In seiner Rede am Wahlabend des 4. November hatte Zohran Mamdani, designierter Bürgermeister von New York City und Mitglied der Democratic Socialists of America (DSA), lauthals verkündet, sein Sieg werde eine „Generation des Wandels“ einläuten. „Wenn wir diesen mutigen neuen Kurs einschlagen“, so Mamdani, „können wir auf Oligarchie und Autoritarismus mit der Stärke reagieren, die sie fürchtet, und nicht mit der Beschwichtigung, nach der sie sich sehnt.“
Direkt auf Trump bezogen, fügte Mamdani damals hinzu: „Wenn es einen Weg gibt, einen Despoten in Angst und Schrecken zu versetzen, dann ist es der Abbau genau derjenigen Bedingungen, die es ihm ermöglicht haben, Macht anzuhäufen.“ Kaum zwei Wochen später hat Mamdani nun eben jenen „Despoten“ im Weißen Haus besucht und eine „Partnerschaft“ mit Trump angekündigt. Mamdanis „mutiger neuer Kurs“ ist, wie sich herausstellt, weder mutig noch neu, und er führt direkt in die Arme des faschistischen Präsidenten.
Die unmittelbare politische Folge von Mamdanis Besuch wird sein, genau diejenigen Menschen zu verwirren und zu desorientieren, die ihn ins Amt gebracht haben. Schließlich war ein wesentlicher Faktor für Mamdanis Sieg der weit verbreitete und besondere unter den Jungen tief empfundene Hass auf Trump. Dies bestätigt die Tatsache, dass es in breiteren Bevölkerungsschichten und selbst im Finanzzentrum des Weltkapitalismus, New York City, eine bedeutende Unterstützung für den Sozialismus gibt. Mamdanis öffentliche Unterstützung für Trump wird diese Stimmung frustrieren und demoralisieren, was auch beabsichtigt ist.
Die Art und Weise, wie die DSA und ihre Publikationen, insbesondere das Magazin Jacobin, darauf reagieren, ist grotesk, zynisch und verlogen. In zwei Artikeln („Die Rechte weiß nicht, was sie mit Zohran Mamdani anfangen soll“ von Ben Burgis, und „Zohran Mamdani wusste mit Donald Trump umzugehen“ von Peter Dreier) präsentiert Jacobin die Unterwürfigkeit des designierten Bürgermeisters gegenüber Trump als einen strategischen Geniestreich dar.
Burgis erklärt Trumps Begeisterung für Mamdani damit, dass der faschistische Präsident „offenbar von dem designierten Bürgermeister angetan war“. Trump, so Burgis, habe nach dem Treffen festgestellt, dass er und Mamdani „in viel mehr Punkten übereinstimmen, als ich gedacht hätte“.
Burgis geht jedoch nicht auf den tatsächlichen politischen Inhalt dieser Übereinstimmung ein, wie er in der Pressekonferenz zum Ausdruck kam. Trump lobte zum Beispiel Mamdanis Entscheidung, die New Yorker Polizeichefin Jessica Tisch im Amt zu belassen, – Tisch ist eine Verbündete Trumps, die als Polizeichefin brutal gegen Anti-Völkermord-Demonstrierende vorgeht. Mamdani seinerseits unterstützte Trumps falschen „Friedensplan“ in Gaza (den keiner der beiden Artikel auch nur erwähnt). Bezeichnenderweise unterstützt er auch die einwandererfeindlichen Maßnahmen der Regierung. Wie Trump während der Pressekonferenz sagte: „Wenn es schreckliche Menschen gibt, wollen wir sie loswerden. (...) Er [Mamdani] will sie noch mehr loswerden als ich.“
Um Trumps offensichtlichen Sinneswandel zu erklären, greift Burgis auf Populärpsychologie zurück. Trump, so behauptet er, habe einen „tierischen Instinkt, diejenigen zu schikanieren, die verletzlich wirken, aber Charismatischen und Beliebten schön zu tun“. Burgis vermutet, dass Trump nach dem Treffen mit Mamdani kurzzeitig „benommen und lächelnd“ zurückgeblieben sei und nicht gewusst habe, wie weiter vorzugehen.
