Die Ankündigung des VW-Konzerns, die Vereinbarung zur Beschäftigungssicherung zu kündigen, zehntausende Arbeitsplätze abzubauen und ganze Werke und Standorte zu schließen, ist eine Kampfansage an alle Arbeiter und leitet ein neues Stadium des Klassenkampfs ein.
Für die VW-Beschäftigten und die gesamte Arbeiterklasse hat dies direkte und weitgehende Konsequenzen. Ein Kampf um die Macht hat begonnen. Es ist notwendig, mit derselben Härte und Entschlossenheit auf die Provokation der Kapitaleigner und des Vorstands zu antworten.
Alle Arbeitsplätze an allen Standorten müssen prinzipiell verteidigt werden. Es dürfen keine Zugeständnisse bei Löhnen, Sozialleistungen und anderen Arbeiterrechten gemacht werden. Das sozialistische Prinzip, wonach die Rechte der Arbeiter höher stehen, als die Profitansprüche der Oligarchen und Milliardäre, muss Ausgangspunkt des Widerstands sein.
Wenn Vorstandschef Oliver Blume und VW-Markenchef Thomas Schäfer erklären, Massenentlassungen, Lohnsenkungen und Sozialabbau seien unvermeidbar, um die Profite der Aktionäre zu sichern, dann bedeutet das: Das kapitalistische Profitsystem ist am Ende. Die Profitproduktion steht in unlösbarem Gegensatz zu den lebensnotwendigen Bedürfnissen der Arbeiter und ihrer Familien.
Um die Arbeitsplätze zu verteidigen, müssen die Kontrolle des IG Metall-Apparats und des Betriebsrats durchbrochen und neue Kampforganisationen aufgebaut werden, die den Widerstand organisieren und koordinieren: unabhängige Aktionskomitees.
Wir rufen alle VW-Beschäftigten auf: Beteiligt euch an der Gründung des Aktionskomitees. Meldet euch per Whatsapp-Nachricht unter +491633378340 oder füllt das Formular am Ende des Artikels aus und kommt am Mittwoch, den 18. September, um 19 Uhr hier zum ersten Online-Treffen des Aktionskomitees. Die Teilnahme kann anonym erfolgen.
Gesamtbetriebsratschefin Daniela Cavallo mag noch so laut protestieren: Die Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen sind mit dem Betriebsrat, der IG Metall und der SPD-geführten Landesregierung abgesprochen. Sie verfügen über die Mehrheit im Aufsichtsrat und arbeiten eng mit den Großaktionären, den Oligarchen-Clans Porsche und Piëch, zusammen.
Im Rahmen der organisierten Korruption namens „Mitbestimmung“ setzen sich die hochbezahlten Funktionäre der IGM und des Betriebsrats seit langem dafür ein, die Rendite der Aktionäre auf Kosten der Belegschaft zu steigern. Das „Performance-Programm“ von 2023, das bis 2026 Einsparungen von 10 Milliarden Euro vorsieht, trägt ihre Handschrift. Sie werden auch die neuen Sparpläne umsetzen und jeden Widerstand dagegen sabotieren. Doch jetzt können sie nicht mehr behaupten, dies geschehe „sozialverträglich“, unter Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen.
Um die Arbeitsplätze zu verteidigen, dürfen sich die Arbeiter nicht spalten lassen und müssen sich Standort-, Konzern- und Länder-übergreifend zusammenschließen. Der Kahlschlag bei VW ist Bestandteil einer globalen Offensive der Autokonzerne, die sich eine erbitterte Schlacht um Marktanteile und höhere Renditen liefern und die Umstellung auf Elektro-Mobilität nutzen, um Hunderttausende zu entlassen.
Ford legt sein Werk in Saarlouis still und greift nun die Arbeiter in Köln und Valencia an. Bei Stellantis „bleibt kaum ein Stein auf dem anderen“, wie die FAZ schreibt. Der als „Kostenkiller“ berüchtigte Konzernchef Carlos Tavares vernichtet in den USA und Italien tausende Arbeitsplätze. Auch das Opel-Werk in Eisenach wird nicht verschont, und von den einst 15.000 Arbeitsplätzen im Rüsselsheimer Opel-Stammwerk sind nur noch 8300 übrig.
In der Zulieferindustrie findet ein regelrechtes Massaker statt. ZF Friedrichshafen vernichtet 14.000 und Continental 7000 Arbeitsplätze. Fast täglich schließen kleinere Betriebe mit mehreren hundert Beschäftigten. Auch der Softwarekonzern SAP baut 10.000 Stellen ab, Thyssenkrupp streicht die Stahlsparte zusammen, der Chemiekonzern Bayer vernichtet 5000 Jobs und BASF schließt zwei Standorte in Köln und Frankfurt-Höchst.
