Diese Erklärung hat die Parti de l'égalité socialiste am 5. April auf der französischsprachigen World Socialist Web Site veröffentlicht.
Am 6. April finden in Frankreich konkurrierende Demonstrationen statt, sowohl gegen die neofaschistische Gefahr, als auch (auf Betreiben der extremen Rechten) gegen das Gerichtsurteil, das die Neofaschistin Marine Le Pen von den Präsidentschaftswahlen 2027 ausschließt.
Unter Arbeitern und Jugendlichen wächst das Gefühl, dass die Demokratie in Gefahr ist, unabhängig davon, welchen Präsidentschaftskandidaten sie 2022 gewählt haben. Dabei geht die faschistische Gefahr nicht allein von Le Pen aus. Zwar hat ihr Verbündeter, der faschistische US-Präsident Donald Trump, gerade einen Handelskrieg gegen Europa und die Welt entfesselt, und er tritt das Recht mit Füßen, um Jugendliche, die seine Politik ablehnen, abzuschieben. Aber Macron ist keine demokratische Alternative zu Le Pen oder Trump. Macron unterstützt selbst den Völkermord in Gaza, und er ist entschlossen, die Remilitarisierung Europas zu finanzieren und hochintensive Kriege zu führen, indem er die Arbeiter ausplündert, wie seine Rentenkürzungen zeigen.
Die PES, Schwesterpartei der Sozialistischen Gleichheitspartei, lehnt es deshalb ab, das Urteil gegen Le Pen zu unterstützen. Ein Urteil des kapitalistischen Staats gegen Le Pen wegen Unterschlagung und Scheinbeschäftigung wird weder den Faschismus noch den imperialistischen Krieg stoppen. Die Gerichte stoßen Millionen von Arbeitern vor den Kopf, die bei Präsidentschaftswahlen für Le Pen stimmten und sie wieder wählen wollen. Damit verstärken sie nur das neofaschistische Narrativ, Marine Le Pen sei eine neue Jeanne d'Arc, auf die es verlogene, dem Volk feindliche linke Eliten abgesehen hätten.
Die Kraft, die gegen Faschismus und Krieg mobilisiert werden muss, ist die Arbeiterklasse. Es geht darum, in den Betrieben und unter jungen Menschen eine nachhaltige Bewegung aufzubauen, um Arbeiterinnen und Arbeiter zum Kampf gegen Macron und Le Pen zu mobilisieren. Nur so kann die arbeitende Bevölkerung über die Wählerspaltungen hinweg vereint, von Gewerkschaftsbürokraten errichtete Hindernisse im Klassenkampf beseitigt und die gesamte soziale Kraft der Arbeiterklasse gegen Faschismus, Krieg und kapitalistische Oligarchie mobilisiert werden.
Le Pen ist die Chefin des Rassemblement National (RN), einer Nachfolgepartei der Nazi-Kollaborateure und der Kolonialistenbewegung für ein französisches Algerien, die zweifellos eine faschistische Gefahr darstellt. Der deutlichste Hinweis darauf kommt von außerhalb der französischen Grenzen: Trump hat Marine Le Pen in den sozialen Medien seine Unterstützung zugesagt und sich dabei zu Unrecht auf die „Demokratie“ bezogen.
Trump verurteilte die „Hexenjagd“ der „europäischen Linken, die das Justizsystem nutzen, um die Redefreiheit zum Schweigen zu bringen“. Er betonte, er schätze Le Pens „jahrelangen harten Einsatz“, und fügte hinzu: „Kurz vor einem großen Sieg wird sie wegen einer Lappalie verurteilt.“ Er schloss mit dem Aufruf: „Freiheit für Marine Le Pen!“
Dieser Aufruf offenbart die wahre Einstellung der kapitalistischen Oligarchie gegenüber dem Rassemblement National (RN). Trump ist ein schamloser Vertreter dieser Oligarchie und des Imperialismus: Während er einen Handelskrieg anzettelt, um die internationale Arbeiterklasse auszuplündern, führt er in den Vereinigten Staaten Massenentlassungen und illegale Abschiebungen durch. Er hat offen zur Annexion Kanadas, Grönlands und Panamas aufgerufen. Er schätzt daher Le Pen auf der Grundlage seiner Klasseninteressen, weil sie versucht, die Arbeiter entlang nationaler Linien zu spalten und in Frankreich Polizeirepression und Militarismus zu schüren.
Aber das Urteil gegen Le Pen zu begrüßen, bedeutet, den Kampf gegen Faschismus und Krieg den Richtern und dem Staatsapparat unter Macron zu überlassen. Für die Arbeiterklasse ist dies eine politische Falle.
Macron ist kein Verteidiger der Demokratie, sondern ein verhasster Präsident, der gegen das Volk regiert. Er hat Streiks brutal unterdrückt, insbesondere gegen die Rentenkürzungen im Jahr 2023. 91 Prozent der französischen Bevölkerung haben diese Angriffe auf die Rente abgelehnt, doch er setzte sie durch, um die steigenden Militärausgaben zu finanzieren. Heute fordert er die Entsendung von Truppen in die Ukraine, um einen Krieg gegen Russland vom Zaun zu brechen. Dies steht im Einklang mit dem 800 Milliarden Euro schweren Aufrüstungsplan der EU für Europa.
