Perspektive

Verteidigt jeden Arbeitsplatz in der Autoindustrie! Brecht mit der IG Metall und gründet unabhängige Aktionskomitees! Schließt Euch international zusammen!

Die Konzerne der Auto- und Zulieferindustrie haben den Arbeitern den Krieg erklärt. Es vergeht keine Woche, in der sie keine neuen Massenentlassungen ankündigen. Ford, Opel, Daimler, BMW und Volkswagen, Mahle, Bosch, Continental, ZF und Schaeffler wollen jeweils tausende Arbeitsplätze vernichten.

Protest gegen Arbeitsplatzabbau im Daimler-Werk Berlin-Marienfelde im November 2020 (WSWS-Photo)

Setzen sie ihre Pläne durch, verwandeln sie ganze Industrieregionen in Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Hessen in Armenhäuser, wie dies vor vier Jahrzehnten mit den Stahl- und Bergbaugebieten im Ruhrgebiet und im Saarland geschah.

Knapp 3,3 Millionen Arbeitsplätze sind in Deutschland direkt von der Automobilwirtschaft abhängig. 830.000 arbeiten in der Produktion, 1,3 Millionen in der Zulieferindustrie und im Kfz-Gewerbe und die Restlichen im Kfz-Handel, bei Tankstellen usw. Hinzu kommen Millionen weitere Arbeitsplätze im Dienstleistungsbereich, die indirekt von der Autoindustrie abhängen. Verwirklichen die Konzerne ihre Pläne, werden davon nur wenige übrigbleiben.

Eine Untersuchung der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) sagte bereits vor zwei Jahren den Abbau von 500.000 Arbeitsplätzen im Automobilsektor voraus. Eine jüngere Studie des Ifo-Instituts rechnet allein in den in den nächsten vier Jahren mit der Vernichtung von 178.000 Jobs im Produktionsbereich. Auch in anderen Branchen – bei Siemens, ThyssenKrupp, BASF und auf den Werften – werden massenhaft Arbeitsplätze zerstört.

Begründet wird dieses Arbeitsplatzmassaker mit dem technologischen Wandel und der Umstellung auf Elektromobilität. Doch das ist eine Lüge. Technologischer Fortschritt und Klimaschutz sind nicht der Grund für die Vernichtung der Existenzgrundlage von Millionen Menschen. Gesellschaftlich geplant und demokratisch kontrolliert, könnten sie den Lebensstandard der gesamten Menschheit deutlich erhöhen.

Worum es wirklich geht, ist Profit. Die global agierenden Autokonzerne und ihre milliardenschweren Aktionäre führen auf dem Rücken der Arbeiter einen brutalen internationalen Verdrängungskampf, der immer offener in Handelskrieg und Kriegsvorbereitungen umschlägt. Sie nutzen den technologischen Wandel und die Corona-Pandemie, um die Arbeiter bis aufs Blut auszubeuten. Sie streichen Stellen, verschärfen die Arbeitshetze, senken die Löhne und schließen und verlagern ganze Werke.

Die Gier der Finanzoligarchie kennt dabei keine Grenzen. Ihr großes Vorbild ist Tesla, dessen Börsenwert in dieser Woche die Eine-Billionen-Dollar-Grenze durchbrach. Das Unternehmen ist jetzt mehr wert als die nächsten neun Autokonzerne zusammengenommen. Tesla-Chef Elon Musk ist mit 289 Milliarden Dollar vor Jeff Bezos von Amazon der reichste Mann der Welt. Er ist in den vergangenen 19 Monaten jeden Tag um 464 Millionen Dollar reicher geworden. Während die Arbeiter von Tesla in der Pandemie ihre Gesundheit und ihr Leben riskierten, steigerte Musk sein Vermögen um mehr als das Zehnfache.

Die deutschen Autokonzerne eifern Musk nach. Volkswagen-Chef Herbert Diess hat die Ansiedlung von Tesla in Brandenburg als „Glücksfall“ bezeichnet, weil VW damit einen neuen Wettbewerber bekomme, an dem es sich „messen“ könne.

Auch in Deutschland sind die Vermögen der Superreichen während der Pandemie explodiert; allein die zehn Reichsten wurden um 80 Milliarden Euro reicher. Angeführt wird die Liste von den Geschwistern Susanne Klatten und Stefan Quandt, den Großaktionären von BMW. Ihr Vermögen stieg um 9,2 auf 34,2 Milliarden Euro.

