Den folgenden Vortrag hielt Keith Jones, der nationale Sekretär der Socialist Equality Party (Kanada), bei der internationalen Schulungswoche der SEP (USA), die vom 30. Juli bis 4. August 2023 stattfand.
Der Eröffnungsbericht des Vorsitzenden der internationalen WSWS-Redaktion, David North, mit dem Titel „Leo Trotzki und der Kampf für den Sozialismus in der Epoche des imperialistischen Kriegs und der sozialistischen Revolution“ ist am 12. August 2023 erschienen. Auch der zweite Vortrag, „Die historischen und politischen Grundlagen der Vierten Internationale“ (17. September 2023), der dritte Vortrag, „Der Ursprung des pablistischen Revisionismus, die Spaltung in der Vierten Internationale und die Gründung des Internationalen Komitees“ (29. September 2023) und der vierte Vortrag „Die kubanische Revolution und die Opposition der SLL gegen die prinzipienlose Wiedervereinigung von 1963 mit den Pablisten“ (15. Dezember 2023) wurden in deutscher Sprache publiziert. In den kommenden Wochen wird die WSWS alle weiteren Vorträge der Schulung veröffentlichen.
Einleitung
Im Januar 1961 nahmen die britischen Trotzkisten den Kampf auf gegen die immer deutlichere Übernahme pablistischer Positionen durch die Socialist Workers Party in den USA und ihre organisatorischen Annäherungsversuche an das pablistische Internationale Sekretariat.
In einem Brief an die SWP-Führung stellten sie zwei zentrale Aussagen heraus:
Erstens: „Jedes Abweichen von der Strategie der politischen Unabhängigkeit der Arbeiterklasse und des Aufbaus revolutionärer Parteien wird die Bedeutung eines Fehlers der trotzkistischen Bewegung von weltgeschichtlichem Ausmaß annehmen.“
Und zweitens, weitgehend eine Schlussfolgerung daraus: „Es ist an der Zeit, die Periode zu beenden, in der der pablistische Revisionismus als eine Strömung innerhalb des Trotzkismus betrachtet wurde.“[1]
In den zweieinhalb Jahren zwischen ihrem Brief vom 2. Januar 1961 an das Nationalkomitee der Socialist Workers Party in den USA und dem Wiedervereinigungskongress der Pablisten im Juni 1963 hat die Socialist Labour League (SLL) diese Warnungen bekräftigt und theoretisch ausführlich begründet: Die prinzipienlose Wiedervereinigung der SWP mit den Pablisten würde, so die SLL, zu politischen Katastrophen für die Arbeiterklasse führen.
Diese Einschätzung bestätigte sich nur zwölf Monate später durch den großen Verrat in Ceylon, dem heutigen Sri Lanka. Am 9. Juni 1964 trat die pablistische Lanka Sama Samaja Party (LSSP) inmitten einer massiven Krise auf der Insel, die revolutionäre Möglichkeiten bot, in die Regierung der Sri Lanka Freedom Party (SLFP) von Frau Sirimavo Bandaranaike ein. Zum ersten Mal trat damit eine Partei, die sich als trotzkistisch bezeichnete und historisch mit der Vierten Internationale in Verbindung gebracht wurde, in eine bürgerliche Regierung ein.
Das Internationale Komitee der Vierten Internationale (IKVI) erkannte sofort die weltgeschichtliche Bedeutung dieses Verrats. Gerry Healy reiste im Juni 1964 nach Colombo, um auf dem LSSP-Kongress, der die Koalition mit der SLFP beschloss, zu intervenieren.
In einer Erklärung vom 5. Juli 1964 kam das IKVI zu der folgenden richtungsweisenden Schlussfolgerung über die konterrevolutionäre Rolle des Pablismus und die Dringlichkeit, die Opposition gegen dessen liquidatorische Politik ins Zentrum seines Kampfs zu stellen. Dieser Kampf musste darin bestehen, die Krise der revolutionären Führung durch den Aufbau revolutionärer Arbeiterparteien (Sektionen des IKVI) zu lösen. In der Erklärung heißt es:
Der Eintritt von Mitgliedern der LSSP in die Bandaranaike-Koalition bezeichnet das Ende einer ganzen Entwicklungsepoche der Vierten Internationale. Der Revisionismus in der trotzkistischen Weltbewegung hat seinen Ausdruck im direkten Dienst am Imperialismus, in der Vorbereitung einer Niederlage der Arbeiterklasse gefunden.[2]
Die Lehren aus dem Kampf gegen die Wiedervereinigung und ihre Bestätigung im Negativen in Ceylon waren die notwendige Grundlage für die weitere Entwicklung des IKVI. Ein unmittelbares Ergebnis davon war die Gründung neuer IK-Sektionen in den USA (Workers League) und Sri Lanka (Revolutionary Communist League, RCL).
Die Wurzeln der Workers League lassen sich zurückverfolgen bis zu der von Tim Wohlforth angeführten Minderheit in der SWP, die seit 1961 mit dem IKVI zusammenarbeitete und sich unter dessen Disziplin der Wiedervereinigung mit den Pablisten widersetzte. Entscheidend in dem Prozess der politischen Klärung und Herausbildung der IKVI-treuen Minderheit und der Gründung der Workers League waren aber die Ereignisse in Sri Lanka und die Lehren daraus.
Die SWP hatte sich 1953 gegen Pablo gestellt. Aber 1963 brach sie mit dem IKVI und schloss sich wieder mit den Pablisten zusammen. Dabei übernahm sie die antitrotzkistische Perspektive der Pablisten und unterdrückte eine Diskussion über die Differenzen, die ein Jahrzehnt zuvor zur Spaltung geführt hatten.
In Ceylon hingegen hatte es nie eine IK-Sektion oder eine mit ihm sympathisierende Sektion gegeben. 1953-1954 hatte die LSSP keine eindeutige Haltung zum Kampf gegen Pablo eingenommen. Schließlich hatte sie sich dafür entschieden, in der pablistischen „Vierten Internationale“ zu bleiben und Pablo und das Internationale Sekretariat mit ihrem Prestige aufzuwerten, um im Gegenzug freie Hand für ihre mehr und mehr national-opportunistische Politik zu haben.
In den USA wie auch in Sri Lanka erwies sich die Intervention der SLL als entscheidend, um die Kräfte zu mobilisieren, die sich vom Verrat der Pablisten an der permanenten Revolution und am Kampf für die politische Unabhängigkeit und Hegemonie der Arbeiterklasse abgestoßen fühlten, und ihnen eine echte trotzkistische Orientierung und ein Programm zu geben. In beiden Fällen brauchte es eine Phase der politischen Klärung und Abgrenzung von kleinbürgerlichen Kräften, die vorgaben, in Bezug auf die SWP die Wiedervereinigung und in Bezug auf Sri Lanka den großen Verrat abzulehnen. Erst dann konnten neue trotzkistische Parteien – die Workers League und die RCL – entstehen konnten.
Der erste Teil dieses Vortrags befasst sich mit dem im pablistischen Opportunismus wurzelnden großen Verrat der LSSP, seinen Auswirkungen und seiner Bedeutung, sowie mit dem Kampf des IKVI, daraus Lehren für die sri-lankische und internationale Arbeiterklasse abzuleiten.
Im zweiten, kürzeren Teil geht es um die Ursprünge der Socialist Equality Party (SEP) in den USA: die Entstehung, politische Differenzierung und Herauskristallisierung einer IKVI-treuen Minderheit im Kampf gegen die Kapitulation der SWP vor dem pablistischen Opportunismus.
In dieser Hinsicht spielten die Ereignisse in Ceylon – ihre Ursachen, Bedeutung und politischen Lehren – eine wichtige Rolle. Diese Ereignisse waren, wie dieser Vortrag zeigen wird, entscheidend für die Gründung des Amerikanischen Komitees für die Vierte Internationale im Jahr 1964 und zwei Jahre später der Workers League, aus der 1995 die Socialist Equality Party hervorging.
Im Juli 1964 wurden Wohlforth und acht andere, darunter Fred Mazelis, der heute noch der SEP-Führung angehört, aus der SWP ausgeschlossen, weil sie eine parteiinterne Diskussion über die Ereignisse in Ceylon/Sri Lanka und ihre Bedeutung für die trotzkistische Weltbewegung gefordert hatten. Sie gründeten das American Committee for the Fourth International. Im November 1966 – nach einer weiteren Phase politischer Abgrenzung von den kleinbürgerlichen Nationalisten der Spartacist League – wurde aus dem Amerikanischen Komitee für die Vierte Internationale die Workers League. (Die Spartacist League war eine Gruppe innerhalb der SWP, die damals Übereinstimmung mit dem IKVI bekundete.)
Eine Sache möchte ich noch ansprechen, bevor ich zu dem Verrat der Pablisten in Ceylon/Sri Lanka komme. Die LSSP spielte eine wichtige Rolle bei der Wiedervereinigung. In den späten 1950er Jahren diente sie den Pablisten als Instrument, um die SWP politisch auszukundschaften. Als Hansen und die SWP-Führer Anfang der 1960er Jahre versuchten, die Mitglieder zur Wiedervereinigung mit den Pablisten zu drängen, stellten sie die LSSP als Vorbild für die „trotzkistischen Massenparteien“ dar, die sie im Gegensatz zu den „Sektierern“ und „konservativen Dogmatikern“ des IKVI aufbauen wollten.
Permanente Revolution und die prinzipiellen Grundlagen des Trotzkismus in Südasien
Die Entstehung der Lanka Sama Samaja Party als trotzkistische Partei und bedeutendste Partei der ceylonesischen Arbeiterklasse ist eine komplexe Frage. Diese Geschichte wird natürlich ausführlich in dem Dokument „Die historischen und internationalen Grundlagen der Socialist Equality Party (Sri Lanka)“ behandelt, dessen Studium ich den Genossinnen und Genossen sehr ans Herz lege.
Hier muss ich mich auf einige knappe, aber wichtige Anmerkungen beschränken. Bei ihrer Gründung im Jahr 1935 war die LSSP eine radikale nationalistische Organisation, die gegen die Herrschaft des britischen Imperialismus über die Insel und die Komplizenschaft der käuflichen nationalen Bourgeoisie kämpfte. Ihre Führer waren junge Leute, von denen viele mit dem Trotzkismus sympathisierten und während ihres Studiums im Ausland mit dem Marxismus und revolutionärer Politik in Berührung gekommen waren. Zu nennen sind vor allem Colvin de Silva, Philip Gunawardena, Leslie Goonewardene und N. M. Perera.
Das rasante Abdriften in Richtung Weltkrieg in den späten 1930er Jahren und die konterrevolutionäre Volksfrontpolitik der Stalinisten, die selbst vor Appellen an die Kolonialvölker, sich dem britischen und französischen Imperium anzupassen, nicht zurückschreckten, veranlassten die LSSP-Führung, sich verstärkt dem Trotzkismus und der Vierten Internationale zuzuwenden.
Auf die Bemühungen der LSSP-Führer (bekannt als die „T“-Gruppe), die mit der Vierten Internationale sympathisierten, in direkten Kontakt mit Trotzki zu treten, antwortete dieser im Juli 1939 mit einem „Offenen Brief an die indischen Arbeiter“. Es war Trotzkis letzte ausführliche Darlegung der Perspektive der permanenten Revolution in Bezug auf Indien, das er einmal als das klassische Kolonialland bezeichnete.
Trotzki erwartete, dass der bevorstehende Zweite Weltkrieg der demokratischen Revolution in Indien einen mächtigen Impuls geben würde. Er schrieb:
Die indische Bourgeoisie ist zur Führung eines revolutionären Kampfes unfähig. Sie ist eng mit dem britischen Kapitalismus verbunden und von ihm abhängig. Sie zittert um ihren eigenen Besitz. Sie fürchtet sich vor den Massen. Sie sucht um jeden Preis Kompromisse mit dem britischen Imperialismus zu schließen und lullt die indischen Massen mit Hoffnungen auf Reformen von oben ein. ... Nur das Proletariat ist in der Lage, ein kühnes, revolutionäres Agrarprogramm voranzutreiben, Millionen und Abermillionen von Bauern wachzurütteln, um sich zu scharen und gegen die einheimischen Unterdrücker und britischen Imperialisten in den Kampf zu führen. Das Bündnis der Arbeiter und armen Bauern ist das einzige ehrliche, zuverlässige Bündnis, das den endgültigen Sieg der indischen Revolution garantieren kann.[3]
Trotzkis „Offener Brief“ versah die besten Elemente innerhalb der LSSP mit einer strategischen Orientierung. Im Verlauf der nächsten zweieinhalb Jahre wurde die LSSP politisch neu ausgerichtet und neu gegründet. Sie verwandelte sich aus einer radikal-nationalistischen Organisation mit Sitz in Ceylon in eine echte trotzkistische Partei, die dafür kämpfte, die Arbeiterklasse in ganz Südasien für das Programm der permanenten Revolution zu gewinnen.
