30 Jahre seit der Wiedervereinigung

Am 3. Oktober 1990 wurde die Deutsche Demokratische Republik (DDR), ein Staat mit 17 Millionen Einwohnern, 41 Jahre nach ihrer Gründung aufgelöst und auf kapitalistischer Grundlage in die Bundesrepublik Deutschland eingegliedert. Etwas mehr als ein Jahr später folgte die offizielle Auflösung der Sowjetunion durch die stalinistische Bürokratie.

Der Zusammenbruch der stalinistischen Regime war alles andere als ein „Sieg“ der liberalen Demokratie und des Kapitalismus. Er brachte vielmehr in konzentrierter Form die Krise des Weltimperialismus zum Ausdruck. Er bestätigte die Analyse Trotzkis, dass der Stalinismus eine konterrevolutionäre Rolle spielte, und leitete eine neue Periode imperialistischer Kriege und sozialer Revolutionen ein.

Gerade in Deutschland wurde dies überaus deutlich. Auf die Wiedervereinigung folgten, erst in Kroatien und dann im Kosovo, die ersten Militäreinsätze der deutschen Bourgeoisie im Ausland seit dem Sturz des Naziregimes 1945. Mittlerweile ist die Rückkehr des deutschen Militarismus weit fortgeschritten. Die deutsche herrschende Klasse baut systematisch faschistische Kräfte innerhalb des Staatsapparats und der Armee auf und verharmlost zugleich die Verbrechen des Nationalsozialismus.

Das IKVI trat inmitten der Krise des Stalinismus in der UdSSR und der DDR für das Programm des sozialistischen Internationalismus ein und kämpfte für eine politische Revolution der Arbeiterklasse gegen die Bürokratie. Die deutsche Sektion des IKVI verbreitete Tausende von Flugblättern und trotzkistische Literatur unter den Arbeitern in der DDR, und Vertreter des Internationalen Komitees reisten 1989–1991 in die Sowjetunion.

Es war der wichtigste Versuch der Vierten Internationale, in dieser Region Sektionen zu gründen, seit Tausende Trotzkisten und Revolutionäre im Großen Terror des Stalinismus ermordet worden waren. Die Voraussetzungen für diese systematische Offensive waren in erster Linie durch den Ausschluss der Pablisten aus dem Internationalen Komitee geschaffen worden: Die Spaltung mit der Workers Revolutionary Party 1985–1986 hatte die Grundlage für eine Renaissance des Marxismus im Internationalen Komitee der Vierten Internationale gelegt.

Doch das sozialistische und historische Bewusstsein der sowjetischen und internationalen Arbeiterklasse war durch die kombinierte Wirkung von Stalinismus und Pablismus stark untergraben worden. Jahrzehntelang hatten sie die Arbeiter und Intellektuellen von der trotzkistischen Bewegung abgeschnitten. Aus diesem Grund gelang es den stalinistischen Bürokratien, ihre Krise im eigenen Interesse zu lösen, d. h., die Konterrevolution gegen den Oktober 1917 zu vollenden und das Privateigentum wiederherzustellen.

Auf dem 12. Plenum des IKVI im März 1992 analysierte David North die Ursachen für die Auflösung der UdSSR und die Aufgaben der Vierten Internationale:

'Der Stalinismus machte sich daran, die größte Errungenschaft des Marxismus zu zerstören: das revolutionäre politische Bewusstsein der Arbeiterklasse, die Verwandlung einer unterdrückten und ausgebeuteten Masse in eine bewusste historische Kraft... Der Vierten Internationale unter der Führung des Internationalen Komitees fällt die Aufgabe zu, die große politische Kultur des Marxismus in der Arbeiterklasse wiederherzustellen. Das ist die einzige Grundlage, auf der eine wirklich revolutionäre Arbeiterbewegung aufgebaut werden kann.'

Ostdeutscher Ministerpräsident Hans Modrow, westdeutscher Kanzler Helmut Kohl, Bürgermeister von Westberlin Walter Momper und andere Vertreter nehmen an der offiziellen Öffnung des Brandenburger Tors am 22. Dezember 1989 teil.
Das Ende der DDR und die Krise des Weltkapitalismus
Eine neue Periode imperialistischer Kriege und sozialistischer Revolution