Der Titel des Artikels behauptet, dass „die Rechte nicht weiß, was sie mit Zohran Mamdani anfangen soll“. Tatsächlich weiß sie das sehr wohl. Sie nutzt Mamdanis erbärmlichen Opportunismus schamlos aus.
Peter Dreier folgt dem gleichen Grundschema. Er lobt den „klugen, gut aussehenden und charismatischen“ Mamdani für seine „Charmeoffensive“. Er schreibt, dass sich Trump aufgrund sinkender Umfragewerte und anderer Krisenanzeichen „derzeit wohl in Selbstmitleid suhlt. Mehr als alles andere benötigt er gute Fototermine und Schmeicheleien. Mamdani, der intelligenter, strategischer und disziplinierter ist als Trump, kam ihm entgegen.“
Dreier verzichtete, vielleicht eingedenk der Sprache von Mamdanis Siegesrede, auf den Ausdruck „beschwichtigen“. Dessen ungeachtet ist das, was Jacobin als politische Tugend darstellt, ein unglaublich vernichtendes Eingeständnis: Trump „benötigt“ schmeichelhafte Fototermine – und Mamdani „kam ihm entgegen“. Das ist das Eingeständnis, dass Mamdani Trump unter Bedingungen einer zunehmenden Krise und des anwachsenden Widerstands in der Bevölkerung genau das liefert, was er braucht.
Allerdings war das Treffen zwischen Mamdani und Trump kein improvisierter PR-Gag. Es war ein politischer Akt. In den Tagen unmittelbar nach seinem Wahlsieg wandte sich Mamdanis Team an das Weiße Haus, um das Treffen zu vereinbaren. Dies war eine bewusste Entscheidung, die darauf abzielte, eine „Partnerschaft“ mit der faschistischen Trump-Regierung einzugehen, ein Regime zu legitimieren, das einen Krieg gegen demokratische Rechte führt, und die Fiktion zu verbreiten, dass Trump eine Art „Populist“ und kein Vertreter der Oligarchie sei.
Mamdanis Äußerungen lassen keine andere Interpretation zu. Tatsächlich wurde Mamdani am Sonntag in einem Interview in der NBC-Sendung „Meet the Press“ gefragt, ob er Trump immer noch als „Faschisten“ betrachte. Der designierte Bürgermeister erklärte: „Das habe ich in der Vergangenheit gesagt. Ich sage es auch heute.“ Schnell fügte er hinzu, dass er „an dem Gespräch“ mit Trump besonders geschätzt habe, dass man „sich darauf konzentrieren wollte, wie eine gemeinsame Analyse der Krise der bezahlbaren Wohnungen für die New Yorker aussehen könnte“. Was ist schon ein bisschen Faschismus zwischen angehenden politischen Verbündeten?
Man könnte sich fragen, welche „gemeinsame Analyse“ ein vermeintlicher „Demokratischer Sozialist“ wohl mit einem faschistischen Vertreter der kapitalistischen Oligarchie zur „Krise der bezahlbaren Wohnungen“ in New York oder anderswo haben könnte?
Die Antwort findet sich nicht in der Pseudo-Psychoanalyse von Jacobin, sondern in der Klassenanalyse des Marxismus. Die DSA spricht für privilegierte Teile der oberen Mittelschicht, die sich vehement dagegen wehren, den Reichtum grundlegend umzuverteilen. Die DSA ist von der Oligarchie und dem Staatsapparat nicht unabhängig und war es nie. Politisch gesehen ist sie eine Fraktion der Demokratischen Partei, und diese ist eine Partei der Wall Street und der Militär- und Geheimdienste.
Ein wichtiger Faktor für die Begeisterung der DSA für Mamdani und seine Trump-Begeisterung ist das Gefühl innerhalb dieser Schichten, dass Trump doch gar nicht so schlimm sei. Diktatur, Faschismus, Völkermord, Massendeportationen – alles ist offenbar in Ordnung, solange für die pseudolinke Oberschicht ein wenig Spielraum bleibt.
