Perspektive

Neuer Haushaltsplan des US-Repräsentantenhauses: Speerspitze der sozialen Konterrevolution

Mike Johnson, Republikaner aus Louisiana und Sprecher des Repräsentantenhauses, spricht nach einem vertraulichen Republikaner–Treffen im Capitol in Washington mit der Presse, Februar 2025 [AP Photo/J. Scott Applewhite]

Die Trump-Regierung plant, die Sozialausgaben und besonders das Gesundheitswesen drastisch zu kürzen. Den ersten Schritt dazu hat das Repräsentantenhaus getan, als es am Dienstagabend mit 217 zu 215 Stimmen einem ersten Haushaltsvorschlag knapp zustimmte.

Die Maßnahme leitet den sogenannten Versöhnungsprozess ein, ein spezielles fiskalpolitisches Gesetzgebungsverfahren, das es dem Kongress ermöglicht, einen Gesamtplan für Haushalt und Steuern mit einfacher Mehrheit zu verabschieden, ohne dass er im Senat durch Filibuster blockiert werden kann.

Das Weiße Haus hat im Repräsentantenhaus nur eine Mehrheit von drei Stimmen und im Senat eine Mehrheit von 53 zu 47 Stimmen. Deshalb ist der Versöhnungsprozess für die Trump-Regierung der bevorzugte Mechanismus, um ihr Kernprogramm einseitig und ohne Verhandlungen mit den Demokraten durchzusetzen. Der endgültige Gesetzesentwurf wird zuletzt voraussichtlich weit mehr als haushaltspolitische Fragen enthalten. Es wird ein Instrument für eine umfassende Änderung der Politik sein, die von der Einwanderung bis zur Umwelt reicht.

Der Gesetzesentwurf des Repräsentantenhauses enthielt noch keine derartigen Bestimmungen. Diese sollen in künftigen Gesprächen mit den Republikanern im Senat und im Weißen Haus ausgearbeitet werden. Allein die Haushaltsbestimmungen zeigen jedoch schon die kolossale soziale Konterrevolution, die die zweite Trump-Regierung anstößt.

Der Gesetzesentwurf liefert den ersten Rahmen für die Ausschüsse des Repräsentantenhauses, welche die einzelnen Posten im Versöhnungsgesetz tatsächlich ausarbeiten werden. Dazu gehören erhöhte Ausgaben von bis zu 300 Milliarden US-Dollar für das Militär und die Einwanderungs- und Grenzschutzbehörde. Die Ausgaben für alle anderen staatlichen Bereiche sollen um bis zu zwei Billionen US-Dollar gekürzt werden. Das betrifft vor allem das Gesundheitswesen, die Bildung, die Lebensmittelhilfe („Food Stamps“), Transport und Logistik, wie auch die Umwelt.

Das Gesetz sieht Steuersenkungen in Höhe von bis zu 4,5 Billionen US-Dollar für einen Zeitraum von zehn Jahren vor – eine Zahl, die einigen Republikanern im Senat aber nicht hoch genug ist. Sie deckt nämlich nicht zehn Jahre lang die vollen Kosten für die Steuersenkungen für Reiche ab, wie Trump sie 2017 in seiner ersten Amtszeit beschlossen hatte. Viele der damals beschlossenen Steuersenkungen laufen in diesem Jahr aus. Nun fordern Konzerne und Milliardäre lautstark, dass ihre Boni dauerhaft gesichert bleiben.

Der Gesetzesentwurf des Repräsentantenhauses ist ein weiterer Beweis für die völlige Gleichgültigkeit, mit der Trumps Weißes Haus und die Republikanische Partei insgesamt die rechtlichen und verfassungsrechtlichen Einschränkungen missachtet. Ein Versöhnungsgesetz muss defizitneutral sein. Diese Anforderung wird „erfüllt“, indem behauptet wird, dass die Verlängerung der Steuersenkungen in Kombination mit der Abschaffung von Unternehmensvorschriften ein massives Wirtschaftswachstum auslösen werde. Dieses werde – so wird angenommen – die Steuereinnahmen um 2,6 Billionen US-Dollar erhöhen. Sollte dies nicht eintreffen, wird das daraus resultierende Defizit garantiert zu noch mehr Kürzungen bei den Sozialausgaben führen.

