Aufrüstungsprogramm von Union und SPD: Eine Kriegserklärung an die Arbeiterklasse

Der Bundestag stimmt heute über das größte Aufrüstungsprogramm seit dem Nazi-Regime ab. Es stellt der zukünftigen Regierung rund eine Billion Euro zur Verfügung, um Deutschland zu einer militärischen Großmacht aufzurüsten und zum Führen von Kriegen zu befähigen. Die Summe ist doppelt so hoch wie der jährliche Bundeshaushalt. Da sich Union, SPD und Grüne einig sind, ist eine Zweidrittelmehrheit für die erforderliche Verfassungsänderung – trotz einiger Abweichler in den eigenen Reihen – so gut wie sicher. Am Freitag muss dann noch der Bundesrat zustimmen.

CDU/CSU-Fraktionsvorsitzender Friedrich Merz 2023 mit Mitgliedern des Deutschen Bundeswehrverbands [Photo]

Das Aufrüstungspaket setzt sich aus zwei Teilen zusammen.

Für Militärausgaben – und auf Drängen der Grünen auch für Geheimdienste, Zivilschutz, Cybersicherheit und die Unterstützung der Ukraine – gilt der vom designierten Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) formulierte Grundsatz „Whatever it takes“. Dafür darf die Regierung Kredite in unbeschränkter Höhe aufnehmen. Alle Ausgaben, die über einem Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung (ca. 43 Milliarden Euro) liegen, werden von der Schuldenbremse ausgenommen. Im Gespräch sind insgesamt 500 Milliarden Euro.

Für Investitionen in die Infrastruktur wird ein zusätzliches Sondervermögen in Höhe von 500 Milliarden Euro mit einer Laufzeit von zwölf Jahren eingerichtet. Auch hier unterliegt die Kreditaufnahme nicht der Schuldenbremse.

Um vom reaktionären Charakter des Aufrüstungsprogramms abzulenken, stellen die SPD, die Gewerkschaften sowie Die Linke und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) das Sondervermögen für die Infrastruktur als positive Errungenschaft dar.

SPD-Chef Lars Klingbeil nannte es „einen kraftvollen Anschub für Deutschland mit dem Potenzial, unser Land für die nächsten Jahre, vielleicht Jahrzehnte nach vorne zu bringen“. Die IG Metall-Vorsitzende Christiane Benner lobte, die Politik habe „verstanden, dass jetzt schnell und beherzt gehandelt werden muss“. Linken-Chef Jan van Aken kommentierte, seine Partei sei natürlich für Investitionen in die Infrastruktur, aber gegen die „unfassbar hohe Aufrüstung“.

Tatsächlich dienen die 500 Milliarden des Infrastruktur-Sonderfonds ebenso wie die unbeschränkten Kredite für die Bundeswehr der Kriegsvorbereitung. Führende Wirtschaftsvertreter sprechen dies offen aus.

Es brauche nicht nur Waffensysteme für die Bundeswehr, um Deutschland militärisch wirksam abzusichern, sagt Susanne Wiegand, Vorsitzende des Ausschusses für Sicherheit des Industrieverbands BDI und Ex-Chefin des Rüstungskonzerns Renk. Auch die Infrastruktur sei „Teil der gesamtwirtschaftlichen Resilienz“. Um im Ernstfall eine schnelle Verlegung größerer Einheiten gewährleisten zu können, müssten Eisenbahnlinien, Brücken und Straßen ertüchtigt werden.

Ein „führender Vertreter der deutschen Rüstungsbranche“ wird von der Wirtschaftswoche mit den Worten zitiert, auch der Bau von Bunkern, die Optimierung der medizinischen Versorgung und der Kauf von Zugwagen für Schwersttransporte, die tonnenschwere Leopard-Panzer transportieren können, – „alles, was Privatunternehmen nicht leisten können“ – sei wichtig.

Das Territoriale Führungskommandos der Bundeswehr hatte bereits vor zwei Jahren den mehr als 1000 Seiten umfassenden „Operationsplan Deutschland“ (OPLAN DEU) entwickelt, der die enge Zusammenarbeit von Militär und zivilen Behörden im Kriegsfall festlegt. Mit dem Infrastruktur-Sonderfonds wird dieser Plan nun in die Praxis umgesetzt.

