David North, der Vorsitzende der internationalen Redaktion der World Socialist Web Site und der Socialist Equality Party (SEP) in den USA, sprach letzte Woche bei Buchvorstellungen in Sydney und Melbourne. Die Veranstaltungen waren Teil seines Besuchs bei der SEP in Australien. David North spielt seit über 50 Jahren eine führende Rolle in der internationalen trotzkistischen Bewegung.
Die Veranstaltungen am Samstag in Sydney und am Mittwoch zuvor in Melbourne waren gut besucht und zeugten vom wachsenden Interesse an einer sozialistischen und revolutionären Perspektive.
Die beiden vorgestellten Bücher – Die Logik des Zionismus: Vom nationalistischen Mythos zum Genozid in Gaza und Ein Warnruf: Sozialismus gegen Krieg – geben einen Überblick über die globale Krise des Kapitalismus, ihre Ursprünge und eine echte sozialistische Alternative. Beide Bücher sind im Mehring Verlag erchienen und hier erhältlich.
In seiner Eröffnungsrede bei der Buchvorstellung in Sydney stellte North die in den Büchern dargestellte Analyse und die heutige Situation in einen breiteren historischen Zusammenhang.
Er erklärte, das Grauen des israelischen Völkermords in Gaza sei ohne eine Untersuchung der Tragödien des 20. Jahrhunderts unmöglich zu verstehen. Dazu gehörte der Holocaust der Nazis am europäischen jüdischen Volk, den die Verrätereien des Stalinismus begünstigt hatten. Er hatte der reaktionären zionistischen Bewegung zu Rückhalt bei den Massen verholfen. Auch der Krieg der USA und der Nato gegen Russland in der Ukraine hat seine Wurzeln in Entwicklungen, die auf den endgültigen Verrat des Stalinismus zurückgehen: die Auflösung der Sowjetunion 1991 und die Wiedereinführung des Kapitalismus.
North wies auf die jüngsten Angriffe auf den Trotzkismus hin und führte ein Werk des britischen Akademikers John Kelly an. Dieser hatte kritisiert, dass der Trotzkismus warnend darauf hinweist, dass die Menschheit vor der Alternative „Sozialismus oder Barbarei“ steht. Stattdessen, behautet Kelly, seien soziale Reformen im Rahmen des Kapitalismus weiterhin möglich.
Wie North betonte, ist diese von politischen Gegnern einer sozialistischen und revolutionären Perspektive vorgebrachte Behauptung vollkommen bankrott. North erklärte, dass die Agenda der herrschenden Elite - in den USA diejenige des Faschisten Donald Trump - darin besteht, „alle Reste von Sozialreformen abzuschaffen, die Verfassung zurückzuweisen, in den USA Massenabschiebungen vorzunehmen, dem Präsidenten unbegrenzte Befugnisse einzuräumen... Wer kann also ernsthaft behaupten, die trotzkistische Darstellung dieser Epoche als Todeskampf des Kapitalismus sei falsch?“
Wie North sagte, ist dieses Programm kein alleiniges Merkmal der herrschenden Elite der USA, sondern es wird von kapitalistischen Regierungen auf der ganzen Welt umgesetzt. Es wird wachsenden Widerstand hervorrufen.
Er verwies auf die immensen Gefahren und erklärte: „Wir leben heute in sehr ernsten Zeiten.“ Die Globalisierung der Produktion, das Anwachsen der Arbeiterklasse und der technologische Fortschritt haben jedoch nie dagewesene Bedingungen für die Vereinigung der Kämpfe der Arbeiterklasse in globalem Maßstab geschaffen. Er betonte, die entscheidende Frage sei die Krise der revolutionären Führung, die durch den Aufbau des IKVI und seiner Sektionen, einschließlich der SEP in Australien, gelöst werden müsse.
Nach Norths Eröffnungsrede begann eine Podiumsdiskussion, in der er Fragen zu seinen Büchern beantwortete, die die australische SEP-Vorsitzende Cheryl Crisp und ihr Stellvertreter Max Boddy stellten.
Boddy fragte, wie das IKVI im Jahr 2014 darauf kam, alljährlich zum Ersten Mai internationale Online-Kundgebungen abzuhalten. Ihre Eröffnungsberichte sind in dem Buch Ein Warnruf: Sozialismus gegen Krieg abgedruckt.
In seiner Antwort verwies North nicht nur auf die technischen Möglichkeiten des Internets, sondern auch darauf, dass das IKVI ein Anwachsen des imperialistischen Militarismus nach der globalen Finanzkrise 2008 festgestellt hatte. Die trotzkistische Bewegung hatte Parallelen zwischen dieser Periode und der Periode vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs erkannt.
Boddy bat North um eine Antwort auf die besonders in Akademikerkreisen und an Universitäten verbreitete Behauptung, in einer Zeit „vielfältiger Identitäten“ sei Marx‘ Analyse nicht mehr relevant.
North betonte die anhaltende Relevanz von Marx, einschließlich seiner Identifizierung der „objektiven Grundlage der sozialistischen Revolution“, die gerade die aktuelle Entwicklung wieder bestätigt. Er schilderte, wie der Marxismus die Grundlage für die bisher größte Revolution der Geschichte: die sozialistische Oktoberrevolution in Russland 1917, gebildet hatte.
Crisp stellte fest, dass eine der Reden, die in Die Logik des Zionismus abgedruckt ist, auf die Selbstverbrennung von Aaron Bushnell eingeht, der sich in einem öffentlichen Protest gegen den Völkermord das Leben genommen hatte. Crisp bat North um einen Kommentar zu seiner Polemik gegen diejenigen, die Bushnells tragischen Selbstmord als eine mögliche Form der politischen Aktion verherrlicht hatten.
North zog eine Parallele zur Ermordung eines Nazi-Beamten in Paris 1938 durch den jüdischen Jugendlichen Herschel Grynszpan. Trotzki war der einzige, der Grynszpan damals verteidigt hatte. Allerdings hatte Trotzki erklärt, genau wie Jahrzehnte später das IKVI im Falle Bushnells, dass solche individuellen Aktionen nichts zu der Hebung des politischen Bewusstseins und Verständnisses der Arbeiterklasse beitragen, was jedoch das einzige Mittel wäre, um eine revolutionäre Umgestaltung der Gesellschaft zu bewirken.
In Melbourne stellte sich North einer Reihe von Fragen aus dem Publikum, u.a. wie und warum Trump die Präsidentschaftswahlen gewonnen hat, wie der Kampf für soziale Gleichheit vorangebracht werden kann und wie die Lage in Israel selbst aussieht.
In seinen abschließenden Bemerkungen rief North bei beiden Veranstaltungen alle Teilnehmer, die die zunehmende kapitalistische Barbarei ablehnen, dazu auf, der SEP beizutreten und sich aktiv am Kampf für den Sozialismus zu beteiligen.
Von den beiden Büchern, die North vorstellte, wurden 75 Exemplare verkauft, und die Teilnehmer konnten mit dem Autor sprechen, der seine Bücher bei beiden Veranstaltungen signierte. Insgesamt wurde Literatur im Wert von über 2.300 Dollar verkauft.
Mehr lesen
- Video: David Norths Rede auf der Frankfurter Buchmesse 2024 mit deutschen Untertiteln
- Socialist Equality Party entlarvt in Seminar des Institute of Historical Research Aidan Beattys Fälschungen
- Australische Labor-Regierung: Angriffe auf Immigranten nach dem Vorbild Trumps
- SEP (Australien) führt erfolgreich ihren siebten Parteitag durch