Trump und seine Berater lügen ohne Unterlass und behaupten jetzt, es werde keine Leistungskürzungen bei der Sozialversicherung und bei Medicare und Medicaid geben. Doch der Gesetzesentwurf des Repräsentantenhauses weist den Ausschuss für Energie und Handel (der für Medicaid, Medicare und andere Gesundheitsprogramme zuständig ist) an, die Ausgaben über einen Zeitraum von zehn Jahren um mindestens 880 Milliarden US-Dollar zu kürzen.

Die New York Times hat die vorliegenden Haushaltszahlen analysiert und ausgerechnet, dass alle anderen Regierungsprogramme, die in die Zuständigkeit dieses Ausschusses fallen, zusammen nur 200 Milliarden US-Dollar betragen. Das allein zeigt schon, dass der Großteil der Kürzungen bei den Gesundheitsprogrammen vorgenommen wird. Gemessen an der Zahl der davon abhängigen Personen ist Medicaid das größte Programm. Es finanziert die Krankenversicherung für den ärmsten Teil der Arbeiterklasse und verschafft Millionen älterer Menschen Ausgleichszahlungen bei Erwerbsunfähigkeit oder Pflegeheimbetreuung. Insgesamt kommt dieses gemeinsame Programm von Bund und Bundesstaaten 72 Millionen Menschen zugute, das sind mehr als 20 Prozent der US-Bevölkerung.

Die Maßnahmen, die vorgesehen sind, um die Kürzungen umzusetzen, beinhalten die Einführung einer Arbeitspflicht, eine häufigere Überprüfung, ob die Empfänger auch wirklich anspruchsberechtigt sind (wodurch wahrscheinlich Millionen berechtigter Empfänger disqualifiziert werden, weil sie die erforderlichen Formalitäten nicht erfüllen) und eine Deckelung des Bundesbeitrags zum Programm. Die eigentlichen Leistungskürzungen sollen indessen den Bundesstaaten überlassen werden, die das gemeinsame Programm verwalten.

Die größte einzelne Kürzung wird darin bestehen, den Affordable Care Act (Obamacare) zum großen Teil faktisch aufzuheben. Dazu sollen die Subventionen für die 41 Bundesstaaten wegfallen, welche Medicaid auf weitere 20 Millionen Amerikaner mit einem Einkommen knapp über der Armutsgrenze ausgeweitet haben. Diese Bundesstaaten müssten dann entweder die Medicaid–Ausweitung abschaffen und die Krankenversicherung einstellen, oder sie müssten anderswo kürzen, zum Beispiel bei der staatlichen Bildung. Die Times schätzte, dass die Bundesregierung damit bis zu 560 Milliarden Dollar einsparen könnte.

Ein weiterer großer sozialer Rückschritt wird voraussichtlich im Landwirtschaftsausschuss des Repräsentantenhauses beschlossen. Dieser Ausschuss ist unter anderem für die Lebensmittelhilfe für Bedürftige über elektronische Guthabenkarten (“Food Stamps“) zuständig. Dieser Ausschuss hat die Vorgabe bekommen, in den nächsten 10 Jahren 230 Milliarden Dollar einzusparen, und es ist wenig wahrscheinlich, dass dies durch Subventionskürzungen bei den riesigen Agrarkonzernen erreicht wird.

Die republikanischen Fraktionsführer im Repräsentantenhaus haben eine Erklärung abgegeben, in der sie ihr Vorgehen als „Umsetzung von Präsident Trumps vollständiger America-First-Agenda – nicht nur von Teilen davon“ feierten. Anschließend hielt Trump am Mittwoch im Weißen Haus seine erste komplette Kabinettssitzung ab. Trump rückte dabei den Milliardär Elon Musk, seinen obersten Haushaltskürzer, ins Rampenlicht. Er bat die versammelten Kabinettsmitglieder, ihre Einschätzung zu Musks Bemühungen abzugeben, und sie reagierten wie vorhersehbar mit Applaus.

