Wie der israelische Verteidigungsminister Israel Katz am Sonntag bekanntgab, hat das israelische Sicherheitskabinett formell für die Einrichtung einer Behörde gestimmt, die die ethnische Säuberung des Gazastreifens beaufsichtigen soll.
Laut Katz wird die Behörde den Namen „Freiwillige Auswanderungsbehörde für Einwohner von Gaza, die an einer Umsiedlung in Drittländer interessiert sind“ tragen.
In Wirklichkeit hat das Programm der Netanjahu-Regierung nichts mit „Freiwilligkeit“ zu tun. Die Bevölkerung von Gaza soll durch vorsätzliches Aushungern und Massenmorde durch die Israelischen Verteidigungskräfte (IDF) aus ihrem Heimatland vertrieben werden.
Katz erklärte, die Behörde würde es
Einwohnern von Gaza ermöglichen, freiwillig in Drittstaaten auszureisen, u.a. durch die Sicherung ihrer Reise, der Einrichtung von Routen, der Kontrolle von Fußgängern an bestimmten Übergängen im Gazastreifen sowie das Koordinieren der Bereitstellung von Infrastruktur, die ihre Abreise auf Land-, See- und Luftwegen in die Zielländer ermöglichen wird.
Anfang des Jahres hatte US-Präsident Donald Trump die Vertreibung der Palästinenser aus Gaza und seine Annektierung durch die USA gefordert: „Die USA werden den Gazastreifen übernehmen... Wir werden ihn besitzen. Trump fügte hinzu: Die USA „werden ihn dem Erdboden gleichmachen“.
Katz bekräftigte die Unterstützung der israelischen Regierung für Trumps Vorschlag: „Wir arbeiten mit allen Mitteln daran, die Vision des US-Präsidenten umzusetzen.“
Der Plan, den die USA und Israel verfolgen, ist ein eklatanter Verstoß gegen die 4. Genfer Konvention, die die Zwangsumsiedlung von Zivilisten in bewaffneten Konflikten verbietet.
Die USA und Israel arbeiten daran, Länder des Nahen Ostens und Afrikas unter Druck zu setzen, Palästinenser aufzunehmen, sobald sie gewaltsam aus Gaza vertrieben worden sind. Beim Treffen des Sicherheitskabinetts, bei dem die Gründung der neuen Behörde beschlossen wurde, erklärten Kabinettsmitglieder, die USA suchten nach wie vor nach Ländern, die vertriebene Palästinenser aufnehmen.
Die Jerusalem Post berichtete:
Am Samstag wurde den israelischen Minister während einer Kabinettssitzung mitgeteilt, die Regierung von US-Präsident Donald Trump sei auf der Suche nach Ländern, die bereit sind, Palästinenser aus Gaza aufzunehmen und neu anzusiedeln.
Letzte Woche berichtete die Times of Israel unter Berufung auf eine libanesische Zeitung: „Ägyptens Präsident Abdel-Fattah al-Sisi hat den anderen arabischen Staatschefs mitgeteilt, er sei bereit, im Rahmen des Wiederaufbaus des Gazastreifens eine halbe Million Einwohner aus Gaza vorübergehend in eine dafür vorgesehene Stadt im Norden der Halbinsel Sinai umzusiedeln.“ Allerdings teilte die ägyptische Informationsbehörde am Wochenende mit, der Bericht treffe nicht zu und Ägypten werde die Palästinenser „aufgrund der Gefahr für die nationale Sicherheit“ nicht aufnehmen.
Zuvor hatte Associated Press berichtet, die USA und Israel hätten mit Vertretern des Sudans und Somalias über eine Umsiedlung der Palästinenser dorthin diskutiert. Diese Pläne erinnern an den „Madagaskar-Plan“ Hitler-Deutschlands, welcher der Massenvernichtung der europäischen Juden vorausging.
Während die neue Behörde zur Überwachung der ethnischen Säuberung von Gaza eingerichtet wurde, erreichte die offizielle Zahl der Todesopfer des Völkermords in Gaza laut dem Gesundheitsministerium 50.000.
Das entspricht etwa 2,1 Prozent der 2,3 Millionen Einwohner, die vor dem Krieg dort lebten, oder etwa einem von 45 Menschen.
Laut dem Gesundheitsministerium wurden seit Beginn des Völkermords mehr als 113.000 Palästinenser in Gaza verwundet.
