Perspektive

Konflikt zwischen Europa und den USA im Fokus der Münchner Sicherheitskonferenz

Eigentlich sollte der Ukrainekrieg und Präsident Trumps Vorstoß für Verhandlungen mit Russland im Zentrum der Münchner Sicherheitskonferenz stehen, die am Freitag in der bayrischen Metropole begann. Stattdessen rückte der eskalierende Konflikt zwischen den USA und Europa in den Fokus der Konferenz.

US-Vizepräsident J.D.Vance auf der Münchner Sicherheitskonferenz [Photo by MSC/Michaela Stache]

Der amerikanische Vizepräsident J.D. Vance, der als einer der ersten sprach, hielt eine fünfzehnminütige faschistische Standpauke, die auch von der AfD-Vorsitzenden Alice Weidel, dem niederländischen Islamhasser Geert Wilders oder einem anderen europäischen Rechtsextremen hätte stammen können.

Vance bezeichnete es als Skandal, dass rechtsextreme Parteien in München nicht willkommen seien. „Es gibt keinen Platz für Brandmauern,“ sagte er. Er warf den versammelten Spitzenpolitikern vor, „die Stimmen der eigenen Bevölkerung“ zu fürchten, und verglich sie mit totalitären Herrschern. Die größte Gefahr für Europa komme von innen.

Als Beispiele nannte er die Annullierung der Präsidentenwahl in Rumänien, die der Faschist Călin Georgescu mithilfe undurchsichtiger Finanzquellen gewonnen hatte, Strafen gegen militante Abtreibungsgegner in England und Schottland sowie EU-Regeln gegen Hasskommentare in sozialen Medien.

Als größtes Problem bezeichnete Vance die „Masseneinwanderung“. Er bezog sich dabei direkt auf den Anschlag, bei dem am Tag zuvor in München ein afghanischer Flüchtling mit dem Auto in eine Gewerkschaftsdemonstration gerast war. „Wie oft müssen wir diese entsetzlichen Rückschläge noch erleiden, bevor wir unseren Kurs ändern und unsere gemeinsame Zivilisation in eine neue Richtung lenken“, sagte Vance. Kein Wähler sei an die Wahlurne gegangen, „um die Schleusen für Millionen ungeprüfter Einwanderer zu öffnen“.

Nach Hitlers Niederlage im Zweiten Weltkrieg hatte die US-Regierung in Nürnberg führenden Nazis den Prozess gemacht und ihre Verbrechen so einer breiteren Öffentlichkeit vor Augen geführt. Unter Trump bemüht sich die US-Regierung jetzt, den Faschismus in Europa wieder stark zu machen.

Neofaschistische Politiker wie Giorgia Meloni in Italien, Viktor Orbán in Ungarn, Geert Wilders in den Niederlanden oder auch Javier Milei in Argentinien zählen schon jetzt zu Trumps engsten Verbündeten. Und in Deutschland hat Trumps Beauftragter für den sozialen Kahlschlag, Elon Musk, massiv zugunsten der AfD in den Wahlkampf eingegriffen.

Was die Rechtsextremen auf beiden Seiten des Atlantiks zusammenbringt, ist ihre gemeinsame politische Agenda: Der Abbau sämtlicher sozialen Errungenschaften, Bildungsinstitutionen und Gesundheitseinrichtungen, die nach Jahren des Sozialabbaus noch übrig sind; die Zerschlagung der demokratischen Rechte der Arbeiterklasse, beginnend mit dem Angriff auf Migranten und Flüchtlinge; die Beseitigung aller Hürden, die der Bereicherung der milliardenschweren Oligarchen im Wege stehen, welche das Rückgrat der Trump-Administration bilden; und die Ausrichtung der Wirtschaft auf Kriegsproduktion.

Schon die Nazis hatten ihre außenpolitischen Bündnisse auf ideologische Gemeinsamkeiten gestützt. So schloss Hitler-Deutschland 1939 den Stahlpakt mit Mussolinis Italien. 1940 wurde er mit Japan zum Dreimächtepakt erweitert.

Die europäischen Mächte sind allerdings weder eine Bastion der Demokratie noch unschuldige Opfer von Trumps Machenschaften. Im Gegenteil. Wie die WSWS in zahlreichen Analysen aufgezeigt hat, ist Trumps Aufstieg und Wiederwahl keine zufällige Verirrung, „sondern Ausdruck einer grundlegenden Neuausrichtung der Politik in den Vereinigten Staaten und weltweit“.

In ihrer Neujahrserklärung vom 3. Januar 2025 erklärte die WSWS:

Der Charakter der neuen Regierung spiegelt eine brachiale Neuausrichtung des Staates wider, die dem Wesen der kapitalistischen Gesellschaft entspricht. Die reichsten Einzelpersonen und Unternehmen der Welt kontrollieren Ressourcen von unvorstellbaren Ausmaßen.

Die Wiederwahl Trumps sei „der Höhepunkt eines langen Prozesses der politischen Reaktion und ein Vorbote dessen, was noch bevorsteht“. Sie sei „Ausdruck der ‚Normalisierung‘ von faschistischer Barbarei und kapitalistischer Diktatur“. Dies zeige „sich daran, dass die Demokratische Partei und die kapitalistischen Medien die Bedrohung der Demokratie durch Trump, geschweige denn das Wort Faschismus nicht mehr erwähnen und stattdessen Trump und den Republikanern ihre uneingeschränkte Zusammenarbeit zusichern“.