Der wegweisende erste Schritt in diesem Prozess war der Ausschluss einer prostalinistischen Fraktion in den eigenen Reihen im Dezember 1939. Die LSSP-Führer arbeiteten dann das Programm der permanenten Revolution in einer Reihe von Dokumenten aus. Sie betonten, dass die grundlegenden Aufgaben der demokratischen Revolution auf dem indischen Subkontinent, heute gewöhnlich Südasien genannt, nur durch eine von der Arbeiterklasse geführte sozialistische Revolution verwirklicht werden können, die die ländlichen Massen und die städtischen Werktätigen gegen den Imperialismus und die nationale Bourgeoisie vereint und auf die sozialistische Weltrevolution orientiert.
Im Zuge dieser Neubestimmung der strategischen Klassenachse der LSSP erkannten die ceylonesischen Trotzkisten, dass es, beschränkt auf die Insel Ceylon, unmöglich war, mit dem Imperialismus wirklich abzurechnen. Auf dieser Grundlage entwickelten sie das strategische Konzept einer gesamtindischen Partei und stellten sich politisch und organisatorisch an die Spitze des Kampfs für den Zusammenschluss verschiedener Gruppen in verschiedenen Teilen Indiens, die ihre Unterstützung für Trotzki und die Vierte Internationale bekundeten, zu einer einzigen Partei, die sich zur Vierten Internationale und dem Programm der permanenten Revolution bekannte.
Dieser Kampf transformierte die LSSP von Grund auf. Im April 1942 ging sie in einer neuen gesamtindischen Partei auf, der Bolschewistisch-Leninistischen Partei Indiens, Ceylons und Birmas (BLPI), die sofort die Aufnahme in die Vierte Internationale anstrebte.
Die BLPI verband die illegale Arbeit auf der Insel während des Zweiten Weltkriegs mit einer kühnen Hinwendung zu der nach ihrer Analyse bevorstehenden revolutionären Explosion in Britisch-Indien. Diese Geschichte, auf die ich aus Zeitgründen nicht näher eingehen kann, hat etwas wirklich Heldenhaftes an sich. Nachdem sie einen Gefängniswärter für den Trotzkismus gewonnen hatten, konnten einige der wichtigsten ceylonesischen Trotzkistenführer im April 1942 aus dem Gefängnis fliehen, in dem sie wegen ihrer Opposition gegen den Krieg einsaßen. Über die Palkstraße gelangten sie nach Indien, und führten dort die Intervention der BLPI in die Quit-India-Bewegung von 1942 an.
Gandhi verstand die Quit-India-Bewegung als politisches Angebot, die Kontrolle des bürgerlichen Indischen Nationalkongresses (Kongresspartei) über die wachsende Unzufriedenheit der Massen während des Krieges abzusichern. Doch die Bewegung entzog sich schnell der Kontrolle der Kongresspartei und wurde in weiten Teilen des Landes zu einem Volksaufstand gegen die britische Herrschaft. Während die Stalinisten die Quit-India-Bewegung mit der Begründung sabotierten, sie gefährde die Kriegsanstrengungen der britischen Imperialisten, die mit der Sowjetunion verbündet waren, trat die BLPI für ein unabhängiges Eingreifen der Arbeiterklasse in den Kampf gegen die britische Herrschaft ein, damit sie den aufständischen ländlichen Massen eine revolutionäre Führung geben konnte.
Den Briten gelang es, wenn auch nicht ohne Schwierigkeiten, die Quit-India Bewegung zu unterdrücken. Doch mit dem Ende des Krieges wurde Indien – wie ein Großteil der Welt – von einer revolutionären Krise erschüttert. Eine Meuterei von Matrosen der Royal Indian Navy (RIN), Bauernaufstände und vor allem eine massive Streikwelle, mit der die Arbeiterklasse ihre unabhängigen Klasseninteressen durchsetzen wollte, zeugten davon.
Als die Arbeiterklasse auf den Plan trat, bemühte sich der von Gandhi und Jawaharlal Nehru geführte Indische Nationalkongress verstärkt um eine Einigung mit dem britischen Imperialismus.
Dass die Kongresspartei letztlich die politische Kontrolle behalten konnte, lag vor allem an den Stalinisten, die in den vorangegangenen Jahrzehnten der nationalen Bourgeoisie immer wieder die Führung überlassen und die Arbeiterklasse ihr untergeordnet hatten mit der Begründung, sie sei die rechtmäßige Führerin der national-demokratischen Revolution. Die Kommunistische Partei Indiens unterstützte das Abkommen über die „Machtübergabe“ zwischen der britischen Labour-Regierung, dem Kongress und der kommunalistischen Muslimliga, das den Subkontinent entlang kommunaler Linien in ein überwiegend hinduistisches Indien und ein rein muslimisches Pakistan teilte. Die Zustimmung zu dieser Teilung ist eines der wirklich großen Verbrechen und eine der schrecklichen Tragödien des 20. Jahrhunderts.
In einer Rede im Jahr 1948 griff der BLPI-Führer Colvin da Silva die nationale Bourgeoisie in scharfen Worten an, weil sie die antiimperialistische Massenbewegung „abgetrieben“ habe. Er machte deutlich, wie durch die blutige Teilung des Subkontinents der Kommunalismus in die Strukturen der südasiatischen Staaten eingebaut wurde und dadurch neue Ketten für die imperialistische Beherrschung Südasiens geschmiedet wurden.
Colvin da Silva sagte:
Die Teilung Indiens, die so vorschnell allein der Muslimliga zugeschrieben wird, geht letzten Endes nicht auf die Politik der Liga, sondern auf die Politik des Kongresses zurück. Die Politik des Kongresses gegenüber dem britischen Imperialismus bedeutete nicht Kampf, sondern Versöhnung. Und die Politik der Aussöhnung förderte unweigerlich die Politik der Teilung, denn sie überließ die gesamte Initiative dem britischen Imperialismus.
Da Silva wies auf die drohende Gefahr eines Krieges zwischen Indien und Pakistan hin – in der Tat gab es ja seitdem, in diesem Dreivierteljahrhundert, zahlreiche Kriege zwischen den heute atomar bewaffneten Rivalen – und postulierte den Kampf für die freiwillige sozialistische Wiedervereinigung des Subkontinents als strategischen Imperativ:
Was die Bourgeoisie in reaktionärer Weise auseinandergerissen hat, kann nur die Arbeiterklasse auf progressivem Wege vereinen.[4]
Die Analyse der BLPI zum Abkommen von 1947 hat den Test der Zeit glänzend bestanden. Von ihr führt eine direkte Linie zu der Erklärung des IKVI von 1987, „Die Situation in Sri Lanka und die politischen Aufgaben der Revolutionary Communist League“, eine überragende Einschätzung der gesamten Erfahrung der Entkolonialisierung nach dem Zweiten Weltkrieg und des Charakters der Staaten, die daraus hervorgingen.[5]
Die Nachkriegsvereinbarungen und die Auflösung der BLPI
Dennoch konnte die Analyse der BLPI, so wichtig sie war, die trotzkistische Bewegung nicht von dem immensen Druck befreien, der auf ihr lastete. Denn die formale Unabhängigkeit, auch wenn sie die brennenden Probleme der Massen keineswegs löste, eröffnete der nationalen Bourgeoisie und dem Kleinbürgertum neue Spielräume.
Zwischen den LSSP-Führern der ersten Stunde, die mit den radikalen nationalistischen Vorstellungen der LSSP gebrochen, sich der Vierten Internationale und der Perspektive der permanenten Revolution zugewandt und die BLPI gegründet hatten, war es bereits zu erheblichen Meinungsverschiedenheiten gekommen. 1943, nach der Niederlage der Quit-India-Bewegung, hatten Gunawardena und Perera die BLPI gedrängt, sich in die Congress Socialist Party aufzulösen, eine kleinbürgerlich-radikale Organisation innerhalb der Kongresspartei, vergleichbar der LSSP von 1935, dem Jahr ihrer Gründung.
Gunawardena und Perera und ein Großteil der BLPI-Führung wurden 1943 von den britischen Behörden in Indien gefangen genommen und erneut inhaftiert. Nach ihrer Freilassung im Jahr 1945 gründeten sie eine neue Organisation in Sri Lanka, die sie LSSP nannten. Sie behauptete, trotzkistisch zu sein und die Vierte Internationale zu unterstützen, unterschied sich aber politisch und organisatorisch deutlich von der BLPI.
Um ihre eigenständige Existenz zu rechtfertigen, führten die LSSP-Führer eine Reihe von organisatorischen Differenzen an, die völlig nebensächlich und größtenteils subjektiv waren. In Wahrheit gab es große politische Differenzen, denen unterschiedliche Klassenorientierungen zugrunde lagen. Die BLPI erkannte dies. Sie verurteilte die Abtrünnigkeit der LSSP-Führer und warnte: „Die Spaltung ist kein Zufall; in ihr zeigt sich eine nichtproletarische Tendenz, die sich unter dem Druck kleinbürgerlicher Kräfte entwickelt hat… Die Differenzen, die heute auf organisatorischer Ebene sichtbar sind, werden sich zwangsläufig auch auf politischer Ebene zeigen.“[6]
Deutlich wurden diese Differenzen in den gegensätzlichen Positionen der BLPI und der LSSP zur endgültigen Unabhängigkeitsvereinbarung zwischen dem britischen Imperialismus und der nationalen Bourgeoisie in Ceylon, die Ceylon zum formal unabhängigen Staat machte. Die Massen hatten bei diesen Entscheidungen kein Mitspracherecht.
BLPI-Führer Doric de Souza nannte das Abkommen zu Recht eine „Verschwörung gegen das Volk“. Da Silva indessen erklärte, dass nur die Formen der imperialistischen Herrschaft verändert würden, indem der einheimischen Bourgeoisie mehr Verantwortung für die Führung der Staatsgeschäfte übertragen wurde, damit sie ihre und die Profite ihrer imperialistischen Gönner sichere. Die BLPI stimmte 1947 im Parlament gegen das Gesetz zur Unabhängigkeit Ceylons, boykottierte die offiziellen Feierlichkeiten anlässlich der Machtübergabe im Jahr 1948 und mobilisierte Zehntausende von Arbeitern in Colombo gegen die „Scheinunabhängigkeit“.
Im Gegensatz dazu bezeichnete die LSSP die britische Übergabe als einen Schritt nach vorn, enthielt sich bei der Abstimmung über das Unabhängigkeitsgesetz und bezeichnete die Pläne der BLPI für eine Oppositionskundgebung als „exhibitionistisch“.
Der reaktionäre Charakter der „unabhängigen“ Herrschaft der ceylonesischen Bourgeoisie zeigte sich rasch. Als eine ihrer ersten Amtshandlungen entzog die neue „unabhängige“ Regierung Ceylons den tamilischen Plantagenarbeitern, der größten Gruppe der Arbeiterklasse, ihre staatsbürgerlichen Rechte und knüpfte damit direkt an die Teile-und-herrsche-Politik der ehemaligen britischen Kolonialherren der Insel an. Die BLPI verurteilte dies vehement und warnte, dass die herrschende Klasse Ceylons und ihr Staat, indem sie die Nation in rassischen Begriffen definierten, die Sprache des Faschismus übernehmen würden.
Durch ihren Kampf für das Programm der permanenten Revolution hatte die BLPI eine starke Präsenz in der Arbeiterklasse aufgebaut, insbesondere auf der Insel Ceylon, wo sie 1946 und 1947 große Streikbewegungen anführte. Doch im Laufe der nächsten zwei Jahre wurde die BLPI, auch wegen einer wachsenden Krise innerhalb der Vierten Internationale, zerstört.
Organisatorisch vollzog sich dies in zwei Schritten. Im Herbst 1948, gut ein Jahr nach der Unabhängigkeit Indiens, beschloss der indische Flügel der BLPI, sich aufzulösen und in die kleinbürgerlich-nationalistische Congress Socialist Party einzutreten. Diese hatte sich in Socialist Party umbenannt, nachdem die Kongresspartei von Gandhi-Nehru sie bei ihrer Machtübernahme ausgeschlossen hatte.