Doch selbst diese schrecklichen Zahlen sind vermutlich viel zu niedrig angesetzt. Im Januar veröffentlichte die medizinische Fachzeitschrift The Lancet einen Artikel, in dem geschätzt wird, dass die Zahlen des Gesundheitsministeriums die tatsächliche Zahl der Todesopfer um 41 Prozent unterschätzen. Dies würde bedeuten, dass die tatsächliche Zahl der Todesopfer bei über 70.000 liegt.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Im November veröffentlichte das Menschenrechtsbüro der Vereinten Nationen eine Analyse, laut der 70 Prozent der Menschen, die durch israelische Bombardierungen in Gaza in einem Zeitraum von sechs Monaten getötet wurden, Frauen und Kinder waren.
Am Sonntag meldete das Gesundheitsministerium, dass in den letzten 24 Stunden 39 Menschen getötet wurden, womit die Zahl der Todesopfer seit Beginn der massiven israelischen Luftangriffe am Dienstag auf 673 stieg.
Israel hat zudem eine Ausweitung seiner Bodenoffensive in Gaza angekündigt. Am Wochenende ordnete das israelische Militär die Evakuierung eines Teils der Stadt Rafah im Süden an und deutete damit an, dass es dort bald mit Bodenoperationen beginnen werde. Zuvor waren bereits im gesamten nördlichen Gazastreifen Evakuierungen angeordnet worden. Erst vor zwei Monaten kehrten die Menschen in ihre zerstörten Häuser und Wohngebiete zurück, nachdem eine „Waffenruhe“ verkündet worden war, die Israel inzwischen vollständig gebrochen hat.
Rosalia Bollen, eine Kommunikationsexpertin von UNICEF, erklärte gegenüber Al Jazeera:
Vor den beiden Bodenoffensiven, die heute begonnen haben – eine in Tal as-Sultan in Rafah und eine in Beit Hanoun im Norden des Gazastreifens – waren Schätzungen zufolge 125.000 Menschen unterwegs, die aufgrund der Gewalt und der Vertreibungsbefehle der vergangenen Tage erneut zur Flucht gezwungen waren.
Die heutigen Bodenoffensiven machen die Lage noch schlimmer... Trotz der Evakuierungsbefehle, die sicheres Geleit signalisieren, gibt es Berichte über Tote und Verletzte oder Menschen, die festsitzen. Es gibt Berichte über eingeschlossene Krankenwagen mit getöteten und verletzten Sanitätern.
Bollen erklärte weiter:
In den letzten paar Tagen wurden mehr als 200 Kinder getötet... Hunderte weitere wurden verletzt, teilweise schwer, mit Verbrennungen am ganzen Körper, mit Granatsplittern im Körper, mit Knochenbrüchen. Kinder haben Gliedmaßen verloren, Kinder haben ihre Eltern und Geschwister verloren... Wir sind absolut entsetzt über das, was in den kommenden Stunden und Tagen passieren könnte.
Am Sonntag wurden bei einem israelischen Angriff auf das Nasser-Krankenhaus in Chan Yunis ein hochrangiger Hamas-Führer sowie mehrere Frauen und Kinder getötet. Salah Bardawil, ein Mitglied des politischen Büros der Hamas, wurde zusammen mit seiner Frau bei einem Luftangriff getötet. Bardawil wurde in dem Krankenhaus behandelt, nachdem er bei einem Luftangriff verwundet worden war. Angriffe auf Krankenhäuser und die Ermordung führender Politiker sind nach dem Völkerrecht Kriegsverbrechen und verboten. Die chirurgische Abteilung des Krankenhauses musste in Folge des Angriffs den Betrieb vollständig einstellen.
Unterdessen geht die Militäroffensive der USA und Israels im gesamten Nahen Osten weiter. Die USA setzten am Wochenende ihre nahezu täglichen Luftangriffe auf den Jemen fort und töteten einen Menschen. Seit letzter Woche wurden im Jemen 50 Menschen durch US-Luftangriffe getötet. Bei einem israelischen Luftangriff auf den Südlibanon wurden acht Menschen getötet.
Israel blockiert seit mehr als zwei Wochen sämtliche Lieferungen von Nahrungsmitteln, Wasser und Medikamenten in den Gazastreifen, sodass Unterernährung und Hunger zunehmen.