Zum Gedenken an Wolfgang Weber (6. Juni 1949 – 16. November 2024)

Am vergangenen Wochenende ist Wolfgang Weber, ein herausragender Kämpfer für den Trotzkismus und langjähriges Vorstandsmitglied der Sozialistischen Gleichheitspartei (SGP), gestorben. Sein Tod ist ein immenser Verlust für alle Genossinnen und Genossen der SGP und des Internationalen Komitees der Vierten Internationale (IKVI), von denen viele Jahrzehnte, mehrere sogar über ein halbes Jahrhundert lang eng mit ihm zusammengearbeitet haben.

Wolfgang Weber auf einer Veranstaltung gegen den Genozid in Gaza im November 2023

Wolfgang lernte die trotzkistische Bewegung als junger Student Anfang der 1970er Jahre in Großbritannien kennen, als er dort einen mehrjährigen Studienaufenthalt verbrachte. Er war von der großen Streikbewegung der britischen Arbeiter um die damalige Zeit und dem prinzipiellen Kampf der britischen Trotzkisten unter der Führung von Gerry Healy tief beeindruckt und begeistert. Er nutzte seinen Studienaufenthalt zu einem intensiven Studium der Schriften von Marx, Lenin und Trotzki.

Zurück in Deutschland wurde er Mitglied des BSA (Bund Sozialistischer Arbeiter), der Vorläuferorganisation der SGP. Als er wenige Jahre später gefragt wurde, ob er bereit wäre, hauptamtlich für die Partei zu arbeiten, brach er ohne zu zögern sein Studium ab und übernahm für viele Jahre die Redaktionsleitung der Neuen Arbeiterpresse, unseres damaligen Zentralorgans.

Gestützt auf Trotzkis Analyse schrieb Wolfgang viele Artikel über die konterrevolutionäre Rolle des Stalinismus. Er war sich im Klaren, dass der Kampf für Sozialismus in der Arbeiterklasse ein klares Verständnis der Entstehung und Entwicklung der stalinistischen Bürokratie erforderte.

Als das IKVI 1985/86 mit der britischen WRP brach, die opportunistisch degeneriert war und sich dem Stalinismus angenähert hatte, stand Wolfgang unerschütterlich auf der Seite des IKVI.

Anfang der Neunzigerjahre erschien sein Buch „DDR – 40 Jahre Stalinismus: Ein Beitrag zur Geschichte der DDR“. Bereits einige Jahre vorher hatte er seine Artikel über die Ereignisse in Polen in dem Buch „Solidarność 1980–1981 und die Perspektive der politischen Revolution“ zusammengefasst. Er führte darin eine scharfe Polemik gegen den Verrat der Pablisten an der polnischen Arbeiterklasse und setzte sich auch mit den reaktionären Standpunkten der WRP-Führung auseinander.

Wolfgang spielte eine wichtige Rolle im Kampf des IKVIs zur Verteidigung der historischen Wahrheit. Als die verleumderische Trotzki-Biographie von Robert Service, deren Fälschungen David North in „Verteidigung Leo Trotzkis“ ausführlich widerlegt hatte, in Deutschland veröffentlicht werden sollte, ergriff Wolfgang die Initiative. Er kontaktierte den bekannten und damals schon hochbetagten Historiker Professor Hermann Weber und diskutierte mit ihm. Sein Interview mit Professor Weber, „Robert Service hat keine Streitschrift, sondern eine Schmähschrift verfasst!“, beeindruckt bis heute.

Wolfgang gewann zwölf namhafte Historiker dafür, gegen Service’s Schmähschrift Stellung zu nehmen, und der Suhrkamp Verlag sah sich gezwungen, weitgehende Korrekturen durchzuführen und die Veröffentlichung über ein Jahr zu verschieben.

Neben seiner unermüdlichen politischen Arbeit war Wolfgang sehr an kulturellen Fragen interessiert. Er nutzte jede Gelegenheit für einen Theater- oder Opernbesuch und brachte diese Fragen auch Arbeitern nahe.

In den letzten Jahren kämpfte er gegen eine schwere Krebserkrankung, blieb aber dennoch bis zu seinem letzten Atemzug politisch aktiv und engagiert. Noch vor wenigen Tagen leitete er eine Studiengruppe von IYSSE-Mitgliedern und wollte noch am Vorabend seines Todes an einer Sitzung des Parteivorstands teilnehmen.

Wolfgang Weber war ein herausragender Kämpfer, der sein ganzes Leben in den Dienst der Arbeiterklasse und der Vorbereitung der sozialistischen Revolution gestellt hat.

Ja, wir sind traurig über den Tod unseres Genossen und Freundes. Aber seine unerschütterliche Zuversicht in die Stärke der Arbeiterklasse und die Bedeutung des Trotzkismus ist uns auch Beispiel und Ansporn.

Wir werden in Kürze eine ausführliche Würdigung seines politischen Lebens veröffentlichen. Wir bitten darum, Kondolenzschreiben an sgp [at] gleichheit.de zu richten.

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