Die Neujahrserklärung betonte auch:

Die Prozesse, die sich in den Vereinigten Staaten klar abzeichnen, sind tatsächlich universell. Überall auf der Welt werden die kapitalistischen Regierungen von massiven politischen Krisen erschüttert, sehen sich mit dem Widerstand der Bevölkerung konfrontiert und greifen zu autoritären Maßnahmen.

Das gilt insbesondere für Europa. Rechtsextreme Parteien werden hofiert, gefördert und in die Regierung geholt. In Deutschland hat der Oppositionsführer und mögliche nächste Bundeskanzler Friedrich Merz vor zwei Wochen die „Brandmauer“ zur AfD niedergerissen und erstmals gemeinsam mit den Rechtsextremen einen migrantenfeindlichen Antrag durch den Bundestag gebracht. Obwohl Millionen dagegen protestiert haben, hält Merz an seiner Linie fest.

Der Ukrainekrieg hat bei diesem Rechtsruck eine wichtige Rolle gespielt. 2014 hatten die USA gemeinsam mit Deutschland und anderen europäischen Mächten in Kiew einen rechten Putsch organisiert, der ein pro-westliches Regime an die Macht brachte und die Grundlage für den späteren Krieg legte. Seither arbeiten sie in der Ukraine eng mit faschistischen Kräften zusammen, die Nazi-Kollaborateure wie Stepan Bandera als Helden verehren. Damit einher ging eine systematische Revision der Geschichte an den Universitäten und in den Medien. Die Verbrechen der Nazis werden verharmlost und die Sowjetunion wird zum Verantwortlichen für den Zweiten Weltkrieg erklärt.

Doch nun erweist sich der Ukrainekrieg für die deutsche und europäische Bourgeoisie als Debakel. Trumps Ankündigung, über die Köpfe der Europäer und der Ukraine hinweg mit Putin zu verhandeln, hat in den europäischen Regierungen Panik ausgelöst. Sie fürchten, dass sich die USA aus dem Krieg zurückziehen, sich den Zugriff auf wertvolle Rohstoffe sichern und Europa die Kosten und die Folgen des Kriegs aufbürden.

Niemand sollte sich der Illusion hingeben, dass die Trump-Regierung tatsächlich „Frieden“ in der Ukraine anstrebt. Vielmehr richtet Trump die US-Außenpolitik neu aus, um den bedeutenden Energie- und Mineralienreichtum der Ukraine direkter auszubeuten, während er versucht, die Vorherrschaft der USA über Nord- und Südamerika auszuweiten, um eine Eskalation gegen China vorzubereiten. Dazu gehören auch die von ihm vorgeschlagene Annexion des Panamakanals, Grönlands und Kanadas.

Diese „America first“-Politik richtet sich auch gegen die europäischen „Verbündeten“. Trump hat die Europäische Union als „Ungeheuerlichkeit“ bezeichnet, versucht sie zu sprengen und bedroht sie mit Strafzöllen.

Die europäischen Regierungen antworten darauf, indem sie einerseits Trump umschmeicheln und andererseits selbst massiv aufrüsten. Die Reden des deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier und von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die unmittelbar vor Vance sprachen, waren beide auf diesen Ton gestimmt.

Steinmeier begann damit, dass Deutschland künftig „deutlich mehr“ als 2 Prozent in die Verteidigung investieren müsse. „Wir haben den Weckruf gehört,“ sagte er. Während er seine Sorge äußerte, dass die neue amerikanische Administration keine Rücksicht auf etablierte Regeln und Verbündete nehme, appellierte er beinahe flehentlich an sie, Europa und die Ukraine in Verhandlungen mit Russland einzubeziehen. „Auf Deutschland ist Verlass,“ betonte er.

Von der Leyen erklärte, Handelskriege und Zölle machten „keinen Sinn“, drohte mit Gegenzöllen und drängte auf Verhandlungen. Auch sie appellierte an die USA, gemeinsam mit Europa für eine „starke Ukraine“ zu sorgen. Sie versprach, die europäischen Militärausgaben massiv zu erhöhen. Diese seien zwar seit Kriegsbeginn von 200 auf 320 Milliarden Euro gestiegen, doch dies sei bei weitem nicht genug.

Die Spirale von Handelskrieg und Aufrüstung, die in München so deutlich sichtbar wurde, erinnert an den Vorabend des Zweiten Weltkriegs. Leo Trotzki, der führende Marxist des 20. Jahrhunderts, hatte 1928 gewarnt:

Während der Krise wird sich die Hegemonie der Vereinigten Staaten noch viel vollständiger, offener, schärfer und rücksichtsloser auswirken als während der Aufstiegsperiode. Die Vereinigten Staaten werden versuchen, ihre Schwierigkeiten und Krankheiten auf Kosten Europas zu bekämpfen und zu überwinden, ganz gleich, ob in Asien, Kanada, Südamerika, Australien oder Europa selbst, oder ob auf friedlichem oder kriegerischem Wege. (Die Dritte Internationale nach Lenin, S. 29)

Diese Prognose bewahrheitet sich heute erneut. Nur die Arbeiterklasse kann die tödliche Spirale stoppen, die die Menschheit nuklear zu vernichten droht. Sie trägt die gesamte Last der Bereicherung der Oligarchen, der Aufrüstung und der eskalierenden Kriege und steht in unversöhnlichem Widerspruch zum kapitalistischen System.