Die Arbeiter müssen sich auf einen harten Kampf vorbereiten. Die Konzerne werden keinen Cent freiwillig herausrücken. Die kapitalistische Weltwirtschaft steckt in einer tiefen Krise. Sie gleicht einem Schneeballsystem, das zusammenbricht, wenn die Profite und die Aktienkurse nicht ständig weiter steigen. Die Aussage von Karl Marx, Kapital sei „verstorbne Arbeit, die sich nur vampirmäßig belebt durch Einsaugung lebendiger Arbeit“, war noch nie so wahr wie heute.

Immer mehr Arbeiter werden sich bewusst, dass ein Kampf unausweichlich ist. Auf der ganzen Welt wächst der Widerstand. In den USA entwickelt sich die größte Streikwelle seit Jahrzehnten. 40 Jahre lang haben die Gewerkschaften dort Arbeitskämpfe zurückgehalten und unterdrückt, jetzt können sie das nicht mehr.

Streikende John-Deere-Arbeiter in Waterloo, Iowa (Quelle: UAW Local 838 Facebook-Seite)

Beim Lkw- und Bushersteller Volvo Trucks, dem Autozulieferer Dana und dem Landmaschinenhersteller John Deere haben zehntausende Arbeiter von der Autoarbeitergewerkschaft UAW vereinbarte Knebelverträge niedergestimmt und sich für Streik entschieden. Arbeitsmarktexperten sprechen von einem „Dominoeffekt“: „Wenn der Streik bei John Deere nicht beigelegt wird, dann wird eine andere große Gruppe die Arbeit niederlegen. Streiks sind ansteckend.“

Die Streikbewegung in den USA ist Teil eines weltweiten Aufschwungs des Klassenkampfs. In Südafrika streiken Metallarbeiter, in Sri Lanka die Beschäftigten im Gesundheitswesen, in der Türkei haben Arbeiter eine Fabrik des Autozulieferers Mitsuba besetzt. Auch in Deutschland stehen die Zeichen auf Sturm, das zeigen u.a. die Streiks der Lokführer der Deutschen Bahn, des Pflegepersonals von Charité und Vivantes und der Kuriere des Lieferdiensts Gorillas.

Brecht mit den Gewerkschaften

Große Klassenauseinandersetzungen sind unausweichlich. Doch um zu siegen, müssen die Arbeiter mit den Gewerkschaften brechen. Diese haben sich in den vergangenen vier Jahrzehnten aus reformistischen Arbeiterorganisationen in bezahlte Lakaien des Kapitals verwandelt.

Die IG Metall vertritt im globalen Handelskrieg uneingeschränkt die Interessen der deutschen Konzerne. Sie unterstützt ihre Angriffe auf Löhne und Arbeitsplätze ebenso wie die Kriegsvorbereitungen und die militärische Aufrüstung. Mit ihrem Heer von 50.000 Betriebsräten und 80.000 Vertrauensleuten setzt sie den Abbau zehntausender Arbeitsplätze und die Stilllegung ganzer Werke gegen den Widerstand der Arbeiter durch.

So hätte das Opel-Werk in Bochum, das einst 22.000 Arbeiter beschäftigte, ohne die aktive Unterstützung der IG Metall nicht geschlossen werden können. Bei Volkswagen vereinbarte der IGM-Betriebsrat vor fünf Jahren in einem „Zukunftspakt“ den Abbau von 30.000 Arbeitsplätzen. Betriebsratschef Bernd Osterloh ist dafür mit einem Vorstandsposten bei der Lkw-Tochter Traton belohnt worden, wo er zwei Millionen Euro im Jahr verdient – mehr als ein Bandarbeiter in seinem ganzen Leben.

Jetzt reagiert die IG Metall auf die wachsende Kampfbereitschaft in den Betrieben, indem sie sich den Konzernvorständen und der Regierung noch enger an den Hals wirft. Das ist der Sinn der Kundgebungen „für fairen, sozial-ökologischen Wandel der Industrie“, zu denen sie am 29. Oktober in mehr als 50 Städten aufruft.

Die IG Metall mobilisiert nicht für die Verteidigung der Arbeitsplätze, sondern für eine „faire Lastenverteilung“ – als könnte man die Lasten zwischen einem BMW-Arbeiter, der seinen Arbeitsplatz verliert, und den Milliardären Quandt und Klatten „fair verteilen“. In Wirklichkeit ist die Forderung nach „fairer Lastenverteilung“ nur die Form, in der sie den Konzernen ihre Unterstützung beim Arbeitsplatzabbau anbietet.

