US-Ostküste: Gewerkschaft ILA verkündet Ausverkauf der Hafenarbeiter und lobt Trump

Verladecontainer im Hafen von New York und New Jersey in Elizabeth (New Jersey) am 20. Mai 2021 [AP Photo/Seth Wenig]

Am Mittwochabend verkündeten die International Longshoremen's Association (ILA) und die US Maritime Association (USMX) eine vorläufige Vereinbarung für mehr als 40.000 Hafenarbeiter in den Häfen der Ost- und der Golfküste der USA.

Das Abkommen ist eine hochgradig politische Entscheidung. Im Oktober war ein dreitägiger Streik beendet worden, indem das alte Abkommen um 90 Tage verlängert wurde. Die vorläufige Vereinbarung verhindert die Wiederaufnahme des Streiks, wenn diese Verlängerung am 15. Januar, nur fünf Tage vor Trumps Amtseinführung, ausläuft.

Mit der Entscheidung, einen Streik zu verhindern, wollen die ILA-Funktionäre einen offenen Konflikt zwischen den Hafenarbeitern und der kommenden faschistischen Regierung verhindern, der Trumps rechtspopulistisches Gerede, er sei „arbeiterfreundlich“, beschädigen würde. Indem die ILA-Bürokraten den Widerstand der Arbeiterklasse unterdrücken, geben sie Trump außerdem freie Hand, ab dem ersten Tag Massenabschiebungen durchzuführen, die Teil seiner Kampagne sind, demokratische Rechte zu zerstören und eine Diktatur zu errichten.

Die ILA veröffentlichte am Mittwochabend eine außergewöhnliche Erklärung, in der sie Trump als „einen der besten Freunde der arbeitenden Männer und Frauen in den USA“ bezeichnete. ILA-Präsident Harold Daggett berief sich auf ein zweistündiges Treffen mit Trump in seinem Anwesen in Mar-a-Lago (Florida) im Dezember und erklärte: „Präsident Trump gebührt die volle Anerkennung für unsere erfolgreiche vorläufige Vereinbarung für einen Manteltarif.“

Daggett wies auch auf Trumps Social-Media-Post vom letzten Monat hin, in dem er „ausländische“ Unternehmen angegriffen hatte, weil diese durch Automatisierung die Arbeitsplätze von Hafenarbeitern vernichten. Dieser Post sollte Trumps Handelskriegsmaßnahmen als Segen für die amerikanischen Arbeiter darstellen. In Wirklichkeit zielen sie darauf ab, US-amerikanische Kapitalisten auf Kosten der Arbeiter in den USA und im Rest der Welt zu bereichern. Nur wenige Tage zuvor hatte Elon Musk, der in der neuen Regierung eine Schlüsselrolle spielen wird und derzeit Massenentlassungen bei Tesla durchführt, die Hafenarbeiter als faul und verwöhnt attackiert.

Während des Streiks im Oktober hatte der Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, der mit Trump verbündet ist, mit dem Einsatz der Nationalgarde gedroht, um die Häfen in seinem Bundesstaat mit Gewalt wieder zu öffnen. Ein Streik der Hafenarbeiter nach dem Auslaufen ihrer Vertragsverlängerung am 15. Januar und die Schließung einiger der wichtigsten Häfen Amerikas hätte eine schwere politische Krise für die künftige Trump-Regierung geschaffen und sie rasch gezwungen, ähnliche Maßnahmen gegen den Streik zu ergreifen.

Die ILA-Bürokraten arbeiten eifrig daran, dies zu verhindern und den faschistischen Präsidenten obendrein als Vorkämpfer für die Arbeiterklasse darzustellen.

