Demo gegen Polizeigesetz in Hannover: Nein zu Rechtsruck, Krieg und sozialer Ungleichheit

Am Samstag demonstrierten in Hannover rund 10.000 Menschen gegen das niedersächsische Polizeigesetz (POG). Neben Parteien und Organisationen hatten auch zahlreiche Fußball-Fangruppen und kleinere Initiativen zum Protest aufgerufen. Viele Demonstranten wandten sich nicht nur gegen das Polizeigesetz, sondern auch gegen den zunehmenden Rechtsruck, gegen Militarismus und gegen die wachsende soziale Ungleichheit.

Demo gegen Polizeigesetz in Hannover: Nein zu Rechtsruck, Krieg und sozialer Ungleichheit

Hintergrund ist die Neufassung des Polizeigesetzes. Wie bereits in anderen Bundesländern sollen auch in Niedersachsen mit dem NPOG die Befugnisse der Sicherheitsbehörden massiv erweitert und gleichzeitig elementare Bürgerrechte beschnitten werden.

Künftig reicht bereits ein Verdacht, damit die Polizei drastische Maßnahmen einsetzen kann. So kann diese bei Fällen von „schweren organisierten Gewaltstraftaten“ oder Terrordelikten schon Verdächtige dazu zwingen, elektronische Fußfesseln zu tragen. Die Unschuldsvermutung ist damit weitgehend außer Kraft gesetzt. Auch darf bereits bei Verdacht auf „nicht geringfügige Ordnungswidrigkeiten“ unter bestimmten Voraussetzungen Videoüberwachung im öffentlichen Raum eingesetzt werden. Auch das Abhören von Telefongesprächen und Abfangen von E-Mails und Chat-Nachrichten wird massiv ausgeweitet und kann faktisch jederzeit durchgeführt werden. Dazu werden so genannte Staats-Trojaner eingesetzt.

Der Niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) begründete das neue Gesetz mit der „Abwehr des islamistisch motivierten Terrorismus“. Tatsächlich dienen die neuen Polizeigesetze in Niedersachsen, Bayern und anderen Bundesländern nicht dem Schutz vor Terrorismus. Vielmehr sollen damit Methoden des Polizeistaats etabliert und gegen jede Opposition eingesetzt werden. Wie in Berlin regiert auch in Niedersachsen eine Koalition aus CDU und SPD. Auf Bundes- und Landesebene vertritt die Große Koalition ein rechtes Programm von Militarismus, Sozialkürzungen und Hetze gegen Flüchtlinge.

Die große Demonstration in Hannover zeigt, dass diese Politik auf breite Ablehnung in der Bevölkerung stößt. Viele Demonstranten sind sich über den Zusammenhang zwischen der verhassten Politik von Krieg und Sozialkürzungen und dem Polizeigesetz bewusst. „Kampf dem Rechtsruck heißt nein zum Polizeigesetz“, stand auf einem großen Transparent. „Es geht darum, die unteren Schichten, die keinen Zugang zu Bildung und Wohlstand haben, noch tiefer zu drücken“, sagt ein Teilnehmer. „Die politische Klasse in diesem Land bereitet sich darauf vor, dass es wegen der wachsenden sozialen Probleme mehr Unruhen geben kann und da verschafft man sich jetzt schon die gesetzlichen Handhaben damit man dagegen vorgehen kann“, erklärt ein anderer. „Man bereitet sich auf große soziale Auseinandersetzungen vor.“

Jens (37), der momentan arbeitslos ist, kam aus Wolfsburg zur Demonstration. Er ist empört über die zunehmende Überwachung durch die Polizei. „Die Möglichkeiten Mails und Telefonate zu überwachen werden grenzenlos“, erklärt er. Jeder sei künftig verdächtig, egal ob er tatsächlich eine Straftat begangen hat oder nicht. Sorgen macht ihm die Aufrüstung nach Innen vor allem vor dem Hintergrund der Militarisierung nach außen. „Auch in die Bundeswehr wird immer mehr Geld reingesteckt“. Jens sieht eine klare Rechtsentwicklung der gesamten Politik. „CDU, SPD oder AfD arbeiten alle zusammen und verabschieden solche Gesetze“, kritisiert er.

Die Rückkehr des deutschen Militarismus, die von allen etablierten Parteien vorangetrieben wird, stößt auf massive Ablehnung. „Dass von der Leyen den Militäretat auf zwei Prozent erhöhen will, das geht nicht. Das ist auch mit der Bevölkerung nicht abgestimmt“, sagt ein junger Demonstrant. „Das ist nicht demokratisch und gegen so etwas müssen wir auf die Straße gehen.“ Eine andere erklärt, dass die zwei Prozent für die Verteidigung gar nicht nötig seien und vielmehr offensive Ziele verfolgt würden. „Aber das soll und darf nicht das Ziel Deutschlands sein.“

Zahlreiche Plakate erinnern an die Zeit des Nationalsozialismus. Eine junge Teiknehmerin sagt, dass sie Angst habe. „Vor allem wenn man sich vorstellt, dass die AfD größer wird und an die Regierung kommt und dann diese Möglichkeiten hat mit der Polizei zusammenzuarbeiten. Da denke ich an den Aufstieg des Nazi-Regimes.“

Adnan, der vor vielen Jahren aus der Türkei nach Deutschland kam, macht auf die engen Verbindungen der Polizei mit dem rechtsextremen Milieu aufmerksam. „Ich habe keine Angst vor dem angeblichen Terror, aber vor der Polizei“. Er verweist auf die jüngsten Ereignisse in Chemnitz. „Ein paar Nazis können Jagd auf Ausländer machen und die Polizei unternimmt nichts.“ Angesprochen auf die Tatsache, dass Innenminister Seehofer, der sächsische Ministerpräsident Kretschmer und Verfassungsschutzchef Maaßen den brauen Mob offen unterstützen, sagt Adnan, er baue nicht auf „diese rechten Leute“. Er wisse, dass die Mehrheit der einfachen Leute nicht so denken.

Auch Saskia, eine Studentin aus Hannover, hat keine Illusionen in die etablierten Parteien. Angesprochen auf die Rolle von SPD, Grünen und Linkspartei, findet sie es „dreist“, dass deren Jugendorganisationen auf der Demo auftreten, als wären sie gegen diese Gesetze. „Diese Parteien sind kaum zu unterscheiden in ihrer Politik“. Appelle an das Parlament in Niedersachsen und die darin vertretenen Parteien hält sie daher für „Unsinn“.

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