Enthaltung zum Rentenpaket: Linkspartei unterstützt Merz’ reaktionäre Politik

Linken-Fraktionsvorsitzende Heidi Reichinnek im Bundestag [AP Photo/Ebrahim Noroozi]

Die Ankündigung der Linkspartei, sich bei der heutigen Bundestagsabstimmung über das Rentenpaket der Merz-Regierung zu enthalten und damit seine Annahme zu sichern, entlarvt sie einmal mehr als staatstragende kapitalistische Partei. Angesichts wachsender sozialer und politischer Opposition in Deutschland und ganz Europa tut sie alles, um die rechteste Bundesregierung seit Bestehen der Bundesrepublik im Amt zu halten – eine Regierung, die Deutschland aufrüstet wie seit Hitler nicht mehr, massive soziale Angriffe organisiert, die Politik der faschistischen AfD verwirklicht und ihr so den Weg in die Regierung ebnet.

Die Linkspartei versucht, ihre Unterstützung für Merz mit sozialen Phrasen zu tarnen. „Wir werden nicht akzeptieren, dass das Rentenniveau noch weiter gedrückt wird,“ erklärte Fraktionschefin Heidi Reichinnek. An ihrer Partei solle die Einführung der Haltelinie nicht scheitern, durch die die Regierung das ausgelaufene Rentenmindestniveau von 48 Prozent bis 2031 fortschreiben will.

Dass diese Begründung zynisch ist, zeigt schon ein kurzer Blick auf die Realität. Die Haltelinie stellt angesichts der massiven Preissteigerungen und der anhaltenden Inflation der letzten Jahre eine Kürzung dar. Das deutsche Rentenniveau gehört bereits jetzt zu den niedrigsten in Europa und wird in den kommenden Jahren weiter absinken – nicht trotz, sondern wegen des Rentenpakets, das explizit darauf abzielt, den sozialen Kahlschlag planbarer zu gestalten.

Merz musste das Paket in der Koalition gegen wachsenden Widerstand der Wirtschaftsverbände und aus den eigenen Reihen durchsetzen. Vor allem der Unternehmerflügel und die Lobbyorganisationen fordern weitaus schnellere und tiefere Angriffe: die Abschaffung der abschlagsfreien Frührente („Rente mit 63“), zusätzliche Abschläge auf vorzeitige Renten und eine Anhebung des Renteneintrittsalters über 67 Jahre hinaus.

Innerhalb der Regierung drohten die 18 Abgeordneten der Jungen Gruppe offen, gegen das Rentenpaket zu stimmen und damit die Mehrheit der Koalition zu gefährden. In dieser kritischen Situation springt die Linkspartei ein und stützt Merz – in vollem Bewusstsein, dass sie damit eine Regierung rettet, die einen beispiellosen sozialen Großangriff vorbereitet.

Es handelt sich dabei nicht um einen „Fehler“ oder eine taktische Verrenkung, sondern um eine bewusste Politik, die der politischen DNA der Linkspartei entspricht: Wenn die reaktionären Maßnahmen der herrschenden Klasse auf den Widerstand der Bevölkerung stoßen, steht Die Linke zuverlässig stramm und stellt sich hinter Regierung und Staatsapparat.

Der arbeiterfeindliche und reaktionäre Charakter dieser Zusammenarbeit lässt sich nur vor dem Hintergrund der sozialen und politischen Offensive des deutschen Imperialismus begreifen.

Vor kaum einer Woche verabschiedete die Regierung den Haushalt 2026 – den größten Kriegshaushalt seit dem Untergang des Dritten Reichs. Mit über 108 Milliarden Euro, weiter steigend, bricht er alle bisherigen Schranken und treibt die Militarisierung mit beispielloser Geschwindigkeit voran. Die haushaltspolitische Logik ist klar: Was an hunderten Milliarden in Rüstung fließt, muss der Bevölkerung durch soziale Kürzungen wieder abgepresst werden.

Die Rentenpläne stehen daher nicht isoliert, sondern sind Teil einer sozialen Konterrevolution. Der Angriff auf Renten, Gesundheit, Pflege, Bürgergeld und Löhne gehört zu den innenpolitischen Grundpfeilern der neuen deutschen Großmachtpolitik. Und Die Linke stellt sich demonstrativ dahinter.

Die Unterstützung der Linkspartei erfolgt zudem in einer Phase, in der die Merz-Regierung zum bewussten Steigbügelhalter für die faschistische AfD wird. Merz selbst hatte bereits vor den letzten Bundestagswahlen mit der AfD paktiert. Nun organisiert die von ihm geführte Koalition mit der SPD Massendeportationen, baut Polizei und Geheimdienste massiv aus und übernimmt offene Nazi-Rhetorik – wie Merz’ „Stadtbild“-Hetze gegen Flüchtlinge.

Im neuen Haushalt findet sich sogar ein direkter Brückenschlag zur extremen Rechten: 250.000 Euro fließen an die rechte Denkfabrik „Republik 21“ (R21), gegründet vom ehemaligen Merz-Berater Andreas Rödder und der früheren Familienministerin Kristina Schröder (CDU) – ein Projekt, das offiziell den „Dialog“ mit der AfD sucht und ihre politische Integration auf Bundesebene vorbereitet.

