Hessische Polizei wird militärisch aufgerüstet

Die schwarz-grüne Landesregierung in Hessen baut in hoher Geschwindigkeit einen Polizeistaat auf. Innenminister Peter Beuth (CDU) präsentierte kürzlich auf einer Pressekonferenz ein ganzes Arsenal modernster Überwachungs- und Kampftechnologien, die hessischen Polizisten künftig zur Verfügung stehen werden. Neben neuen Waffen sind darunter auch Überwachungsdrohnen, neue Motorräder und selbstfilmende Autos sowie hieb- und stichfeste Schals. Auch die digitale Hochrüstung der Polizei mit Silicon-Valley-Technologien zur Überwachung der Bevölkerung setzt in Europa neue Maßstäbe.

Bereits der Haushaltsplan des vergangenen Jahres hatte „die Innere Sicherheit mit einem Maßnahmenpaket in historischer Dimension“ gestärkt, so das Hessische Innenministerium auf seiner offiziellen Homepage. 2017 wurden allein für neue Dienstwaffen, Fahrzeuge und Schutzbekleidung rund 51 Millionen Euro ausgegeben. Im Doppelhaushalt 2018/2019 sollen nun für diese Zwecke nach Angaben des Ministeriums weitere 136,7 Millionen Euro bereitgestellt werden, das entspricht einer jährlichen Steigerung von über 21%.

Insgesamt investiert die Hessische Landesregierung so viel Geld wie noch nie in den Bereich der Inneren Sicherheit. Seit 1999 hat sich der Betrag auf 1,6 Milliarden Euro mehr als verdoppelt. Die innere Sicherheit werde „oberste Priorität haben“, brüstete sich der Innenminister.

Mit dieser horrenden Aufrüstung soll die Polizei zu einer paramilitärischen Einheit ausgebaut werden, die in der Lage ist, Aufstände, Streiks und Massenproteste niederzuschlagen und jeden sozialen und politischen Widerstand brutal zu unterdrücken. Daran lassen die Anschaffungspläne, über die die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtete, keinen Zweifel.

Den Berichten zufolge sollen Beamte künftig „auch mit Kriegswaffen wie Sturmgewehren auf Streife gehen“. Die Rede ist dort vom Sturmgewehr G36 oder einem neueren Modell, das „zur Grundausstattung von Streifenbeamten“ gehören soll. Neben diesen martialischen Tötungsmaschinen ist die Anschaffung einer neuen Mitteldistanzwaffe und 1.200 weiterer ballistischer Hals-Schulter-Tiefschutzpakete geplant. Für die persönliche Ausstattung der Beamten sollen 4.700 weitere Sets mit Arm- und Beinprotektoren, knapp 400 Body-Cams, 9.700 ballistische Schutzwesten mit integriertem Stichschutz sowie 10.000 Schnittschutzschals angeschafft werden.

Die hessische Polizei soll landesweit mit Distanzelektroimpulsgeräten, sogenannten Tasern, ausgestattet werden. „Der Taser hat sich bewährt. Er soll die Schusswaffen bei der Polizei nicht ersetzen, wird aber als taktisches Einsatzmittel eine sinnvolle Ergänzung sein“, erklärte Beuth. Mit anderen Worten: Er soll Gewaltanwendung vonseiten der Polizei nicht einschränken, sondern im Gegenteil vereinfachen.

Moderne Kampfmittel sind jedoch nur die Spitze des Eisberges. Die Landesregierung will völlig neue Einheiten bilden, die im Aufgabenbereich zwischen Polizeistreifen und Spezialeinheiten operieren sollen.

Speziell bewaffnete und geschulte Polizisten in regelrechten Plattenharnischen sollen sogenannte „Not-Interventionsteams“ (NIT) bilden. Für sie soll weitere ballistische Schutzausrüstung, besonders gegen Gewehre und Maschinenpistolen, beschafft werden.

Diese „Not-Interventionsteams“ sollen dann, mit Sturmgewehren bewaffnet, in Frankfurt, Wiesbaden und andernorts in normalen Streifenwagen auf Patrouille gehen.
Bisher haben in Hessen 2500 Beamte eine NIT-Ausbildung durchlaufen.
Das Training selbst, das unter dem Namen „Intervention bei lebensbedrohlichen Einsatzlagen“ absolviert wird, besteht aus unterschiedlichen möglichst realitätsnahen Szenarien, darunter Häuserkämpfen und Gefechten in städtischer Umgebung.

