Fast 100 Verhaftungen im Trump Tower – Proteste gegen Mahmoud Khalils Inhaftierung weiten sich aus

Mitglieder der Gruppe Jewish Voice for Peace bei einer Demonstration im New Yorker Trump Tower für den Columbia-Absolventen Mahmoud Khalil am 13. März 2025 [AP Photo/Yuki Iwamura]

Am Donnerstag wurden fast 100 Mitglieder der antizionistischen Gruppe Jewish Voice for Peace verhaftet, nachdem sie in der Lobby des Trump Tower in New York die Freilassung des palästinensischen Aktivisten Mahmoud Khalil gefordert hatten. Der Absolvent der Columbia University war am Samstagabend vor seiner Wohnung in Manhattan von Agenten der Einwanderungs- und Zollbehörde, Immigration and Customs Enforcement (ICE), verhaftet worden.

Ebenfalls am Donnerstag wurden 22 Studenten von der Columbia University – die enge Beziehungen zur Demokratischen Partei unterhält – suspendiert, der Universität verwiesen oder bekamen ihre Abschlüsse aberkannt, weil sie sich letztes Jahr an den Protesten gegen den Völkermord in Gaza beteiligt hatten. Am selben Tag forderte das Weiße Haus in einem Schreiben an die Hochschulleitung Disziplinarmaßnahmen als „Vorbedingung“ für Verhandlungen über „die weitere finanzielle Beziehung zwischen der Columbia University und der Regierung der Vereinigten Staaten“.

Berichten zufolge haben ICE-Agenten auch andere Wohnungen im Umfeld der Columbia University aufgesucht, um nach Möglichkeit weitere Personen festzunehmen.

Khalils Inhaftierung hat in New York City, überall in Amerika und auf der ganzen Welt Empörung ausgelöst. Mehr als drei Millionen Menschen haben eine Online-Petition für seine Freilassung unterzeichnet, und eine Online-Spendenaktion für seine juristische Verteidigung übertraf am Mittwoch die angestrebten 250.000 Dollar und nähert sich mittlerweile dem doppelten Betrag.

Khalil wurde den Armen seiner Frau entrissen, die im achten Monat schwanger ist, und in eine mehr als 2.000 Kilometer entfernte private Haftanstalt in Louisiana geflogen. Fast einen halben Tag lang wussten weder seine Frau noch seine Anwälte, wo er war: Trumps Einwanderungs-Gestapo hatte ihn faktisch „verschwinden lassen“. Die ICE verweigerte Khalils Anwälten den geforderten Kontakt zu ihm, bis ein Bundesrichter dies am Mittwoch anordnete.

Trump und sein Außenminister Marco Rubio, der Anfang des Jahres einstimmig vom US-Senat bestätigt wurde, haben klargestellt, dass Khalil nicht wegen einer realen Straftat verhaftet wurde, sondern weil er Meinungen geäußert hatte, die nicht der US-amerikanischen Nahostpolitik entsprechen. Trump hat der Netanjahu-Regierung grünes Licht gegeben, den Gazastreifen von der palästinensischen Bevölkerung zu „säubern“ und ihn neu zu besiedeln.

Bei der Protestaktion im Trump Tower versammelten sich etwa 300 Mitglieder der Gruppe Jewish Voice for Peace zur Mittagszeit in der Lobby. Dann zogen sie ihre Mäntel aus, unter denen sie rote T-Shirts trugen mit antizionistischen und Anti-Völkermord-Parolen wie „Juden sagen: Stoppt die Bewaffnung Israels“, „Juden sagen: Freiheit für Mahmoud und Palästina“, „Nicht in unserem Namen“ und „Kämpft gegen Nazis, nicht gegen Studierende“.

Der Sicherheitsdienst des Trump Tower benachrichtigte das New York Police Department, und Polizeichef John Chell überwachte persönlich den Einsatz von Dutzenden Polizisten, während über die Lautsprecher des Gebäudes angeordnet wurde, die Protestveranstaltung zu beenden und sich zu zerstreuen. Fast die Hälfte der Demonstranten beschloss, sich der Anordnung zu widersetzen und sich verhaften zu lassen, um öffentlich ihre Unterstützung für Mahmoud Khalil zu zeigen. Sie wurden verhaftet, mit Kabelbindern gefesselt und in Polizeifahrzeuge und einen Bus verladen. Gegen die Betroffenen soll Anklage vor Gericht erhoben werden.

Wie es in einer Erklärung der Jewish Voice for Peace hieß, waren unter den Demonstranten Rabbiner, Nachkommen von Holocaust-Überlebenden sowie einige Staatsbedienstete und Prominente. Jane Hirschmann, Enkelin und Nichte von Holocaust-Opfern, erklärte gegenüber der Presse:

Die Entführung von Mahmoud Khalil durch das Trump-Regime beweist einmal mehr, dass wir kurz vor der Machtübernahme durch ein autoritäres Regime stehen. Als Juden mit Gewissen kennen wir unsere Geschichte und wissen, wohin das führt. So gehen Faschisten vor, wenn sie ihre Kontrolle festigen.

Die Schauspielerin Debra Winger, die ebenfalls verhaftet wurde, erklärte gegenüber Associated Press:

Ich stehe für meine Rechte ein, und ich setze mich für Mahmoud Khalil ein, der rechtswidrig entführt und an einen unbekannten Ort gebracht wurde. Finden Sie so etwas in Amerika normal?