Beispielhaft für die Unterstützung der US-Oligarchie für den Möchtegern-Diktator war die Aussage des Vorsitzenden und Vorstandschefs von USMX, David Adam. Dieser erklärte, der Abschluss sei „größtenteils Präsident Trumps Führung zu verdanken“, und die USMX freue „sich auf die Zusammenarbeit mit Präsident Trump und seiner Regierung.“

Die Internationale Arbeiterallianz der Aktionskomitees, die Socialist Equality Party und die World Socialist Web Site rufen Arbeiter auf, das Abkommen mit größtmöglicher Mehrheit abzulehnen. Wie die WSWS am Dienstag schrieb: „Die Arbeiter können ihre Forderungen durchsetzen, allerdings erfordert dies den Aufbau von Aktionskomitees, um die Macht vom ILA-Apparat auf die Arbeiter selbst zu übertragen. Dies muss mit einer globalen Strategie für den Zusammenschluss mit anderen Teilen der Arbeiterklasse verbunden werden, einschließlich der Hafenarbeiter in allen Ländern sowie der Eisenbahner und anderer Beschäftigter in wichtigen Lieferketten.“

Vor allem müssen die ILA-Mitglieder ausreichend Zeit fordern, um den gesamten Tarifvertrag zu studieren – nicht nur die „Highlights“, die die Gewerkschaftsfunktionäre bei den von ihnen kontrollierten „Infoveranstaltungen“ in eigennütziger Weise präsentieren. Die Arbeiter müssen außerdem die Kontrolle der Basis über den Abstimmungsprozess organisieren. Angesichts der Korruption der ILA-Bürokratie und der extremen politischen Brisanz der Abstimmung ist es sehr wahrscheinlich, dass die Gewerkschaft bereit ist, mit Betrug, Einschüchterung oder anderen hinterhältigen Mitteln auf die Ablehnung des Vertrags zu reagieren.

Der Ausverkaufsvertrag

Zweifellos ist der Tarifvertrag ein Verrat, der die Hauptforderungen der Hafenbetreiber erfüllt, Tausende von Arbeitsplätzen durch Automatisierung zu zerstören. Über dieses Thema wurde angeblich so erbittert verhandelt, dass die Gespräche fast unmittelbar nach ihrer Wiederaufnahme im November nach dem Streik erneut scheiterten.

Doch kaum mehr als 24 Stunden nach Wiederaufnahme der Gespräche am Dienstag wurde angeblich eine neue vorläufige Vereinbarung erzielt. Tatsächlich fanden bereits zuvor geheime Gespräche statt: CNBC berichtete über ein achtstündiges Treffen am letzten Sonntag, bei dem sich die Parteien u.a. auf folgende Formulierungen einigten: „Beide Parteien verpflichten sich, alle Technologien zu erforschen und einzusetzen, die einem Betreiber helfen, effizienter und produktiver zu sein.“

Dies entlarvt die angeblich erbitterten Verhandlungen als Theater, mit dem der Basis der unternehmerfreundliche Deal als das Ergebnis „harter Verhandlungen“ verkauft werden soll.

In ihrer gemeinsamen Stellungnahme erklärten die ILA und die USMX am Mittwoch, sie würden keine Details des Tarifvertrags bekannt geben, damit „die Basis der ILA-Mitglieder und die Angehörigen der USMX das endgültige Dokument prüfen und bewilligen können.“ Das bedeutet in Wirklichkeit, dass der Tarifvertrag keine Chance hätte, angenommen zu werden, wenn die Arbeiter wüssten, was darin wirklich steht. Der Einsatz solcher Informationssperren ist eine typische Methode, um die Arbeiter daran zu hindern, die Details der Vereinbarung zu prüfen und zu diskutieren – alles mit dem Ziel, die Tarifverträge mit geheimen Zugeständnissen durchsetzen zu können.

Im Gegensatz dazu hatte die ILA laut verkündet, sie habe als Teil ihrer Vereinbarung zur Beendigung des Oktoberstreiks eine 62-prozentige Lohnerhöhung ausgehandelt.