Bald nachdem sich die BLPI in der Socialist Party in Indien aufgelöst hatte, schlossen sich ihre sri-lankische Sektion und die LSSP auf einem „Einheitskongress“ am 4. Juni 1950 zusammen. Der Zusammenschluss war durch rein pragmatische Überlegungen und wahltaktische Gründe motiviert und wurde auch öffentlich so gerechtfertigt: Die Konkurrenz zwischen den beiden Parteien hatte dem Kandidaten der rechten UNP-Regierung bei einer Nachwahl im Jahr 1949 zum Sieg verholfen. Im Gründungsdokument der SEP (Sri Lanka) heißt es:
Dass über diese Fragen nicht diskutiert wurde, zeigte die wahren Verhältnisse in der neuen Partei: Der rechte Flügel unter N. M. Perera war an der Macht, die ehemaligen BLPI-Führer gaben ihm „trotzkistische“ Legitimation.[7]
1948 hatte die internationale Führung der Vierten Internationale an die BLPI appelliert, sich der Socialist Party of India nicht anzuschließen, ohne vorher weitere Diskussionen zu führen. Als jedoch 1950 ein Teil der indischen Trotzkisten erkannt hatte, dass ihr Beitritt zu dieser zunehmend rechtsgerichteten Organisation ein katastrophaler Fehler war, und die Internationale um Unterstützung bei der Wiederaufnahme unabhängiger revolutionärer politischer Arbeit bat, lehnte Pablo dies strikt ab.
Das von ihm geführte Internationale Sekretariat erteilte auch der Auflösung der BLPI in Ceylon seinen Segen. Anstatt gegen diesen prinzipienlosen Zusammenschluss, der einen schweren Rückfall in die radikal-nationalistischen Traditionen des Sama Samajismus bedeutete, zu intervenieren, akzeptierte das Internationale Sekretariat sofort den Antrag der „vereinten“ LSSP, als ceylonesische Sektion der Vierten Internationale die Nachfolge der BLPI anzutreten.
Pablo und Mandel taten dies, weil die Auflösung der BLPI der liquidatorischen Perspektive entsprach, die sie nun immer deutlicher formulierten. Bald darauf richtete Pablo einen Aufruf an alle Trotzkisten in der ganzen Welt, um, wie Pablo es ausdrückte, auf „alle organisatorischen Erwägungen betreffs der formalen Eigenständigkeit“ zu verzichten und sie einer „wirklichen Integration in die Massenbewegung“ unterzuordnen, d. h., sich anzupassen an die stalinistischen, sozialdemokratischen und - in den weniger entwickelten Ländern - nationalen bürgerlichen Führer, die Einfluss auf die Arbeiterklasse ausübten und sie politisch niederhielten.[8]
Die Linie der vereinigten LSSP war zentristisch und konzentrierte sich zunehmend auf parlamentarische und gewerkschaftliche Politik, nicht auf den Klassenkampf. Ihre Reaktion auf den landesweiten Generalstreik von 1953 bestätigte das. Die Begeisterung, die ihr Aufruf zu einem eintägigen landesweiten Protest am 12. August 1953 gegen die brutalen Sparmaßnahmen der Regierung auslöste, überraschte die LSSP-Führer. Die Arbeiterklasse beteiligte sich in großer Zahl, und große Teile der Landbevölkerung schlossen sich ihr an. In einigen Teilen des Landes dauerte die Hartal-Bewegung mehrere Tage an, erzwang den Rücktritt des Premierministers und drohte, zum Sturz der Regierung zu führen.
Trotz des durchschlagenden Erfolgs des Hartals riefen die LSSP und die von ihr dominierten Gewerkschaften nicht zu weiteren Massenaktionen auf. Sie initiierten nicht den Aufbau von Aktionskomitees, um den Kampf auszuweiten, Verteidigungsmaßnahmen gegen die staatliche Repression zu organisieren, die ländlichen Massen unter die Führung der Arbeiterklasse zu bringen und den Kampf um die Macht politisch vorzubereiten. Stattdessen forderten sie in Eintracht mit den Stalinisten und den anderen Gruppen, die den Hartal initiiert hatten, ihn zu beenden, und verstärkten ihre Bemühungen, die Regierung im Bündnis mit anderen Oppositionsparteien im Parlament durch einen Misstrauensantrag zu Fall zu bringen.
Die LSSP stellt sich auf die Seite Pablos gegen das IKVI
Ich habe einige Zeit darauf verwendet, die Entwicklung der BLPI/LSSP vor der Gründung des IKVI im November 1953 nachzuzeichnen.
Zunächst einmal ist es wichtig zu verstehen, warum die LSSP innerhalb der Vierten Internationale großes Ansehen genoss, auch wenn es zutrifft, dass die wahren Gründe für den Aufstieg der ceylonesischen Trotzkisten zur wichtigsten Partei der Arbeiterklasse auf der Insel – ihr Internationalismus und ihre revolutionäre Opposition gegen den Stalinismus und die nationale Bourgeoisie – durch den bloßen Verweis auf ihre Massenarbeit zunehmend verdunkelt wurden.
Zweitens zeigt ein solcher Rückblick, dass die LSSP 1953 in einer tiefen politischen Krise steckte, die Teil der Krise war, in der sich die Vierte Internationale befand. Der Grund für diese Krise lag in der Entstehung einer mächtigen liquidatorischen Strömung, begünstigt durch die erneute Stabilisierung des Weltkapitalismus und gefördert und theoretisch formuliert vom Internationalen Sekretariat unter Führung von Pablo und Mandel.
Damit sind wir beim entscheidenden Punkt angelangt: Unbenommen von früheren Rückzügen und politischen Rückschritten gab es einen entscheidenden Wendepunkt in der Entwicklung der LSSP, der ihren Bruch mit dem Trotzkismus besiegelte, ihr Abgleiten in den nationalen Opportunismus beschleunigte und den Weg für den großen Verrat von 1964 ebnete. Das war die Haltung, die sie 1953-1954 zu Cannons „Offenem Brief“ und zur Gründung des IKVI als politischem und organisatorischem Zentrum der Opposition gegen das pablistische Liquidatorentum einnahm.
Die LSSP-Führer behaupteten, dass sie viele der Einwände des IKVI gegen die explizit pro-stalinistischen Formulierungen in den Dokumenten des pablistischen Internationalen Sekretariats teilten. Außerdem hatte die LSSP selbst bereits einen Kampf gegen eine prostalinistische Fraktion führen müssen. Im Herbst 1953, fast zeitgleich mit der Veröffentlichung des Offenen Briefes, spaltete ein großer Teil der LSSP-Führung von der Partei und schloss sich den Stalinisten an.
Dennoch gab die LSSP im Dezember 1953 eilig eine Erklärung heraus, in der sie die Gründung des IKVI mit Hinweis auf organisatorische und Verfahrensmängel anprangerte und behauptete, dass der „Offene Brief“, indem er die gewählte Führung der Vierten Internationale öffentlich angriff, gegen demokratisch-zentralistische Prinzipien verstoße. Die Erklärung ignorierte vollständig die scharfe Kritik des „Offenen Briefes“ am Liquidatorentum des Internationalen Sekretariats und der Art und Weise, wie es seine Autorität missbrauchte, um diejenigen zum Schweigen zu bringen und auszuschließen, die für das historische Programm des Trotzkismus eintraten.
In ihrer ersten Erklärung, in der sie die Gründung des IKVI anprangerten, schrieben die LSSP-Führer, dass sie die mit der Spaltung verbundenen „politischen Fragen“ noch nicht erörtert hätten. Diese Weigerung, sich mit den wesentlichen politischen Fragen zu befassen, hielten die LSSP-Führer noch lange aufrecht und spielten sich in dieser Zeit als Vermittler zwischen dem IKVI und den pablistischen Liquidatoren auf. Um eine, in ihren Worten, „katastrophale Spaltung“ zu verhindern und die „Einheit der Vierten Internationale“ zu wahren, übten sie Druck auf das IK aus, sich mit den Pablisten zu versöhnen und Kompromisse zu schließen. Sie predigten also Versöhnung und Kompromiss mit denjenigen, die Cannon zu Recht beschuldigt hatte, das trotzkistische Programm umstürzen und den historisch gewachsenen internationalen trotzkistischen Kader zerstören zu wollen. Letztendlich nahm die LSSP am Vierten Weltkongress der Pablisten teil und ließ dem Internationalen Sekretariat ihre politische Unterstützung und ihr Prestige zuteilwerden.
Ungeachtet ihrer Meinungsverschiedenheiten mit Pablos prostalinistischen Formulierungen wichen die LSSP-Führer vor der entschiedenen Verteidigung der politischen Grundlagen der trotzkistischen Bewegung durch das IKVI und seiner Kriegserklärung an den Opportunismus zurück. Sie erkannten richtig, dass die Verteidigung des orthodoxen Trotzkismus durch das IKVI ihrer eigenen zentristischen Politik und zunehmend opportunistischen Ausrichtung auf Wahlen und Gewerkschaftspolitik im Weg stand.
Cannon verwandte viel Energie darauf, die LSSP-Führer zu überzeugen, dass es um äußerst wichtige Fragen ging, und dass sie ihren politischen Verpflichtungen gegenüber der Weltbewegung nachkommen müssten. In einem ausführlichen Brief vom Februar 1954 ließ er entscheidende Erfahrungen in der Geschichte der trotzkistischen Bewegung Revue passieren, die zeigten, dass Verfahrensweisen und organisatorische Angelegenheiten immer als den politischen Fragen untergeordnet betrachtet worden waren: „Die erste Sorge von Trotzkisten galt immer, und so sollte es auch heute sein, der Verteidigung unserer Lehre“, erklärte Cannon.[9]
Cannon drängte die LSSP-Führer, ihren Verpflichtungen gegenüber der internationalen Bewegung gerecht zu werden, „dieselbe Einstellung auch gegenüber offenen oder verdeckten Formen des stalinistischen Versöhnlertums“ nicht nur in ihrer eigenen Partei, sondern auch in der gesamten internationalen Bewegung zu zeigen.[10]
Cannons Brief an die LSSP ist ein starkes Bekenntnis zum proletarischen Internationalismus als Strategie, Programm und oberstes Prinzip der Vierten Internationale bei der Organisation und Durchführung ihrer Arbeit. Cannon schrieb:
Mit diesem Kampf erfüllen wir unsere höchste Pflicht, die wir übernahmen, als wir uns vor 25 Jahren Trotzki und der russischen Opposition anschlossen. Es ist die Verpflichtung, internationale Erwägungen an die allererste Stelle zu setzen; uns um die Angelegenheiten der internationalen Bewegung und der angeschlossenen Parteien zu kümmern, ihnen zu helfen, wo wir nur können, sie mit unseren wohlüberlegten Stellungnahmen zu unterstützen und sie im Gegenzug um ihre Meinung und ihren Rat zu fragen, wie unsere eigenen Probleme zu lösen sind. Internationale Zusammenarbeit ist das erste Prinzip des Internationalismus. Das haben wir von Trotzki gelernt. Wir glauben daran, und wir handeln entsprechend. (Hervorhebung im Original)[11]
Cannon wusste genau, welcher politische Druck auf einer revolutionären Partei lastet, wenn sie Massenarbeit leistet und praktische Verantwortung übernimmt, der Arbeiterklasse Führung zu geben. Er schloss seinen Brief mit einer vorausschauenden Warnung:
Mehr als jede andere Partei, wage ich zu behaupten, braucht die LSSP eine internationale Führung, die ihre trotzkistische Orthodoxie – die einzige Grundlage für ihr Überleben und ihren letztendlichen Sieg – beständig stärkt und sie darin unterstützt, und nicht ein Organisationszentrum für schleichendes Liquidatorentum und Zerrüttung.[12]
Eben diese internationale Zusammenarbeit lehnten die LSSP-Führer ab. Hätten sie oder auch nur einige von ihnen, insbesondere die ehemaligen Führer der BLPI wie Colvin da Silva, Leslie Goonawardene und Doric de Souza, sich auf die Seite des IKVI gestellt, wäre eine politische Wiederbewaffnung der trotzkistischen Bewegung in Ceylon und Südasien möglich gewesen.
Die vom IKVI vertretenen Kräfte verteidigten das historische Programm der Vierten Internationale; sie hatten sich dem Kampf gegen den pablistischen Opportunismus verschrieben. Nachdem die LSSP diesen Kräften Widerstand entgegengesetzt und sich völlig von ihnen gelöst hatte, vollzog sie einen scharfen Rechtsruck. Ihre Politik wurde durch und durch national-opportunistisch. Kurz, sie strebte immer offener direkte politische Bündnisse mit der nationalen Bourgeoisie an.
Bevor ich diese Entwicklung und ihren Höhepunkt im großen Verrat darlege, muss ich noch einen weiteren Punkt ansprechen. Die prostalinistische Fraktion, die 1953 aus der LSSP ausgeschlossen wurde, war nicht die einzige rechte Gruppierung, die in dieser Zeit aus den Reihen der LSSP hervorging. 1950 verließ Philip Gunawardena die LSSP – wie ihr euch erinnert, hatte er eine zentrale Rolle bei der Abkehr von der Perspektive der permanenten Revolution in der BLPI gespielt – und gründete die VSLP, aus der später die MEP wurde. An dieser Stelle sei nur gesagt, dass die VSLP und später die MEP durch ihren Abstieg in eine Politik des zügellosen Nationalismus, der Klassenzusammenarbeit und des antitamilischen Rassismus die Entwicklung der pablistischen LSSP bereits vorwegnahm.
