Vor weniger als zwei Wochen wurde die Inhaftierung von bis zu 30.000 Menschen ohne Papiere auf dem US-Marinestützpunkt in Guantánamo Bay auf Kuba angeordnet. Inzwischen ist das größere Ziel der Trump-Regierung deutlich geworden. Sie beansprucht die Macht, jeden missliebigen Menschen in einem Offshore-Folterzentrum zu inhaftieren, das keinerlei rechtlichen Beschränkungen unterliegt.
Am Sonntag veröffentlichte die Washington Post Satellitenbilder von Guantánamo Bay. Aus ihnen geht hervor, dass das Militär inzwischen mehr als 185 Zelte und provisorische Strukturen auf dem Gelände errichtet hat. Das Lager war ursprünglich für etwa 120 Häftlinge ausgelegt.
Die Post befragte auch mehrere Menschenrechtsanwälte, die mit dem Gefangenenlager vertraut sind. Sie warnen, dass die in Guantánamo festgehaltenen Migranten in ein „juristisches schwarzes Loch“ geraten und sogar ihre Namen der Öffentlichkeit vorenthalten werden.
Während des so genannten „Kriegs gegen den Terror“ war Guantánamo als Militär- und CIA-Gefangenenlager berüchtigt. Hunderte mutmaßliche Mitglieder „terroristischer Gruppen“, die aus der ganzen Welt entführt wurden, waren hier grausamen und erniedrigenden Foltermethoden und Misshandlungen ausgesetzt.
Das Weiße Haus hatte am 29. Januar den Ausbau des Gefängnistrakts für Migranten in Guantánamo auf „volle Kapazität“ angeordnet. Ziel sei dabei, „die Grenzinvasion zu stoppen, kriminelle Kartelle zu zerschlagen und die nationale Souveränität wiederherzustellen“.
Innerhalb weniger Tage trafen erste Militärangehörige auf dem Stützpunkt in Kuba ein, um mit dem Aufbau von Zelten zu beginnen, und am 4. Februar kam der erste Militärflug mit 10 Häftlingen an. Das Department of Homeland Security (DHS) behauptete, alle Inhaftierten seien bekannte Mitglieder der venezolanischen Bande Tren de Aragua, die zuvor von Trump als ausländische terroristische Organisation eingestuft worden war.
Am darauffolgenden Freitag reiste DHS-Ministerin Kristi Noem persönlich nach Guantánamo, wo sie erklärte: „Präsident Donald Trump hat sehr deutlich gesagt: In Guantánamo Bay werden die Schlimmsten der Schlimmsten festgehalten.“
Etwa 50 Männer wurden bisher mit fünf Militärflügen auf die Insel gebracht. Ein Sprecher des Pentagon und DHS-Ministerin Noem versicherten am Wochenende, dass die Migranten in Gewahrsam der Migrationsbehörde ICE seien - und nicht in militärischer Obhut. Dies alles sei eine „vorübergehende Lösung“, um einen Transport in ihre Herkunftsländer zu organisieren. Im Übrigen würden „ordnungsgemäße Verfahren“ und „internationale humanitäre Standards“ eingehalten.
Es dauerte jedoch nur Stunden, bis alle Beteuerungen über demokratische Rechte und die Behauptung, die Inhaftierten seien Bandenmitglieder, als glatte Lügen entlarvt wurden.
J. Wells Dixon, Anwalt eines derzeitigen Häftlings in Guantánamo, erklärte gegenüber der Post, dass es keinen faktischen Unterschied zwischen dem ICE-Gewahrsam und einem Militärgefängnis gibt, da Camp 6, wohin die Deportierten geschickt werden, „untrennbar mit Militärhaft verbunden ist“. Nach geltendem Recht können nur Personen, die mit Gruppen in Verbindung stehen, die angeblich hinter den Anschlägen vom 11. September 2001 stehen, in Militärgewahrsam genommen werden.
Das Gefängnis, so fügte Dixon hinzu, „wurde entwickelt, um die Gefangenen psychisch zu brechen“. Andere wiesen auf die unhygienischen und unmenschlichen Bedingungen in Guantánamo hin. Das Migranten- und Militärlager soll derzeit über eine Kapazität von 220 Plätzen verfügen.
Am Sonntag untersagte ein US-Bundesrichter die Abschiebung dreier venezolanischer Männer nach Guantánamo. Er reagierte damit auf eine Klage, wonach die Migranten fälschlicherweise beschuldigt werden, Verbindungen zur Tren de Aragua-Bande zu haben.
Schließlich deckte die Publikation Migrant Insider auf, dass es sich bei einem der zehn Inhaftierten des ersten Fluges nach Guantánamo um einen legalen venezolanischen Asylbewerber namens Luis Alberto Castillo Rivera handelte. Castillo Rivera ist nicht vorbestraft soll aber aufgrund eines Tattoos als Bandenmitglied gelten.
Seine Angehörigen erfuhren durch Fotos, die das DHS in den sozialen Medien veröffentlichte, dass der 23-Jährige nach Guantánamo geschickt worden war. Erst am Tag zuvor, am 3. Februar, hatte er bei seinen Verwandten angerufen und mitgeteilt, dass er seine Asylanhörung in den Vereinigten Staaten erwartet.
Auf der ICE-Website ist hingegen aktuell zu lesen, dass er von der Behörde in Florida festgehalten wird. Dies lässt Befürchtungen aufkommen, dass Aufzeichnungen manipuliert werden und die Rückverfolgung der Verlegung von Häftlingen unmöglich gemacht wird.