Die Washington Post erklärte in einem freudschen Versprecher: „Die Lohnzuwächse und die neuen Schutzmechanismen, die Arbeitsplätze vor der Verdrängung durch Automatisierung schützt, kommen, nachdem in den letzten Jahren ähnliche Errungenschaften von Gewerkschaften der Autoarbeiter, der Hollywood-Schauspieler und Drehbuchautoren sowie der UPS-Lieferfahrer erkämpft wurden.“ In Wirklichkeit wurden alle diese Tarifverträge unter falschen Vorwänden ausgehandelt, wobei die Lohnerhöhungen als Deckmantel für die Zerstörung von zehntausenden Arbeitsplätzen dienten, die schon begann, bevor die Tinte getrocknet war.

Gewerkschaftsbürokraten unterstützen den Faschismus

Bereits mehr als eine Woche vor Trumps Amtsübernahme zeigt die Vereinbarung, dass ein wichtiger Teil des Kampfs gegen Trump ein Kampf gegen die Gewerkschaftsbürokratie ist. Die Arbeiterklasse wird in einen Kampf gegen seine Politik gezwungen werden, die die Beschneidung demokratischer Grundrechte, massive Sparmaßnahmen und Krieg in einem Ausmaß beinhaltet, wie es das noch nie zuvor in der amerikanischen Geschichte gegeben hat. Die Arbeiter, die durch eine Stimme für Trump ihre Wut über den Status quo ausdrücken wollten, werden es bald bereuen.

Von links nach rechts: der geschäftsführende Vizepräsident der International Longshoremen's Association Dennis Daggett, der künftige US-Präsident Donald Trump und der ILA-Präsident Harold Daggett [Photo: Trump/Truth Social]

Die Bürokratie hingegen stellt sich offen auf die Seite des Faschismus und der Oligarchie, die Trump repräsentiert. Sie propagieren seinen „America First“-Protektionismus und seine migrantenfeindliche Politik und setzen fälschlicherweise die Interessen des amerikanischen Kapitalismus mit denen der „einheimischen“ Arbeiter gleich.

In der Geschichte der USA vollzieht sich eine grundlegende Wende. Doch der Unterstützung der Gewerkschaftsbürokraten für Trump ging ihre Rolle unter Biden voraus, der sich stark auf sie verließ, um Streiks zu begrenzen und Ausverkäufe durchzusetzen. Dies galt als entscheidend bei der Vorbereitung der Heimatfront auf den Krieg, weswegen Biden die AFL-CIO letzten Sommer auch als seine „heimische Nato“ bezeichnete.

Durch jahrzehntelangen Antikommunismus, Unterstützung imperialistischer Kriege und Regimewechsel, Nationalismus und durch ihre eigene starke Abhängigkeit von den Beziehungen mit dem Management und der Regierung sind die Gewerkschaftsbürokraten zu einer natürlichen Basis für die Unterstützung des Faschismus geworden. Die ILA-Bürokratie hat dieser Perspektive am Wochenende in einer antikommunistischen Erklärung Ausdruck verliehen, in der sie vor allem ihre Entscheidung verteidigte, während des Oktoberstreiks Militärlieferungen zu erledigen.

Die Gewerkschaften stellen sich hinter die Pläne, die gesamte westliche Hemisphäre in eine von den USA dominierte Festung zu verwandeln. Diese Pläne sollen dem US-Imperialismus als erster Schritt auf dem Weg zur Eroberung der restlichen Welt dienen, vor allem Chinas. Während Trump sich an den Verhandlungen zwischen der ILA und der USMX beteiligte, drohte er öffentlich mit der Invasion Grönlands, Panamas und Mexikos und hat begonnen, Kanada als „51. Bundesstaat“ zu bezeichnen. Vor allem hat Trump die zunehmenden wirtschaftlichen Interessen Chinas an der lateinamerikanischen Schifffahrt attackiert, wo das Land Milliarden Dollar investiert hat.