Die LSSP und die Sri Lanka Freedom Party
Ich erwähnte bereits, dass die Reaktion der LSSP auf den Hartal von 1953 eher opportunistisch als revolutionär ausfiel. Dies bot S.W.R.D. Bandaranaike, einem ausgebufften bürgerlichen Politiker, die Möglichkeit, an die unzufriedenen singhalesischen ländlichen Massen zu appellieren. Bandaranaike hatte bis 1951 führende Positionen in der rechtsgerichteten, proimperialistischen Regierung der United National Party Ceylons bekleidet. Dann gründete er seine eigene Partei, die Sri Lanka Freedom Party (SLFP).
Den Aufstand hatte Bandaranaike scharf verurteilt. Doch auf die explosiven Klassenverhältnisse, die dieser zum Vorschein gebracht hatte, reagierten er und seine SLFP anders. Sie gebärdeten sich radikal, droschen antiimperialistische und sozialistisch klingende Phrasen und propagierten gleichzeitig aggressiven antitamilischen Chauvinismus.
Die LSSP passte sich dem singhalesischen Populismus an, anstatt die kapitalistische und chauvinistische Politik der SLFP schonungslos zu entlarven. Das zeigte sich unter anderem daran, dass sie keine marxistische Klasseneinschätzung der SLFP anhand ihres Ursprungs, ihres Programms und ihrer sozialen Basis vornahm.
Sie bezeichnete die SLFP als „zentristisch“. Marxisten verwenden diesen Begriff, um sozialistische Organisationen zu bezeichnen, die sich revolutionärer Rhetorik bedienen, in der Praxis aber davor zurückschrecken, Arbeitern zu helfen, revolutionäre Schlussfolgerungen zu ziehen, insbesondere dadurch, dass sie die opportunistischen Führer der Arbeiterklasse und die von ihnen geführten bürokratischen Organisationen bekämpfen.
Bisweilen behauptete die LSSP auch irreführend, die SLFP sei eine „kleinbürgerliche Partei“, und begründete dies damit, dass ihre Wähler aus den ländlichen Massen und dem städtischen Kleinbürgertum kamen.
Tatsächlich aber erhielt die SLFP erhebliche Unterstützung durch die ceylonesische Bourgeoisie, wofür es zwei wichtige Gründe gab. Zum einen hoffte diese unter den Bedingungen des Nachkriegsbooms auf bessere Geschäfte mit dem Imperialismus, indem sie die Möglichkeit nutzte, mit den stalinistischen Regimen in Moskau und Peking zu manövrieren. Zweitens sah sie die singhalesische populistische Demagogie der SLFP als nützlich an, um die Arbeiterklasse für ihre Klassenziele einzuspannen und sie entlang kommunaler Linien zu spalten. Das Programm der SLFP unterschied sich in seinen Forderungen nach begrenzten Verstaatlichungen und der Schließung ausländischer Militärbasen nicht wesentlich von den Maßnahmen, die Nehrus Kongresspartei in Indien oder das Nasser-Regime in Ägypten umsetzten. Es war sogar eher zaghafter.
1956, nur zwei Jahre nach ihrem Bruch mit den wahren Trotzkisten des IKVI, unterstützte die LSSP die Machtübernahme von Bandaranaike und seiner SLFP. Sie bediente sich einer bei Opportunisten der ganzen Welt beliebten Ausrede. Sie beschwor Drohungen der offensten und rücksichtslosesten Vertreter der herrschenden Klasse, um die Arbeiterklasse denjenigen unterzuordnen, die „fortschrittliche“ Phrasen droschen und populistisch auftraten. Sie schloss einen Pakt mit der SLFP, sich bei Wahlen gegenseitig „keine Konkurrenz“ zu machen, und begründete dies damit, dass sich die UNP in eine faschistische Richtung entwickle.
Als die SLFP und ihr Bündnispartner, die von Gunawardena geführte VSLP, die Regierung bildeten, verfolgte die LSSP eine Politik der „entgegenkommenden Kooperation“ – eine höfliche Umschreibung dafür, dass sie der Regierung ihre Mitarbeit anbot. Im Einklang mit dieser Politik stimmte die LSSP für die Thronrede der Regierung, in der diese ihre Gesetzesvorhaben darlegte.
Indem sie die SLFP unterstützte, trug die LSSP dazu bei, deren schändliche kommunalistische Politik zu legitimieren. Ein zentraler Punkt in Bandaranaikes Programm war, Singhalesisch, die Muttersprache der singhalesischen Mehrheit, zur alleinigen Amtssprache des Landes zu machen (Sinhala-only). Diese antidemokratische, chauvinistische Politik fand bei Teilen des Kleinbürgertums Unterstützung, da sie seine Chancen auf eine Anstellung im öffentlichen Sektor erhöhte und die tamilische Minderheit praktisch zu Bürgern zweiter Klasse machte, wodurch die singhalesische Vorherrschaft gewährleistet werden sollte.
Die LSSP lehnte die „Sinhala only“-Politik der SLFP-Regierung ab. Doch anders als bei ihrem Widerstand gegen die Aufhebung der Bürgerrechte der tamilischen Plantagenarbeiter im Jahr 1948 tat sie dies nicht vom Standpunkt des sozialistischen Internationalismus und des Kampfs für die Einheit der Arbeiterklasse. Vielmehr begründete sie ihre Ablehnung damit, dass diese Politik die „Nation“ schwäche, d. h., den kapitalistischen Staat Sri Lanka.
Diese Rückzüge und Verrätereien riefen beim Internationalen Sekretariat der Pablisten keinen Widerstand hervor.
Das Internationale Komitee hingegen war sich der Rolle der LSSP sehr wohl bewusst. Als 1956 ein Verfechter der Versöhnung mit dem Pablismus in den Reihen des IKVI davon schwärmte, dass die LSSP die einzige „trotzkistische Partei“ in der Welt sei, die „eine Massenbasis“ habe, kritisierte ihn der US-amerikanische SWP-Generalsekretär Farrell Dobbs zu Recht.
Die Politik der LSSP sei „national-opportunistisch“, so Dobbs. Die LSSP sei „vor allem mit den Problemen ihrer eigenen Massenbewegung beschäftigt“, fuhr er fort, interessiere sich nicht für die Krise der Vierten Internationale und wünsche, „in Ruhe gelassen zu werden“.[13]
Im März 1957 kritisierte der Leitartikel in The Militant, der Zeitung der SWP, die LSSP scharf, weil ihre Vertreter, als sie China als Gäste des Mao-Regimes besuchten, keine Anstalten gemacht hatten, die Freilassung der inhaftierten chinesischen Trotzkisten zu fordern. Kurz darauf schrieb Gerry Healy in einem Brief an Cannon:
Pablo ist sich des Opportunismus unserer ceylonesischen Führung sehr wohl bewusst und treibt sie regelrecht dazu an. Wir können in dieser Angelegenheit unmöglich schweigen. Außerdem müssen wir berücksichtigen, dass sich die LSSP-Führung seit 1954 immer weiter von der orthodoxen trotzkistischen Position entfernt hat.[14]
Die Wahlen 1960 und die Reaktion der pablistischen Internationale auf den ersten Koalitionsversuch der LSSP-Führung
Gegen Ende des Jahrzehnts musste die LSSP auf Distanz zur SLFP-VSLP-Regierung gehen, weil sich innerhalb der Arbeiterklasse wachsende Opposition entwickelte, die auch zu einem eintägigen Generalstreik gegen den Angriff der Regierung auf demokratische Rechte der Arbeiter führte.
Angesichts des wachsenden Klassenkampfs und der antitamilischen Unruhen, die die SLFP selbst durch das Schüren von singhalesischem Chauvinismus ausgelöst hatte, kamen in Teilen der herrschenden Klasse Zweifel an der Fähigkeit der SLFP auf, ihre Interessen zu vertreten. Bandaranaike wurde 1959 von einem extremistischen singhalesischen buddhistischen Mönch ermordet.
Als die Wahlen im März 1960 näher rückten, gab sich die LSSP den Anschein, um die „Macht“ zu kämpfen, womit sie auf die wachsende Militanz in der Arbeiterklasse reagierte. Sie erklärte, dass sowohl die UNP als auch die SLFP diskreditiert seien, und startete eine Kampagne für eine „samasamajistische Regierung“.
Diese Kampagne war jedoch weit davon entfernt, eine revolutionäre Strategie für die Arbeiterklasse zu entwickeln, die auf dem Klassenkampf und dem Programm der permanenten Revolution basiert. Sie war ausschließlich auf die Wahlen ausgerichtet. Das Internationale Sekretariat begrüßte enthusiastisch den „parlamentarischen Weg der LSSP zum Sozialismus“ und erklärte, dass ihre Sektion in Sri Lanka „einen Entscheidungskampf um die Macht“ führe.
Das Wahlprogramm der LSSP machte Abstriche an ihrer Opposition gegen die Sinhala-only-Politik und auch an ihrem Eintreten für volle Staatsbürgerrechte für die tamilischen Plantagenarbeiter und unterstrich damit, dass die LSSP in Wirklichkeit weiter nach rechts rückte und sich in eine reformistische Partei verwandelte, die zur wichtigsten sozialen Stütze des sri-lankischen Kapitalismus werden sollte.
Das Wahlergebnis war eine herbe Enttäuschung für die Opportunisten der LSSP. Die Partei gewann deutlich weniger Sitze und nur geringfügig mehr Stimmen als 1956, obwohl sie viel mehr Kandidaten im Rennen hatte. Perera, Anführer der rechtesten Elemente der LSSP, brachte daraufhin auf einem Parteitag eine Resolution durch, die die LSSP autorisierte, eine Koalitionsregierung mit der SLFP einzugehen. Diese versuchte, eine Mehrheit zusammenzuzimmern, um die Pattsituation im Parlament zu überwinden.
Die Mehrheit des LSSP-Zentralkomitees stimmte gegen Pereras Koalitionspolitik, aber die Meinungsverschiedenheiten vieler, die gegen den Regierungsbeitritt stimmten, betrafen nur Fragen der Taktik. Als im Juli eine zweite Wahl abgehalten werden musste, weil keine stabile Regierung gebildet werden konnte, schloss die LSSP, wie schon 1956, ein „Keine Konkurrenz“-Abkommen mit der SLFP. Nach dem Wahlsieg der SLFP stimmte die LSSP für ihre Thronrede und den ersten Staatshaushalt.
Pereras Resolution vom März 1960, die grünes Licht für eine Koalitionsregierung mit der kapitalistischen SLFP gab, war ganz im Geist des Pablismus gehalten. Die SLFP, so wurde argumentiert, sei eine „kleinbürgerliche Partei“ und als solche etwas grundsätzlich anderes als eine „kapitalistische Partei“. Das stand im Widerspruch zu allem, was Trotzki geschrieben hatte. Auf der Grundlage dieser falschen Prämisse behauptete die Resolution dann, als Juniorpartner der SLFP in der Regierung würde die LSSP eine Art „Entrismus“ durchführen, vergleichbar dem, den die Pablisten in „reformistischen sozialdemokratischen Parteien“ praktizierten.
Wenn wir Regierungsverantwortung übernehmen, dann treiben wir den Entrismus zugegebenermaßen einen Schritt weiter. Aber ist dies nicht der beste Weg, die Massen durch die Erfahrung zu führen, die notwendig ist, um ihre Illusionen zu vertreiben und Vertrauen in unsere Aufrichtigkeit zu schaffen? Ein paar von uns geförderte, kühne progressive Maßnahmen werden ihnen ermöglichen, mehr zu lernen als durch unsere jahrelange Propaganda von uns.[15]
In einem ausführlichen, an die LSSP adressierten Dokument vom September 1960 versuchte das Internationale Sekretariat, seine eigenen Spuren zu verwischen. Darin übte es zaghaft Kritik am zügellosen Opportunismus der Perera-Führung, erteilte aber der LSSP faktisch die politische Lizenz, ihre Manöver mit der kapitalistischen SLFP fortzusetzen. Die Pablo-Führung befürwortete die Zusammenarbeit mit einer kapitalistischen Regierung in der Umsetzung „fortschrittlicher Maßnahmen“ oder der Verteidigung von „Errungenschaften“, wenn die „Massen“ „nicht bereit sind, eine antikapitalistische Bewegung auf einer revolutionären politischen Grundlage ins Leben zu rufen“. Mit anderen Worten: Sie hieß genau das gut, was, Perera zufolge, die LSSP tun sollte.