Doch die Gewerkschaften tun alles, um den Widerstand zu isolieren und zu unterdrücken. Selbst konzernintern unterbinden sie jede Solidarität und spielen die Kollegen verschiedener Standorte gegeneinander aus, wie beim berüchtigten Bieterwettbewerb zwischen den Ford-Werken Saarlouis und Valencia.
Der VW-Gesamtbetriebsrat rührt keinen Finger, um die Kollegen in Brüssel zu unterstützen, die gegen die Schließung des Audi-Werks mit 3000 Arbeitsplätzen kämpfen. Beim Personaldienstleister AutoVision, einem Gemeinschaftsunternehmen von VW und der Stadt Wolfsburg, das VW mit Leiharbeitern beliefert, stehen 1500 von 3600 Arbeitsplätzen auf der Kippe. Cariad, die Softwareabteilung des Konzerns mit 6000 Arbeitsplätzen, steht möglicherweise ganz vor dem aus.
Ende der „Sozialpartnerschaft“
Der VW-Konzern galt jahrzehntelang als Inbegriff dessen, was abwechselnd als „deutsches Mitbestimmungsmodell“, „Deutschland AG“ oder „Co-Management“ bezeichnet wurde. In keinem anderen deutschen Unternehmen ist die Zusammenarbeit zwischen Eigentümern, Management und Gewerkschaft so eng und ausgefeilt wie bei Volkswagen.
IG Metall und Betriebsrat sorgen mit einem Heer vollamtlicher Funktionäre dafür, dass die Entscheidungen von Vorstand und Aufsichtsrat reibungslos umgesetzt werden.
Der Chef der IG Metall amtiert traditionsgemäß als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender des Konzerns, assistiert vom Betriebsrat, der aufgrund der gesetzlich geregelten Mitbestimmung gemeinsam mit der IGM die Hälfte des Aufsichtsgremiums besetzt. Die andere Hälfte entfällt auf die Porsche Holding, die von den Porsche- und Piëch-Clans kontrolliert wird und 53 Prozent der Stammaktien besitzt, das Emirat Katar (17 Prozent) und das SPD-regierte Land Niedersachsen (20 Prozent). Der VW-Konzern wird also praktisch von einem Triumvirat aus Gewerkschaft, Betriebsrat und SPD beherrscht.
Wenn Betriebsräte und IG Metall-Funktionäre jetzt behaupten, sie seien von den Plänen des Vorstands überrascht und überrumpelt worden, ist das schlicht gelogen. Ex-IGM-Chef Jörg Hofmann, die Gesamtbetriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo und der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sitzen im achtköpfigen Präsidium des Aufsichtsrats, in dem alle wichtigen Entscheidungen abgesprochen werden. In Kürze soll Hofmann dort von der amtierenden IGM-Chefin Christiane Benner abgelöst werden.
Personalchef Gunnar Kilian, der für die Entlassungen zuständig ist, war Generalsekretär des Betriebsrats, bevor er in den Vorstand wechselte. Er galt als „engster Vertrauter“ von Cavallos Vorgänger Bernd Osterloh und als dessen „Strippenzieher“. Einer von Kilians Vorgängern, Peter Hartz, hatte für die Bundesregierung von Gerhard Schröder (SPD) die nach ihm benannten Arbeitsmarktgesetze ausgearbeitet, die die Voraussetzungen für einen riesigen Niedriglohnsektor schufen.
Dieses „System VW“ verschaffte dem Konzern über Jahrzehnte die Möglichkeit, die Produktion immer weiter auszudehnen, hohe Profite zu machen und für die Stammbelegschaften überdurchschnittliche Löhne zu zahlen. Als sich der weltweite Konkurrenzkampf verschärfte, in Japan, Korea und China neue Konkurrenten auftraten und Abgas-Normen verschärft wurden, griff das VW-Management zu kriminellen Methoden und musste für den Diesel-Skandal bisher bereits 30 Milliarden Euro Strafe zahlen.
Ausgeglichen wurde das durch eine aggressive Ausdehnung des China-Geschäfts. Seit den 1980er Jahren war Volkswagen mit seiner Kernmarke VW Marktführer in China. In den vergangenen Jahren verkaufte der Konzern rund 40 Prozent seiner Fahrzeuge in China und erzielte dort einen großen Teil seiner Gewinne.
Doch inzwischen geht der Absatz deutlich zurück. Chinesische Hersteller wie SAIC, BYD, Geely und Xpeng treten als Konkurrenten auf und expandieren nach Europa. Vor allem beim Bau und Verkauf von Elektro-Fahrzeuge haben sie VW weit hinter sich gelassen.