Es gibt einen Präzedenzfall für diese Art der „linken“ Zusammenarbeit mit der extremen Rechten. Im August 1939 unterzeichnete Stalins Sowjetunion den berüchtigten Hitler-Stalin-Pakt und verbündete sich mit Nazi-Deutschland in einem befristeten „Nichtangriffsabkommen“, das Millionen von Arbeitern verwirrte und den Weg für den Zweiten Weltkrieg ebnete. Die heutige Allianz zwischen Mamdani und Trump folgt einer ähnlichen Logik. Und innerhalb der DSA, insbesondere bei Jacobin, ist der Einfluss des Stalinismus sehr stark.
Wie die WSWS vor zehn Jahren nach den Erfahrungen mit Syriza in Griechenland schrieb, lautet die Antwort auf die Frage „Was ist die Pseudolinke?“:
Die Pseudolinke ist antisozialistisch. Sie lehnt den Klassenkampf ab und leugnet die zentrale Rolle der Arbeiterklasse ebenso wie die Notwendigkeit einer Revolution für die fortschrittliche Umgestaltung der Gesellschaft. Sie stellt der unabhängigen politischen Organisation und Massenmobilisierung der Arbeiterklasse gegen das kapitalistische System einen klassenneutralen Populismus entgegen. Das Wirtschaftsprogramm der Pseudolinken ist im Wesentlichen prokapitalistisch und nationalistisch. [David North, „Die Frankfurter Schule, die Postmoderne und die Politik der Pseudolinken“, Essen 2015, S. 31-32]
Mamdanis Handlungen zeigen einmal mehr, dass die Verwendung des Begriffs „Pseudolinke“ keine bloße Beleidigung oder leere Floskel ist, sondern eine politische und klassenspezifische Charakterisierung. Diese Kräfte haben nichts „Linkes“ an sich.
Mamdani traf sich mit Trump zu einem Zeitpunkt, als dieser damit drohte, führende Mitglieder der Demokratischen Partei hinrichten zu lassen, als er gerade Razzien im Gestapo-Stil gegen Einwanderer in Charlotte anordnete und den Völkermord in Gaza unterstützte, und als er sich darauf vorbereitete, das Militär gewaltsam gegen Proteste im Innern einzusetzen. Das sind ungeheure Verbrechen mit weitreichenden Folgen, und die DSA macht sich zum Komplizen.
Die Ereignisse der letzten Tage müssen ein Weckruf für alle sein, die einen wirklichen Kampf gegen Faschismus und Diktatur und für Sozialismus aufnehmen wollen.
Was Mamdani betrifft, so wird ihn sein Treffen mit Trump noch vor seinem offiziellen Amtsantritt für alle Zeiten als politischen Schurken der übelsten Sorte brandmarken. Die Hunderttausenden Arbeitenden und Jugendlichen, die Mamdani bei der Wahl unterstützt haben, weil seine Rhetorik sie ansprach, und die seinen Sieg als Hoffnungszeichen betrachteten, müssen die Lehren daraus ziehen.
Der Kampf für echten Sozialismus und für Arbeiterinteressen erfordert einen unversöhnlichen Bruch mit der Demokratischen Partei und der bankrotten Politik der Pseudolinken. Deren Strategie führt nicht zum Sozialismus, sondern zu Verwirrung, Demoralisierung und Verrat.
Aufgrund dieser Erfahrung muss es nun darum gehen, wie Lenin sagte, tiefer in die Massen der Arbeitenden und Jugendlichen einzutauchen, den Klassenkampf in den Betrieben, Fabriken und an jedem Arbeitsplatz zu entwickeln und eine revolutionäre Führung aufzubauen. Wir fordern alle, die diesen Kampf als notwendig erkennen, dazu auf, sich der Socialist Equality Party anzuschließen und die politische Bewegung aufzubauen, die erforderlich ist, um den Kapitalismus, den Faschismus und den Krieg zu beenden.