Dass Die Linke unter diesen Bedingungen Merz im Parlament stützt, zeigt ihren wahren Charakter. Sie ist kein Bollwerk gegen Faschismus und Militarismus, sondern politischer Schmierstoff für die Stärkung der extremen Rechten und die Durchsetzung ihrer Politik.

Bereits am 21. März stimmte sie im Bundesrat dem größten Aufrüstungspaket seit Hitler zu – obwohl ihre Stimmen nicht einmal nötig waren. Reichinnek erklärte damals, die Bundeswehr müsse „entsprechend ausgestattet“ werden und ihre Partei sei bereit, „in Ruhe zu besprechen, was die Bundeswehr braucht“.

Auch am 6. Mai, als Merz im ersten Wahlgang zur Kanzlerwahl scheiterte, half Die Linke, den zweiten Wahlgang noch am selben Tag durchzuführen. Bodo Ramelow prahlte, man habe dies getan, „um die Demokratie zu schützen“. In Wahrheit half man, die Interessen des deutschen Kapitalismus und Imperialismus abzusichern und eine Regierung zu installieren, die Krieg, Repression und Sozialabbau radikal verschärft.

Die gleiche Rolle spielt Die Linke jetzt erneut. Die gewaltige Aufrüstung und die Kriegsvorbereitung stoßen in der Bevölkerung auf wachsende Ablehnung. In ganz Europa formieren sich Streiks und Proteste – in Belgien und in Italien, wo vergangene Woche mehrtägige Generalstreiks stattfanden, in Frankreich und zunehmend auch in Deutschland, wo heute Schüler bundesweit gegen den Wehrdienst streiken.

Mit ihrer Unterstützung von Merz versucht Die Linke, dieser Bewegung die Spitze zu brechen. Sie fürchtet jede unabhängige Bewegung der Arbeiterklasse mehr als die Faschisten und ist bereit, mit den reaktionärsten Kräften zu paktieren, um eine sozialistische Bewegung der Arbeiterklasse zu blockieren und zu unterdrücken.

In seiner Rede zum Kriegsetat warnte Linkspartei-Sprecher Dietmar Bartsch, dass dessen Höhe „ein Sprengsatz für den sozialen Zusammenhalt“ sei. Das bringt die Rolle der Linken auf den Punkt: sie fürchtet eine soziale Explosion. Deshalb stärkt sie der Regierung erneut den Rücken.

Diese Rolle spielen pseudolinke Kräfte auf der ganzen Welt. So spiegelt der Wahlsieg von Zohran Mamdani in New York den Linksruck von Arbeitern und Jugendlichen im Zentrum des Weltimperialismus wider. Doch sowohl Mamdani als auch die Democratic Socialists of America (DSA), denen er angehört, arbeiten seitdem fieberhaft daran, gemeinsam mit dem Apparat der Demokratischen Partei, den Vorstandsetagen der Wall Street und dem Staatsapparat die politische Wut wieder einzufangen und zu unterdrücken, die ihn ins Amt hievte. Den vorläufigen Höhepunkt dieses Unterfangens markierte Mamdanis abstoßende und demütigende Unterwerfung unter den faschistischen Präsidenten Donald Trump im Oval Office am 21. November.

Wie ist die Rechtsentwicklung dieser pseudolinken Kräfte zu erklären? In Bezug auf die Linkspartei schrieben wir in einer früheren Analyse:

Die Linke war trotz ihres Namens nie eine linke oder gar sozialistische Partei. Sie war immer eine bürgerliche Organisation, die die Interessen des Staatsapparats und wohlhabender Mittelschichten vertritt, den deutschen Kapitalismus und Imperialismus verteidigt und dafür mit Ministerposten und staatlichen Millionenzuschüssen belohnt wird.

Keine der Phrasen der Linkspartei kann darüber hinwegtäuschen, dass ihre stalinistische Vorgängerorganisation, die SED/PDS, die Einführung kapitalistischer Verhältnisse in Ostdeutschland unterstützt und damit auch die Grundlage für die Wiederkehr des deutschen Militarismus und Faschismus geschaffen hat.

Gerade die vielen jungen Menschen, die bei der Bundestagswahl Die Linke gewählt haben, um ein Zeichen gegen Militarismus und Faschismus zu setzen, müssen sich dieser Realität stellen. Die Linke ist nicht nur keine Partei, die gegen diese Übel kämpft; sie unterstützt die Aufrüstung, die Kriegspolitik und den damit einhergehenden Sozialabbau aktiv und setzt sie gegen zunehmenden Widerstand durch.

Daraus ergibt sich nur ein konsequenter Schluss. Wer gegen Krieg, Aufrüstung, Faschismus und sozialen Kahlschlag kämpfen will, braucht eine völlig andere Perspektive als die unterwürfige Kriecherei der Linkspartei. Es ist notwendig, die Opposition unabhängig von allen bürgerlichen Parteien und den mit ihnen verbandelten pro-kapitalistischen Gewerkschaften zu organisieren und sie auf der Grundlage einer internationalen sozialistischen Strategie zu entwickeln.

Die zentrale Aufgabe besteht darin, die Sozialistische Gleichheitspartei (SGP) – die deutsche Sektion der Vierten Internationale – als revolutionäre Führung der Arbeiterklasse aufzubauen. Nur auf dieser Grundlage können der Kriegskurs des deutschen Imperialismus und die Hinwendung der herrschenden Klasse – einschließlich ihrer „linken“ Vertreter – zu Faschismus und Krieg gestoppt werden.

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