Der erbitterte Konkurrenzkampf wird auf dem Rücken der Arbeiter in Deutschland und in China ausgetragen. Auf den steigenden Marktanteil chinesischer Produzenten reagiert VW mit Milliarden-Investitionen in Beteiligungen an chinesischen Firmen und Start-ups, die das technische Knowhow für die E-Mobilität mitbringen.
Im Vordergrund stehen dabei nicht nur der Zugang zu Technologien und zu Rohstoffen wie Lithium, Nickel, Kobalt und seltenen Erden, die für den Bau von E-Autos erforderlich sind, sondern die drastische Steigerung der Profite und die Verschärfung der Ausbeutung. Die Auto-Bosse nutzen die Umstellung auf E-Mobilität weltweit, um die Profite drastisch zu erhöhen.
Der ehemalige Siemens-Chef, Joe Kaeser, der jetzt als Aufsichtsratsvorsitzender Daimler-Truck auf Profit trimmt, brüstete sich vergangene Woche im Handelsblatt, der weltgrößte Lkw- und Bushersteller habe seine Umsatzrendite (Ebit) in den vergangenen Jahren durch eine „gewaltige Leistung“ bereits von zwei bis drei auf neun bis zehn Prozent gesteigert. „Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die besten Wettbewerber, die wir haben, nicht zehn Prozent Ebit-Marge verdienen, sondern 14 bis 15 Prozent“, fügte Kaeser hinzu.
Auch die knallharten Sparmaßnahmen bei VW dienen der Steigerung der Profite. Markenchef Thomas Schäfer strebt als erstes eine Erhöhung der Rendite von derzeit knapp 3 auf mindestens 6,5 Prozent an. „Wir müssen auch in Krisenzeiten und in einer auf Dauer volatilen Welt gute, wettbewerbsfähige Renditen schaffen,“ erklärte Schäfer. Gemeint sind damit Renditen von 10 bis 15 Prozent, die Automobilhersteller derzeit anstreben und in einigen Bereichen auch erzielen, wie etwa Mercedes-Benz, BMW, Tesla und auch die konzerneigenen Marken Audi und Porsche.
Weltkrise und Weltkrieg
Die hemmungslose Jagd von Milliardären und Spekulanten nach Profit verschärft nicht nur die Ausbeutung, sondern führt auch zum Krieg. Die Jagd nach Rohstoffen, Absatzmärkten und billigen Arbeitskräften entwickelt sich zum Wirtschaftskrieg mit Handelsbeschränkungen, Strafzöllen und Subventionen und schließlich zum militärischen Krieg.
So belegen die USA Elektroautos aus China inzwischen mit Importzöllen von 100 Prozent. Gleichzeitig umzingeln sie das wirtschaftlich aufsteigende Land militärisch und bereiten systematisch einen Krieg vor. Auch die EU hat – allerdings niedrigere – Importzölle verhängt.
Deutschland hat die EU-Osterweiterung genutzt, um seine wirtschaftliche Dominanz in Osteuropa zu erhöhen. Nun führt es in der Ukraine einen Stellvertreterkrieg gegen Russland, um einen Regimewechsel in Moskau zu erzwingen und das riesige Land mit seinen Rohstoffen und Energiequellen unter die direkte Kontrolle der deutschen Wirtschaft zu bringen.
Berlin knüpft dabei an die imperialistische Großmachtpolitik der Nazis an. Acht Jahrzehnte nach dem Überfall auf die Sowjetunion, der 28 Millionen Opfer und den Holocaust zur Folge hatte, rollen wieder deutsche Panzer gegen Russland. Die Kriegskosten – hohe Energiepreise als Folge der Sanktionen, wirtschaftlicher Rückgang, Inflation sowie Kriegs- und Rüstungskosten – werden der Arbeiterklasse aufgebürdet.
Auch gegenüber China schaltet Berlin von wirtschaftlicher Kooperation auf militärische Konfrontation. Kriegsminister Boris Pistorius (SPD) drängt darauf, dass die deutsche Fregatte „Baden-Württemberg“ im Südchinesischen Meer durch von China beanspruchte Hoheitsgewässer fährt. Diese provokative Geste erinnert an die Praktiken von Kaiser Wilhelm II vor dem Ersten Weltkriegs. Sie vergiftet die politischen Beziehungen und wird die Krise bei VW noch weiter verschärfen.
Der Kampf zur Verteidigung der Arbeitsplätze, Löhne und Sozialstandards ist deshalb untrennbar mit dem Kampf gegen Krieg und militärische Aufrüstung sowie der Verteidigung demokratischer Rechte verbunden. Er muss unter einer sozialistischen Perspektive geführt werden. Ohne die Macht der Milliardäre, Banken und großen Konzerne zu brechen, kann kein einziges gesellschaftliches Problem gelöst werden. Sie müssen enteignet und unter die demokratische Kontrolle der Belegschaften gestellt werden.