Der Generalpräsident der Teamsters, Sean O'Brien, einer der ersten Gewerkschafter, die Trump unterstützten, hat dessen rechtsextreme Politik in mehreren Interviews gut geheißen, vor allem seine Angriffe auf Einwanderer. Er erklärte, er stamme zwar selbst von irischen Einwanderern ab, die angeblich jedoch „auf dem richtigen Weg“ hergekommen seien. Er behauptete: „Ich habe ein Problem damit, wenn Menschen in dieses Land kommen, um Verbrechen zu begehen und Dinge zu tun, die in Amerika nicht beliebt sind. Das ist ein Problem.“

Die globale Arbeiterklasse

Neben den rassistischen Angriffen auf Einwanderer als Kriminelle ist auch diese Trennung zwischen „ausländischen“ und „amerikanischen“ Arbeitern grundfalsch. In der Schifffahrtsindustrie äußert sich in direkter Form der internationale Charakter der Arbeiterklasse. Die US-Häfen, in denen Fracht aus allen Kontinenten von Schiffen umgeschlagen wird, die mit Arbeitern aus aller Welt besetzt sind, sind wichtige Knotenpunkte in den internationalen Lieferketten.

In den Häfen selbst arbeiten viele im Ausland geborene Arbeiter, die neben ihren „einheimischen“ Kollegen vollwertige Teilnehmer am Klassenkampf sind. Vor zweieinhalb Jahren wurde der nicaraguanische Einwanderer Uriel „Popeye“ Matamoros im Hafen von New York und New Jersey zu Tode gequetscht. Die Lastwagenfahrer in den Häfen an der Westküste sind überwiegend Einwanderer, hauptsächlich aus Afrika, Lateinamerika und Südasien. Im Jahr 2022 führten diese Arbeiter Blockaden durch und appellierten an die Hafenarbeiter um Unterstützung gegen ein Gesetz, das ihnen ihren Status als Selbständige genommen hätte. Die Hafenarbeiter selbst wurden von der International Longshore and Warehouse Union zur Weiterarbeit ohne Tarifvertrag gezwungen.

Uriel Matamoros (von der Facebook-Seite seiner Frau Rose Marie Ortiz)

In der ganzen Logistikbranche gibt es laut offiziellen Zahlen der Regierung über 2,5 Millionen im Ausland geborene Arbeiter, d.h. 22 Prozent der Gesamtbelegschaft. Zugewanderte Arbeitskräfte spielen auch im US-Schiffbau, wo gravierender Arbeitskräftemangel herrscht, eine wichtige Rolle.

Der Ausverkauf der ILA führt nicht nur zu einer künstlichen Spaltung der Arbeiter in den USA in Einwanderer und Einheimische, sondern er schwächt auch die Arbeiterklasse global, indem er die US-amerikanischen Arbeiter willkürlich von ihren Verbündeten im Rest der Welt trennt. Wie wird die Unterstützung der ILA für Trump beispielsweise in Lateinamerika oder Europa interpretiert werden? Oder in Kanada, wo die Regierung vor kurzem einen landesweiten Hafenarbeiterstreik verboten hat? Wie wird die Bevölkerung von Gaza, wo die Gewerkschaften zu einem globalen Streik aufgerufen haben, um die Waffenlieferungen an die israelische Kriegsmaschinerie zu stoppen, die Unterstützung der ILA für den US-Imperialismus interpretieren?

Proteste von selbständigen Truckern auf der AB5 außerhalb des Hafens von Oakland am 25. Juli 2022

Die einzige tragfähige Strategie in den Häfen und allen anderen Betrieben basiert auf der globalen Einheit der Arbeiterklasse. Im Kampf gegen den Ausverkauf der ILA und zur Vorbereitung auf eine Konfrontation mit der neuen Trump-Regierung müssen die Hafenarbeiter ihre Brüder und Schwestern im Rest der Welt zur Unterstützung aufrufen. Die Parole darf nicht „America First“ sein, sondern „Arbeiter aller Länder, vereinigt Euch!“

Loading