Neben den neuen NIT soll auch die Beweis- und Festnahmeeinheit (BFE) der Bereitschaftspolizei massiv gestärkt werden. Obwohl die BFE, die vor allem bei Demonstrationen und Protesten zum Einsatz kommt, bereits mit neuen modernen Gewehren ausgestattet wurde, läuft derzeit die Beschaffung von 1.500 weiteren Langwaffen.

Die Standard-Maschinenpistole der Einheit soll sukzessive durch das leistungsstärkere G36 ersetzt werden. Die Beamten der BFE sollen der FAZ zufolge von nun an „als Bindeglied zwischen den Not-Interventionsteams und den Spezialeinheiten“ fungieren. Schon im vergangenen Jahr wurde die BFE mit neuen Helmen und robusteren Westen ausgestattet, die einen besonderen ballistischen Schutz gewähren und auch dem Beschuss mit einer Kalaschnikow standhalten.

In den nächsten beiden Jahren werden außerdem 120 Stellen in der Verwaltung der Polizei und des Verfassungsschutzes geschaffen. Insgesamt, so kündigte Innenminister Beuth an, werden in den nächsten drei Jahren 1.520 zusätzliche Polizisten im Dienst des hessischen Staates stehen. Das ist eine Steigerung um 11 Prozent.

Parallel dazu haben mehrere hessische Städte angekündigt, die öffentliche Videoüberwachung weiter auszubauen. Mit 1,3 Millionen Euro pro Jahr fördert das Land diese Vorhaben ebenfalls deutlich stärker als zuvor und schafft zusätzlich noch selbst weitere Überwachungstechnologien an.

So sollen zwei Flotten von modifizierten Polizeifahrzeugen erworben werden, eine davon mit integriertem Autokennzeichenlesegerät. Die andere Streifenwagenflotte soll auf dem Dach mit filmenden Blaulichtern ausgestattet sein, die ihre Bilder live in die Leitstellen übermitteln können. Auch die neuen Motorräder sollen über Bluetooth mit einer Minikamera versehen sein, die etwa bei Verfolgungsfahrten Bilder aufzeichnen und übertragen kann.

Zur Spurensicherung sollen in solchen Fällen künftig auch Drohnen eingesetzt werden, hieß es in der FAZ. In einem Pilotprojekt wurden Bilder von mittlerweile so hoher Qualität erzielt, dass Drohnen zunehmend die Aufgaben von Hubschraubern übernehmen können, denen sie wegen geringerer Lautstärke und damit größerer Akzeptanz bei der Bevölkerung überlegen sind.

Besonders weitgehend ist auch die Anschaffung von „Hessen-Data“, der neuen Analyseplattform des Staatsschutzes. „Wir haben die Polizeiarbeit damit in ein neues Zeitalter gehoben“, sagte Beuth dazu Anfang des Monats. Es ermöglicht den Ermittlern etwa, auf Tastendruck zu sehen, welche Verdächtigen untereinander per Telefon oder Mail Kontakt haben oder wo in der Nachbarschaft vorbestrafte Menschen wohnen. Rund 120 Staatsschützer wurden laut Ministerium bereits in der Software geschult. Alle sieben Polizeipräsidien sowie das Landeskriminalamt arbeiten schon jetzt mit ihr.

„Hessen-Data“ basiert auf einer Software des amerikanischen Unternehmens Palantir Technologies, ein von der CIA unterstütztes Start-Up des aus Frankfurt stammenden amerikanischen Milliardärs und Hedgefond-Managers Peter Thiel. Die Produkte von Palantir werden nicht nur in der Betrugsverhinderung bei JPMorgan eingesetzt, sondern finden in den Händen der amerikanischen Einwanderungsbehörde auch bei der Verfolgung von mexikanischen Immigranten Verwendung. Zu den Kunden von Palantir gehören neben CIA, FBI, NSA, den Marines und der Air Force außerdem die US-amerikanischen Ministerien für Verteidigung und Heimatschutz – und nun auch das hessische Innenministerium.

Die Aufrüstung der Polizei in Hessen ist Teil einer grundlegenden Entwicklung. Überall wachsen autoritäre Tendenzen und werden Unterdrückungsmaßnahmen in die Tat umgesetzt. Die Bundeswehr trainiert den Bürgerkrieg im Inland, die Große Koalition will 7.500 neue Sicherheitskräfte einstellen und in ganz Europa und Nordafrika wird ein umfassendes Lagersystem für Flüchtlinge errichtet.

Der Grund für diese Staatsaufrüstung ist der wachsende Konflikt zwischen der herrschenden Klasse und der großen Mehrheit der Bevölkerung. Die Politik von Krieg und sozialer Ungleichheit lässt sich nur mit diktatorischen Mitteln durchsetzen.

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