„Wir akzeptieren“, so der Brief des Internationalen Sekretariats weiter, „dass eine revolutionäre Partei in einem kolonialen oder halbkolonialen Land eine Regierung, die nicht die Arbeiterklasse vertritt (sondern die Mittelklasse oder die Kapitalisten), kritisch unterstützen kann.“[16] Damit ließ die internationale Führung der Pablisten ihrer Sektion in Sri Lanka weitgehend freie Hand für eine Zusammenarbeit mit der SLFP-Regierung und ebnete ihr so den Weg für den späteren Eintritt in das Kabinett nur vier Jahre später.
Im Einklang mit ihrer opportunistischen Orientierung auf eine Koalition mit der singhalesisch-chauvinistischen SLFP und ihren freundschaftlichen Beziehungen zur VSSP von Gunawardena, die 1959 die Regierung verlassen und sich in MEP umbenannt hatte, passte sich die LSSP weiterhin der kommunalistischen Hetze gegen die Tamilen an und machte weitreichende Zugeständnisse an diese.
In einem Brief vom Juni 1963 an das Nationalkomitee der SWP verurteilte Healy die Wiedervereinigung mit den Pablisten und verwies mit Bitterkeit auf einen Bericht in The Militant, der die gemeinsame Maikundgebung der LSSP mit Stalinisten und Gunawardena lobte. „Zu ihrer ewigen Schande“, schrieb Healy, hatte sich die LSSP der Forderung Gunawardenas gebeugt, Vertreter der tamilischen Plantagenarbeiter vom Podium der Kundgebung auszuschließen. „In der LSSP wird jetzt offen zugegeben, dass die Führer bereit sind, bei der Gleichberechtigung von Tamilen und Singhalesen wirkliche und große Abstriche zu machen. Das ist die Logik der Kapitulation, die sie zur Unterstützung von Frau Bandaranaike gebracht hat.“[17]
Kurz darauf nickte das Vereinigte Sekretariat die Unterstützung der LSSP für Verhandlungen zwischen der ceylonesischen und der indischen Regierung über die „Repatriierung“ – in Wahrheit die Ausweisung – von Hunderttausenden Tamilen ab, deren Vorfahren im 19. Jahrhundert nach Sri Lanka gebracht worden waren, um auf den Plantagen zu arbeiten.
Die Vereinigte Linksfront oder wie der große Verrat vorbereitet wurde
Die Maikundgebung 1963 in Colombo war die Weichenstellung für ein neues Manöver: die Gründung eines volksfrontähnlichen Bündnisses zwischen LSSP, ceylonesischer KP und Gunawardenas MEP, das sich „Vereinigte Linksfront“ nannte.
Der vorangegangene Vortrag hat dargelegt, dass der pablistische Wiedervereinigungskongress das Programm der permanenten Revolution ausdrücklich zurückwies. Der Kongress pries die bürgerlich-nationalistische kubanische Revolution als einen neuen Weg zum Weltsozialismus, lobte die revolutionären Fähigkeiten des Kleinbürgertums und bestritt die Notwendigkeit revolutionärer proletarischer Parteien. „In den zurückgebliebenen Ländern“, erklärten die Pablisten, „hat die Schwäche des Gegners die Möglichkeit geschaffen, auch mit einem stumpfen Instrument an die Macht zu kommen.“[18]
Passend dazu – genauer: in Übereinstimmung mit dieser Perspektive – erteilte der Wiedervereinigungskongress auch dem Bündnis zwischen LSSP, KP und MEP seinen Segen. Die LSSP, hieß es, habe „korrekterweise zu einer Vereinigten Linksfront aufgerufen, sowohl um den Rechtsruck zu stoppen, als auch um den Massen zu helfen, zu einer alternativen Linken zu finden.“[19]
Kurz darauf, im August 1963, wurde die Vereinigte Linksfront (ULF) offiziell ins Leben gerufen. Schon ihr Name war ein Betrug. Die ULF hatte nichts zu tun mit der Einheitsfronttaktik, die Trotzki ausgearbeitet hatte. Trotzki hatte dabei immer auf der politischen Unabhängigkeit der revolutionären Partei bestanden und darauf, dass gemeinsame Aktionen mit gegnerischen Tendenzen bestimmten unmittelbaren Zielen dienen müssen und Programme und Banner nicht vermischt werden dürfen.
Wie die sri-lankische SEP in einer wichtigen Artikelserie im Jahr 2014 erklärte:
Die ULF war vielmehr eine Neuauflage der stalinistischen Volksfrontpolitik aus den 1930ern, die auf einer gemeinsamen programmatischen Grundlage mit opportunistischen und bürgerlichen Parteien fußte, die Arbeiterklasse an Bourgeoisie, Privateigentum und Staat fesselte und ihre unabhängige revolutionäre Aktivität blockierte.[20]
Das 16-Punkte-Programm der ULF forderte verschiedene Reformen, darunter die Verstaatlichung der Tee- und Kautschukplantagen, ging aber in keiner Hinsicht über den Rahmen kapitalistischer Politik hinaus. Bezeichnend dafür war, dass es die kommunalistische, antitamilische Politik der SLFP-Regierung akzeptierte.
Die Vereinigte Linksfront war die Grundlage, auf der die Gewerkschaften (von denen viele von Vertretern der drei Gründerorganisationen geführt wurden) ein Bündnis für 21 Forderungen bildeten. Unter dem Banner der Bewegung der 21 Forderungen brachen große Kämpfe aus. Doch ULF und Gewerkschaften arbeiteten Hand in Hand, um die anschwellende Massenbewegung der Arbeiterklasse politisch abzuwürgen.
Die Vereinigte Linksfront und die Bewegung für die 21 Forderungen sorgten zusammen dafür, dass die Arbeiterklasse auf militante Gewerkschaftskämpfe beschränkt wurde, während die LSSP und ihre Verbündeten die ULF nutzten, um im Parlament und in der kapitalistischen Politik Sri Lankas im Allgemeinen zu manövrieren. Hervorzuheben ist, dass die Stalinisten und die von Gunawardena geführte rassistische MEP sogar noch stärker auf ein Bündnis mit der SLFP ausgerichtet waren als die LSSP. Entsprechend dem stalinistisch-menschewistischen Märchen von der Zwei-Stufen-Revolution propagierten stalinistische Parteien in ganz Asien, Lateinamerika, dem Nahen Osten und Afrika lautstark die Unterordnung der Arbeiterklasse unter den angeblich „fortschrittlichen“, „antiimperialistischen“ Flügel der nationalen Bourgeoisie.
In den Reihen der LSSP gab es einen linken Flügel, der die Vereinigte Linksfront ablehnte und warnte, sie sei ein Sprungbrett in Richtung Koalition. Doch das pablistische Vereinigte Sekretariat unterdrückte Kritik an der LSSP-Führung. Es rechtfertigte dies mit der angeblichen Notwendigkeit, nach der Wiedervereinigung 1963 nicht auf „Disziplin“ zu pochen: Den LSSP-Führern müsse die Möglichkeit gegeben werden, ihre „Aufrichtigkeit“ und ihren „guten Willen“ zu beweisen, hieß es. Die „Atmosphäre in der LSSP bewusst anzuheizen“ wäre schädlich und würde „die Einheit der Partei“ – d. h., die beherrschende Stellung des virulent national-opportunistischen rechten Flügels – gefährden.[21]
Im April 1964, nur zwei Monate vor dem großen Verrat der LSSP, schrieb das Vereinigte Sekretariat an die LSSP-Führung. In dem Brief lobte es die ULF, die „ein weiteres Kuba oder Algerien werden und revolutionär gesinnte Arbeiter auf der ganzen Welt sogar noch stärker inspirieren kann“.[22]
Zu diesem Zeitpunkt führte Perera bereits hinter den Kulissen Gespräche mit der Premierministerin Bandaranaike, die nach der Ermordung ihres Mannes die Führung der SLFP übernommen hatte.
In einer Rede am 10. Mai 1964 sprach Bandaranaike die akute Krise an, in der sich die sri-lankische Bourgeoisie befand, und warum die Führer der LSSP in die Regierung geholt werden mussten, um die Arbeiterklasse zu zähmen und politisch zu unterdrücken. Sie erklärte:
Einige glauben, diese [Streik-]Probleme können durch die Errichtung einer Diktatur aus der Welt geschafft werden. Andere sagen, die Arbeiter sollten mit vorgehaltener Waffe zur Arbeit gezwungen werden. Wieder andere behaupten, man müsse eine nationale Regierung bilden, um dieses Problem zu lösen. Ich habe diese Ideen einzeln und im Zusammenhang mit dem Weltgeschehen betrachtet und bin zu dem Schluss gekommen, dass keine dieser Lösungen uns helfen wird, unser Ziel zu erreichen. ..., Ich habe deshalb entschieden, meine Herren, Gespräche mit den Führern der Arbeiterklasse aufzunehmen, insbesondere mit Herrn Philip Gunawardena und Herrn N. M. Perera.[23]
Das Vereinigte Sekretariat der Pablisten reagierte auf den bevorstehenden Eintritt der LSSP in eine kapitalistische Regierung mit dem Appell an die LSSP, stattdessen für eine Regierung der Vereinigten Linksfront einzutreten und „ihrer langen Tradition des kompromisslosen Kampfes gegen den Imperialismus und die nationale Bourgeoisie treu zu bleiben“.[24] Dieser Appell richtete sich an eine Partei, die sich mit dem Einverständnis des Vereinigten Sekretariats jahrelang dem singhalesischen Populismus angepasst und im Namen des Kampfs gegen den Imperialismus und die Rechte wiederholt mit der kapitalistischen SLFP offen einen Block gebildet hatte.
Der große Verrat
Am 9. Juni 1964 trat die LSSP offiziell der Regierung bei. Perera wurde zum Finanzminister ernannt, und zwei weitere LSSP-Führer erhielten Kabinettsposten.
Auf dem Parteitag am 6. und 7. Juni 1964, der den Eintritt in die Regierung bestätigen musste, kamen drei Resolutionen zur Abstimmung: 1) Die Resolution des von Perera geführten rechten Flügels, der die SLFP lobte, weil sie einen „nationalen Kampf“ führe; sie erhielt 501 Stimmen. 2) Die Resolution der Fraktion der so genannten „Mitte“ unter Führung der ehemaligen BLPI-Führers Colvin R. de Silva und Leslie Goonewardene. Sie forderte die LSSP auf, eine Koalitionsvereinbarung zwischen der SLFP und der Vereinigten Linksfront als Ganzes anzustreben, da eine „fortschrittliche Lösung der Krise“, die über den „kapitalistischen Rahmen“ hinausgehe, auf dieser Grundlage besser zu erreichen wäre[25]; sie erhielt 75 Stimmen. 3) 159 Delegierte stimmten für die Resolution der Revolutionären Minderheit, in der eine Koalition mit der SLFP unmissverständlich verurteilt wurde. Eine Koalition, so warnte sie, würde zu „offener Klassenzusammenarbeit, Desorientierung der Massen (und) der Spaltung der Arbeiterklasse“ führen und damit genau die rechten Kräfte stärken, die die Befürworter der Koalition angeblich bekämpfen wollten.[26] Nach der Ablehnung ihrer Resolution verließen sie den Kongress und verkündeten die Gründung einer neuen Partei: der LSSP (Revolutionär).
Das IKVI hatte die Entwicklung in Ceylon aufmerksam verfolgt und deren historische Bedeutung für die trotzkistische Weltbewegung erkannt. Healy flog nach Colombo, erhielt aber keinen Zutritt zum Kongress der LSSP mit der Begründung, er sei kein Mitglied des Vereinigten Sekretariats der Pablisten. Healy diskutierte jedoch außerhalb des Kongresses mit Arbeitern und Jugendlichen, die eine Koalition mit der SLFP ablehnten. Die Bemühungen der Pablisten, zu verhindern, dass die Entlarvung der kriminellen Rolle der LSSP und des Vereinigten Sekretariats durch das IKVI die fortschrittlichsten Elemente erreichte, scheiterten bereits vor Ort und auch auf längere Sicht.