Macron lehnt weder Faschismus noch Völkermord ab. Er hat das rechtsextreme Regime Israels verteidigt, das in Gaza einen Genozid begeht. Er hat seine Anhänger angewiesen, gemeinsam mit dem Rassemblement National auf pro-israelischen Demonstrationen mitzumarschieren. Seine Regierung ist voll von rechtsextremen Gestalten: Ein Beispiel ist der frühere Innenminister Gérald Darmanin. Was Macron von Le Pen unterscheidet, ist nicht die Frage der Demokratie, sondern sind geostrategische Differenzen über die Ausrichtung des französischen Imperialismus zwischen Washington und der Europäischen Union.
Um sowohl Le Pen als auch Macron zu bekämpfen, müssen Arbeiterinnen und Arbeiter das politische Hindernis überwinden, das die Gewerkschaftsbürokratie darstellt. Die Gewerkschaftsführer verhandeln alle mit Macron. Sie haben den Kampf gegen die Rentenkürzungen im Jahr 2023 einfach eingestellt, als diese als Gesetz verabschiedet worden waren. Bei den Wahlen 2024 haben sie die Neue Volksfront (NFP) unterstützt, und als diese ihre Kandidaten zugunsten derjenigen Macrons zurückzog, haben sie sich als Marionetten Macrons entlarvt.
Ihr führender Vertreter ist Jean-Luc Mélenchon, Vorsitzender der Neuen Volksfront (NFP) und Salonrevolutionär. Er beschwert sich jetzt, er hätte es vorgezogen, wenn das Volk – und nicht die Gerichte – Le Pen abgesetzt hätte. Aber wie kann die Bevölkerung reaktionäre Politiker wie Le Pen absetzen, solange Mélenchon der Arbeiterklasse eine politische Zwangsjacke auferlegt?
Was hat Mélenchon mit den 8 Millionen unternommen, die ihn bei den Präsidentschaftswahlen 2022 gewählt haben? Er unterstützte stillschweigend die feige Rolle der Gewerkschaftsbürokratie, als diese den Kampf gegen die Rentenkürzungen boykottierte. Er organisierte bei den Wahlen 2024 die Unterstützung der NFP für Macrons Kandidaten. Kein einziges Mal hat er einen politischen Aufruf zur Mobilisierung seiner Wähler im Kampf gegen Macron erlassen. Seine Propaganda für eine „Bürgerrevolution“ innerhalb der Nationalversammlung kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass er eine wirkliche sozialistische Revolution durch die Arbeiterklasse zurückweist.
Wie können Arbeiter diese politischen Hindernisse überwinden? Die PES ruft dazu auf, Aktionskomitees in den Betrieben, unter Jugendlichen und in Arbeitervierteln aufzubauen. Die „Gelbwesten“ haben das Potential gezeigt, das darin besteht, sich unabhängig von den Gewerkschaften, über soziale Medien, zu organisieren. Arbeiter brauchen Kampforganisationen, die in der Lage sind, die volle Kraft der Arbeiterklasse zum Einsatz zu bringen, um den Drang des Imperialismus nach Diktatur und Krieg zu brechen.
Die PES greift ein, um dieser Bewegung eine internationalistische Perspektive und ein Programm zu geben. Während Streiks und Massendemonstrationen die Türkei, Serbien, Griechenland und Spanien erschüttern, haben Arbeiter und Jugendliche in den USA den ersten nationalen Massenprotest gegen Trump organisiert. Auf der ganzen Welt drohen Kriege und explosive soziale Angriffe als Folge des Handelskriegs, und Arbeiter und Jugendliche sind bereit, sich dagegen zur Wehr zu setzen.
Die Arbeiterklasse ist eine internationale Klasse. Sie muss ihre Kämpfe international gemeinsam führen. Wenn die herrschende Klasse auf Diktatur und Krieg zu steuert, muss auch die Arbeiterklasse einen Plan und eine politische Perspektive haben: Dies ist der Kampf um die Macht, um dem Kapitalismus ein Ende zu setzen. Es ist der Kampf um eine sozialistische Zukunft, die auf Gleichheit, demokratischen Rechten und dem Ende aller imperialistischen Kriege beruht.
Dies ist das Programm der PES, der französischen Sektion des Internationalen Komitees der Vierten Internationale (IKVI) und ihres Organs, der World Socialist Web Site. Die PES ruft Arbeiter und Jugendliche auf, ihre Arbeit zu unterstützen und diese Partei mit aufzubauen. Nur wenn die Arbeiterklasse eine revolutionäre Führung hat, wird es ihr möglich sein, die Gesellschaft auf der Grundlage sozialer Bedürfnisse, und nicht des privaten Profits, neu zu organisieren.
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