Der designierte US-Präsident Donald Trump schilderte bei seinem ersten ausführlichen ausgestrahlten Interview seit seinem Sieg in den Präsidentschaftswahlen vor über einem Monat seine Pläne für massenhafte Repression gegen Einwanderer und die Verfolgung politischer Gegner, sowie für eine endlose Serie von Steuersenkungen und Deregulierungsmaßnahmen für die amerikanische Wirtschaft und seine Milliardärskollegen.
Das Interview mit Kristen Welker von NBC News, das am Sonntagmorgen in der Sendung „Meet the Press“ ausgestrahlt wurde, stellte einen wichtigen neuen Versuch der Mainstreammedien dar, Trumps faschistisches Programm zu „normalisieren“ und ihn so darzustellen, als habe er die Absicht, eine übliche vierjährige Amtszeit im Weißen Haus zu absolvieren, die erfüllt ist von parteiübergreifender Zusammenarbeit mit den Demokraten.
Der tatsächliche Inhalt von Trumps Äußerungen strafte jedoch Welkers Fragen als auch die absichtlich zurückhaltende Art, in der der Ex-Präsident sprach, Lügen. Er verlangte „ab dem ersten Tag“ seiner Regierung Maßnahmen zu ergreifen, die gegen die US-Verfassung verstoßen würden, darunter die Freilassung von hunderten faschistischer Schläger, die am 6. Januar 2021 das US-Kapitol stürmten, und den Beginn von Massenverhaftungen von Millionen von zugewanderten Arbeitern und ihren Familien.
Als Reaktion auf die direkte Frage, ob er sämtliche elf Millionen (die derzeit geschätzte Gesamtzahl) Einwanderern ohne legalen Status in seiner vierjährigen Amtszeit abschieben lassen würde, antwortete Trump: „Nun, ich denke, das muss man tun, und es ist sehr schwer – eine schwierige Sache, das zu tun.“ Damit meinte Trump nicht das Leid von Millionen Arbeitern ohne legalen Einwanderungsstatus, sondern das Ausmaß der nötigen Mobilisierung von Polizei und Militär.
Millionen von US-Staatsbürgern, die Kinder dieser Arbeiter ohne legalen Status, würden ebenfalls abgeschoben werden. Auf die Frage nach den etwa vier Millionen Familien mit gemischtem Einwanderungsstatus erklärte Trump zynisch, sie hätten die Wahl. Doch wenn die Kinder bei ihren Eltern bleiben wollten, müssten sie das Land mit ihnen verlassen.
Er erklärte weiter, er werde ein Dekret erlassen, das für Kinder von Einwanderern ohne legalen Status, die in den USA geboren wurden, das Geburtsortsprinzip aussetzt. Obwohl ein solches Dekret gegen die US-Verfassung verstoßen würde, erklärte Trump: „Dann werden wir sie ändern lassen müssen. Vielleicht müssen wir uns noch einmal an das Volk wenden. Aber wir müssen das abschaffen. Wir sind das einzige Land, das so etwas hat.“
Die Abschaffung des Geburtsortsprinzips würde faktisch die Abschaffung des 14. Zusatzartikels bedeuten – einer der drei „Bürgerrechts“-Zusatzartikel, die in Folge des Bürgerkriegs von 1861-65 verabschiedet wurden. Die Klausel über das Geburtsortsprinzip sollte die ehemaligen Sklavenhalterstaaten dauerhaft daran hindern, befreiten Sklaven die Staatsbürgerschaftsrechte zu verweigern. Die Bemühungen, in den USA geborenen Personen die Staatsbürgerschaftsrechte zu verweigern, würde im Wesentlichen eine Rückkehr zu den anti-egalitären „Prinzipien“ bedeuten, die dem Urteil des Obersten Gerichtshofs im Fall Dred Scott vs. Sandford von 1857 zugrunde lagen, durch das Sklaven die Staatsbürgerschaftsrechte verweigert wurden.
Trump rechtfertigte diesen Angriff auf die Demokratie mit reaktionären Lügen über Immigranten und behauptete fälschlich, dass „Menschen aus Gefängnissen und Irrenanstalten über unsere Grenzen hereinströmen“, dass während der Biden-Regierung 13.000 eingewanderte Mörder freigelassen worden seien, dass Banden von Migranten amerikanische Städte übernommen hätten und die Kriminalität deshalb auf einem Rekordniveau läge (tatsächlich liegt sie auf einem, zumindest für die jüngere Vergangenheit, historischen Tiefststand).
Welker unternahm kaum einen Versuch, diese Flut von Lügen einzudämmen, geschweige denn sie anzufechten. Ebenso wenig erwähnte sie die offenkundige Tatsache, dass der künftige US-Präsident anscheinend ein wahnhafter, zwanghafter Lügner ist. Sie versuchte, Trump Versprechen zu wichtigen außenpolitischen Themen zu entlocken, u.a. dass die USA Mitglied der Nato bleiben würden. Zudem äußerte sie die Bedenken der Demokraten-nahen sozialen Schicht des oberen Kleinbürgertums, der sie angehört. So fragte sie Trump nach seinem Versprechen, auf ein Verbot des Versands von Abtreibungspillen zu verzichten, und schien zufrieden mit seiner Zusage, dieses Versprechen zu halten.