Baut Aktionskomitees auf!
VW ist nur die Spitze des Eisbergs. In der globalen Autoindustrie werden hunderttausende Arbeitsplätze zerstört. Von den 780.000 Arbeitsplätzen in der deutschen Auto- und von den 480.000 in der deutschen Chemieindustrie ist kaum einer mehr sicher.
Der Spiegel kommentierte letzte Woche unter der Überschrift „Das Ende der Jobgarantie“, in der Industrieproduktion und auf dem Bau würden zurzeit „vernünftig bezahlte und üppig ausgestattete Arbeitsplätze abgebaut“. Im Dienstleistungsbereich, wo länger gearbeitet und oft nur die Hälfte bezahlt wird, herrsche dagegen Arbeitskräftemangel. „Kein Wunder, dass viele Beschäftigte nicht tauschen wollen. Doch genau darauf wird es hinauslaufen müssen.“
Mit anderen Worten, hunderttausende Arbeiter sollen mit einem Job vorliebnehmen, der oft nicht einmal zum Leben, geschweige denn zum Unterhalt einer Familie reicht. Das darf nicht zugelassen werden. Es ist notwendig, der Selbstherrlichkeit und Arroganz der Oligarchen-Clans Porsche/Piëch und ihren Lakaien in Gewerkschaft und Politik die Stärke und Macht der Beschäftigten entgegenzustellen.
Porsche/Piëch verdanken ihren Reichtum dem Umstand, dass sie Nachkommen von Ferdinand Porsche und dessen Schwiegersohn Anton Piëch sind, die als Günstlinge Adolf Hitlers das Volkswagenwerk für die Nazis aufbauten. Der Grundstein für das Milliardenvermögen der Porsches und Piëchs legten 20.000 Zwangsarbeiter, die während des Zweiten Weltkriegs im VW-Werk unter unmenschlichen Bedingungen Rüstungsgüter für die Wehrmacht produzierten.
Heute ist Volkswagen der größte europäische Autohersteller. Mit rund 60.000 Beschäftigten ist das Wolfsburger-Stammwerk die größte Fabrik der Welt. In 122 Fabriken auf allen Kontinenten arbeiten 670.000 Arbeiterinnen und Arbeiter, allein Deutschland sind es 120.000. Weitere Hunderttausende sind in der Zulieferindustrie beschäftigt. Zählt man die Familienmitglieder hinzu, so ist das Schicksal mehrerer Millionen Menschen direkt mit dem Konzern verbunden.
Um diese große internationale Stärke der VW-Arbeiter zu entfalten, muss die Kontrolle der IG Metall und ihres Betriebsrats gebrochen werden, die als Teil der Konzernleitung eine regelrechte Diktatur über die Beschäftigten ausüben. Das erfordert den Aufbau von unabhängigen Aktionskomitees, in denen sich alle VW-Arbeiterinnen und Arbeiter zusammenschließen, die ernsthaft kämpfen wollen.
Solche Aktionskomitees haben sich bereits in mehreren Autowerken gebildet und zu einem Netzwerk zusammengeschlossen. Es ist Teil der Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees (International Workers Alliance of Rank-and-File Committees, IWA-RFC), die den wachsenden Widerstand weltweit koordiniert. Die Gründung eines Aktionskomitees bei VW wird entscheidend dazu beitragen, den Kampf gegen den Kahlschlag bei VW zum Bestandteil einer systematischen, internationalen Offensive in der Auto- und Zulieferindustrie zu machen.
Als erste unmittelbare Forderungen schlagen wir vor:
- Verteidigung aller Arbeitsplätze an allen Standorten! Keine Zugeständnisse bei Löhnen und Sozialleistungen.
- Schluss mit den Verhandlungen hinter geschlossenen Türen. Offenlegung aller Einzelheiten des „Performance-Programms“. Das gewerkschaftsunabhängige Aktionskomitee wird sie überprüfen und standortübergreifende Kampfmaßnahmen ergreifen.
- Kampf gegen die Spaltung der Belegschaften nach Standorten, Ländern und Automarken. Das Aktionskomitee muss sich der Profitlogik widersetzen und die Bedürfnisse und Rechte der Beschäftigten höherstellen als die Rendite der Milliardärclans und Investoren.
Wir rufen alle VW-Beschäftigten auf: Beteiligt euch an der Gründung des Aktionskomitees. Meldet euch per Whatsapp-Nachricht unter +491633378340 oder füllt das Formular aus und kommt am Mittwoch, den 18. September um 19 Uhr hier zum ersten Online-Treffen des Aktionskomitees. Die Teilnahme kann anonym erfolgen.