Nachdem die Fraktionen von CDU/CSU und FDP im Bundestag zweimal gemeinsam mit der AfD für eine brutale Abschottungspolitik gegen Flüchtlinge gestimmt haben, werden sie die Rechtsextremen auch als Regierungspartner akzeptieren.
Das ist die unausweichliche Schlussfolgerung, die man aus den Ereignissen der vergangenen Woche ziehen muss. Wer gemeinsam mit einer rechtsextremen Partei Anträge und Gesetzestexte verabschiedet, kann auch gemeinsam mit ihr regieren. Daran ändern auch gegenteilige Beteuerungen von CDU-Chef Friedrich Merz nichts, deren Halbwertszeit ohnehin nur zwei Wochen beträgt.
Achtzig Jahre nach dem Ende des Nazi-Regimes sind damit dem Einzug der faschistischen AfD in höchste Regierungsämter Tür und Tor geöffnet.
Union und FDP haben am Mittwoch gemeinsam mit der AfD einem Antrag zur Mehrheit verholfen, der für die Abschottung der deutschen Grenzen, eine weitgehende Abschaffung des Asylrechts und eine signifikante Erhöhung von Haftplätzen für ausreisepflichtige Personen eintritt. Es war das erste Mal in der Geschichte des Bundestags, dass eine große Fraktion gemeinsame Sache mit Faschisten gemacht hat.
Am Freitag bemühten sich dann Union, FDP und AfD erneut, das sogenannte Zustrombegrenzungsgesetz gemeinsam zu verabschieden. Obwohl sich auch das Bündnis Sahra Wagenknecht dafür ausgesprochen hatte, scheiterte das Gesetz aber an Abweichlern aus den eigenen Reihen. Trotzdem war das Signal eindeutig: Die vielbeschworene „Brandmauer“ gegen die AfD existiert nicht mehr.
Seit Mittwoch sind in zahlreichen Städten Zehntausende auf die Straßen gegangen, um dagegen zu protestieren. Am Wochenende sind weitere Großdemonstrationen geplant. Doch wie kann der Aufstieg der AfD gestoppt werden? Appelle an die CDU und CSU werden dies ebenso wenig erreichen wie eine Unterstützung von SPD, Grünen oder Linkspartei.
Diese Parteien tragen sogar eine zentrale Verantwortung für den Aufstieg der AfD. SPD und Grüne treten der Flüchtlingshetze von AfD und CDU und ihrer rassistisch aufgeheizten Law-and-Order-Kampagne nicht entgegen, sondern feuern diese an.
So ließ sich Bundeskanzler Olaf Scholz bereits im Oktober 2023 auf dem Titelblatt des Spiegel mit der Aussage abbilden: „Wir müssen endlich in großem Stil abschieben.“ Der Satz könnte auch von der AfD stammen.
Im Bundestag griffen SPD und Grüne Merz wegen seiner Zusammenarbeit mit der AfD zwar heftig an. Aber sie taten dies ausschließlich vom Standpunkt, dass er, wenn er nur wollte, dasselbe Ziel auch mit ihnen erreichen könnte. Sie zählten die zahlreichen Gesetze und Maßnahmen auf, mit denen sie selbst Flüchtlinge von den deutschen und europäischen Grenzen ferngehalten haben. Es fehlte nur noch, dass sie sich auch der über 31.000 Toten rühmten, die in den letzten zehn Jahren als Folge ihrer Abschottungspolitik im Mittelmeer ertrunken sind.
Wenn sich diese Parteien jetzt als Garanten der Demokratie inszenieren und Merz einen Tabubruch vorwerfen, ist das der Gipfel der Heuchelei.
SPD und Grüne arbeiten in den Parlamentsausschüssen und auf kommunaler und europäischer Ebene selbst mit den Faschisten zusammen.
Am gleichen Tag, an dem Merz mit der AfD gegen das Asylrecht gestimmt hat, haben SPD und Grüne gemeinsam mit CDU, FDP und AfD eine sogenannte Antisemitismus-Resolution verabschiedet, die den Holocaust relativiert und Gegner des Völkermords in Gaza kriminalisiert!
