Vallourec: IGM will für Sozialtarifvertrag zur Schließung der Werke „kämpfen“

Am 18. Mai gab der Stahlrohrkonzern Vallourec die Schließung seiner Werke in Mülheim (750 Arbeitsplätze) und Düsseldorf (1650 Arbeitsplätze) bis Ende 2023 bekannt. Zwei Tage später verkündete die IG Metall, sie werde nun ihre gesamte Kraft einsetzen, um die Stilllegung der beiden Werke reibungslos über die Bühne zu bringen.

Vallourec-Werk in Mülheim an der Ruhr

Die IGM veröffentlichte eine Erklärung mit dem Titel: „Jetzt wird für den Sozialtarifvertrag gekämpft“. Sie ist ein Versuch, die Belegschaften für dumm zu verkaufen, und sollte von jedem betroffenen Arbeiter entsprechend behandelt werden.

Was bedeutet, „für den Sozialtarifvertrag“ kämpfen?

Es bedeutet, dass die IGM und ihre Betriebsräte es ablehnen, einen Kampf zur Verteidigung aller Arbeitsplätze zu führen, und 2400 Arbeiterinnen und Arbeiter über Abfindungen, Transfergesellschaften und Vorruhestandsregelungen in die Arbeitslosigkeit abschieben wollen. Bei rasch steigenden Preisen bedeutet das sinkende Einkommen und niedrige Renten, die zum Leben nicht ausreichen.

Viele tausend Kolleginnen und Kollegen in Zulieferbetrieben, die ihren Arbeitsplatz ebenfalls verlieren, gehen dabei leer aus. Dasselbe gilt für Laden- und Gaststättenbesitzer und andere Kleingewerbetreibende, die zumachen müssen, wenn die Region industriell verödet. In Mülheim ist Vallourec neben Siemens das letzte größere industrielle Unternehmen.

Ein türkischer Kollege sagte der WSWS am Werktor: „Ich bin 52, was soll ich machen, wenn hier das Werk schließt?“ Es gebe hier einfach keine vergleichbaren Arbeitsplätze. „In [der Nachbarstadt] Duisburg werden ja auch ständig Arbeitsplätze bei Thyssenkrupp abgebaut.“

Ein anderer älterer Arbeiter bestätigte dies: „Ich stehe kurz vor der Rente. Aber was ist mit all den jungen Kollegen, die noch 30 bis 40 Jahre arbeiten müssen? Was sollen die machen, wenn das Werk dichtmacht?“

In der Erklärung der IGM heißt es zwar: „Wir fordern weiterhin einen garantierten Arbeitsplatzerhalt, Investitionen in die Standorte und ein zukunftsfähiges Industriekonzept …“ Doch das ist Augenwischerei. Der Satz geht weiter: „…ebenso wie Abfindungs- und Ausstiegsprogrammen für den Fall von notwendigem Personalabbau bei einer unumgänglichen Schließung der Werke.“

Wer von einer „unumgänglichen Schließung der Werke“ spricht, ist nicht bereit, für die Verteidigung der Arbeitsplätze zu kämpfen. Das geht aus der gesamten Erklärung hervor.

Die IGM brüstet sich zwar, sie habe „zahlreiche Versuche unternommen, die Schließung zu verhindern“. In Wirklichkeit hat sie es strikt abgelehnt, für die Verteidigung der Arbeitsplätze zu kämpfen und auch die Kollegen in anderen Werken des weltumspannenden Konzerns zu mobilisieren.

Vallourec-Kollegen, mit denen die WSWS beim Frühschichtwechsel in Mülheim sprach, haben das bestätigt.

„Als sie begannen, in Frankreich massenweise Arbeitsplätze abzubauen, hätte uns das warnen sollen,“ sagte einer. Aber der Betriebsrat habe bis kurz vor Schluss, als die Entscheidung bereits feststand, nichts gemacht.

Ein anderer Kollege berichtete, dass seine Kritik vom Betriebsrat abgelehnt worden sei. „Ich habe oft gesagt, wir können uns das nicht länger gefallen lassen. Aber der Betriebsrat hat gesagt, ich hätte keine Ahnung und könne nicht mitreden.“ Nun fürchten viele, dass es zu spät sei, das Ruder noch herumzureißen.