Es muss eine deutliche Warnung an alle Arbeiter in den Vereinigten Staaten ausgesprochen werden: Unabhängig vom legalen Status kann Jeder, der ins Visier der Trump-Regierung gerät, auf der nun geschaffenen Grundlage festgenommen werden. Angesichts des völligen Mangels an Transparenz ist nicht einmal die Behauptung zu glauben, dass dies „nur“ Migranten und nicht auch US-Bürger trifft.
Die Trump-Regierung hat deutlich gemacht, dass sie uneingeschränkte Exekutivbefugnisse unter völliger Missachtung der amerikanischen Verfassung anstrebt.
Trump selbst freute sich über die offen verfassungswidrige Aussicht auf die Abschiebung von US-Bürgern nach El Salvador. Der faschistische Präsident des mittelamerikanischen Landes Nayib Bukele hat angeboten, US-Häftlinge in seinem weitläufigen „Terroristen-Gefängnis“ zu inhaftieren. Es existieren bereits zahlreiche Berichte über Folter und den Tod von Häftlingen in dieser Anstalt.
Letzten Dienstag sagte Trump, er hoffe, „diese Tiere aus unserem Land zu bekommen und sie in ein anderes Land unter der Aufsicht von jemandem zu bringen“, der „sie behalten kann, weil diese Leute nie etwas taugen werden“.
Trump hat zwar nicht deutlich gemacht, welche von „diesen Leuten“ abgeschoben werden sollen. Aber er hat wiederholt diejenigen, die sich seiner rechtsgerichteten Politik widersetzen, als Kriminelle bezeichnet, gegen die ermittelt und die inhaftiert werden sollten.
Das ganze Narrativ einer gefährlichen „Invasion“ von Migranten wird von der Trump-Regierung benutzt, um einen breiteren Krieg gegen die sozialen und demokratischen Rechte der Arbeiterklasse zu rechtfertigen.
Die Demokratische Partei stellt sich den Abschiebungen der Trump-Regierung nach Guantánamo oder dem allgemeinen Bestreben, eine Präsidialdiktatur zu errichten, nicht entgegen. Die Demokraten haben in einigen Fällen ihre Stimmen für die Bestätigung von Trumps Kabinett durch den Kongress gegeben. Darüber hinaus waren frühere Regierungen unter Führung der Demokratischen Partei auch direkt dafür verantwortlich, einen Großteil der Grundlagen für Trumps Agenda zu schaffen, unter anderem für die Nutzung von Guantánamo.
In den 1990er Jahren hielt die Regierung des Demokraten Bill Clinton zehntausende haitianische und kubanische Migranten auf dem US-Marinestützpunkt Guantánamo fest und setzte damit eine Politik fort, die unter seinem republikanischen Vorgänger George H.W. Bush begonnen hatte. Barack Obama hat sein lautstark verkündetes Versprechen, den Gefängniskomplex in Guantánamo vollständig zu schließen, nicht eingehalten.
Erst im August letzten Jahres hat die Regierung Biden Akima Infrastructure Protection mit dem Ausbau des Guantánamo Migrant Operations Center (GMOC) beauftragt. Im September erschien ein Bericht des International Refugee Assistance Project (IRAP), in dem aufgedeckt wurde, dass Migranten in der Einrichtung heimlich und auf unbestimmte Zeit unter „unmenschlichen“ Bedingungen festgehalten werden.
Es gibt zahlreiche historische Präzedenzfälle, derer sich die Arbeiter bewusst sein müssen, wenn das US-Militär und der Geheimdienstapparat Gefangene in Zeltlager mitten in der Karibik verfrachten.
Weniger als zwei Monate nach Hitlers Machtantritt im Januar 1933 wurde in Dachau das erste Konzentrationslager als Prototyp eingeweiht. Zunächst wurden politische Gegner interniert, vor allem linke Arbeiter und Intellektuelle aus den Reihen der Kommunistischen Partei und der Sozialdemokratischen Partei, später wurden auch Juden, andere Minderheiten und andere von den Nazis verfolgte Personen inhaftiert.
In den 1970er und 1980er Jahren unterstützten die USA faschistische Militärdiktaturen in fast ganz Süd- und Mittelamerika, die Hunderttausende von politischen Gegnern und mutmaßlichen Linken entführten, folterten und ermordeten - eine Praxis, die heute allgemein als „Verschwindenlassen“ bekannt ist.
In den Folterkammern des chilenischen Diktators Augusto Pinochet wurden die berüchtigten Methoden angewandt, die in enger Zusammenarbeit mit ausgewanderten deutschen Nazis und CIA-„Beratern“ entwickelt wurden. Wie früher in Deutschland wurden die Internierungslager in Südamerika häufig für Sklavenarbeit genutzt.
Jetzt besteht die eindeutige und unmittelbare Gefahr, dass die US-Oligarchie versuchen wird, dieses gesammelte „Know-how“, das im Rahmen des „Kriegs gegen den Terror“ weiterentwickelt wurde, zu nutzen, um die drohende und bereits entstandene Massenopposition in der amerikanischen und internationalen Arbeiterklasse präventiv zu unterdrücken.
Der Kampf zur Verteidigung der demokratischen Rechte erfordert den Aufbau einer sozialistischen Bewegung in der Arbeiterklasse. Die Socialist Equality Party steht an der Spitze der Entwicklung einer Massenbewegung der Arbeiterklasse, die sich nicht nur gegen Trump und die Republikaner, sondern gegen das gesamte politische Establishment richtet. Der Kampf gegen die Diktatur ist untrennbar mit dem Kampf gegen das System verbunden, das sie hervorbringt - den Kapitalismus. Alle, die diesen Kampf aufnehmen wollen, müssen sich der Socialist Equality Party bzw. ihrer Schwesterpartei in Deutschland, der Sozialistischen Gleichheitspartei, anschließen und sie aufbauen.
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