Trump unterstützte Musks provokative E-Mail-Aufforderung an alle Bundesbediensteten, sie sollten eine Zusammenfassung in fünf Punkten von ihrer Arbeitsleistung der letzten Woche einreichen, andernfalls würden sie gefeuert werden. Eine Million Beschäftigte, fast die Hälfte des gesamten Personals, haben nicht auf Musks Aufforderung reagiert, und Trump erklärte, diese seien alle auf der Abschussliste.

Ebenfalls am Mittwoch erließ Trump eine Durchführungsverordnung, die jede Bundesbehörde und -abteilung dazu verpflichtet, bis zum 13. März Pläne für Massenentlassungen, sogenannte „Reductions in Force“ (RIFs), zu entwickeln. Dies würde das Massaker an den Arbeitsplätzen weit über die bisher massenhaft geschassten Probe- und Zeitarbeitskräfte hinaus ausweiten und auch ältere Angestellte und solche betreffen, die unter Beamtenschutz stehen und angeblich nicht willkürlich entlassen werden können. Trump stellte diesen Erlass bei der Kabinettssitzung vor, und er lobte Lee Zeldin, den Chef der Umweltschutzbehörde (EPA), der bereits Pläne zur Entlassung von 65 Prozent der EPA-Belegschaft vorgelegt hat.

Die Frist vom 13. März ist kein Zufall. Am 14. März läuft die derzeitige „Continuing Resolution“ (CR) aus, die die Übergangsfinanzierung für die Bundesbehörden und -programme regelt. Die CR wurde im Dezember verabschiedet, als der Kongress kein Budget für das laufende Haushaltsjahr beschließen konnte, das am 1. Oktober 2024 begann. Wenn kein Budget verabschiedet wird und es keine neue „Continuing Resolution“ gibt, wird am 14. März eine teilweise Schließung der Bundesbehörden erfolgen.

Dies könnte durchaus Anlass für die Entlassung von weiteren Hunderttausenden Bundesbeschäftigten sein, und zwar nicht nur als vorübergehende Maßnahme, wie bei früheren Schließungen, sondern dauerhaft. Und diejenigen Angestellten, die letztlich wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren, würden wahrscheinlich für den Zeitraum der Beurlaubung kein Gehalt bekommen, was zahllose Zwangsräumungen, Zwangsvollstreckungen und andere Härten mit sich bringen würde.

Was tun angesichts dieser drohenden Katastrophen die Demokratische Partei und die Gewerkschaften, die angeblich diese Beschäftigten vertreten? Sie sind zu nichts anderem fähig, als ohnmächtig die Hände zu ringen. Der Fraktionsführer der Demokraten im Repräsentantenhaus, Hakeem Jeffries, räumte zwar ein, dass der Haushaltsentwurf „die größte Medicaid–Kürzung in der amerikanischen Geschichte“ bedeuten würde, schlug aber keine Schritte vor, um dies zu verhindern.

Seine Haltung bleibt unverändert, wie schon seit Trumps Amtsantritt, der doch nur über eine winzige Mehrheit im Repräsentantenhaus und im Senat verfügt: „Welchen Einfluss haben wir schon?“

Es versteht sich von selbst, dass eine Republikanische Minderheit im umgekehrten Falle einen regelrechten Krieg gegen eine Demokratische Regierung entfesseln würde und deren Vorschläge blockieren würde, wo sie nur könnte. Aber das zeigt nur den Unterschied zwischen diesen beiden Parteien des amerikanischen Kapitals: Die eine gibt vor, die arbeitende Bevölkerung zu vertreten, und die andere erfüllt die Wünsche der Superreichen ganz offen. Im aktuellen Fall hat sie den reichsten Mann der Erde, der die Kettensäge schwingt, an die Spitze gestellt.

Den Kampf gegen Trumps massive soziale Kürzungen, gegen seine Angriffe auf Migranten und demokratische Rechte und gegen sein umfassendes Programm für Diktatur und Krieg - diesen Kampf kann nur die Arbeiterklasse führen. Sie muss ihre politische Unabhängigkeit von der Demokratischen Partei und deren unterwürfigen Gewerkschaftsvasallen herstellen und sich in einem offenen gesellschaftlichen und politischen Kampf gegen die Trump-Regierung behaupten.