Professor James Schamus von der Columbia University, selbst Jude, bezeichnete gegenüber der New York Times die Behauptung, der Campus sei „eine Brutstätte antisemitischer Intoleranz“, als lächerlich. Er erklärte:

Wir wissen alle, dass die Columbia bestenfalls eine Brutstätte für Studierende ist, die ihre Stimme erheben und ihr Gewissen sprechen lassen und gegen die unmenschliche Politik dieses Regimes protestieren.

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Nur einen Tag vor der Protestaktion im Trump Tower hatten sich auf dem Foley Square mehr als 1.000 Demonstranten versammelt, um ihre Unterstützung für Khalil zu bekunden. Währenddessen wurde bei einer Anhörung vor einem Bundesgericht über den Antrag seiner Anwälte auf Haftprüfung entschieden. Dieser Anspruch (Habeas Corpus) ist nach der US-Verfassung das grundlegendste Recht, das eine Person gegenüber dem Staat geltend machen kann. Bundesbezirksrichter Jesse Furman hatte die Anhörung vertagt, bis Khalils Anwälte direkt mit ihrem Klienten beraten konnten, was ab Mittwochabend möglich war.

Die Anwälte beider Seiten müssen dem Gericht bis Freitag in weiteren Dokumenten darlegen, wie sie weiter verfahren wollen. Die Trump-Regierung räumte vor Gericht ein, dass Khalil erst nach Abschluss des Verfahrens vor dem Bundesgericht abgeschoben werden kann. Allerdings versuchte sie, den Fall von New York an ein Gericht in New Jersey oder Louisiana zu verlegen, weil sie damit rechnet, dass vor allem in Louisiana ein weiter rechts stehender Bezirksrichter und Berufungsgericht zuständig sind.

Khalils Anwältin Amy Greer erklärte am Mittwochabend in der NBC-Sendung „Top Story with Tom Llamas“, die Trump-Regierung verstoße gegen die Verfassung:

Das ist nicht das, was wir in diesem Land gewohnt sind, und es läuft unserer Verfassung direkt zuwider. Menschen können nicht einfach entführt werden, ohne dass man etwas von ihnen hört, und durch das halbe Land transportiert werden, ohne dass irgendjemand weiß, warum oder wo oder wie und welche Begründung es dafür gibt.

Llamas verglich dies mit dem „Verschwinden“ von Regierungsgegnern in Argentinien und anderen lateinamerikanischen Diktaturen in den 1970ern, als die Opfer gefoltert und in vielen Fällen von Hubschraubern aus ins Meer geworfen wurden.

Khalils Verhaftung stellt eine deutliche Eskalation bei den Bestrebungen der Trump-Regierung dar, eine Präsidialdiktatur zu errichten. Der Angriff auf Khalil ist Teil eines umfassenderen Vorgehens gegen Regierungsgegner. Universitäten werden in Polizeizonen verwandelt, in denen Studenten, die sich gegen Völkermord aussprechen, staatlicher Repression ausgesetzt sind. Diese Methoden – Verschwindenlassen, Massenverhaftungen und Herrschaft durch Dekrete – wurden in der Vergangenheit von faschistischen Regimen benutzt, um politischen Dissens zu unterdrücken und noch größere Verbrechen vorzubereiten.

Die Demokraten stehen in dieser Frage ebenso hinter der Trump-Regierung wie bei allen anderen Themen, bei denen es um die vitalen Interessen des amerikanischen Imperialismus geht. Sie haben ein paar alibihafte verbale und schriftliche Proteste geäußert. Hinter den Kulissen – und in vielen Fällen auch ganz offen – unterstützen führende Demokraten die Verhaftung und Abschiebung von Mahmoud Khalil und die Unterdrückung aller, die den amerikanisch-israelischen Völkermord in Gaza ablehnen, der von der demokratischen Biden-Regierung mehr als ein Jahr lang mit Geld und Waffen versorgt wurde.

Die Arbeiterklasse muss intervenieren. Die Empörung über Khalils Verhaftung muss in Massenproteste und Streiks gegen Trumps Diktatur verwandelt werden. Die Studenten können diesen Kampf nicht allein führen – er muss in die Betriebe getragen werden, um die Verteidigung demokratischer Rechte mit dem Kampf gegen soziale Ungleichheit, Krieg und das kapitalistische System selbst zu verbinden.

Erklärungen, der World Socialist Web Site, die am Donnerstag vor dem Dana-Autoteilewerk im Detroiter Vorort Warren verteilt wurden, stießen bei den Arbeitern auf große Resonanz. Khalil war während seiner Zeit an der Universität Mitglied der Gewerkschaft United Auto Workers gewesen.

Ein Arbeiter, der schon viele Jahre im Werk ist, sagte: „Hoffentlich können wir Khalil zurückholen. Die Republikaner und die Rechten sind schlechte Menschen, und die Demokraten sind einfach Weicheier, die sich das bieten lassen.“ Ein anderer junger Dana-Arbeiter erklärte: „Freiheit für Mahmoud! Alle UAW-Mitglieder sollten aus Protest dagegen in den Streik treten. Was hier vor sich geht, ist absolut grausam.“

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