Das Aufrüstungsprogramm richtet sich aber nicht nur gegen Russland und andere Kriegsziele des deutschen Imperialismus, es ist auch eine Kriegserklärung an die Arbeiterklasse. Auch wenn es über Kredite finanziert wird, fallen die Kosten auf die Arbeiterklasse zurück – in Form von Lohnsenkungen, Sozialabbau, Wiedereinführung der Wehrpflicht, Militarisierung der ganzen Gesellschaft und Unterdrückung demokratischer Rechte.

Der designierte Kanzler Merz und andere führende Politiker betonen immer wieder, dass man trotz Lockerung der Schuldenbremse bei den Sparmaßnahmen im Sozialbereich nicht nachlassen dürfe.

Die Grünen haben als Voraussetzung für ihre Zustimmung sogar darauf beharrt, das Wort „zusätzlich“ in den Gesetzestext zu schreiben. Danach dürfen Mittel aus dem Sonderfonds nur für zusätzliche Investitionen und nicht für ohnehin geplante ausgegeben werden. So soll verhindert werden, dass freiwerdende Mittel für bessere Renten oder Lohnerhöhungen im öffentlichen Dienst verwendet werden. „Wir haben zusätzliche Investitionen in Infrastruktur und Klimaschutz durchgesetzt und teure Wahlgeschenke verhindert“, kommentierte der Grünen-Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler die Vereinbarung.

Auch der Präsident des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, beharrt auf Strukturreformen und Ausgabenkürzungen. „Wir müssen damit umgehen, dass wir an Wohlstand einbüßen“, sagte er. „Nichts kann uns davor bewahren, den Gürtel enger zu schnallen oder mehr zu leisten.“

Allein die zusätzlichen Kosten, die durch die Milliarden-Kredite auf den Bundeshaushalt zukommen, sind gewaltig. Nachdem die Staatsverschuldung seit 2010 durch rabiate Sparprogramme von 82 auf 63 Prozent des BIPs gesenkt wurde, wird sie nun in den nächsten zehn Jahren laut Prognose des Ökonomen Lars Feld auf 90 Prozent steigen. Dies habe zusätzliche Zinsausgaben von 250 bis 400 Milliarden Euro zur Folge, die an anderer Stelle eingespart werden müssen.

Da die SPD die Lockerung der Schuldenbremse als Erfolg über die Union feiert, die dies im Wahlkampf noch strikt abgelehnt hatte, wird sie nun in den Koalitionsverhandlungen als Gegenleistung umso größere Zugeständnisse an die sozialen Hardliner in der CDU machen.

Im Fokus steht dabei das Bürgergeld, auf das 5,4 Millionen Menschen angewiesen sind. Merz hatte schon im Wahlkampf massive Kürzungen angedroht. Nach den Sondierungsgesprächen mit der SPD verkündete er: „Wir werden das bisherige Bürgergeldsystem neu gestalten, hin zu einer Grundsicherung für Arbeitssuchende. Für Menschen, die arbeiten können und wiederholt zumutbare Arbeit verweigern, wird ein vollständiger Leistungsentzug vorgenommen.“

Was Union und SPD kategorisch ausschließen, sind höhere Belastungen für die Reichen, deren Vermögen in den vergangenen Jahren enorm gestiegen sind. Allein das Vermögen der Milliardäre wuchs 2024 laut Oxfam weltweit um 2 Billionen US-Dollar. In Deutschland kamen 13 neue Milliardäre hinzu, so dass die Gesamtzahl 130 betrug. Ihr Vermögen wuchs um 26,8 Milliarden Dollar.

Wer Aktien oder Immobilien besaß, verdiente massiv hinzu, ohne einen Finger zu krümmen. Der deutsche Aktienindex verfünffachte sich in zwanzig Jahren von 4.300 auf 23.000 Punkte. Der Gesamtwert (Marktkapitalisierung) der 40 Dax-Konzerne beträgt inzwischen knapp 2 Billionen Euro. Auch die Immobilienpreise sind explodiert. Das gesamte deutsche Immobilienvermögen zusammen mit den Grundstückswerten summierte sich 2022 auf 19,4 Billionen Euro, fast fünf Mal so viel wie das Bruttoinlandsprodukt.

Die Vorherrschaft milliardenschwerer Oligarchen verträgt sich nicht mit sozialem Ausgleich, Demokratie und Frieden. Der Kampf um Märkte, Rohstoffe und Profit treibt den Kapitalismus weltweit wieder in Krieg und Diktatur. Im Weißen Haus sitzt mit Trump inzwischen ein Faschist, der einige der reichsten Oligarchen der Welt um sich gesammelt hat. Deutschland befindet sich auf demselben Weg.

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