Am Dienstag hat Israel bei mehreren Luftangriffen im Gazastreifen über 400 Männer, Frauen und Kinder massakriert. Damit hat das Netanjahu-Regime eine neue Phase des Völkermords eingeleitet, der auf die systematische Vernichtung oder Vertreibung der gesamten verbliebenen palästinensischen Bevölkerung abzielt.
Der gestrige Dienstag geht als einer der tödlichsten Tage des seit 18 Monaten andauernden Völkermords in Gaza in die Geschichte ein. Nach Angaben des Medienbüros in Gaza wurden während des gesamten Zeitraums bisher 61.700 Menschen getötet und die gesamte Region dem Erdboden gleichgemacht. Das jüngste Massaker ereignete sich inmitten einer totalen Blockade für die Lieferung von Lebensmitteln, Wasser, Energie und Strom in den Gazastreifen.
Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu erklärte, der Angriff werde fortgesetzt. Die Anschläge seien „erst der Anfang“.
Die Bombardierung erfolgte mit amerikanischen Bomben in Abstimmung mit der Trump-Regierung, die am Montag zugab, dass sie im Voraus informiert worden war. Das heißt, der Massenmord war eine gemeinsame Operation von Trump und Netanjahu.
Das Weiße Haus sieht die Eskalation des Genozids im Gazastreifen in direktem Zusammenhang mit dem US-Angriff auf den Jemen, der seit einigen Tagen anhält. Es ist der größte Angriff auf den Jemen seit Jahren, bei dem Dutzende von Menschen getötet wurden. Er wird als Teil der Offensive gegen den Iran und darüber hinaus gegen China gesehen.
Auf das israelischen Bombardement am Montag angesprochen, erklärte die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt:
Wie Präsident Trump deutlich gemacht hat, werden die Hamas, die Houthis, der Iran – all diejenigen, die nicht nur Israel, sondern auch die Vereinigten Staaten von Amerika terrorisieren wollen – einen Preis zu zahlen haben: Es wird die Hölle losbrechen.
Die meisten Medien haben das Massaker vom Dienstag im Zusammenhang mit einem angeblichen „Waffenstillstand“ oder „Verhandlungen“ dargestellt. Diese Worte sind bedeutungslos. In den 528 Tagen, seit Israel den Völkermord im Gazastreifen begonnen hat, wurden Schwankungen im Tempo der Vernichtungskampagne in der Presse öfter als „Waffenstillstand“ dargestellt, obwohl es sich lediglich um Gelegenheiten handelte, die Israel für die Rotation von Truppen und die Aufstockung der Munitionsvorräte nutzte, um das nächste Massaker vorzubereiten.
Das erklärte und ausdrückliche Ziel der Trump-Administration und ihres Klientelregimes in Israel ist die ethnische Säuberung der Palästinenser im Gazastreifen und die Annexion des wertvollen Küstengebiets.
Das implizite Ziel ist die totale Vernichtung der palästinensischen Bevölkerung, da sich die Vertreibung von zwei Millionen Menschen wahrscheinlich als logistisch unmöglich erweisen dürfte.
Diese Genozid-Kampagne zur Vertreibung oder Vernichtung der Palästinenser bildet den Dreh- und Angelpunkt des Plans zur Schaffung eines „neuen Nahen Ostens“ unter direkter Kontrolle des US-Imperialismus und als Teil seines Griffs nach der Weltherrschaft.
Im Februar formulierte US-Präsident Donald Trump den operativen Plan für den Völkermord im Gazastreifen, indem er „andere Länder“ aufforderte, „verschiedene Stätten zu bauen, die letztlich von den 1,8 Millionen Palästinensern, die in Gaza leben, bewohnt werden“.
„Die USA werden den Gazastreifen übernehmen. ... Wir werden ihn besitzen“, sagte Trump.
Später im selben Monat erklärte er zu der geplanten ethnischen Säuberung der Bevölkerung von Gaza: „Es sind wenige Menschen im Vergleich zu den anderen Dingen, die in den vergangenen Jahrzehnten und Jahrhunderten geschehen sind.“
Mit dem Verweis auf die „anderen Dingen, die in den vergangenen Jahrzehnten und Jahrhunderten geschehen sind“, meinte Trump den Holocaust als Präzedenzfall für seine Pläne der ethnischen Säuberung. Das haben spätere Aktionen von Israel deutlich gemacht.
Letzte Woche berichteten die Associated Press und die Financial Times, dass die USA und Israel Verhandlungen mit dem Sudan und Somalia aufgenommen haben, um die Palästinenser in diese ostafrikanischen Länder zu vertreiben. Der Vorschlag ist eine bewusste Anlehnung an den „Madagaskar-Plan“ der Nazis von 1940, der die Vertreibung der deutschen Juden auf die afrikanische Insel vorsah.
Dieser Plan war jedoch nur das Vorspiel zu dem, was die NS-Führung als „Endlösung der Judenfrage“ bezeichneten, nämlich die systematische Vernichtung der europäischen Juden.
In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg wurde an den Holocaust als das größte Verbrechen der modernen Geschichte erinnert. Die „demokratischen“ Regierungen gelobten, sich an einen völkerrechtlichen Rahmen zu halten, der solche Verbrechen unmöglich machen würde.
Aber unter den Bedingungen der immer tieferen Krise des Kapitalismus hat die amerikanische herrschende Klasse alle Hemmungen fallen gelassen und zeigt die ganze Brutalität der Klassenherrschaft – sowohl bei der Durchführung der imperialistischen Außenpolitik als auch bei der Ausbeutung und Unterdrückung der Arbeiterklasse im Inland.
Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen Trumps Erklärung, er werde wie ein „Diktator“ regieren, und seinem offenen Bekenntnis zu einer Politik des Kolonialismus, der Annexion, der ethnischen Säuberung und des Völkermords. Wie der russische Revolutionär Wladimir Lenin in seinem bahnbrechenden Werk Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus (1916) erklärte, geht die ungehinderte Diktatur der Finanzoligarchie mit der unbegrenzten kolonialen Barbarei in der Außenpolitik einher.
Doch weder die Errichtung einer Diktatur im eigenen Land noch die Politik des Völkermords entspringen allein dem Kopf von Donald Trump. Vielmehr setzt er die Agenda beider Parteien in den USA um, die im Namen der parasitären Finanzoligarchie Amerikas regieren. Der neue US-Präsident führt die Politik zu ihrem logischen Ende, die unter der Regierung der Demokraten seines Vorgängers Joe Biden begonnen wurde.
Im Mai letzten Jahres bezeichnete Biden friedliche Proteste an Hochschulen gegen die US-Unterstützung des Völkermords in Gaza als antisemitisch und gesetzeswidrig.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
„Meinungsverschiedenheiten dürfen niemals zu Unruhen führen“, erklärte er. Unter Bidens Regierung griff die Polizei friedliche Proteste an, nahm Massenverhaftungen vor und löste die Proteste mit Gewalt auf. Damals warnte die World Socialist Web Site:
Das Verbot von Protesten unter dem Vorwand, die „öffentliche Ordnung“ und die „wirtschaftliche Stabilität“ zu schützen, ist ein Markenzeichen autoritärer Regime in der gesamten modernen Geschichte.
Letzte Woche ordnete Trump die Verhaftung und Abschiebung von Mahmoud Khalil, einem Doktoranden der Columbia University, an, weil er von seinem verfassungsmäßig geschützten Recht Gebrauch gemacht hatte, gegen Verbrechen der US-Regierung zu protestieren. Trump hat den Grundstein für eine Diktatur gelegt, indem er sich auf den Alien Enemies Act beruft und erklärt, dass seine Regierung nicht an Gerichtsurteile gebunden sein wird.
Im Dezember 2023 erläuterte die World Socialist Web Site die Auswirkungen der Unterstützung des Gaza-Genozids durch die Biden-Regierung:
Angesichts einer wachsenden Streikbewegung und einer zunehmenden innenpolitischen Opposition versucht die Regierung Biden, einen Präzedenzfall für den Umgang mit rebellischen Stadtgebieten durch Massenmord zu schaffen. Für diejenigen Teile der US-Oligarchie, die die innenpolitische Krise durch eine Diktatur lösen wollen, ist der Völkermord in Gaza ein Probelauf.
Mehr als ein Jahr später arbeitet die Trump-Regierung daran, diesen Plan in die Tat umzusetzen. Die amerikanische Finanzoligarchie, für die Trump spricht, führt einen Frontalangriff auf die Lebensbedingungen der Arbeiterklasse durch: Zerschlagung der Rentenversicherung und der Gesundheitsprogramme Medicare und Medicaid, Entlassung von Hunderttausenden Staatsbediensteten und Zerstörung des öffentlichen Bildungswesens. Zudem hat Trump einen Handelskrieg vom Zaun gebrochen, der verheerende Folgen für Arbeiterfamilien haben wird.
Die Trump-Administration ist überzeugt, dass ihr Vorgehen massenhaften Widerstand hervorrufen wird. Sie wird versuchen, den Präzedenzfall in Gaza und bei der Unterdrückung der Antigenozid-Demonstranten zu nutzen, um gegen die Arbeiterklasse vorzugehen.
In den kommenden Tagen, Wochen und Monaten will die Trump-Regierung ihren Krieg im Nahen Osten enorm verschärfen. Einige Regierungsvertreter planen einen umfassenden Angriff auf den Iran, der seit über 20 Jahren ein Ziel der imperialistischen US-Außenpolitik ist.
Was die Demokratische Partei betrifft, so kollaboriert sie mit der Trump-Regierung und finanziert ihren Krieg gegen die Arbeiterklasse und die demokratischen Rechte. Ihre Differenzen drehen sich zwar um außenpolitische Fragen, jedoch nicht um den Völkermord in Gaza, sondern den Krieg gegen Russland. Kein führender Demokrat hat Israels Massaker verurteilt. Diejenigen, die wie Bernie Sanders zahnlose und unaufrichtige Kritik geäußert haben, sind volle Unterstützer der umfassenderen imperialistischen Kriegspolitik, zu der auch der Völkermord in Gaza gehört.
Es wäre ein großer Fehler, die Opposition gegen den Völkermord im Gazastreifen und die Verteidigung der demokratischen Rechte vom breiteren Kampf für die sozialen Rechte der Arbeiterklasse zu trennen oder den Widerstand gegen Trump der Demokratischen Partei unterzuordnen.
Die Arbeiterklasse ist die einzige gesellschaftliche Kraft, die Trumps Kurs auf eine faschistische Diktatur in Amerika und die Vernichtung der palästinensischen Bevölkerung stoppen kann. Die zentrale Aufgabe ist der Aufbau einer sozialistischen Führung in der Arbeiterklasse, gewappnet mit dem theoretischen Programm des Marxismus. Die Socialist Equality Party und die International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) stehen an vorderster Front in diesem Kampf.