Statt um die Arbeitsplätze zu kämpfen, haben IGM und Betriebsrat hinter verschlossenen Türen mit dem Konzernvorstand gemauschelt. Sie haben sogar eine teure Unternehmensberatungsfirma engagiert, um ein eigenes „Fortführungskonzept“ auszuarbeiten. Es sieht ebenfalls den Abbau von 700 bis 800 Arbeitsplätzen vor und sollte dem Konzern beweisen, dass er mit Hilfe der IG Metall auch in Deutschland hohe Profite erwirtschaften kann.

Als dann die Stilllegung so gut wie feststand, organisierten IGM und Betriebsrat einen Bittgang vor die Konzernzentrale in Paris, der – wie nicht anders zu erwarten – auf taube Ohren stieß.

Nun beklagt sich die IGM in ihrer Erklärung, dem Unternehmen scheine es nur „um den schnellen Profit zu gehen“. Welch ein Hohn! Als hätte sie das vorher nicht gewusst.

Das Problem ist, dass IGM und Betriebsrat ebenfalls nur „den schnellen Profit“ im Kopf haben. Als freigestellte Betriebsräte, Aufsichtsratsmitglieder und hochbezahlte Gewerkschaftsfunktionäre sahnen sie kräftig mit ab. Sie werden dafür bezahlt, dass sie den „sozialen Frieden“ aufrechterhalten, d.h. jeden Widerstand von unten abblocken und unterdrücken. Und sie bestehen darauf, dass dies auch so bleibt.

Die IGM-Erklärung zitiert den Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Vilson Gegic mit den Worten: „Das muss noch mit uns als Betriebsrat diskutiert werden, wann der Letzte hier das Werk verlässt.“ Ginge es Gegic um die Interessen der Kollegen, würde er sagen: „Wir als Betriebsrat werden niemals zulassen, dass der Letzte hier das Werk verlässt.“ Doch das ist nicht, was er vorhat.

Ousama Bouarous, der Betriebsratsvorsitzende im Mülheimer Werk, sagt: „Das ist unser letzter Arbeitskampf und den werden wir den Arbeitgebern nicht einfach machen.“ Wenn Bouarous davon ausgeht, dass dies „der letzte Arbeitskampf“ sei – das Werk also anschließend dicht macht –, dann kann man ihn auch gleich lassen.

Am 21. Mai warnte die WSWS in einem Artikel über die Schließung der Vallourec-Werke: „Ein Arbeitskampf – ein Streik oder die Besetzung des Betriebs – ist in der Tat der einzige Weg, die Arbeitsplätze zu verteidigen. Aber das erfordert einen vollständigen Bruch mit der IG Metall und ihren Betriebsräten. Selbst wenn sich diese gezwungen sehen, einige weitere symbolische Proteste zu organisieren, werden sie alles tun, um jeden ernsthaften Kampf abzuwürgen.“

Das hat sich inzwischen bestätigt. Die Arbeiter müssen die Kampagne für einen „Sozialtarifvertrag“ zurückweisen und sich unabhängig von IGM und Betriebsrat in Aktionskomitees organisieren.

Erste Aufgabe der Aktionskomitees ist es, Kontakt zu den Kollegen in Frankreich, Schottland und anderen Ländern aufzunehmen, um einen gemeinsamen Arbeitskampf zur bedingungslosen Verteidigung aller Arbeitsplätze zu organisieren.

Die Schließungs- und Einsparpläne von Vallourec und den Gewerkschaften dürfen nicht akzeptiert, alle Arbeitsplätze müssen bedingungslos verteidigt werden. Die Interessen und Bedürfnisse der Arbeiter stehen höher als die Profitinteressen des Konzerns.

Um diesen Kampf zu führen, ist der Aufbau der Sozialistischen Gleichheitspartei nötig und die Organisierung dieses Kampfs auf der Grundlage eines internationalen sozialistischen Programms. Nehmt Kontakt zur SGP auf! Sie unterstützt den Aufbau unabhängiger Aktionskomitees und hilft bei der internationalen Kontaktaufnahme mit Arbeitern in anderen Ländern und anderen ebenfalls von Schließung betroffenen Betrieben. Schickt eine Whatsapp-Nachricht an folgende Nummer: +491633378340.

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