Am 5. Juli 1964 veröffentlichte das IKVI die Erklärung, die ich eingangs zitiert habe. Darin zog es für die internationale Arbeiterklasse die wesentlichen Lehren aus dem großen Verrat, den die Pablisten in Ceylon begangen hatten. Dieser Verrat, so die Schlussfolgerung, „markiert das Ende einer ganzen Epoche in der Entwicklung der Vierten Internationale“. Weiter heißt es: „Der Revisionismus in der trotzkistischen Weltbewegung hat seinen Ausdruck im direkten Dienst am Imperialismus, in der Vorbereitung einer Niederlage der Arbeiterklasse gefunden.“
Auch der nächste Absatz ist richtungsweisend:
Der Wiederaufbau der Vierten Internationale muss auf die feste Grundlage des Aufbaus revolutionärer proletarischer Parteien in jedem Land gestellt werden, im Kampf gegen die bürokratischen und opportunistischen Diener des Imperialismus und ihre Apologeten, die Revisionisten, die den Namen des Trotzkismus und der Vierten Internationale usurpieren.[27]
Darüber hinaus verfasste Healy eine umfassende Analyse der politischen Degeneration der LSSP, in der er hervorhob, welche Rolle die internationale Führung der Pablisten dabei gespielt hatte, mit dem Titel „Ceylon: The Great Betrayal“ (Ceylon: Der große Verrat). Er stellte fest, dass die Zukunft des revolutionären Flügels der LSSP „jetzt vor allem von einer ernsthaften Untersuchung dieser Beziehung“ und vom Kampf des IKVI gegen den Pablismus abhing.[28]
Das Vereinigte Sekretariat der Pablisten reagierte auf den Eintritt seiner ceylonesischen Sektion in eine kapitalistische Regierung vollkommen zynisch, indem es jede Verantwortung leugnete. Es schloss die 501 LSSP-Mitglieder aus, die für Pereras Koalitionsbeschluss gestimmt hatten. Monatelang ergriff es jedoch keine disziplinarischen Maßnahmen gegen die „Mitte“, die sich für den Eintritt der ULF in die Regierung en bloc eingesetzt hatte. Ihre Anhänger blieben loyale Mitglieder der LSSP, während diese direkt Verantwortung dafür übernahm, die Geschäfte der sri-lankischen Bourgeoisie zu führen und die Arbeiterklasse zu unterdrücken.
Hansen und die SWP-Führung beantworteten unterdessen die Forderung der IKVI-treuen Minderheit nach einer Diskussion über die Ereignisse in Ceylon und ihrer Bedeutung für die trotzkistische Weltbewegung mit der sofortigen Suspendierung dieser Mitglieder.
Die katastrophalen Folgen des pablistischen Opportunismus
Es ist angemessen, dass diese Schulungswoche mit einer Würdigung des Genossen Wije Dias begonnen hat, der 35 Jahre lang Generalsekretär der sri-lankischen Sektion des IKVI war. Wije kam 1962, als er sein Studium aufnahm, über die Jugendbewegung der LSSP in die Politik. Er fühlte sich von der Partei angezogen. In seinen Augen war sie eine trotzkistische Partei, die die wachsende Bewegung der Arbeiterklasse anführte und dafür kämpfte, ihr eine revolutionär-sozialistische Richtung zu geben. Doch in Wirklichkeit bereiteten die LSSP-Führer einen historischen Verrat vor.
In der Erklärung des IKVI zu Wijes Tod im Alter von 80 Jahren heißt es:
Wije war ein unerschütterlicher Vorkämpfer für das internationalistische sozialistische Programm der permanenten Revolution und für die politische Unabhängigkeit der Arbeiterklasse. Seine Unbeugsamkeit bei der Verteidigung marxistischer und trotzkistischer Prinzipien rührte daher, dass er erlebt hatte, welche katastrophalen Folgen – politische Desorientierung, Reaktion und tragischer Verlust von Menschenleben – sich aus deren Aufgabe und Verrat ergeben.[29]
Der pablistische Verrat in Sri Lanka hatte schreckliche Auswirkungen auf die Arbeiter der Insel und auch ganz Südasiens. Heute, sechs Jahrzehnte später, haben die Arbeiterklasse Sri Lankas und Südasiens und unsere Partei noch immer unter den Folgen zu leiden.
Die ganze qualvolle Geschichte Sri Lankas in den letzten sechzig Jahren – einschließlich eines ethnisch-kommunalistischen Bürgerkriegs mit mehr als 100.000 Toten – zeigt, was im Kampf gegen den pablistischen Revisionismus und alle Formen des nationalen Opportunismus auf dem Spiel stand und noch steht. Die Verwandlung der LSSP in die wichtigste Stütze der bürgerlichen Herrschaft auf der Insel bereitete dem Aufstieg der kleinbürgerlichen JVP den Weg. Unter der verarmten singhalesischen Landjugend konnte sie durch ihre Propaganda, eine Mixtur aus Maoismus, Castrismus und singhalesischem Chauvinismus, eine Anhängerschaft für den bewaffneten Kampf gewinnen.
Gleichzeitig erschütterte das konterrevolutionäre Bündnis der LSSP mit der Partei, die singhalesischen Chauvinismus vertrat, das Vertrauen der tamilischen Massen, dass die Arbeiterklasse unter revolutionärer sozialistischer Führung ihre demokratischen Rechte verteidigen würde. So konnte die LTTE entstehen, und auf der Halbinsel Jaffna kamen unter der studentischen Jugend ebenso gesinnte tamilisch-nationalistisch-separatistische Gruppen auf.
Nachdem die SLFP-LSSP-Regierung ihre Hauptaufgabe, den Aufstand der Arbeiterklasse für die 21 Forderungen zum Scheitern zu bringen, erfüllt hatte, konnte sich die im Juni 1964 gebildete Koalition nicht mehr lange halten.
Aber bereits 1970 war die LSSP wieder wichtigster Partner der SLFP in einer zweiten SLFP-geführten Koalitionsregierung. Mit Perera als Finanzminister bis 1975 führte die Koalition aus SLFP, LSSP und Kommunistischer Partei massive Angriffe auf die Arbeiterklasse und die unterdrückten Massen durch. 1971 schlug sie einen von der JVP angeführten Aufstand nieder und tötete 15.000 Landjugendliche.
Nach der brutalen Niederschlagung des Jugendaufstands verabschiedete die Koalitionsregierung in einer für die bürgerliche Politik Sri Lankas typischen Art eine Reform, die zentrale Auffassungen des singalesischen Chauvinismus in der Verfassung der Insel verankerte. Unter der Federführung von Colvin da Silva, der einst kraftvoll die Perspektive der permanenten Revolution vertreten hatte, wurden der tamilischen Minderheit diskriminierende Quoten in den Bereichen Arbeit und Bildung auferlegt. Der Buddhismus wurde Staatsreligion, und Singhalesisch war nunmehr die einzige Amtssprache.
Die Auswirkungen des großen Verrats der LSSP reichten weit über die Insel hinaus. In ganz Asien und weltweit verlieh der Verrat der LSSP den zunehmend diskreditierten stalinistischen und maoistischen Parteien wieder Auftrieb. Die indischen Stalinisten steckten die ganzen 1960er Jahre hindurch in einer Krise, ausgelöst durch das Zerwürfnis Chinas mit der Sowjetunion. Auch die Unterstützung der Kommunistischen Partei Indiens für die indische Bourgeoisie im indisch-chinesischen Grenzkrieg trug zu ihrer Krise bei, wie auch die wachsende Opposition in den eigenen Reihen gegen die enge Verbindung mit der regierenden Kongresspartei.
Da die Pablisten die trotzkistische Bewegung in Südasien in den 1950er Jahren liquidiert hatten – ein Prozess, der im großen Verrat von 1964 gipfelte – konnten die sich bekriegenden stalinistischen Fraktionen ihre politische Kontrolle über die Arbeiterklasse aufrechterhalten. Die Naxaliten-Bewegung, die in dieser Zeit einen Aufstieg erlebte, rechtfertige ihre maoistische, arbeiterfeindliche Politik des „langdauernden Volkskriegs“ und einer „neuen demokratischen Revolution“ im Bündnis mit dem angeblich antiimperialistischen und antifeudalen Flügel der Bourgeoisie, indem sie auf den Verrat der LSSP verwies.
Der politische Kampf, aus dem die RCL hervorging
Healys Reise nach Sri Lanka im Juni 1964 eröffnete den Kampf, der notwendig war, um die Bedeutung des großen Verrats für die internationale Arbeiterklasse zu erfassen, insbesondere in Hinblick darauf, die Krise der revolutionären Führung durch den Aufbau der Vierten Internationale zu lösen. Es kam vor allem darauf an, Klarheit bei denjenigen revolutionär gesinnten Elementen in Sri Lanka zu schaffen, die die Aktionen der LSSP klar ablehnten und inmitten der enormen Verwirrung und Orientierungslosigkeit, die der Verrat und die politische Unterdrückung der Arbeiterklasse erzeugten, nach einem Weg vorwärts suchten.
Von Beginn an stellten Healy und das IKVI ins Zentrum, dass die internationale Führung der Pablisten in Paris den Verrat politisch vorbereitet hatte. Er resultierte aus einer langjährigen Krise in der trotzkistischen Weltbewegung, die sich durch die Desertion der SWP ins Lager der Pablisten 1963 noch verschärft hatte. Sie konnte nur durch eine globale Offensive gegen den pablistischen Revisionismus überwunden werden.
Die LSSP (Revolutionär) war aus Sicht der revolutionären Politik eine Totgeburt, weil sie sich weigerte, mit dem Vereinigten Sekretariat zu brechen. Schon auf ihrer ersten Konferenz stellte sich ihre gesamte Führung gegen eine von einem IKVI-Sympathisanten eingebrachte Resolution, die eine Debatte über die „internationale Frage“ forderte, d. h. den Kampf des IKVI gegen den pablistischen Opportunismus.
Das Dokument „Die historischen und internationalen Grundlagen der SEP (Sri Lanka)“ beschreibt ausführlich den Prozess des politischen Kampfs und der Differenzierung, durch den eine Gruppe außergewöhnlicher junger Menschen unter dem Einfluss und der Anleitung der britischen Trotzkisten aus der politischen Umlaufbahn der LSSP (R) und ihrer Ausrichtung, die LSSP und die stalinistischen Führer unter Druck zu setzen, ausbrach. Sie nahmen den Aufbau einer neuen revolutionären Partei der sri-lankischen Arbeiterklasse in Angriff und stützten sich dabei auf die Lehren des Kampfs des IKVI gegen den pablistischen Revisionismus. Zu nennen ist neben Wije Dias besonders Keerthi Balasuriya, der erst 19 Jahre alt war, als er auf dem Gründungskongress der Revolutionary Communist League (RCL) im Juni 1968 zum Generalsekretär gewählt wurde.
Ein zentrales Thema auf dem Gründungskongress der RCL war die Kontinuität des Kampfs für den Trotzkismus. Wie die SEP (Sri Lanka) erläuterte, widersetzte sich Genosse Keerthi einer Gruppe, „die den Kongress als Konsolidierung einer nationalen revolutionären Strömung Sri Lankas ansah und ihren Ursprung in der Entwicklung von der LSSP über die LSSP (R) und Shakthi zum IKVI sah.“[30]
Der Kongress nahm einstimmig eine Resolution an, dem IKVI beizutreten, beruhend auf der Einsicht, dass dessen Kampf gegen den pablistischen Revisionismus die Kontinuität der Vierten Internationale gesichert hatte, und dass die Lehren daraus für die Lösung der Krise der proletarischen Führung entscheidend waren. „Dieser Kongress verpflichtet sich“, hieß es in der Resolution, „entschieden die Aufgabe zu erfüllen, die Partei der proletarischen Revolution in Ceylon als Sektion des IKVI in einem unermüdlichen Kampf gegen alle Formen des Revisionismus aufzubauen, und erklärt, dass diese Aufgabe untrennbar verbunden ist mit dem aktiven, größtmöglichen Eingreifen in den Klassenkampf überall und unter allen Umständen.“[31]
Die RCL-Führung und insbesondere Genosse Keerthi hatten ein besonders feines Gespür für jeden Rückzug vom Programm der permanenten Revolution, weil sie sich durch die Aneignung der Lehren aus dem Kampf des IKVI für die Verteidigung und Weiterentwicklung des historischen Programms der Vierten Internationale auf ein starkes Fundament stützen konnten. Es sprengt den Rahmen dieses Vortrags, doch sei darauf hingewiesen, dass diese Führung bereits vor der Gründung der RCL Bandas Verherrlichung des „bewaffneten Kampfes“ à la Mao kritisierte. Und 1971 versuchte die RCL, die Linie der „kritischen Unterstützung“ für Indiens Krieg gegen Pakistan im Dezember 1971 umzukehren. Die SLL hatte diese Linie im Namen des IKVI vertreten und dabei Indira Gandhis zynische Behauptungen akzeptiert, dass Neu-Delhi interveniere, um den Befreiungskampf in Bangladesch zu unterstützen. Die Kritik der RCL wurde jedoch unterdrückt und im IKVI nie diskutiert, was ein Anzeichen für die wachsende Krise innerhalb der SLL war.
Pablismus, der große Verrat und der Kampf für den Trotzkismus in den USA
Wie schon erwähnt, stimmte die Socialist Workers Party (SWP) genau ein Jahr vor dem Eintritt der pablistischen LSSP in die kapitalistische Regierung Ceylons dafür, sich mit den Pablisten zum so genannten Vereinigten Sekretariat zu vereinigen.