Auf die Frage nach seinen wiederholten Drohungen während des Wahlkampfs, seine politischen Gegner vor Gericht zu bringen und einzusperren – darunter führende Demokraten wie Biden und Kamala Harris sowie ehemalige republikanische Unterstützer wie Bill Barr und Liz Cheney –, versteckte Trump sich hinter dem Vorwand, diese Entscheidungen würden von seiner designierten Justizministerin Pam Bondi und FBI-Chef Kash Patel gefällt.
Patel hat vor kurzem ein Buch veröffentlicht, in dessen Anhang eine „Feindesliste“ mit 60 Personen aufgeführt ist. Auf die Frage, ob er wolle, dass Patel Ermittlungsverfahren gegen diese Personen eröffne, erklärte Trump: „Nein. Ich meine, er wird tun, was er für richtig hält... Wenn sie denken, jemand war unehrlich oder ein Betrüger oder ein korrupter Politiker, dann denke ich, ist er wahrscheinlich dazu verpflichtet, das zu tun.“
Trump spielte seine früheren Forderungen nach der Ernennung eines Sonderermittlers gegen Biden herunter und behielt sich seine wahre Gehässigkeit für die Mitglieder des Sonderausschusses des Repräsentantenhauses vor, der gegen seinen Putschversuch vom 6. Januar 2021 ermittelte. Auf die direkte Frage, ob die republikanische Co-Vorsitzende des Ausschusses, Liz Cheney, ins Gefängnis gehen solle, antwortete Trump, dass „alle in dem Ausschuss für das, was sie getan haben“ dieses Schicksal verdienen.
Gleichzeitig erklärte Trump, er werde noch am 20. Januar, nachdem er seinen Amtseid abgelegt hat, die verurteilten Teilnehmer des Aufstands vom 6. Januar 2021 begnadigen.
Die größte Lüge während des gesamten Interviews war Trumps Behauptung, es werde keine Etatkürzungen bei Social Security, Medicare und Medicaid geben, keine Reduzierung des Leistungsniveaus und keine Verschärfung der Anspruchsvoraussetzungen wie etwa eine Erhöhung des Rentenalters. Genau dafür hat Trump die Milliardäre Elon Musk und Vivek Ramaswamy für das Beratergremium „Abteilung für Regierungseffizienz“ ernannt, das die US-Staatsausgaben um zwei Billionen Dollar pro Jahr – ein Drittel des Haushalts – senken soll.
Da die Militärausgaben zur Aufrechterhaltung der weltweiten Herrschaft des US-Imperialismus und die Zinszahlungen an die Wall-Street-Milliardäre von beiden kapitalistischen Parteien als unantastbar angesehen werden, besteht die einzige Möglichkeit, Kürzungen in dieser Größenordnung vorzunehmen, darin, Anspruchsberechtigungen zusammenzustreichen sowie andere Sozialausgaben im Inland, u. a. für Bildung, Umwelt, Gesundheit und Verkehr, nahezu vollständig zu eliminieren.
Trump hat für die ersten 100 Tage seiner Regierung nur eine Priorität in Haushaltsfragen genannt: die Verlängerung der Steuersenkungen für die Reichen, die er im Jahr 2017 eingeführt hatte und die nächstes Jahr auslaufen werden. Allein diese Steuersenkungen, die den Superreichen Billionen Dollar in die Kassen spülen, erfordern kompensierende Ausgabenkürzungen, die die Sozialprogramme aller Teile der Arbeiterklasse, insbesondere der ärmsten, zerstören werden.
Trump hat bereits durch die Zusammensetzung seines Kabinetts signalisiert, dass dies seine oberste Priorität ist. Er hat mehr als ein Dutzend Milliardäre für hohe Positionen nominiert, die jeden für Wirtschafts- und Steuerpolitik wichtigen Posten kontrollieren.
Diese von Klasseninteressen geleiteten Ziele werden durch nationalistische und populistische Phrasendrescherei, die sich vor allem auf die Frage von Zöllen konzentriert, nur dürftig verschleiert. Trump behauptete, die Verhängung von neuen enormen Zöllen auf Importe aus Mexiko, Kanada und China sei lukrativ. Er brüstete sich: „Das wird uns reich machen.“
Mit Verweis auf die Handelsbilanzdefizite der USA erklärte er: „Wir subventionieren Kanada mit etwa 100 Milliarden Dollar pro Jahr. Wir subventionieren Mexiko mit fast 300 Milliarden Dollar. Das sollten wir nicht tun – warum subventionieren wir diese Länder? Wenn wir sie schon subventionieren, sollen sie ein US-Staat werden.“
Diese Äußerungen sind nicht nur irres Gerede. Sie drücken das Verlangen nach Eroberung, Annektierungen und Selbstbereicherung aus, das charakteristisch ist für den Imperialismus in seinem Todeskampf – insbesondere für den amerikanischen Imperialismus.
Der Kniefall aller Teile der herrschenden Klasse – einschließlich der Demokraten und der bürgerlichen Medien – vor Trump bestätigt erneut, dass die Arbeiterklasse die gesellschaftliche Kraft ist, die den Kampf zur Verteidigung demokratischer Rechte und gegen die Hinwendung des amerikanischen Kapitalismus zu Diktatur und Weltkrieg aufnehmen muss.