Ford-Werk in Köln: Tod auf Raten

Wir rufen alle Ford-Arbeiter auf, sich mit dem Ford-Aktionskomitee in Verbindung zu setzen, um einen Kampf zur Verteidigung des Kölner Stammwerks vorzubereiten. Ein zweites Saarlouis darf nicht zugelassen werden. Schreibt uns eine Whatsapp-Nachricht an folgende Nummer: +491633378340 oder registriert Euch im Formular am Ende dieses Artikels.

Produktion des Ford Fiesta in Köln [Photo by GillyBerlin / flickr / CC BY 2.0]

Die Krise in der Autoindustrie trifft Ford mit voller Wucht. Nun hat die US-Konzernmutter in Dearborn sich von der Entwicklung reiner Elektromobilität bei Nutzfahrzeugen, Vans und größeren PKWs verabschiedet. Künftig sollen wieder Verbrenner und Hybride im Mittelpunkt der Konzernstrategie stehen. Im E-Segment wolle der Konzern nur noch „kleine, erschwingliche Elektroautos für Millionen von Kunden“ bauen.

Ford-Chef Jim Farley erklärte im Wall Street Journal: „Anstatt Milliarden in die Zukunft zu stecken, obwohl wir wissen, dass diese großen Elektrofahrzeuge niemals Geld verdienen werden, ändern wir unseren Kurs.“ Ford muss deshalb kurzfristig 19,5 Milliarden US-Dollar (16,6 Milliarden Euro) abschreiben. Geld, das für die Aktionäre über Einsparungen bei den weltweit über 170.000 Beschäftigten wieder reingeholt wird.

Für das Stammwerk in Köln sind das keine guten Nachrichten, auch wenn ein Sprecher gegenüber dem Kölner Stadt-Anzeiger sagte, die Produktion von Capri und Explorer sei nicht unmittelbar betroffen.

Die Hoffnung der Kölner auf die Zusage der Produktion von kleineren E-Modellen war erst in der letzten Woche geplatzt. Der Ford-Konzern teilte mit, dass zwei neue kleinere E-Modelle zukünftig nicht in Köln, sondern in zwei Renault-Werken auf der Plattform des französischen Herstellers produziert werden.

Die beiden Konzerne wollen bei günstigen Elektroautos für den europäischen Markt – gegen die wachsende Konkurrenz aus China – sowie bei der Produktion von Nutzfahrzeugen zusammenarbeiten. Der US-amerikanische Ford-Chef Jim Farley sagte bei der Bekanntgabe der Kooperation in Paris im Beisein von Renault-Chef Francois Provost: „Wir wissen, dass wir in unserer Branche um unsere Existenz kämpfen.“

Damit befinden sich die Haupt-Produktionsstandorte für Ford-PKW zukünftig in Köln, Douai und Maubeuge in Nordfrankreich sowie im spanischen Almussafes in der Region Valencia. In Spanien will Ford ab 2027 ein neues Crossover-Modell produzieren, das als Nachfolger der bisherigen Focus-Baureihe gilt.

In den beiden französischen Standorten in der Nähe von Lille (Douai) und der belgischen Grenze (Maubeuge), die zum Elektro-Industrieverbund „Renault ElectriCity“ gehören, soll zunächst ab 2028 ein elektrischer Nachfolger des Fiesta vom Band in Douai laufen. Ford nutzt dafür erstmals die Technik Renaults, während die in Köln gebauten Modelle Explorer und Capri auf der Plattform von Volkswagen gebaut werden.

Doch die relativ teuren in der Domstadt gebauten Modelle verkaufen sich schlecht. In den ersten zehn Monaten des Jahres wurden in Deutschland laut Kraftfahrt-Bundesamt 8.468 Explorer und 2.738 Capris neu zugelassen.

Die Kölnische Rundschau schrieb, dass aufgrund der traditionell hohen Exportquote „europaweit 50.000 dieser E-Autos“ verkauft worden sein könnten. Ford selbst nennt aber keine Zahlen. Doch selbst diese Zahl würde eine nur 25-prozentige Auslastung des Werks bedeuten. In Köln können im Jahr 200.000 Fahrzeuge gefertigt werden. Ford plante einst in sechs Jahren 1,2 Millionen Autos auf der VW-Plattform zu bauen.

Für das Werk in Köln sieht es daher schlecht aus. Konzern, IG Metall und Betriebsrat organisieren dort gerade den Abbau von rund 4000 der ca. 11.500 Stellen. 500 stammen noch aus einem Programm aus dem Jahr 2023, bei dem 2300 Stellen bis Ende des Jahres entfallen. Rund 2800 Jobs werden auf der Grundlage der im Sommer von der IGM durchgedrückten Vereinbarung bis Ende 2027 abgebaut. Knapp 750 Arbeitsplätze im Kölner Montagewerk fallen durch die Einführung des Ein-Schicht-Betriebs weg. Rund 250 Leiharbeiter haben ihren Arbeitsplatz bei Ford oder einer Tochtergesellschaft bereits verloren.

Der Abbau soll zum Großteil über Abfindungen stattfinden. Dazu haben sich Ford und IG Metall einen perfiden Erpressungsmechanismus in drei Phasen einfallen lassen. Am 28. November begann die erste Drei-Monats-Frist, in der sich die Arbeiter für eine „freiwillige“ Aufgabe ihres Arbeitsplatzes entscheiden sollen. Haben in dieser Zeit nicht genug Kolleginnen und Kollegen das „Angebot“ angenommen, sinken die Abfindungen um ein Viertel. Als letzte Stufe sind schließlich auch betriebsbedingte Kündigungen angedroht.