Es waren SPD und Grüne, die die Bundeswehr massiv aufgerüstet und 80 Jahre nach dem Vernichtungskrieg der Nazis wieder deutsche Panzer gegen Russland geschickt haben. Es waren SPD und Grüne, die den Völkermord in Gaza unterstützt, und es waren SPD und Grüne, die das Asylrecht faktisch abgeschafft haben! Mit ihrer Politik im Interesse der Banken und Konzerne haben sie eine soziale Katastrophe angerichtet.
Die AfD wurde bewusst aufgebaut und gefördert, um diese Politik des Kriegs und des Sozialkahlschlags aggressiv durchzusetzen. Sie nutzt zwar das Elend und die Verzweiflung aus, aber sie ist die Partei des deutschen Militarismus und Finanzkapitals in Reinkultur. Die AfD fordert eine Verfünffachung des Kriegsetats und die radikale Kürzung der Reichensteuern. Dafür erhält sie Millionenspenden.
Eine ähnliche Entwicklung findet in anderen Ländern statt. Viktor Orbán in Ungarn, Giorgia Meloni in Italien, Geert Wilders in den Niederlanden und Herbert Kickl in Österreich verdanken ihren Aufstieg demselbem Kalkül der Oligarchen.
Am deutlichsten zeigt sich das in den USA. Auch Donald Trump nutzt die Abwehr von Flüchtlingen als Hebel, um einen Polizeistaat aufzubauen, das Militär im Inneren einzusetzen und einen rechten Mob zu mobilisieren. Die Demokraten Joe Bidens leisten dagegen keinen Widerstand, weil sie dieselben Klasseninteressen – die Interessen der Wall Street und des Militärs – vertreten.
Galt Trump bei seinem ersten Wahlsieg noch als Außenseiter, stehen heute die reichsten und mächtigsten Wirtschaftsbosse hinter ihm. Elon Musk, der reichste Mann der Welt, soll für Trump die Staatsausgaben um ein Drittel senken – d.h. die Sozialausgaben auf Null zusammenstreichen. Musk ist nicht zufällig einer der wichtigsten Unterstützer von AfD-Chefin Alice Weidel.
Die AfD verharmlost Hitler nicht, weil sie die bestehende gesellschaftliche Ordnung ablehnt. Sie verharmlost Hitler, weil sich die kapitalistische Ordnung nur noch mit faschistischen Methoden verteidigen lässt.
Diese Einsicht muss den Ausgangspunkt für den Kampf gegen die AfD bilden. SPD und Grüne haben völlig recht, wenn sie Merz vorwerfen, er bereite eine Regierung mit der AfD vor. Aber sie werden – wie die Demokraten in den USA – alles tun, um den Widerstand dagegen zu unterdrücken und die „Ordnung“ zu bewahren. Sie teilen das Programm der Aufrüstung, des Sozialabbaus und des Aufbaus eines Polizeistaats. Die Gewerkschaften werden sie dabei unterstützen.
Der Widerstand gegen die Faschisten kann nur von der Arbeiterklasse kommen. Sie wird nicht zulassen, dass Kollegen und Nachbarn abgeschoben, ihre Löhne dezimiert, ihre Arbeitsplätze zerstört, Bildung und Gesundheit privatisiert und Renten und Sozialleistungen zerschlagen werden. Explosive Klassenkämpfe sind unvermeidlich.
Diese Kämpfe müssen vorbereitet werden. Sie benötigen eine politische Perspektive und eine Führung. Dafür kämpft die Sozialistische Gleichheitspartei. Sie tritt in der Bundestagswahl als einzige Partei gegen Krieg, Aufrüstung und Sozialabbau ein und verteidigt alle demokratischen Rechte, einschließlich derjenigen von Migranten.
Als deutsche Sektion des Internationalen Komitees der Vierten Internationale tritt sie für die Einheit der internationalen Arbeiterklasse ein, um den Kapitalismus zu stürzen, die Milliardäre zu enteignen und eine sozialistische Gesellschaft aufzubauen, in der die gesellschaftlichen Bedürfnisse über den Profitinteressen stehen.