Auf dem Kongress der SWP im Juni 1963, der nur wenige Tage vor dem Weltkongress der Pablisten stattfand, auf dem die Wiedervereinigung formal vollzogen und umgesetzt wurde, stimmte eine von Tim Wohlforth angeführte Minderheit gegen die Wiedervereinigung. Diese Minderheit arbeitete mit dem IKVI zusammen und anerkannte seine politische Leitung und Disziplin.
Eine zweite Gruppierung enthielt sich bezeichnenderweise der Stimme: Das war die Minderheit unter Führung von James Robertson, die vorgab, mit dem IKVI zu sympathisieren und später die Spartacist League gründete. Die Robertson-Gruppe behauptete, in vielen Fragen Differenzen mit der SWP-Führung zu haben. Doch in der zentralen Frage, mit der die trotzkistische Weltbewegung konfrontiert war, weigerte sich die Robertson-Gruppe, mit dem IKVI zu gehen. . Über diese Frage war in den vorangegangenen zweieinhalb Jahren zu Recht ein heftiger politischer Kampf geführt worden.
Als Cannon 1953 die Gründung des IKVI initiierte, hatte er erklärt: „Der Graben zwischen Pablos Revisionismus und dem orthodoxen Trotzkismus ist so tief, dass weder ein politischer noch ein organisatorischer Kompromiss möglich ist.“[32]
Zehn Jahre später enthielt sich die Robertson-Gruppe der Stimme, als sie Stellung beziehen sollte, ob sie die Auffassung der SWP-Führung teile, dass die Differenzen, die zur Spaltung von 1953 geführt hatten, durch spätere Ereignisse überholt seien – insbesondere die übereinstimmende Bewertung der kubanischen Revolution durch die SWP und das Internationale Sekretariat –, und dass im Interesse einer schnellen „Wiedervereinigung“ keinerlei Diskussion über die Spaltung von 1953 stattfinden dürfe.
Auf Drängen der britischen Trotzkisten blieb die IKVI-treue Minderheit in der SWP, auch nachdem diese mit dem IK gebrochen und sich den Pablisten angeschlossen hatte. Sie tat dies, um in der SWP die politische Klärung der zentralen Fragen – die revolutionären Weltperspektiven und der Kampf um die Lösung der Krise der revolutionären Führung durch den Aufbau der Vierten Internationale – weiter voranzutreiben.
Diese Entscheidung war richtig und bedeutete keinesfalls, die Wiedervereinigung politisch zu befürworten oder sich daran zu beteiligen. Sie beruhte auf einer richtigen Einschätzung der zentralen Aufgabe, vor der die Anhänger des IKVI standen, als die SWP, die historische Partei des Trotzkismus in den Vereinigten Staaten, dabei war, sich im kleinbürgerlichen Radikalismus aufzulösen. Sie beruhte auch auf der Überzeugung, dass die Ereignisse die entscheidende Bedeutung des Kampfs des IKVI gegen die Wiedervereinigung bestätigen und sichtbar machen würden.
Erwähnenswert, wenn auch nebensächlich, ist, dass ausgerechnet die SWP-Führung am entschiedensten darauf bestand, dass es keine Diskussion über die Spaltung von 1953 geben dürfe. Das lag daran, dass sie vom Standpunkt des Kampfs für das historische Programm und die Prinzipien des Trotzkismus ihre eigene Entwicklung politisch nicht erklären konnte. Sie unterdrückte stattdessen jede Diskussion über die Ereignisse von 1953. Gleichzeitig behauptete sie wahrheitswidrig, die SWP habe zwar richtig gelegen, als sie ein Jahrzehnt zuvor die Gründung des IKVI angestoßen hatte, doch seien die Pablisten seitdem zu den IK-Positionen übergegangen. Mandel und seine Anhänger bestritten das entschieden.
Der Verbleib in der SWP bedeutete, dass die IKVI-treue Minderheit den fraktionell motivierten Manövern der SWP-Führung ausgesetzt war und an manchen öffentlichen Parteiaktivitäten nicht teilnehmen durfte. Doch die Minderheit nahm dies in Kauf, weil sie erkannte, dass sie für den Kampf des IKVI, im Kader der SWP und in der internationalen trotzkistischen Bewegung Klarheit zu schaffen, eine wichtige Rolle spielte.
Die Ereignisse in Sri Lanka – der Eintritt der offiziellen Sektion des Vereinigten Sekretariats in die bürgerliche Regierung der Insel – waren natürlich ganz anders gelagert. Hier handelte es sich um einen historischen Verrat, bei dem, wie ich aufgezeigt habe, die internationale Führung der Pablisten in Paris Regie führte und dabei von der SWP unterstützt wurde.
Die IKVI-treue Minderheit reagierte auf prinzipielle Art. Sie forderte eine parteiinterne Diskussion über den historischen Verrat der LSSP und dessen Bedeutung für die trotzkistische Weltbewegung. Am 30. Juni 1964 gab sie eine nur für Parteimitglieder bestimmte Erklärung heraus, in der sie die Dringlichkeit dieser Diskussion darlegte. Für dieses „Vergehen“ wurden Wohlforth, Fred Mazelis und sieben andere zehn Tage später von der SWP-Mitgliedschaft suspendiert.
Die von der Minderheit herausgegebene Erklärung verdient es, ausführlich zitiert zu werden. Sie lautet auszugsweise:
In der ganzen Periode von 1961 bis 1963 haben wir in politischer Übereinstimmung mit dem IKVI ständig darauf hingewiesen, dass eine Wiedervereinigung der Vierten Internationale ohne eine sehr ausführliche Diskussion vor der eigentlichen Wiedervereinigung nur zu einer Katastrophe und weiteren Degeneration der Internationale und der hiesigen Partei führen könne. Unsere Position ist auf der ganzen Linie bestätigt worden ...
Es darf jetzt keine Weigerung mehr geben, sich mit der politischen, theoretischen und methodologischen Krise zu konfrontieren, die unsere Partei und den internationalen Verband, mit dem sie zurzeit in politischer Solidarität steht, zerreißt. Um das Überleben der Partei zu sichern, muss sofort in allen Ortsgruppen eine gründliche Diskussion über diese Fragen organisiert werden.
Wir wissen sehr wohl, dass eine solche Diskussion, wenn sie nicht mit der Vorbereitung einer Konferenz in Verbindung steht, ein außergewöhnlicher Schritt ist. Wir fordern gerade deshalb eine solche Diskussion, weil wir es mit einer Krise von sehr außergewöhnlichem Charakter zu tun haben. Leninisten sind in organisatorischen Fragen niemals Fetischisten. Sie sind bereit, organisatorische Formen den politischen Bedürfnissen der Bewegung anzupassen. In einer Periode, in der die Partei wichtige Arbeit außen zu leisten hat, eine sterile Diskussion fortzusetzen, wäre ein krimineller Akt gegen die bolschewistische Partei. Eine Diskussion nicht zu führen, wenn eine tiefe politische Krise die Partei und die internationale Bewegung zerreißt, ist mindestens ebenso kriminell. Wer dringende und notwendige Arbeit zum Parteiaufbau einem Vorgehen entgegenstellt, ohne das die Partei nicht überleben kann, ist in keinem Sinne des Wortes Leninist. (Hervorhebung im Original.)[33]
Auf ihre Suspendierung reagierte die IKVI-treue Minderheit mit der Gründung des Amerikanischen Komitees für die Vierte Internationale (American Committee for the Fourth International, ACFI). Bei ihrem Bruch mit der jetzt pablistischen SWP ging es also um die grundlegendsten internationalen und historischen Fragen.
Dies war kein Zufall und auch nicht unbedeutend, sondern resultierte daraus, wie das IKVI den Kampf gegen die Wiedervereinigung anging, und sich auf dieser Grundlage mit der Minderheit auf eine gemeinsame Haltung verständigte.
Wie das Dokument der SEP (US) „Die historischen und internationalen Grundlagen der Socialist Equality Party (US)“ hervorhebt:
Die große Stärke dieser Tendenz war ihre Einsicht, dass die politische Krise der SWP als internationales Problem verstanden werden musste. Die Auseinandersetzung innerhalb der SWP konnte daher nicht von dem Standpunkt aus geführt werden, einen taktischen Vorteil bei der Diskussion der einen oder anderen politischen Frage zu erlangen. Stattdessen war das grundlegende Ziel der Diskussion, politische und theoretische Klarheit bezüglich der zentralen Probleme der revolutionären Perspektive in der Vierten Internationale zu gewinnen.[34]
Auch hier zeigt sich ein grundlegender Unterschied zur Robertson-Gruppe. Ursprünglich gehörten Robertson und seine Anhänger mit Wohlforth, Mazelis und anderen zu ein und derselben Minderheitstendenz, die Unterstützung für das IKVI bekundete. Aber sie weigerten sich, unter der Disziplin des IK, die sie verächtlich als „bürokratischen Zentralismus“ abtaten, zu arbeiten. Infolgedessen musste sich die Minderheit der IK-Befürworter innerhalb der SWP Anfang 1962 neu organisieren.
Im Gegensatz zu den IKVI-Anhängern, deren Ausschluss aus der SWP sich um entscheidende politische Grundsatzfragen drehte, wurde die Robertson-Gruppe Ende 1963 aus der SWP ausgeschlossen, weil sie bei ihren Bestrebungen, ihre Fraktion durch externe und öffentliche Aktivitäten aufzubauen, gegen die Disziplin der SWP verstoßen hatte. In diesem Zusammenhang behauptete sie, die wichtigste Frage sei der Standpunkt der SWP zu der ihrer Meinung nach zentralen Frage der amerikanischen Revolution – zum Kampf gegen die Rassentrennung und die Unterdrückung der afroamerikanischen Minderheit.
Weil die Robertson-Gruppe, inzwischen bekannt als Spartacist, weiterhin behauptete, politisch mit dem IKVI zu sympathisieren, wollten Healy und die britischen Trotzkisten nach der Gründung des ACFI diese Behauptung auf den Prüfstand stellen, indem sie die beiden bekennenden Pro-IK-Tendenzen in den USA ermutigten, auf einen prinzipienfesten Zusammenschluss hinzuwirken. Man lud daher die Spartacist-Tendenz ein, 1966 am IKVI-Kongress teilzunehmen.
Einige Genossinnen und Genossen kennen sicherlich Robertsons provokantes Verhalten auf dem Kongress, dessen Disziplin er missachtete. Dies stand ganz im Einklang mit dem früheren Verhalten der Robertson-Gruppe und zeigte, dass sich ihre politische Physiognomie als kleinbürgerlich-nationalistische Clique, die um Robertson kreiste, verfestigt hatte.
Dies war sicher wichtig, doch ein noch wichtigeres Thema war der Widerstand von Robertson und Spartacist gegen die Einschätzung der konterrevolutionären Rolle des pablistischen Opportunismus durch das IKVI. In dieser Einschätzung nehmen die Ursachen und die weltgeschichtliche Bedeutung des großen Verrats der LSSP von 1964 einen bedeutenden Platz ein.
Im April 1966, nur knapp zwei Jahre, nachdem die sri-lankische Sektion des Vereinigten Sekretariats in die Regierung geholt worden war, um (in den Worten von Frau Bandaranaike) die Bourgeoisie zu retten, ergriff Robertson auf dem Dritten IKVI-Kongress das Wort und stellte dessen Einschätzung der konterrevolutionären Rolle des Pablismus und der Dringlichkeit des Kampfs gegen ihn offen in Frage.
Insbesondere wandte sich Robertson gegen das Beharren des IKVI, dass der Weltimperialismus zunehmend von den pablistischen Revisionisten abhängig sei, die den Stalinismus und die Sozialdemokratie und, in den vom Imperialismus unterdrückten Ländern, die nationale Bourgeoisie stützten. Der Spartacist-Guru erklärte:
Wir bestreiten, dass die gegenwärtige Krise des Kapitalismus so scharf und tief ist, dass nur eine revisionistische Tendenz innerhalb des Trotzkismus die Arbeiter im Zaum halten kann, vergleichbar mit der Degeneration der Zweiten und Dritten Internationale. Eine derart falsche Einschätzung würde auf einer gewaltigen Überschätzung unserer gegenwärtigen Bedeutung beruhen und würde daher auch zur Desorientierung unserer Kräfte beitragen.[35]
In ihrem Gründungsdokument betonte die SEP (US) dazu:
In dieser Stellungnahme findet sich alles, was den Marxismus auf theoretischem und politischem Gebiet vom kleinbürgerlichen Radikalismus trennt. Im Wesentlichen leugnete Robertson die objektive gesellschaftliche und politische Bedeutung des Konflikts innerhalb der Vierten Internationale. Die Lehren aus Lenins Kampf zum Aufbau der Bolschewistischen Partei im Kampf gegen den Revisionismus und aus Trotzkis späterem Kampf gegen den Stalinismus und diverse Formen des Zentrismus wurden ignoriert. Die Auseinandersetzung mit dem Pablismus innerhalb der Vierten Internationale – die so offensichtlich mit großen politischen und gesellschaftlichen Veränderungen nach dem Zweiten Weltkrieg verbunden war – wurde von Robertson als mehr oder weniger subjektiv motivierter Hickhack zwischen verschiedenen Einzelpersonen ins Lächerliche gezogen.[36]
Die politische Abgrenzung und Lostrennung von der kleinbürgerlich-nationalistischen Spartacist-Clique spielten eine bedeutende Rolle bei der Formung und Herausbildung des internationalistischen Charakters und der proletarischen Klassenorientierung der Tendenz, die die amerikanischen Unterstützer des IKVI bildeten.