Wer sich also der Erpressung widersetzt oder einfach nur zu lange zögert, der verliert nicht nur seinen Arbeitsplatz, sondern erhält auch nur eine geringe oder gar keine Abfindung. Auf diese Weise versuchen Ford, der Betriebsrat und die IG Metall die Arbeitsplatzvernichtung durchzusetzen.

Wie viele der Beschäftigten bisher unterschrieben haben, geben derzeit weder das Unternehmen noch der Betriebsrat preis. Es sollen aber viele sein, die ein Ende mit Schrecken einem Schrecken ohne Ende vorziehen.

Denn die Arbeiterinnen und Arbeiter setzt dieses Vorgehen psychisch unter enormen Druck. Wochenlang kursierten Gerüchte im Werk, welche Betriebsteile geschlossen werden sollen, welche Teile verkauft werden und wie viele Stellen in den einzelnen Bereichen wegfallen.

Ein Ende dieses Psychokriegs ist nicht in Sicht. Auf der Betriebsversammlung letzte Woche ist den Beschäftigten angedeutet worden, dass auch im kommenden Jahr weitere Arbeitsplätze abgebaut werden.

Erst im vergangenen Monat war der letzte Focus im Werk Saarlouis vom Band gelaufen, das Werk wird abgewickelt. Nun droht der gleiche Prozess– der Tod auf Raten – dem Stammwerk in Köln.

Auf den letzten Betriebsversammlungen des Jahres in den Kölner Werken, die in den letzten Wochen stattfanden, präsentierte das Management eine Kurzfassung der geschäftlichen Entwicklung und des mit der IG Metall und dem Betriebsrat vereinbarten Sozialtarifvertrags. Konkrete Informationen waren Mangelware, ganz zu schweigen von der Bekanntmachung der vollständigen Verhandlungsunterlagen oder auch nur der genauen Zeitpläne des Abbaus.

Das bestätigt, was viele Beschäftigte berichten: IG Metall, Betriebsrat und Konzern treffen hinter dem Rücken der Belegschaft Entscheidungen, die die Zukunft von Tausenden Familien zerstört, ohne die Betroffenen auch nur anzuhören. Vielmehr werden sie vor vollendete Tatsachen gestellt und mithilfe von „Angeboten, die man nicht ablehnen kann“, im Stile der Mafia erpresst.

Noch zu Beginn des Jahres hatte die Kölner Belegschaft bewiesen, dass sie für die Arbeitsplätze kämpfen will. Über 93 Prozent der Mitglieder hatten sich für einen Streik ausgesprochen. Doch die IG Metall, die aufgrund von Forderungen der Belegschaft nur widerwillig die Urabstimmung über einen Streik organisiert hatte, blies den Streik schon nach 24 Stunden wieder ab, um in so genannte Verhandlungen mit dem Management einzutreten, in denen dann der berüchtigte Sozialtarifvertrag ausgearbeitet wurde.

Einer Wiederaufnahme des Streiks wurde eine klare Absage erteilt: „Leider kann eine tragfähige Zukunftsstrategie nicht durch einen Streik erzwungen werden“, behauptete Vertrauenskörperleiter David Lüdtke im Sommer.

Nun steht die Kölner Belegschaft vor einer grundsätzlichen Entscheidung. Geht sie den Weg von Saarlouis? Das ist die Konsequenz der Politik von IG Metall und Betriebsrat unter seinem Vorsitzenden Benjamin Gruschka. Oder organisiert sie sich selbst und unabhängig von den Handlangern des Konzerns?

Am 19. September schrieben wir: „Es kann kaum deutlicher werden: Die Arbeitsplätze und das gesamte Werk, das die Lebensgrundlage für viele Tausende Menschen darstellt, sind nur gegen den IGM-Apparat und seinen Betriebsrat zu verteidigen.“

Beschäftigte, die kämpfen wollen, müssen sich unabhängig im Ford-Aktionskomitee organisieren. Ford ist ein internationaler Konzern mit 171.000 Kolleginnen und Kollegen in Werken auf vier Kontinenten. Zu ihnen – genauso wie zu denen von Renault und anderer Unternehmen der Auto-, Zuliefer-, Stahlindustrie usw., – muss Kontakt aufgenommen werden, in Deutschland, Europa und weltweit. Alle stehen vor den gleichen Problemen.

Nur eine internationale Strategie und Zusammenarbeit, d. h., eine Perspektive, die von den gemeinsamen Interessen aller Arbeitenden weltweit ausgeht, kann die Spaltung überwinden und vor der Erpressung durch Management und Betriebsrat schützen. Arbeiter müssen sich der Logik des kapitalistischen Profitsystems widersetzen, das die Gewerkschafts- und Betriebsratsfunktionäre mit Zähnen und Klauen verteidigen.

Wir appellieren an die Ford-Arbeiterinnen und Ford-Arbeiter: Schreibt uns eine Whatsapp-Nachricht an folgende Nummer: +491633378340 oder registriert Euch über das folgende Formular, um den Kampf zur Verteidigung des Werks zu beginnen.

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