Nachdem die Großkonzerne bereits während der Finanzkrise 2009 und der Corona-Pandemie Milliarden aus der Staatskasse erhielten, fordert die IG Metall nun eine weitere Finanzspritze für sie in Höhe von 500 Milliarden Euro in Form „öffentlicher Zukunftsinvestitionen“.

Auch der kommenden Bundesregierung bietet die IG Metall ihre Dienste an. Sie wolle sich mit den Kundgebungen „öffentlichkeitswirksam in die laufenden Koalitionsverhandlungen“ einmischen, erklärt sie. Dabei steht die Ampel-Koalition uneingeschränkt im Lager des Kapitals. Die Agenda-Parteien SPD und Grüne, die unter Kanzler Gerhard Schröder eine umfassende soziale Konterrevolution eingeleitet haben, verbünden sie sich mit der FDP, dem Lobbyverband der Finanzoligarchie und der Superreichen.

Baut unabhängige Aktionskomitees auf

Der Klassenkampf ist international. Auch wenn die IG Metall und die Medien sich noch so sehr darum bemühen, Informationen über Arbeitskämpfe in anderen Ländern zu unterdrücken, verfolgen Arbeiter die Kämpfe ihrer internationalen Kollegen mit Solidarität und Begeisterung. Sie stehen auf der ganzen Welt denselben multinationalen Konzernen und Finanzinteressen gegenüber. Deshalb dürfen sie sich nicht spalten lassen. Sie können ihre Arbeitsplätze, Rechte und Errungenschaften nur verteidigen, wenn sie ihre Kämpfe international koordinieren.

Arbeiter der Dana-Tochter GWB in Essen zeigen Solidarität mit ihren amerikanischen Kollegen

Das erfordert einen Bruch mit den Gewerkschaften und den Aufbau unabhängiger Aktionskomitees. Diese müssen den Kampf gegen Werksschließungen, Entlassungen und Sozialabbau organisieren und Verbindungen zu den Beschäftigten anderer Standorte und Länder aufbauen.

Im Mai initiierten das Internationale Komitee der Vierten Internationale und die ihm angeschlossenen Sozialistischen Gleichheitsparteien die Internationale Arbeiterallianz der Aktionskomitees, um, wie wir schrieben, „einen Rahmen für neue Formen unabhängiger und demokratischer Kampforganisationen von Arbeitern in Fabriken, Schulen und Betrieben auf internationaler Ebene“ zu schaffen.

Jetzt kommt es darauf an, in zahlreichen Betrieben Aktionskomitee aufzubauen, die die Verteidigung der Arbeitsplätze zu einer prinzipiellen Frage machen. Das Recht auf Arbeit ist ein Grundrecht. Es darf nicht zugelassen werden, dass der technische Fortschritt den Profitinteressen der Aktionäre und Investoren untergeordnet wird. Es geht um die Verteidigung der Lebensgrundlage der Arbeiterklasse, der einzigen fortschrittlichen Klasse, die die gesellschaftlichen Probleme lösen kann.

Der Aufbau von unabhängigen Aktionskomitees ist direkt mit dem Kampf für eine sozialistische Perspektive verbunden. Ohne die Macht der Finanzaristokratie zu brechen, kann kein einziges Problem gelöst werden. Erst die entschädigungslose Enteignung der Konzerne und Banken schafft die Voraussetzungen für eine demokratische Kontrolle über die Produktion. Erst dann ist es möglich, die Produktion planmäßig, im Interesse der Arbeiterklasse und der gesellschaftlichen Bedürfnisse zu entwickeln.

Alle Arbeiter, die gegen die Angriffe der Konzerne kämpfen wollen, laden wir ein, Kontakt zur Sozialistischen Gleichheitspartei aufzunehmen, die World Socialist Web Site zu lesen und ihren Autoworker Newsletter zu abonnieren. Wir nehmen täglich Stellung zu den wichtigsten politischen Ereignissen und informieren Euch über die Kämpfe von Arbeitern auf der ganzen Welt. Wir helfen Euch, Aktionskomitees zu gründen und internationale Kontakte zu entwickeln. Und wir bauen die Vierte Internationale als internationale sozialistische Arbeiterpartei auf.

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