Die spätere Entwicklung der Spartacist League zu einer extrem prostalinistischen pablistischen Gruppe, die sich durch extremen Subjektivismus und Feindseligkeit gegenüber dem IKVI, der Workers League und der SEP auszeichnet, geht über den Rahmen dieses Vortrags hinaus. Ich nenne hier nur die Schrift „Globalization and the International Working Class: A Marxist Assessment“ (Globalisierung und die internationale Arbeiterklasse: Eine marxistische Einschätzung). Sie entstand in der Auseinandersetzung mit der nationalistischen Politik der Spartacist League, vertiefte die bahnbrechende Analyse des IKVI zur kapitalistischen Globalisierung und verlieh dem Programm der sozialistischen Weltrevolution neue Saftigkeit und Konkretheit. Nicht zufällig wurde sie 1998 veröffentlicht, als das IKVI die WSWS ins Leben rief.
Im November 1966 wandelte sich das ACFI auf der Grundlage der Lehren des dritten IKVI-Kongresses in die Workers League um. Durch den Kampf, den die SLL gegen die Umarmung des pablistischen Liquidatorentums durch die SWP geführt hatte, konnte die historische Kontinuität der trotzkistischen Bewegung in den Vereinigten Staaten, dem Zentrum des Weltimperialismus, gewahrt werden.
Fazit
Der große Verrat in Ceylon war gewissermaßen der 4. August 1914 des pablistischen Revisionismus. Die Konsequenzen seiner Abkehr vom Programm der Vierten Internationale und seines Abstiegs in den nationalen Opportunismus wurden jetzt in vollem Umfang sichtbar.
Der große Verrat bewies unwiderlegbar die konterrevolutionäre Rolle des pablistischen Revisionismus. In den Ereignissen in Sri Lanka zeichnete sich die spätere Rolle der Pablisten bereits ab. Während der weltweiten revolutionären Offensive der Arbeiterklasse von 1968 bis 1975 agierten sie als Helfershelfer des Imperialismus und unterstützten Stalinismus und Sozialdemokratie dabei, diese Offensive politisch zu ersticken.
Aber nicht nur an den Verrat müssen wir uns erinnern. Die Politik, die dazu führte, stieß auf Widerstand. Im Kampf gegen die prinzipienlose Wiedervereinigung von 1963 warnten die britischen Trotzkisten und ihre Unterstützer in der IKVI-treuen Minderheit innerhalb der SWP wiederholt, sie würde zu politischen Katastrophen führen. Nach dem großen Verrat arbeitete das IKVI dessen Bedeutung als strategische Erfahrung für die Weltarbeiterklasse heraus und stellte die Lehren daraus in den Mittelpunkt seines Kampfs für den Aufbau der Vierten Internationale.
Der immer schnellere politische Rückzug der SWP-Führung ab Mitte der 1950er Jahre, ihr endgültiges Einknicken vor dem pablistischen Opportunismus und der Bruch mit dem IKVI 1963 drängten die wirklichen Trotzkisten in die Defensive.
Doch unter Führung der SLL startete das IKVI eine Gegenoffensive. Es führte machtvolle politisch-theoretische Gegenschläge, die Klarheit in Kernfragen von Programm und Perspektive schufen.
Durch diese Offensive legte das IKVI auch den Grundstein für den Aufbau neuer Sektionen in zwei Ländern, die für die Geschichte der Vierten Internationale von entscheidender Bedeutung sind: USA und Sri Lanka. Damit wurde das IK in zwei Weltregionen präsent, die wichtige Schauplätze des Kampfs für die sozialistische Weltrevolution sind: Nordamerika, das Zentrum des Weltimperialismus, und Südasien, die heute bevölkerungsreichste Region der Welt.
Die Rolle, die die Workers League und die RCL bei der Spaltung von der WRP 1982-1986 und den unmittelbaren Folgen spielten, war nicht vorgegeben. Ihre führende Rolle in diesen Ereignissen hing aber mit den machtvollen trotzkistischen Traditionen zusammen, auf deren Basis sie gegründet worden waren. Dies ist dem Kampf des IKVI gegen die Wiedervereinigung und den großen Verrat zu verdanken.
Am 20. Juli 2022, nachdem ein Massenaufstand Anfang des Monats den verhassten Präsidenten Gotabaya Rajapaksa von der Macht vertrieben und die revolutionäre Krise ausgelöst hatte, die die Insel immer noch im Griff hat, veröffentlichte die sri-lankische SEP die bedeutende Erklärung: „Für einen demokratischen und sozialistischen Kongress der Arbeiter und ländlichen Massen in Sri Lanka!“ Darin skizziert die SEP eine revolutionäre Strategie für den Kampf um die Arbeitermacht. Eine wichtige Passage lautet:
Bei ihrer Weigerung, an den Gesprächen über die Bildung einer Übergangsregierung teilzunehmen, stützte sich die SEP auf die politischen Lehren aus dem katastrophalen Verrat, den die Lanka Sama Samaja Party 1964 an den politischen Prinzipien des Trotzkismus begangen hat. ... Der Eintritt der LSSP in die singhalesisch-chauvinistische Regierung von Bandaranaike bedeutete nicht nur das Ende der Bewegung der „21 Forderungen“. Er demoralisierte die Massen, förderte Spaltungen zwischen Sprach- und Volksgruppen auf Kosten des Klassenkampfs und ebnete den Weg für reaktionäre Konflikte innerhalb der Bevölkerung und jahrzehntelange Bürgerkriege.
Die SEP hat nicht den Weg des Verrats der LSSP eingeschlagen und wird dies auch niemals tun. Wir lehnen jede direkte oder indirekte Unterstützung kapitalistischer Regierungen ab.[37]
In ihrer Analyse der Entwicklung des Klassenkampfs, der Stimmung der Massen und der Aufgaben der Partei nimmt die Erklärung auch ausdrücklich Bezug auf die Erfahrungen der Oktoberrevolution von 1917 und der spanischen Revolution. Sie ist natürlich inspiriert von der Analyse des IKVI der systemischen Krise des Weltkapitalismus und unserem Verständnis, dass wir uns in der fünften Phase der Geschichte der trotzkistischen Bewegung befinden.
Diese Erklärung entstand durch intensive internationale Zusammenarbeit und war die letzte, an der Genosse Wije gearbeitet hat. Sie steht beispielhaft für die Herangehensweise des IKVI an die Geschichte der Vierten Internationale und die strategischen Erfahrungen der Weltarbeiterklasse. Daran muss sich die Arbeit aller seiner Sektionen und Unterstützergruppen orientieren, um dem wachsenden weltweiten Aufschwung der Arbeiterklasse eine revolutionäre Führung zu geben.
„Brief des Nationalkomitees der SLL an das Nationalkomitee der SWP“, 2. Januar 1961, in: David North, Das Erbe, das wir verteidigen, 2. Aufl., Essen 2019, S. 481
Newsletter, 11. Juli 1964, in: David North, Das Erbe, das wir verteidigen, 2. Aufl., Essen 2019, S. 512
Leo Trotzki, „Offener Brief an die indischen Arbeiter“, in: ders., Denkzettel. Politische Erfahrungen im Zeitalter der permanenten Revolution, Frankfurt am Main 1981, S. 285–286, 290
Zitiert in: Vierte Internationale, Jg. 14, Nr. 1 (Frühjahr 1987), „Einleitung“, S. 9
„Die Situation in Sri Lanka und die politischen Aufgaben der Revolutionary Communist League“, Vierte Internationale, Jg. 15, Nr. 1 (Frühjahr 1988), S. 25–29
Zitiert in: „Die historischen und internationalen Grundlagen der Socialist Equality Party (Sri Lanka)“, Abschnitt 10.3
https://www.wsws.org/de/articles/2012/05/sri4-m30.html
Ebd., Abschnitt 11.6
https://www.wsws.org/de/articles/2012/05/sri5-m31.html
Zitiert in: David North, Das Erbe, das wir verteidigen, 2. Aufl., Essen 2019, S. 272
James P. Cannon an L. Goonewardene, 23. Februar 1954, zitiert in: David North, Das Erbe, das wir verteidigen, 2. Aufl., Essen 2019, S. 331
James P. Cannon an L. Goonewardene, 23. Februar 1954, in: Trotskyism versus Revisionism, Bd. 2, S. 89 (aus dem Englischen
Ebd., S. 91 (aus dem Englischen)
Ebd., S. 113 (aus dem Englischen)
Zitiert in: David North, Das Erbe, das wir verteidigen, 2. Aufl., Essen 2019, S. 350
G. Healy an James P. Cannon, 10. Mai 1957, zitiert in: ebd., S. 505
Zitiert in: ebd., S. 507
Ebd., S. 508
G. Healy an das Nationalkomitee der SWP, 12. Juni 1963, zitiert in: ebd., S. 510
„Dynamics of World Revolution“, Juni 1963
https://www.marxists.org/history/etol/document/fi/1963-1985/usfi/7thWC/usfi01.htm
Dt. in: David North, Das Erbe, das wir verteidigen, 2. Aufl., Essen 2019, S. 492
Zitiert in: G. Healy, „Ceylon the Great Betrayal“, Trotskyism versus Revisionism, Bd. 4, S. 233-234 (aus dem Englischen).
Dt. in: „Der große Verrat der LSSP“, Teil 3
https://www.wsws.org/de/articles/2014/10/23/blp3-o23.html
„Der große Verrat der LSSP“, Teil 3
https://www.wsws.org/de/articles/2014/10/23/blp3-o23.html
Zitiert in: David North, Das Erbe, das wir verteidigen, 2. Aufl., Essen 2019, S. 511
Zitiert in: G. Healy, „Ceylon the Great Betrayal“, Trotskyism versus Revisionism, Bd. 4, S. 235 (aus dem Englischen)
Ebd., S. 241 (aus dem Englischen)
„Brief des IEK (Pablisten) an die Mitglieder der LSSP“, 25. Mai 1964, Trotskyism versus Revisionism, Bd. 4, S. 265 (aus dem Englischen)
„Resolution der Gruppe ‚Zentrum‘ an den LSSP-Kongress“, 6./7. Juni 1964, Trotskyism versus Revisionism, Bd. 4, S. 257 (aus dem Englischen)
„Resolution der ‚Revolutionären Minderheit' an den LSSP-Kongress“, 6./7. Juni 1964, Trotskyism versus Revisionism, Bd. 4, S. 256 (aus dem Englischen)
Erklärung des IKVI vom 5. Juli 1964, zitiert in: David North, Das Erbe, das wir verteidigen, 2. Aufl., Essen 2019, S. 512
Trotskyism versus Revisionism, Bd. 4, S. 245 (aus dem Englischen)
IKVI, „Genosse Wije Dias: Kämpfer für den Trotzkismus (27. August 1941 – 27. Juli 2022)“
https://www.wsws.org/de/articles/2022/07/28/pers-j28.html
SEP (Sri Lanka), „Die historischen und internationalen Grundlagen der SEP (Sri Lanka)“, Abschnitt 17.15
https://www.wsws.org/de/articles/2012/06/sri7-j02.html
Ebd.
James P. Cannon, „Der Offene Brief der Socialist Workers Party vom 16. November 1953“
https://www.wsws.org/de/articles/2023/11/15/offe-n15.html
Zitiert in: David North, Das Erbe, das wir verteidigen, 2. Aufl., Essen 2019, S. 513–514
Socialist Equality Party, „Opposition in der SWP: Die Gründung des ACFI“, in: Die historischen und internationalen Grundlagen der Socialist Equality Party (Vereinigte Staaten)
https://www.wsws.org/en/special/library/german-foundations-us/38.html
Zitiert in: ebd.
Socialist Equality Party, „Der Dritte Kongress des IKVI“, in: ebd.
https://www.wsws.org/en/special/library/german-foundations-us/39.html
Socialist Equality Party (Sri Lanka), “Für einen demokratischen und sozialistischen Kongress der Arbeiter und ländlichen Massen in Sri Lanka!“
https://www.wsws.org/de/articles/2022/07/21/pers-j21.html