mitglieder des UNRWA. Mehr als 70 Prozent der Schulen des Hilfswerks, die nahezu allesamt als humanitäre Unterkünfte benutzt wurden, sind bombardiert worden, oft mehrfach. Alleine in den letzten sechs Wochen wurden sechzehn Schulen angegriffen.
Dies ist Teil eines vorsätzlichen Plans, Millionen Menschen durch Hunger und Krankheit zu töten. Sam Rose, ein hoher stellvertretender Direktor des UNRWA, erklärte am Donnerstag vor der Presse: „Wir schätzen, dass im September mehr als eine Million Einwohner des Gazastreifens keine Nahrung haben werden. Mehr als die Hälfte der Medikamente in den Gesundheitszentren geht zur Neige, ebenso das Chlor zur Wasserreinigung und andere Grundgüter.“
Amed Khan, der Gründer der Hilfsorganisation Elpida, wies auf Daten der UN hin, laut denen die Zahl der Lastwagen mit Hilfslieferungen, die täglich in den Gazastreifen gelangen, von 100 im Juli (was bereits ein Bruchteil der 500 bis 600 ist, die laut den UN notwendig wären) auf etwa 50 im August gesunken sind. Im September sind bisher nur insgesamt 147 Lastwagen im Gazastreifen eingetroffen. Alle Hilfsorganisationen nennen als Gründe dafür Einschränkungen und „Inspektionen“ durch das israelische Militär.
Die IDF haben derweil die landwirtschaftlichen Kapazitäten des Gazastreifens „dezimiert“: Laut der UN-Behörde für Handel und Entwicklung wurden 96 Prozent aller Bauernhöfe, Obstplantagen, Bewässerungssysteme, Maschinen und Lagereinrichtungen zerstört - und damit faktisch die Grundlagen für ein Leben in Gaza.
Aufgrund des unablässigen Tempos von Israels Völkermord im Gazastreifen überschattete der Angriff auf al-Jaouni ein weiteres Kriegsverbrechen, das zuvor am gleichen Tag verübt wurde, und über das auf den Titelseiten berichtet wurde. Nach Angaben des European Hospital wurden elf Menschen, darunter sechs junge Geschwister zwischen 21 Monaten und 21 Jahren wurden bei einem Angriff auf ihr Haus in Chan Junis getötet.
Oder das Massaker in al-Mawasi am Tag zuvor, bei dem mindestens neunzehn Menschen getötet wurden. Die BBC berichtete: „Zeugen erklärten, bei dem Angriff auf al-Mawasi südwestlich von Chan Junis sei ein Bereich voller Zelte für vertriebene Palästinenser ausgelöscht worden. Danach befanden sich riesige Krater im Sand.“
„Ein Flüchtling erklärte gegenüber der BBC: ‚Die Bombardierung war unglaublich heftig. Menschen wurden in die Luft geschleudert. Man kann sich die Zerstörung nicht vorstellen‘.“
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Al Jazeera beschrieb, wie „Rettungskräfte bei der Suche nach Überlebenden im Zeltlager auf neun Meter tiefe Krater gestoßen sind.“ Der Journalist Mansour Shouman berichtete: „Dutzende werden noch vermisst, und der Zivilschutz muss die Menschen mit den bloßen Händen ausgraben.“
Ein Zeuge erklärte gegenüber Associated Press: „Die Leute wurden im Sand begraben. Von ihnen wurden nur Leichenteile ausgegraben.“
Es ist bezeichnend, dass al-Mawasi von den IDF formell als „sichere Zone“ eingestuft wird. Das israelische Militär zieht die Grenzen regelmäßig neu. Gelegentlich schickt die IDF dazu Benachrichtigungen an Handys, zu denen die meisten Palästinenser keinen Zugang mehr haben, um große Flächen von Flüchtlingszelten zu „legitimen Zielen“ für die zahlreichen Angriffe zu machen, die das Gebiet verwüstet haben. Bei dem schlimmsten derartigen Massaker im Juli wurden mindestens 90 Menschen getötet und weitere 300 verwundet.
Ein Einwohner des Gazastreifens erklärte gegenüber Agence France-Presse, im Vorfeld des jüngsten Massakers wurde „das Gebiet ohne Vorwarnung bombardiert. Sie forderten uns nicht auf, uns in ein sicheres Gebiet zurückzuziehen. ... Sie sagten uns, wir sollen nach al-Mawasi kommen, also sind wir dort hin.“
Die imperialistischen Mächte reagierten auf die Gräueltat in gleicher Weise. Das deutsche Außenministerium twitterte: „Berichte über zahlreiche Todesopfer nach dem israelischen Luftangriff auf al-Mawasi sind schrecklich. Dass die Hamas Zivilisten als menschliche Schutzschilde benutzt, ist abstoßend und ein Verbrechen.“
Die UN-Sonderbeauftragte für die besetzten Palästinensergebiete Francesca Albanese bezeichnete es als „empörend, die Palästinenser für ein weiteres Massaker an Zivilisten verantwortlich zu machen... nur aufgrund von unbewiesenen Behauptungen über 'menschliche Schutzschilde' (d.h. Israels Rechtfertigung des Völkermordes)... Ich kann nicht glauben, wie weit Deutschland zu gehen bereit ist, um Israels völkermörderisches Vorgehen zu verteidigen.“
Laut offiziellen Zahlen hat Israels Krieg 41.000 palästinensische Todesopfer gefordert, 95.000 weitere wurden verwundet. Von letzteren haben laut der Weltgesundheitsorganisation ein Viertel, d.h. mindestens 22.500 Menschen „lebensverändernde Verletzungen“ wie Amputationen erlitten.
Die tatsächliche Zahl der Toten wird viel höher geschätzt. Die Fachzeitschrift The Lancet kam Mitte Juni bei einer konservativen Schätzung auf 186.000 Tote; bei einer durchschnittlichen Zahl von 23.000 Toten pro Monat läge die Zahl mittlerweile bei einer Viertelmillion.